1 Der Themenschwerpunkt dieser Ausgabe ist die ... - Adveniat
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BN: Maria, du b<strong>ist</strong> aus dem Nordosten und arbeitest an der<br />
Universität in João Pessoa. Worin besteht deine Tätigkeit?<br />
Maria: Ich heiße Maria Socorro Borges Barbosa und arbeite<br />
an der Landesuniversität von Paraíba in der Abteilung „Untersuchung<br />
und Unterstützung von Volksbewegungen“. Dieser<br />
Bereich <strong>ist</strong> eng mit den Human-, Sprach- und Kunstwissenschaften<br />
verzahnt. Wir arbeiten eng mit Gewerkschaften,<br />
Vereinen und Gemeinden zusammen.<br />
Ich bin Gesundheitstechnikerin im Bereich der öffentlichen<br />
Gesundheit. Seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts<br />
gibt es in Brasilien verschiedenene Gesundheits-,<br />
Volks- und universitäre Bewegungen, <strong>die</strong> kaum miteinander<br />
kommunizieren. Es geht uns deshalb darum, Kontakte zwischen<br />
ihnen herzustellen und insbesondere <strong>die</strong> Arbeit an der<br />
Universität stärker mit derjenigen in den Krankenhäusern zu<br />
verknüpfen. Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht:<br />
Brasilien verfügt über ein einheitliches Gesundheitssystem.<br />
Interview mit<br />
Maria do Socorro Borges Barbosa<br />
1986 wurden auf der Nationalen Konferenz für Gesundheit<br />
drei verbindliche Prinzipien festgelegt, nämlich <strong>die</strong> Prinzipien<br />
der Universalität, der Gleichheit und der Vernetzung der<br />
Gesundheitsmaßnahmen. In der Verfassung Brasiliens <strong>ist</strong> das<br />
Recht aller auf Gesundheit festgeschrieben.<br />
BN: Wie geht ihr dabei an der Universität vor?<br />
An unserer Universität sind vier Gruppen tätig, <strong>die</strong> sich mit<br />
unterschiedlichen Themen im Gesundheitsbereich beschäftigen:<br />
Es sind <strong>die</strong> Gesundheitsfürsorge für <strong>die</strong> Indigenen, <strong>die</strong><br />
Lage der Jugend auf dem Land, <strong>die</strong> Gesundheitssituation<br />
der Straßenkinder und <strong>die</strong> Gesundheit am Arbeitsplatz. Die<br />
Gruppe, <strong>die</strong> sich um <strong>die</strong> Straßenkinder kümmert, sammelt z.B.<br />
Fakten zu der gesundheitlichen Situation der auf der Straße<br />
lebenden Kinder und Jugendlichen und gibt Publikationen zu<br />
<strong>die</strong>sem Thema heraus, während <strong>die</strong> Gruppe „Gesundheit am<br />
Arbeitsplatz“ sich damit auseinandersetzt, wie <strong>die</strong> arbeitende<br />
Bevölkerung stärker in den Prozess des Abbaus von gesundheitlichen<br />
Belastungen durch <strong>die</strong> Arbeit einbezogen werden kann.<br />
Darüberhinaus begleiten und beraten wir <strong>die</strong> verschiedenen<br />
Gruppen, sorgen für den Austausch und <strong>die</strong> Weitergabe von<br />
Kenntnissen sowie das Herstellen von Kontakten.<br />
BN: Wie läuft das konkret ab?<br />
Maria: Die Gruppen kommen zu uns und wollen Hilfe. Dann<br />
begleiten wir sie. Wir arbeiten insbesondere mit <strong>die</strong>sen Gruppen<br />
im Gesundheitsrat der Stadt João Pessoa zusammen.<br />
Aufgrund des Gesetzes sind <strong>die</strong>se Gesundheitsräte überall<br />
in Brasilien in den Munizipien verankert. <strong>Der</strong> Gesundheitsrat<br />
liefert <strong>die</strong> Garantie dafür, dass <strong>die</strong> Mitwirkung der Bevölkerung<br />
am Gesundheitswesen funktioniert. Jeder kann sich übrigens<br />
um einen Posten im Gesundheitsrat bewerben.<br />
BN: Wie setzt sich der Gesundheitsrat zusammen?<br />
Maria: 50% der Mitglieder sind Vertreter einer Volksorganisation,<br />
also Repräsentanten der Frauenbewegung, der verschiedensten<br />
Hilfsgruppen (Lepra, Aids usw.), der Stadtviertelgruppen, der<br />
Schwarzenbewegung, der Universitäten, der Homosexuellen,<br />
der Pensionierten, der Studentenschaft und der Volksbewegungen<br />
für Gesundheit. <strong>Der</strong> Gesundheitsrat von João Pessoa<br />
hat insgesamt 24 Mitglieder. Dieses Gremium berät nicht nur,<br />
es entscheidet auch mit in Gesundheitsfragen. 50% seiner<br />
Mitglieder, also 12 Personen, müssen Vertreter der bereits<br />
genannten Gruppen sein. Weitere 25 % sind vom Bürgerme<strong>ist</strong>er<br />
dazu berufene Fachleute aus dem Gesundheitsbereich wie<br />
Ärzte, Physiotherapeuten, Radiologen und Krankenschwestern.<br />
Ein weiteres Sechstel setzt <strong>die</strong> Regierung ein, und das restliche<br />
Sechstel stellen <strong>die</strong> Vertreter des Gesundheitswesens.<br />
Das sind Direktoren, Krankenhauseigentümer, Leute aus der<br />
Verwaltung. Das brasilianische Gesundheitssystem <strong>ist</strong> teilsweise<br />
staatlich, teilweise privat.<br />
Das Interview führten Bernd Lobgesang und Gerborg Me<strong>ist</strong>er.<br />
BN: Welche Themen werden im Gesundheitsrat besprochen?<br />
Maria: Die besprochenen Themen sind allgemein <strong>die</strong> Organisation<br />
und <strong>die</strong> Kontrolle des Gesundheitswesens, <strong>die</strong> Planung<br />
des Haushalts, <strong>die</strong> Verteilung der Gelder und <strong>die</strong> Planung von<br />
Präventivmaßnahmen gegen Epidemien. <strong>Der</strong> Gesundheitsrat<br />
<strong>ist</strong> nicht <strong>die</strong> ganze Zeit als Plenum aktiv, sondern sechs<br />
bis acht Monate im Jahr teilt es sich in vier verschiedene<br />
Arbeitsgruppen auf, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> anfallenden Probleme und<br />
Aufgaben beraten. Dabei geht es natürlich in erster Linie um<br />
<strong>die</strong> Finanzen und um <strong>die</strong> Planung des Gesundheitshaushaltes.<br />
Die Munizipien sind gesetzlich dazu verpfl ichtet, 15% ihrer<br />
Gesamtausgaben für Gesundheitsaufgaben zur Verfügung<br />
zu stellen. Auf der Ebene der Bundesstaaten sind es 12%,<br />
während der Bund 10% für Gesundheitsprojekte ausgeben<br />
muss. In João Pessoa wurde <strong>die</strong>ses Ziel erreicht, Paraíba hat<br />
<strong>die</strong> Vorgaben verfehlt. Auch der Bund hat sich an <strong>die</strong> Forderungen<br />
des Gesetzes nicht gehalten.<br />
BN: Welche Rolle spielt überhaupt noch der Bürgerme<strong>ist</strong>er?<br />
Maria: <strong>Der</strong> Bürgerme<strong>ist</strong>er sammelt <strong>die</strong> Pläne des Gesundheitsrates<br />
und der anderen Ratsorganisationen in seinem Munizip<br />
ein und macht daraus einen Vierjahresplan, dem wiederum<br />
<strong>die</strong> Räte zustimmen müssen. <strong>Der</strong> Vierjahresplan muss zudem<br />
auch noch vom Stadtrat abgesegnet werden.<br />
BN: Funktioniert das?<br />
Interview<br />
Maria: Doch, das klappt. Gut an dem Verfahren <strong>ist</strong> vor allem,<br />
dass <strong>die</strong> Bevölkerung aktiver an der Arbeit der Kommune<br />
Anteil hat als früher, weil sie mitbestimmt. Die Leute wollen<br />
wissen, was mit ihren Steuergeldern passiert. Dafür <strong>ist</strong> auch<br />
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