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Materialien zur Vorlesung "Öffentliche und private Sphäre"

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PD Dr. Wolfgang Fuhrmann, Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien<br />

<strong>Vorlesung</strong> „<strong>Öffentliche</strong> <strong>und</strong> <strong>private</strong> Sphäre in der Musik des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts“, SoSe 2011<br />

- der parodistische Umgang mit Elementen der „Hochkultur“ (Neutextierung von<br />

preußischen Militärmärschen, Persiflage von literarischen Texten)<br />

- gelegentliche politische Spottlieder, so beispielsweise das Lied auf den<br />

Bürgermeister Tschech, der ein misslungenes Attentat auf Friedrich Wilhelm IV.<br />

verübte.<br />

Die aussichtslose Situation der Straßenmusikanten – der Leierkastenmänner, die<br />

oft Kriegsinvalide waren <strong>und</strong> als einzige Entschädigung die Konzession für das<br />

Leierkastenspiel erhielten, der Bänkelsänger <strong>und</strong> Harfenspielerinnen – konnte nur<br />

kurz gestreift werden.<br />

Literatur: Richter<br />

Die Wiener Arbeitermusikbewegung<br />

Neben dem in der Arbeiterbewegung gepflegtem politischen Lied vertraten<br />

einzelne Vordenker auch die Ansicht, die Arbeiterklasse sei die wahre Erbin der<br />

bürgerlichen Kultur <strong>und</strong> müsse sich das vom Bürgertum verschleuderte kulturelle<br />

Erbe aneignen. Das führte im musikalischen Bereich <strong>zur</strong> sogenannten<br />

Arbeitermusikbewegung.<br />

Um deren Wege <strong>und</strong> Ziele zu schildern, gibt es keine bessere Erscheinung als<br />

eben den Komponisten des „Lieds der Arbeit“, das heute noch gesungen wird, den<br />

Chorsänger <strong>und</strong> Hornisten Josef Scheu (1841–1904). Scheu war gebürtiger Wiener<br />

<strong>und</strong> Sohn einer Handwerkerfamilie, er spielte das Horn zuerst im Orchester des<br />

Theaters an der Wien, dann im Burgtheater. Seine Brüder Andreas <strong>und</strong> Heinrich<br />

zählten zu den Pionieren der österreichischen Arbeiterbewegung, so engagierte er<br />

sich gleichfalls dafür. 1868 hat er eine Liedertafel im Arbeiterbildungsverein<br />

Gumpendorf gegründet, zehn Jahre später wurde daraus der Arbeiter-Sängerb<strong>und</strong><br />

Wien, dessen Leitung er übernahm. 1872 gründete er mit dem Wiener<br />

Musikerb<strong>und</strong> die erste Musikergewerkschaft in Österreich, die ein Jahr später<br />

behördlich aufgelöst, 1875 als „Wiener Musikverein“ neu gegründet wurde. Bis<br />

1878 gab er die „Österreichische Musiker-Zeitung“ heraus, die sich gleichfalls für<br />

die sozialen Belange der Musiker einsetzte, dann wurde auch diese behördlich<br />

eingestellt; 1902 gründete er die „Österreichische Arbeitersängerzeitung“ <strong>und</strong> einen<br />

Verbandsverlag. 1881 wurde Scheu aufgr<strong>und</strong> seiner politischen Haltung aus dem<br />

Burgtheaterorchester zwangspensioniert <strong>und</strong> auch mehrfach verhaftet. Er hat<br />

trotzdem weitergearbeitet: als Musiklehrer, als Korrepetitor, als Musikkritiker für<br />

die (von Victor Adler gegründete) „Arbeiter-Zeitung“, die von 1889-1991 existierte,<br />

Komponist zahlreicher sogenannter „Tendenzchöre“. Josef Scheu hat eine Reihe<br />

weiterer Chöre geleitet, der bedeutendste von ihnen, den er mitbegründet hat, war<br />

der Gesangverein der Wiener Druckereiarbeiter Freie Typographia. Dieser war<br />

nämlich ein gemischter Chor, was damals alles andere als selbstverständlich war,<br />

<strong>und</strong> er sollte bald zu Wiens wichtigstem Arbeiterchor werden <strong>und</strong> eine<br />

entscheidende Rolle auch bei den Wiener Arbeiter-Symphoniekonzerten spielen,<br />

auf die wir gleich kommen.<br />

© 2011 by Wolfgang Fuhrmann 28

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