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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />
Beobachtungen von Feldhasen Lepus europaeus<br />
im bebauten Stadtgebiet von Berlin<br />
Dieter Köhler<br />
In der Berliner Roten Liste wird der Feldhase in der Kategorie 3 (Gefährdet) geführt. Er<br />
ist in den zum Stadtgebiet gehörenden Wald-, Wiesen-, Acker- und Brachflächen<br />
verbreitet (WENDLAND 1971, KLAWITTER et al. 2005). Dass die Art jedoch nicht nur auf<br />
diese Gebiete beschränkt ist, zeigen die folgenden Beobachtungen:<br />
In den vergangenen sechs Jahren (1999 - 2006) konnten mit Ausnahme des Jahres 2002<br />
wiederholt Feldhasen in Berlin-Marzahn beobachtet werden. In 18 Fällen handelte es sich<br />
um Einzeltiere und dreimal um zwei Hasen beieinander (s. Tab.). Auffällig war, dass sie<br />
einen vertrauten Eindruck machten und ihre Fluchtdistanz nicht mehr als 10-20 m betrug.<br />
Oft nutzten sie die Gehwege oder kleineren Straßen als Wechsel. Ein weiterer Hase wurde<br />
als Verkehrsopfer weiter nördlich auf der stark befahrenen Märkischen Allee unweit des<br />
S-Bahnhofs Ahrensfelde registriert (26.05.05). Eine interessante Beobachtung gelang zum<br />
Tag der Artenvielfalt 2005 im Berliner Tiergarten, einer größeren, älteren Parkanlage im<br />
Zentrum der Stadt. Hier wurde am frühen Morgen im Juni 2005 ein Feldhase beobachtet<br />
(Berliner Morgenpost 12.06.05, D. EHLERT pers. Mitt.). Aus dem bebauten Bereich fehlen<br />
bisher Mitteilungen über Beobachtungen (KLAUSNITZER, 1987). MATHEY et al. (2003)<br />
geben den Feldhasen nur für alte Brachen mit ruderaler Hochstaudenflur an. Auch<br />
JENTZSCH (1992) nennt in seiner ausführlichen Untersuchung der Säugetiere von Halle-<br />
Neustadt den Feldhasen nur für die ruderalen Randgebiete, jedoch nicht für den<br />
Innenbereich.<br />
Das Beobachtungsgebiet befindet sich im Neubaugebiet Marzahn im Berliner Nordosten<br />
in der weiteren Umgebung der S-Bahnstationen Springpfuhl und Poelchaustraße und ist<br />
ca. 3 km von der Stadtgrenze entfernt. Grünzüge bzw. Bahntrassen, die als<br />
Einwanderungskorridore fungieren könnten sind ausreichend vorhanden. Das<br />
Neubaugebiet ist ca. 25 Jahre alt. Mit seinen größeren, mit Büschen und Ziergehölzen<br />
bestandenen Freiflächen, Parkplätzen und Straßen unterschiedlich hoher<br />
Verkehrsfrequenz und den eingestreuten Einfamilienhaussiedlungen aus den 1930er<br />
Jahren stellt es offenbar für den Feldhasen einen passablen Lebensraum dar. Die<br />
Einfamilienhaussiedlungen dürften durch ihre Abgrenzungen (Zäune) nicht besonders<br />
attraktiv für die Hasen sein, doch bieten sich die verkehrsarmen Straßen als Wechsel an.<br />
Die Parkflächen in den Neubaugebieten bzw. die Freiflächen zwischen den Hochhäusern<br />
bieten den Tieren, neben ausreichender Deckung, sicher eine abwechslungsreichere und<br />
den physiologischen Anforderungen der Tiere gerechter werdende Nahrung als die<br />
landwirtschaftlichen Nutzflächen des Berliner Umlandes. So sind die für die Ernährung<br />
wichtigen Pflanzen wie Trifolium, Taraxacum, Achillea und Bellis (KRAPP 2003,<br />
HACKLÄNDER et al. 2005) ausreichend vorhanden und durch das regelmäßige Mähen in<br />
einem günstigen Alter.<br />
Der Feldhase ist in seinen Habitatansprüchen sehr variabel und so kommt das eigentliche<br />
Steppentier in geringer Dichte auch im Wald vor. Diese Entwicklung des verstärkten<br />
Vorkommens ist bereits seit einiger Zeit zu beobachten (STUBBE 1989). Dem<br />
„Waldhasen“ ähnlich erscheint das Verhalten der „Stadthasen“: Geringe Fluchtdistanz,<br />
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