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Mitteilungen des LFA Säugetierkunde Brandenburg - Berlin 1/2006<br />
„Autofahrer sind die größten Jäger“<br />
dpa: Märkische Oderzeitg. v. 07.03.2006<br />
Aus dem Innenministerium wird bekannt (W. Brandt), dass jährlich in Brandenburg 10000<br />
Stck. Schalenwild durch Kollision mit Autos getötet, 182 Menschen verletzt werden und<br />
eine große Zahl von Blechschäden repariert werden muss.<br />
Laut Jagdverband (Geschäftsführer B. Möller) ist „der Autofahrer der größte Jäger“. Vor<br />
allem „jetzt sei die Gefahr besonders groß, weil die Tiere oft verzweifelt Nahrung<br />
suchen.“ „Auch könne das Wild häufig der Verlockung des Salzes auf ... den Straßen<br />
nicht widerstehen: Sie brauchen das Salz für die Geweihentwicklung.“ „Im<br />
Bundesvergleich nehme das Land [bei Wildunfällen] eine traurige Spitzenposition ein.“<br />
[Nun gibt es im Leben des Wildes neben der Brunftzeit (Mittl. LFA ... 2/2003) eine zweite<br />
Phase des wilden Umherrennens.<br />
Die Erklärungsversuche sind völlig haltlos.<br />
Das Natriumchlorid des Streusalzes ist so gut wie bedeutungslos für die<br />
Geweihentwicklung.<br />
Besonders krass ist das Außerachtlassen jeglichen Bezuges zur Populationsentwicklung<br />
des Schalenwildes in Brandenburg. Seit der Wende wurden die Bestände um 60 % erhöht,<br />
von 179500 Stck. auf 286400 Stck. (2003). Der Abschuss blieb anteilmäßig mit 59 %<br />
bzw. 58 % fast gleich, stieg natürlich zahlenmäßig erheblich an.<br />
Der Abschuss reicht nicht einmal für ein Gleichhalten der Bestände aus (s.a. Mittl. LFA ...<br />
2/2003). Einen besonders starken Wachstumsschub für die Paarhuferpopulationen löste<br />
eine Verringerung des Abschusses aus. Z.B. wurden im Jagdjahr 2004/05 nur 52596<br />
Wildscheine abgeschossen, das sind im Vergleich zum Durchschnitt der beiden Vorjahre<br />
(72543 Ex.) rund 20000 Ex. weniger. Nach Eingliederung dieser Tiere in die Vermehrung<br />
führte das zu einer Bestandsaufstockung von rund 50 %!<br />
Jährlich rund 10000 tote Paarhufer durch den Verkehr machen einen Anteil am Abschuss<br />
im Lande (166993 Stck., 2002/03) von 6 % aus, bei n Millionen Autofahrern. Die<br />
Geschädigten nun noch als die „größten Jäger“ zu verhöhnen ist zumindest ungehörig.<br />
Auf einen Jäger in Brandenburg (16500 Personen) entfallen durchschnittlich 10<br />
abgeschossene Paarhufer pro Jahr. Wenn also der größte Jäger nach der Anzahl seiner<br />
Abschüsse beurteilt wird, so ist der Titel wohl nicht unter 50 Ex./Jahr und Person zu<br />
erhalten.<br />
Waldbesitzer klagen über zu viel Wild (Märkische Oderzeitg. v. 26.11.2005) und werfen<br />
der Landesregierung vor, kein Konzept zu haben, „um die hohen Wildbestände auf ein<br />
verträgliches Maß zu reduzieren. Die Schäden durch Wild machten Maßnahmen zur<br />
Verjüngung des Baumbestandes unmöglich“ (Märkische Oderzeitg. v. 06.03.2006).<br />
Beschädigungen von Autos sind auch Wildschäden und müssen als solche auch<br />
ausgeglichen werden.]<br />
Kommentiert und zitiert: A. Schmidt<br />
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