Best-Practice-Studie - IHI Zittau
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3 FORMEN UND RAHMENBEDINGUNGEN VON ÖPP IN DEUTSCHLAND<br />
3 Formen und Rahmenbedingungen von ÖPP in Deutschland<br />
3.1 Formen und<br />
Grundmodelle der privaten<br />
Finanzierung öffentlicher<br />
Infrastruktur<br />
ÖPP als Instrument für die Teilprivatisierung öffentlicher Dienstleistungen ist der Sammelbegriff für<br />
Kooperationen zwischen privat-gewerblichen, nicht staatlichen und staatlichen bzw. kommunalen<br />
Akteuren in gemischtwirtschaftlichen Unternehmen oder langfristigen Vertragsbeziehungen. Sie erstellen<br />
gemeinsam Projekte und Leistungen, die auch in staatlicher Eigenregie erbracht werden könnten.<br />
Dafür bringen sie personelle, strategische (Know-how, Projekterfahrungen) und finanzielle Ressourcen ein.<br />
Die Betrachtung des kompletten Lebenszyklus eines Infrastrukturprojektes spielt dabei in vielen<br />
Definitionsversuchen eine wichtige Rolle. Damit ist gemeint, dass alle Projektphasen von der Planung,<br />
über den Bau bzw. die Errichtung und den Betrieb bis ggf. hin zum Projekttransfer an den öffentlichen<br />
Auftraggeber in einem umfassenden Geschäftsmodell detailliert betriebswirtschaftlich geplant werden.<br />
Diese Betrachtungsweise wäre zwar auch bei konventioneller, rein öffentlicher Finanzierung möglich.<br />
Aufgrund fehlender betriebswirtschaftlicher Instrumente ist sie jedoch in einer kameralistischen<br />
Planungsperspektive nicht darstellbar.<br />
3.1.1 Formen der Privatisierung<br />
Die praxisorientierte betriebswirtschaftliche und juristische Literatur unterscheidet nach Art, Umfang<br />
und Qualität von Privatisierungen folgende Formen:<br />
• Formale Privatisierung:<br />
Bei der formalen Privatisierung handelt es sich um eine Verlagerung von öffentlichen Aufgaben und<br />
Ressourcen in eine privatrechtliche Gesellschaft, deren Trägerschaft bei der öffentlichen Hand verbleibt<br />
(Organisationsprivatisierung).<br />
Abbildung 4: Möglichkeiten der Erfüllung öffentlicher Aufgaben • Funktionale Privatisierung:<br />
Bei der funktionalen Privatisierung erfolgt eine<br />
Übertragung der Aufgabenerfüllung auf einen priva-<br />
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Formale<br />
Privatisierung<br />
Funktionale<br />
Privatisierung<br />
Materielle<br />
Privatisierung<br />
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ten Vertragspartner (privates oder gemischtwirtschaftliches<br />
Unternehmen). Die Verantwortung für<br />
die Erfüllung der Aufgabe verbleibt bei der öffentlichen<br />
Hand. Die funktionale Privatisierung kann in<br />
Form von ÖPP erfolgen (Betreiber- und Konzessionsmodelle<br />
etc. sowie gemischtwirtschaftliche<br />
Unternehmen).<br />
• Materielle Privatisierung:<br />
Die öffentliche Hand trennt sich von den Aufgaben<br />
und übergibt das „Ob“ und „Wie“ der zukünftigen<br />
Aufgabenerfüllung dem Markt (Aufgabenprivatisierung).<br />
Diese drei Formen umfassen im Detail wiederum vielfältige, (leicht) unterschiedliche Grundmodelle,<br />
vertragliche Ausprägungen und Rechtsformen. Sie bezeichnen als Sammelbegriffe jeweils verschiedenartige<br />
Qualitäten der privaten bzw. öffentlichen Entscheidungskompetenz, Verantwortungs- und<br />
Risikoübernahme, Ergebnisverantwortung sowie Einflussnahme und Kontrolle durch staatliche oder<br />
kommunale Aufgabenträger (siehe Abbildung 4). Im Weiteren soll hier auf die Form der funktionalen<br />
Privatisierung eingegangen und sollen die unterschiedlichen Grundmodelle mit Relevanz für die im ZVEI<br />
organisierten Unternehmen dargestellt werden.<br />
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3 FORMEN UND RAHMENBEDINGUNGEN VON ÖPP IN DEUTSCHLAND<br />
3.1.2 Grundmodelle funktionaler Privatisierung<br />
Die Grundmodelle der funktionalen Privatisierung sind in Abbildung 5 dargestellt. Als wichtigste<br />
Kriterien, um die Grundmodelle funktionaler Privatisierung als ÖPP im Sinne von „Partnerschaft“ zu<br />
charakterisieren, gelten:<br />
Abbildung 5: Grundmodelle der funktionaler Privatisierung<br />
Gemischtwirtschaftliche<br />
Unternehmen<br />
Contracting- und<br />
Factoringmodelle<br />
Bereitstellungsmodelle<br />
Betreibermodelle<br />
(BOT-Modelle)<br />
Konzessionsmodelle<br />
• Übernahme projektbezogener Risiken durch den<br />
privaten Partner,<br />
• gemeinsame langfristige und strategische Ziele für<br />
die Zusammenarbeit (über eine reine Auftraggeber-<br />
Auftragnehmer-Beziehung hinaus),<br />
• langfristige gegenseitige Abhängigkeiten.<br />
Auf Dauer angelegte gemischtwirtschaftliche Unternehmen<br />
bzw. Gesellschaften mit mindestens 50,1 %<br />
öffentlichen Anteilen stellen in den deutschen Kommunen<br />
das klassische Grundmodell für funktionale<br />
Privatisierung als ÖPP dar. Es ist vor allem in den Aufgabenbereichen<br />
Versorgung (Strom, Wasser, Gas) und<br />
Entsorgung (Abwasser, Abfall) verbreitet. Vielfältige<br />
Beispiele finden sich darüber hinaus auch in Aufgabenfeldern<br />
wie z. B. ÖPNV, Datenverarbeitung / Informations-<br />
technik, Tourismus, Sport, Kultur, Wirtschafts- und Technologieförderung, Kultur, Arbeitsförderung, Ausund<br />
Weiterbildung sowie Gesundheitswesen und Pflegedienstleistungen.<br />
Folgende Grundmodelle der funktionalen Privatisierung können insgesamt für ÖPP bei im ZVEI organisierten<br />
Unternehmen eine Rolle spielen:<br />
• Bereitstellungsmodelle,<br />
• Betreiber[fonds]- und Investorenmodelle (BOT-Modelle),<br />
• Contracting- und Factoringmodelle,<br />
• Konzessionsmodelle,<br />
• sowie die bereits genannten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen (öffentlich-private Gesellschaften<br />
mit eigener Rechtspersönlichkeit, meist als GmbH) und damit verwandte Kooperationsmodelle.<br />
Leasing, Vermietung und Miet-Kauf sind demgegenüber keine eigenständigen ÖPP-Grundmodelle, sondern<br />
privatwirtschaftliche Finanzierungsinstrumente, die in allen genannten Grundmodellen Verwendung finden.<br />
3.1.2.1 Bereitstellungsmodelle<br />
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Bereitstellungsmodelle verbinden die langfristige Nutzungskomponente für den öffentlichen Auftraggeber<br />
mit einem umfassenden Serviceangebot (siehe Abbildung 6). Ähnlich einer „Mobilitätsgarantie“<br />
durch Verkehrsanbieter erhält der öffentliche Nutzer auf diese Weise eine vertraglich langfristig vereinbarte<br />
Bereitstellungsgarantie. Vertragslaufzeiten betragen in der Regel ab zehn Jahre. Die Bereitstellungsgarantie<br />
deckt nahezu 100 % des maximal möglichen Nutzungszeitraumes ab. Der Bereitsteller,<br />
der in Kooperation mit einem (eigenen) Finanzierungsinstitut die notwendigen Investitionen vorfinanziert,<br />
erhält seine Refinanzierung und Kapitalrendite durch regelmäßige Nutzungsraten. Deren Höhe,<br />
Frequenz und Anpassung während der Vertragslaufzeit sind vertraglich vereinbart. Im Regelfall benötigt<br />
der öffentliche Auftraggeber zu Projektbeginn freie Investitionsmittel, um aufwändige Machbarkeitsstudien,<br />
EU-weite Vergabeverfahren und technische Anpassungen zu finanzieren.<br />
Bereitstellungsmodelle, die vor allem bei größeren und technologieintensiven Paketlösungen in den<br />
letzten Jahren vermehrt eingesetzt werden, kombinieren Planung, Installation, Betrieb, Wartung, Service<br />
und Reparatur. Dadurch ergeben sich innovative Infrastruktur- und Dienstleistungen aus einer Hand.<br />
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