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Boberhaus und Boberhauskreis - Adolf-Reichwein-Verein

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VEREIN<br />

Ich möchte den <strong>Adolf</strong>-<strong>Reichwein</strong>-<strong>Verein</strong> vorstellen<br />

<strong>und</strong> freue mich, dass ich dabei auf den neuen <strong>Reichwein</strong>-Prospekt<br />

verweisen kann, der hier ausgelegt ist.<br />

Beginnen möchte ich aber mit Ausschnitten aus zwei<br />

Briefen <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>s. Der erste ist ein Brief aus<br />

Kreisau an seine Frau:<br />

�Liebe Romai, hier sitze ich also wieder in dem luftigen<br />

`Berghaus`, zwischen hohen Akazien, mit dem<br />

Blick auf das liebliche Tälchen, durch das die Peile<br />

fließt, jenes harmlose Wässerchen, das zur Zeit der<br />

Schneeschmelze wild <strong>und</strong> wütend wird <strong>und</strong> alle zwei<br />

Jahre die Brücken wegreißt, die drunten zum Park,<br />

zum Schloss <strong>und</strong> zu dem Wirtschaftshof führen. Die<br />

ganze nächste Landschaft hat etwas vom englischen<br />

Charakter an sich, auch im Stil: mit Weidestücken, die<br />

von hohen Baumgruppen umgeben sind mit Hügeln,<br />

die von Bäumen gekrönt sind ; zur Linken einsam der<br />

Zobten, der alte schlesische Zauberberg, zur Rechten<br />

das Eulengebirge mit seinen sanften Konturen <strong>und</strong><br />

der Senke, die ins Innere dieses schlesischen Waldlandes<br />

führt, das Waldenburger Bergland...� (Lebensbild<br />

1999, S. 181).<br />

Am Schluss des langen Briefes heißt es: �Am Donnerstag<br />

will ich � über Pfingsten � nach Kreisau fahren;<br />

worüber ich aber in Berlin � außer Harro � niemandem<br />

Nachricht gegeben habe. Lore weiß, dass<br />

sie in dringenden Fällen bei Harro anrufen soll, damit<br />

er mich benachrichtigt. Ich möchte, dass Du auch<br />

nicht darüber sprichst. In der Nacht von Pfingstmontag<br />

zu Dienstag will ich nach Bln. zurückfahren.� (Lebensbild<br />

1999, S. 183)<br />

Dieser Brief ist kurz vor der 3. Tagung des Kreisauer<br />

Kreises vom 12. � 14.06 1943 in Kreisau geschrie-<br />

ben; <strong>Reichwein</strong> möchte 1 dass möglichst wenig Personen<br />

davon wissen, dass er zu diesem Zeitpunkt in<br />

Kreisau weilt.<br />

Der zweite Brief ist mehr als fünf Jahre früher, am 4.<br />

November 1937, in Tiefensee an Walther Oschilewski<br />

geschrieben. Im vorletzten Absatz heißt es:<br />

�Ich selbst stehe unentwegt in der Erziehungsfront;<br />

unter anderen Umständen, mit anderen Aufgaben wie<br />

in Jena � als wir uns kennen lernten, aber vielleicht<br />

darf ich stolz darauf sein, dass ich heute wie damals<br />

aus einem Gusse stehe, so wie ich gewachsen bin,<br />

<strong>und</strong> ohne dass ich neuer, künstlicher Glieder bedürfte,<br />

um rege zu sein <strong>und</strong> meinen Weg zu gehen. In<br />

1 Das in Lebensbild 1999, S. 181 angegebene Datum<br />

11.06.1943 kann allerdings nicht stimmen, wenn man<br />

<strong>Reichwein</strong>s Angabe �am Donnerstag� im zweiten zitierten<br />

Absatz bedenkt.<br />

reichwein forum Nr. 7 / November 2005<br />

2<br />

den nächsten Tagen wird eine Schrift über meine<br />

hiesige Arbeit erscheinen: `Schaffendes Schulvolk`(bei<br />

Kohlhammer, Stuttgart). Ich will den Jungen<br />

Mut machen � den sie brauchen -, <strong>und</strong> zeigen, wie<br />

jede Arbeit, wenn sie ganz getan wird, zur Quelle<br />

froher Zuversicht wird.� (Lebensbild 199, S. 135)<br />

<strong>Reichwein</strong> stellt zunächst fest, dass er sich nicht an<br />

die veränderten politischen Verhältnisse angepasst<br />

hat, sondern er selbst geblieben ist. Dann verweist er<br />

auf seinen bald erscheinenden Schulbericht über<br />

seine pädagogische Arbeit in Tiefensee, den er zwar<br />

in einer Tarnsprache geschrieben hat, der sich aber<br />

doch entschieden von der nationalsozialistischen<br />

Pädagogik unterscheidet <strong>und</strong> die Kinder zu mündigen<br />

<strong>und</strong> verantwortungsbereiten Menschen erziehen will.<br />

Mit seinem Bericht wollte <strong>Reichwein</strong> � so heißt es im<br />

Vorwort zum �Schaffenden Schulvolk�� �� �Mut <strong>und</strong><br />

Lust machen zur ländlichen Erziehungsarbeit� (S. 28).<br />

Ich habe aus den beiden Briefen zitiert, weil sie klar<br />

machen, was <strong>Reichwein</strong> für unseren <strong>Verein</strong> bedeutet:<br />

- <strong>Reichwein</strong> zum einen der Widerstandskämpfer,<br />

der im Kreisauer Kreis mitgearbeitet hat<br />

<strong>und</strong> zum Kern dieses Kreises gehörte, der<br />

am 4. Juli 1944 auf dem Wege zur zweiten<br />

Zusammenkunft mit Vertretern einer kommunistischen<br />

Widerstandsgruppe verhaftet<br />

<strong>und</strong> am 20. Oktober 1944 zum Tode verurteilt<br />

<strong>und</strong> hingerichtet wurde;<br />

- <strong>Reichwein</strong> zum anderen der Pädagoge; in<br />

Tiefensee der Schulpädagoge, der hier ein<br />

noch heute anregendes reformpädagogisches<br />

Konzept entwickelt <strong>und</strong> realisiert hat,<br />

der aber auch in anderen pädagogischen<br />

Feldern tätig war <strong>und</strong> dort jeweils einen<br />

wichtigen Beitrag geleistet hat: in Jena als<br />

Erwachsenenbildner, in Halle als Lehrerbildner<br />

<strong>und</strong> nach Tiefensee schließlich in Berlin<br />

als Museumspädagoge.<br />

Damit sind bereits die Aufgabenbereiche des <strong>Adolf</strong>-<br />

<strong>Reichwein</strong>-<strong>Verein</strong>s angesprochen, wie sie auch in der<br />

Satzung formuliert sind. 1982 von Roland <strong>Reichwein</strong><br />

<strong>und</strong> Wilfried Huber gegründet, stellt sich der <strong>Verein</strong><br />

die Aufgabe, die �Erinnerung an <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong>�<br />

lebendig zu halten, die pädagogischen Konzeptionen<br />

<strong>Reichwein</strong>s in den verschiedenen Feldern, besonders<br />

aber sein schulpädagogisches Konzept, im Kontakt<br />

mit den <strong>Reichwein</strong>-Schulen <strong>und</strong> anderen pädagogischen<br />

Einrichtungen weiterzuentwickeln <strong>und</strong> zu<br />

verbreiten, wissenschaftliche Arbeiten <strong>und</strong> andere<br />

Publikationen �im Sinne� <strong>Reichwein</strong>s anzuregen <strong>und</strong><br />

zu unterstützen sowie das <strong>Reichwein</strong>-Archiv zu erhalten<br />

<strong>und</strong> zu erweitern. (vgl. § 2 der Satzung).<br />

Wichtig ist dabei zu betonen, dass <strong>Adolf</strong> <strong>Reichwein</strong><br />

beides war: Widerstandskämpfer <strong>und</strong> Pädagoge. Er

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