08/09 - Evangelische Kirchen in Erfurt

THEMA: BLICK ÜBER DEN TELLERRAND 16
tende im Verkündigungsdienst: Wie viel
Zeit nehmen wir uns bei der Vorbereitung
auf diese Gottesdienste dafür, uns auf die
spezifische Situation dieser Menschen einzulassen
und uns ihren �ragen zu stellen?
Wie viel Mühe machen wir uns damit,
Worte und Sätze so verständlich zu formulieren,
dass unsere Predigt ein Angebot
des christlichen Glaubens auch für
Nichtchristen werden kann? Haben wir
Mut dazu, um dieser Menschen willen auf
uns vertraute, altehrwürdige Teile der Liturgie
situativ zu verzichten?
Trauen wir uns, über den Tellerrand unserer
vertrauten christlichen Gemeinde zu
schauen und uns für das �remde draußen
zu öffnen? Es zu wagen – darin sehe ich
eine große Chance …
Ein Weg mit Christus
Gemeinsam Fronleichnam feiern
In Hochheim, dem ehemaligen kurmainzischen
Küchendorf im Westen der Landeshauptstadt,
sind die meisten Christen
katholisch. �ronleichnam ist für sie alljährlich
ein großer �eiertag. Bis zum Jahr des
Bonifatius-Gedenkens 2004 konnten ihre
evangelischen Mitbürger damit nicht allzu
viel anfangen. Aber das hat sich seit
damals grundlegend geändert. Wie der
katholische Ortspfarrer Gert Schellhorn
von der Bonifatius-Gemeinde erläutert,
gab es bereits lange in Vorbereitung des
Bonifatius-Jahres Überlegungen in den leitenden
Gremien seiner Kirche, �ronleichnam
in Hochheim zu einer gemeinsamen
Aktion mit den evangelischen Christen zu
gestalten. Die Idee wurde schließlich für
gut empfunden und 2004 erstmals realisiert.
Hochheim ist seitdem um eine schöne
Aktion gelebter Ökumene reicher.
So wurden nun auch dieses Jahr wieder
zur �ronleichnamsprozession viele evangelische
Christen gemeinsam mit Pfarrer
Ernst-Michael Gohles herzlich vor der St.
Bonifatius-Kirche willkommen geheißen.
Durch die geschmückten Straßen zogen
dann gut 400 Christen mit Gebet, Musik,
Gesang und bunten �ahnen zu den vier
Altären.
Pfarrer Schellhorn bringt den ökumenischen
Akzent in verständliche Worte:
„Gemeinsam tragen wir das Brot des Lebens,
Jesus Christus in Gestalt der Hostie.
Der Leib Christi gibt Leben, auch heute,
da das Leben in all seinen Phasen so
bedroht scheint. Und gemeinsam tragen
wird das Wort des Lebens, Jesus Christus
in Gestalt des Evangeliars. Gottes Wort
gibt Hoffnung, Zukunft und Orientierung
in einer Zeit der Ratlosigkeit und Unrast,
der vielfältigen Ängste und der Selbstüberschätzung.“
So liefen der katholische Pfarrer Schellhorn
mit dem Allerheiligsten und der
evangelische Pfarrer Gohles mit dem
Evangeliar gemeinsam unter dem Baldachin
inmitten der Prozession.
„Die Zeiten, in denen spezifisch konfessionell
geprägte �eiertage wie Karfreitag,
�ronleichnam, das Reformationsfest oder
der Buß- und Bettag bewusst als „�laggezeigen“
gegen die andere Konfession gefeiert
wurden, liegen noch nicht lange
zurück. Gott sei Dank aber haben wir
innerhalb der Kirchen inzwischen den
Reichtum der jeweiligen Tradition zu
schätzen und zunehmend miteinander zu
teilen gelernt“, so Pfarrer Schellhorn ganz
auch im Namen seines evangelischen
Amtsbruders Pfarrer Gohles.
�ronleichnam könne als „Weg mit Christus“
durch die Straßen für alle Christen
eine Anregung sein, die eigenen Kirchentüren
weit zu öffnen und mit dem Evangelium
in die Öffentlichkeit zu gehen. Die
gemeinsame �ronleichnamsprozession
könne zudem Anstoß sein, selbst �lagge
zu zeigen. Im Alltag gebe es dazu genug
Möglichkeiten.