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ThE ShOOTERS OF ThE YEAR 2012

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Du hast deine Leistung über die Jahre 2010<br />

und 2011 hin aufgebaut. Wie schwierig ist<br />

es, fokussiert zu bleiben und sich auf den<br />

Weg zu den Spielen zu konzentrieren?<br />

Während den vergangenen Jahren habe ich<br />

versucht, aus meinen Fehlern zu lernen. Ich<br />

habe mich mit jedem Wettkampf ein bisschen<br />

gesteigert und das gab mir das Selbstbewusstsein<br />

und die Fähigkeiten, um die<br />

olympische herausforderung anzunehmen.<br />

In jeder Saison habe ich nicht mehr als 2 bis<br />

3 internationale Wettkämpfe ausgewählt, an<br />

denen ich teilnehmen wollte, denn es war<br />

wirklich sehr wichtig, dass ich es nicht übertreibe<br />

und erschöpft bin.<br />

Lass uns über London <strong>2012</strong> reden. Du bist<br />

mit der Einstellung „Ich weiß, dass ich es<br />

schaffen kann“ an die Spiele herangegangen.<br />

Wie hast du so eine Selbstsicherheit<br />

aufbauen können?<br />

Zu allererst muss ich sagen, dass ich meinte:<br />

“Ich weiß, dass ich bei den Spielen mein Bestes<br />

geben kann“ und nicht „Ich weiß, dass<br />

ich Gold holen kann“. Das ist ein kleiner aber<br />

feiner Unterschied. Ich habe versucht, mich<br />

auf etwas zu konzentrieren, dass ich kontrollieren<br />

kann, wie meine eigene Leistung. Wenn<br />

man über Medaillenspiegel und Medaillen<br />

nachdenkt, fühlt man Druck und Unsicherheit.<br />

Das kommt daher, dass ein Sieg nicht nur von<br />

einem selbst abhängt; es gibt viele andere<br />

gute Schützen auf der Welt.<br />

Du warst der wahrscheinlich beste Schütze<br />

bei den Olympischen Spielen in London,<br />

was den Umgang mit Druck angeht. Du<br />

schienst immer so ruhig und entspannt.<br />

Wie hast du das geschafft? War es bloß ein<br />

„Schutzschild“, oder hast du das alles wirklich<br />

so leicht genommen?<br />

Ich habe versucht “im Moment zu bleiben”,<br />

wie es mein Mentaltrainer Etzel ausdrücken<br />

würde. Das war also mein wahres Ziel bei den<br />

Spielen und nicht die Medaillen; ich wusste,<br />

dass es ungemein wichtig ist, nach dem Spiel<br />

nichts zu bereuen, da es viel einfacher ist<br />

Fehler zu akzeptieren, wenn man glaubt, dass<br />

man 100% seiner Leistung gegeben hat. Aber<br />

ich muss zugeben, dass ich im Finale sehr nervös<br />

war, wie ein Anfänger bei seinem ersten<br />

Wettkampf, aber das ist ja der Spaß daran,<br />

oder nicht?<br />

Du hast deinen Siegeszug für die Olympischen<br />

Spiele mit einer Silbermedaille<br />

begonnen. Kannst du uns die Geschichte<br />

hinter der Medaille erzählen?<br />

Das Luftgewehr Finale war das härteste für<br />

mich. Ich war einer der Favoriten, aber bei<br />

diesem Bewerb gibt es keinen Raum für Fehler.<br />

Man kann extrem gut schießen, aber mit<br />

viermal 9,9 bist du raus. Ich habe während<br />

des ganzen Wettkampfes und im Finale mit<br />

mir selbst gerungen und dann, zum Schluss,<br />

war ich doch stolz mit meiner Leistung. Die<br />

Zuschauer in der Finalhalle waren unglaublich<br />

und die Atmosphäre erst! So etwas habe<br />

ich noch nie zuvor auf einer Schießanlage<br />

miterlebt. Ich habe zwar die Goldmedaille<br />

um 0,6 Punkte verloren, aber dafür habe ich<br />

die Silbermedaille mit 0,4 Punkten Vorsprung<br />

erreicht… Ich kann mich nicht beschweren<br />

und was am allerwichtigsten ist, mein letzter<br />

Schuss war großartig!<br />

Wie konntest du nach diesem Sieg entspannt<br />

bleiben? Du bist ja gleich beim nächsten<br />

Wettkampf angetreten und hast dort Gold<br />

gewonnen…<br />

Es war sehr schwer mich vom Luftgewehrfinale<br />

zu erholen. Ich habe sehr viel geistige Energie<br />

verbraucht und habe deswegen in den<br />

folgenden Tagen auf mich selbst geachtet und<br />

Zeit mit meiner Freundin, Petra Zublasing, verbracht,<br />

die ebenfalls an den Spielen teilnahm.<br />

Sie war mein rettender Engel in London.<br />

Als du Gold gewonnen hast, schienst du<br />

nicht sehr beeindruckt. Wie konntest du so<br />

selbstbewusst bleiben?<br />

Beide Wettkämpfe waren großartig. Ich habe<br />

sehr hart gearbeitet, um diese Leistung zu<br />

erreichen und es ist immer wieder schön zu<br />

sehen, dass sich die Opfer, die ich gebracht<br />

habe, gelohnt haben. Aber, noch einmal, ich<br />

habe beim Schießen nicht an die Goldmedaille<br />

gedacht, ich habe nur versucht einen Schuss<br />

nach dem anderen abzufeuern und mein<br />

Bestes zu geben. Natürlich ist es großartig<br />

zu wissen, dass meine beste Leistung auch<br />

die beste Leistung der Welt ist. Aber das ist<br />

nicht der Punkt. Tatsächlich hätte ich beim<br />

Kleinkaliberschießen ein besseres Ergebnis<br />

erzielen können, sowohl im Wettkampf als<br />

auch im Finale. Ich habe Glück: es ist toll in<br />

einen neuen Olympischen Zyklus zu starten<br />

und zu wissen, dass es immer noch Platz für<br />

Verbesserung gibt.<br />

In stressigen Situationen machen die Menschen<br />

um dich herum den Unterschied. Welche<br />

Personen haben dir während London<br />

<strong>2012</strong> am meisten geholfen und warum?<br />

Es ist unmöglich hier Platzierungen zu vergeben.<br />

Petra war enorm wichtig, um meine Batterien<br />

aufzuladen; Etzel war immer der letzte<br />

mit dem ich am Abend via Skype gesprochen<br />

habe und Emmons war ein sehr guter Freund,<br />

der immer für einen kleinen Plausch auf der<br />

Range zu haben war. Auch die Mitarbeiter<br />

meines Nationalteams, besonders Gaby Bühlmann<br />

und Valentina Turisini, haben mir all die<br />

Unterstützung gegeben, die ich brauchte.<br />

Wie war es als erfolgreichster italienischer<br />

Olympionike aus London nach Hause zurück<br />

zu kehren? Was hast du als erstes getan, als<br />

du wieder daheim warst?<br />

Ich bin in einem kleinen Restaurant mit meiner<br />

Familie Essen gegangen. Meine Mutter, mein<br />

Vater und mein Bruder waren eingeladen; ich<br />

wollte diesen Moment mit ihnen teilen.<br />

Wo bewahrst du deine Medaillen auf?<br />

Ich habe sie zusammen mit anderen Preisen<br />

in einem Regal aufgestellt. Dieser Teil<br />

meiner Zimmers ist genau genommen ein<br />

ganz schönes Durcheinander… Aber ich<br />

stelle sie nicht mit Schweinwerfern oder<br />

ähnlichem aus. Am Ende sind es ja doch<br />

„nur“ Medaillen, die Erinnerungen, die<br />

dazu gehören, sind immer viel besser.<br />

Und daran gibt es keine Zweifel: wenn in<br />

meinem haus ein Feuer ausbrechen würde,<br />

würde ich meine Medaillen zurück lassen<br />

und meinen hund retten!<br />

Du hast zwei Olympiamedaillen gewonnen.<br />

Welche Ratschläge kannst du einem jungen<br />

Schützen geben?<br />

Man muss das, was man tut, immer genießen.<br />

Gewinnen und verlieren ist wichtig,<br />

aber nicht entscheidend. Man sollte sich<br />

nicht wie ein Loser fühlen, wenn man auf<br />

dem vierten Platz steht und gleichzeitig<br />

sollte man sich auch nicht wie ein Superheld<br />

fühlen, weil man die Olympischen Spiele gewonnen<br />

hat. Ich garantiere, dass die Reise<br />

immer besser ist als das Ziel.<br />

Nach London hat sich einiges verändert.<br />

Die ISSF hat komplett neue Regeln veröffentlicht<br />

und du hast bei wichtigen Fragen<br />

hinsichtlich der Feinjustierung mitgeholfen.<br />

Was kannst du uns über diese Erfahrung<br />

erzählen? Bist du zufrieden damit, wie sich<br />

alles entwickelt hat?<br />

Innovation ist immer etwas Positives. Ich bin<br />

froh, dass ich an solch einem Prozess teilhaben<br />

und über viele Vorschläge mit einer<br />

großen Gruppe von internationalen Schützen<br />

diskutieren durfte. Die Saison 2013 wird sehr<br />

interessant, da dann Pro und Kontra des neuen<br />

Finalformates und der Dezimalwertung in<br />

den Qualifikationen abgewogen und hoffentlich<br />

neue Technologien eingeführt werden. In<br />

dieser hinsicht glaube ich, dass eine solide<br />

Zusammenarbeit zwischen Athleten, Trainern<br />

und den Verbänden essentiell für die Zukunft<br />

unseres Sportes ist.<br />

Wie sieht deine Zukunft aus? Wirst du ein<br />

Vollzeit Ingenieur oder hast du immer noch<br />

den Schießsport im Blick?<br />

Ich habe die Olympischen Spiele Schuss für<br />

Schuss gewonnen. Und genauso lebe ich auch<br />

mein Leben, Tag für Tag, was ist also meine<br />

Zukunft? Ich weiß es nicht, aber ich werde es<br />

herausfinden.<br />

Marco Dalla Dea<br />

DEUTSCH<br />

ISSF NEWS 1 2013 51

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