Thermenland Magazin November 2015
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AKTUELLES<br />
5 Jahre Naturwaldfriedhof Bad Füssing: Die Hälfte der Bestattungen sind anonym<br />
„Angehörige brauchen Ort zum Trauern“<br />
Seit fünf Jahren hat Bad Füssing nun einen<br />
Naturwald-Friedhof, der sich an den offiziellen<br />
Gemeindefriedhof anschließt. Mit diesem Friedhof<br />
kommt die Gemeinde einem Bedürfnis entgegen,<br />
das in den letzten Jahren regelrecht zum<br />
Trend geworden ist und der nun auch den<br />
Tod der fortschreitenden Individualisierung der<br />
Gesellschaft anpasst.<br />
Eins mit der Natur werden<br />
300 Bäume und 100 Granitsteine stehen hier<br />
für naturnahe und anonyme Bestattungen zur<br />
Verfügung. „Auch nach fünf Jahren ist hier noch<br />
genug Platz, so dass wir derzeit nicht über eine<br />
Vergrößerung nachdenken“, stellt Hermann Valtbauer,<br />
Ordnungsamtsleiter der Gemeinde, fest.<br />
Es seien ganz unterschiedliche Gründe, die die<br />
Menschen dazu bewegen würden, sich hier<br />
bestatten zu lassen. „Eine große Gruppe findet<br />
einfach die Idee schön, nach dem Tod wieder<br />
eins mit der Natur zu werden“, erklärt Valtlbauer.<br />
„Andere sind zugezogen und haben keine<br />
Angehörigen, die sich um ein Grab kümmern<br />
könnten, wieder andere wollen die Pflege einer<br />
Grabstätte nicht dem auch schon alten Partner<br />
aufbürden.“ Vorwiegend aber ist die Belegung<br />
durch Zugezogene und Anwohner aus den<br />
Nachbargemeinden wie Kirchham und Pocking.<br />
Mit über 70 Bestattungen machen die anonymen<br />
Begräbnisse jedoch bereits knapp die Hälfte<br />
der bisherigen Urnengräber aus.<br />
Kein Interesse an anonymer Bestattung<br />
Verrottbare Urnen ja - anonyme Bestattungen nein: der katholische Pfarrer und Kurseelsorger Josef Werkstetter<br />
aus Bad Füssing bezieht Stellung zu aktuellen Bestattungstrends.<br />
Fotos: Semmler<br />
Die katholische Kirche hat<br />
auf diesen Trend auf ihre<br />
Art reagiert und bereits<br />
vor zehn Jahren eine<br />
neue Begräbnisliturgie<br />
eingeführt. Auf ihrer<br />
Grundlage hat sich<br />
Gemeindepfarrer und<br />
Kurseelsorger Josef Werkstetter<br />
schon länger näher mit den Begräbnistrends<br />
auseinandergesetzt und sieht die Tendenzen<br />
aus katholischer Sicht eher kritisch.<br />
„Ich bin nicht erpicht darauf, Beerdigungen bei<br />
Leuten zu halten, die nicht hier gewohnt<br />
haben“, unterstreicht Pfarrer Werkstetter. „Wenn<br />
natürlich jemand 30 Jahre regelmäßig zur Kur<br />
kommt und eine Beziehung zur Gemeinde hat,<br />
dann bin ich gerne bereit, diesen seelsorgerlichen<br />
Dienst zu leisten.“ Der Naturfriedhof nämlich<br />
ist offen für alle, die hier ihre letzte Ruhe finden<br />
wollen. „Und da gibt es Leute, die suchen<br />
übers Internet solche Friedhöfe und lassen sich<br />
dann dort anonym begraben“, kritisiert Werkstetter.<br />
Die christliche Gemeinde sei eine Solidargemeinschaft.<br />
Sie begreife Trauerrituale als Halt<br />
und Hilfe für die Hinterbliebenen, um sie zu<br />
tragen und zu stützen. Anonyme Begräbnisse<br />
seien ihnen gegenüber jedoch rücksichtslos.<br />
Grabstellen geben Halt und Orientierung<br />
Für Hinterbliebene – egal ob Angehörige,<br />
Bekannte oder ferne Nachfahren –sind Grabdenkmäler<br />
wichtige Angelpunkte, die in Krisenzeiten<br />
des Lebens wie in der Trauerzeit Halt und<br />
Orientierung geben können. „Wo aber noch<br />
nicht einmal ein Name zu finden ist, fehlt dieser<br />
Haltepunkt“, so der Pfarrer. „Und so sieht die<br />
katholische Liturgie auch keine Bestattung oder<br />
Begräbnisfeier vor, wenn es sich um eine anonyme<br />
handelt.“<br />
Dass man auf dem Waldfriedhof jedoch in<br />
Urnen aus verrottbarem Material in die Erde eingesetzt<br />
wird, komme der katholischen Liturgie<br />
entgegen. Im Gegensatz zu den Urnenwänden<br />
könnten die sterblichen Überreste hier auf<br />
natürlichem Weg den Kreislauf hin zur Staubwerdung<br />
vollenden. „Denn es ist wichtig, dass<br />
uns klar wird, was vom Körper übrig bleibt“,<br />
betont Pfarrer Werkstetter. Der gesellschaftliche<br />
Wandel hin zur Kleinfamilie tue sein Übriges<br />
dazu. Früher habe man die Sterbenden heimgeholt,<br />
heute bringt man sie ins Hospiz. „Kinder<br />
lernen nicht mehr, natürlich mit dem Sterben<br />
umzugehen, den Tod als Teil des Lebens zu<br />
achten.“<br />
Martin Semmler<br />
Familien-Trauerbegleitung durch Schwerpunktkur<br />
Mit dem Tod leben lernen<br />
Das Leben einer Familie verändert sich durch<br />
den Tod eines Familienmitglieds auf tragische<br />
Weise. Den richtigen Trauerweg eines jeden Einzelnen<br />
zu finden ist zuhause aufgrund der Fülle<br />
der Alltagsaufgaben mit großen Schwierigkeiten<br />
verbunden. Denn Frauen trauern anders als<br />
Männer, Erwachsene anders als Kinder oder<br />
Jugendliche. Enttäuschung, das Gefühl, mit der<br />
Trauer alleine zu sein, und Unverständnis entstehen.<br />
Kinder sind im Trauerprozess oft doppelt<br />
belastet, denn der eigene Verlust und zusätzlich<br />
die Trauer der Eltern bzw. eines Elternteils lassen<br />
sie verzweifeln.<br />
Das Mutter-Kind-Hilfswerk e.V. rät Müttern bzw.<br />
Vätern in dieser Situation, eine spezielle Schwerpunktkur<br />
zur Trauerbegleitung zu beantragen.<br />
Die Trauernden werden während der dreiwöchigen<br />
Maßnahme im Rahmen einer Mutter/Vater<br />
& Kind-Kur auf ihrem Weg durch den Trauerprozess<br />
intensiv begleitet. Dazu gehören neben<br />
den klassischen Therapieangeboten auch psychologische<br />
Gruppen, Entspannungstraining,<br />
Eltern-Kind-Interaktionsangebote, Vorträge sowie<br />
bewegungstherapeutische Angebote.<br />
Auskunft zur Schwerpunktkur erteilt das Mutter-<br />
Kind-Hilfswerk e.V. am kostenlosen Info-Telefon<br />
unter: 0800 2255100.<br />
Infos und Antragsformulare zum Download gibt<br />
es unter www.mutter-kind-hilfswerk.de eB<br />
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