Burschenschaftliche Blätter 2015 - 1
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Schwerpunkt<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
„Südtirol ist italienisches Territorium.“<br />
CasaPound<br />
Die neofaschistische Bewegung CasaPound (CPI) ist in der deutschen Rechten bereits<br />
seit Jahren ein vieldiskutiertes Thema. Mit über 50 rechtsalternativen Jugendzentren<br />
und besetzten Häusern in ganz Italien, eigenen Kneipen, Restaurants, Buch- und Klamottenläden,<br />
Tonstudios sowie Kunstgalerien haben sich die selbsternannten „Faschisten<br />
des 3. Jahrtausends“ eine beeindruckende Welt erschaffen, von der Rechte in ganz<br />
Europa nur träumen können. Die italienischen Neofaschisten, deren Name auf den USamerikanischen<br />
Dichter Ezra Pound zurückgeht, haben im Dezember 2003 mit der Besetzung<br />
eines sechsstöckigen Hauses in einem Migrantenviertel Roms den Grundstein<br />
für ihren heutigen Erfolg gelegt. Ursprünglich ging es den jungen Aktivisten vornehmlich<br />
darum, notleidenden römischen Familien eine Alternative zu bieten. Die Via Napoleone<br />
III 8 in Rom dient seit ihrer Besetzung vor elf Jahren daher als sozialer Wohnraum<br />
für jene Familien. Hinzugekommen sind Schulungsräume, ein Tonstudio und viel Platz<br />
für die Vorbereitung jener politischen Aktionen, für die CPI berühmt geworden ist. Es<br />
sind überwiegend die Mißstände von damals, die CPI auch heute noch kritisiert. Schlagwörter<br />
wie Kapitalismus, Zinswucher, Lohndrückerei und Massenkonsum sind es, die von<br />
den Aktivisten immer wieder mit ihren spektakulären politischen Aktionen kritisch thematisiert<br />
werden. Offensiv verkaufen sich die Italiener dabei sowohl als überzeugte und<br />
militante Faschisten als auch als sozial engagierte und fortschrittliche Aktivisten. Es ist<br />
also die authentische Verquickung von faschistischem Stil und sozialem Engagement,<br />
die CPI in Italien so erfolgreich macht.<br />
Adriano Scianca ist Kultursprecher der<br />
neofaschistischen italienischen Casa<br />
Pound-Bewegung, die in der deutschen<br />
Rechten bereits seit einigen Jahren kontrovers<br />
diskutiert wird. Besonders die<br />
„Südtirol-Frage“ führt immer wieder zu<br />
Auseinandersetzungen mit deutschen<br />
Aktivisten. In unserem Interview steht<br />
Scianca Frage und Antwort, ohne dabei<br />
ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Ein<br />
kontroverses Interview!<br />
BBl: Herr Scianca, die provokante Gretchenfrage<br />
zuerst: Gehört Südtirol zu Italien<br />
oder zu Deutschland?<br />
Scianca: Südtirol, oder auch Alto Adige, ist<br />
italie nisches Territorium. Dort leben auch<br />
italienische Staatsbürger mit deutscher<br />
Muttersprache.<br />
BBl: Damit haben Sie sich ziemlich eindeutig<br />
positioniert. Ist das auch die offizielle<br />
Position von CasaPound? Oder würden<br />
Sie sagen, das Thema Südtirol ist<br />
auch in Ihren Reihen umstritten?<br />
Scianca: Die offizielle Positionen von Casa-<br />
Pound Italien (CPI) zu Südtirol entspricht<br />
der, die ich bereits oben geäußert habe: Es<br />
handelt sich um italienisches Territorium, in<br />
dem auch italienische Staatsbürger mit<br />
deutscher Muttersprache leben. Innerhalb<br />
von CPI ist das beileibe kein umstrittenes<br />
Thema ‒ unsere Position ist klar.<br />
BBl: 2011 organisierte CasaPound<br />
einen provokanten Protestmarsch<br />
durch Bozen, der auch überregional<br />
Beachtung fand. Viele führende Köpfe<br />
Ihrer Bewegung, u.a. Gianluca Iannone,<br />
waren vertreten. Was ist das Ziel solcher<br />
Aktionen?<br />
Das Casa Pound-Hauptquartier in der römischen Via Napoleone III ist nicht nur politischer Veranstaltungsort,<br />
sondern auch die Heimat vieler hilfsbedürftiger Familien.<br />
Barbicone/wikimedia/CC<br />
Scianca: Es handelte sich nicht um einen<br />
„provokativen“ Protest: Unser Demonstrationszug<br />
präsentierte sich mit einem zweisprachigen<br />
Transparent, auf Italienisch und<br />
auf Deutsch, mit der Aufschrift: „Ja zum Zusammenleben/zur<br />
Gemeinschaft, nein zur<br />
Arroganz“. Diese Kundgebung entstand in<br />
Reaktion auf die Unterzeichnung einer Vereinbarung<br />
durch den damaligen italienischen<br />
Kulturminister Sandro Bondi (ehemalige<br />
Berlusconi-Partei Popolo della Libertà)<br />
mit der SVP zur Demontage faschistischer<br />
Denkmäler in Bozen. Diese Denkmäler aber<br />
repräsentieren einen Teil unserer Geschichte<br />
und das vergossene Blut tausender<br />
italienischer Soldaten. Uns gefiel der<br />
Gedanke nicht, daß sie für ein paar<br />
Wählerstimmen mehr im italienischen<br />
Parlament und zur Aufrechterhaltung der<br />
damaligen Regierung abgerissen werden<br />
sollten.<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 19