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Burschenschaftliche Blätter 2015 - 1

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Schwerpunkt<br />

Die Farben der Urburschenschaft bereicherten bisher so ziemlich jede PEGIDA-Veranstaltung.<br />

Die DB mittendrin!<br />

<strong>Burschenschaftliche</strong><br />

<strong>Blätter</strong><br />

denen aus PEGIDA bekämpft wird. Die gegenwärtige<br />

Auseinandersetzung findet unter<br />

dem Schatten eines sich anbahnenden<br />

ethnischen Konfliktes statt. Aber es handelt<br />

sich (noch) nicht um einen Kampf zwischen<br />

Völkern oder Religionen. Ist es also ein<br />

weltanschaulicher Konflikt? Damit kommt<br />

man der Sache näher, trifft sie aber doch<br />

nicht ganz. Auf beiden Seiten stehen<br />

„breite Bündnisse“. PEGIDA und Konsorten<br />

reichen vom versprengten „rechten<br />

Rand“ bis in die bei Soziologen ebenso gefürchtete<br />

Mitte der Gesellschaft. Daß die<br />

„Ritter der Weltoffenheit“ heute für die Homosexuellen<br />

und morgen für die Moslems<br />

in den Kampf ziehen, ist inzwischen auch<br />

ein älterer Witz. Der Begriff der Weltanschauung<br />

erlaubt eine Annäherung insoweit,<br />

als auf beiden Seiten Schlagworte und<br />

Programme herumschwirren, auf die man<br />

sich bei Bedarf beruft. Die herrschende<br />

Linke versucht die sie herausfordernde<br />

Rechte mit dem Vorwurf zu treffen, sie sei<br />

nur von diffusen Ängsten getrieben. Diesen<br />

Vorwurf könnte man jederzeit in die andere<br />

Richtung zurückschleudern. Er trifft auf<br />

beide Seiten zu.<br />

sichtbaren Propagandaministeriums tritt<br />

das Milieu der Meinungsmacher. Ein Klüngel,<br />

der sich durch die bevorzugte Aufnahme<br />

weltanschaulich verwandter Nachwuchsjournalisten<br />

selbst reproduziert. Dieses<br />

Milieu, in seinem Aufbau der politischen<br />

Kaste der Parteienoligarchie nicht<br />

unähnlich, ist die schärfste Waffe des „linken“<br />

Lagers. Mehr als jede andere Institution<br />

formt die Presse die öffentliche Meinung.<br />

Was aber kein Mediensystem produzieren<br />

kann, ist Wirklichkeit. Vielmehr produziert<br />

die „Systempresse“ Wahrheiten. So<br />

schrieb Oswald Spengler etwa: „Drei Wochen<br />

Pressearbeit, und alle Welt hat die<br />

Wahrheit erkannt. Ihre Gründe sind so<br />

lange unwiderleglich, als Geld vorhanden<br />

ist, sie ununterbrochen zu wiederholen.“<br />

Aber Wirklichkeit? Was das eigentlich ist,<br />

wissen wir gar nicht so recht. Es ist deshalb<br />

leicht, sich in seinen Wahrheiten einzurichten,<br />

solange um uns herum die Welt funktioniert.<br />

Und solange diese Wahrheiten<br />

Deutungsmuster für das bereitstellen, was<br />

um einen herum geschieht, gibt es für den<br />

durchschnittlichen Bürger keinen Grund,<br />

daran zu zweifeln.<br />

Nur was, wenn die Wirklichkeit außer Kontrolle<br />

gerät? Wenn die gültigen Deutungsmuster<br />

mit jedem verstreichenden Jahr absurder<br />

werden? „Das große Experiment<br />

vom neuen, globalisierten, jederzeit austauschbaren<br />

Menschen ohne Heimat ist unseren<br />

Politikern über den Kopf gewachsen.“<br />

Dieser Satz aus der Rede Götz Kubitscheks<br />

auf der PEGIDA-Kundgebung von 9.<br />

Februar <strong>2015</strong> beschreibt nicht nur den Anlaß,<br />

sondern auch die tiefere Stoßrichtung,<br />

die dem Protest gegen das polit-mediale<br />

Establishment in ganz Europa innewohnt.<br />

Der Vorwurf lautet: Ihr habt die Lage nicht<br />

mehr im Griff! Und zwar nicht nur hier oder<br />

dort. Euch entgleitet die Gesamtsituation.<br />

Anstatt das in Ordnung zu bringen, tischt<br />

ihr uns ein Märchen nach dem anderen auf.<br />

Mit dem Schlagwort „Lügenpresse“ ist PE-<br />

GIDA ein brillanter Streich gelungen. Aus<br />

einer Bewegung, die sich ursprünglich nur<br />

der Islamisierung des Abendlandes entgegenstellen<br />

wollte, wurde ein Mißtrauensvotum<br />

gegen den Teil des herrschen Systems,<br />

der bisher bei allem Unmut über die journalistische<br />

Zunft praktisch unangreifbar war.<br />

Weit stärker noch als die Politiker der etablierten<br />

Parteien, waren die Journalisten<br />

der Leitmedien als Kaste durch die kartellierten<br />

Strukturen ihres Gewerbes gesichert.<br />

Durch die Verschlagwortung zur „Lügenpresse“<br />

sind diese Strukturen greifbar<br />

und damit angreifbar geworden. Deshalb<br />

bellen die getroffenen Hunde der „Lügenpresse“<br />

über diese Bezeichnung ihrer<br />

selbst in einer neuen Lautstärke und Tonhöhe.<br />

Das mediale Trommelfeuer zwischen<br />

Dezember und Januar übertraf alles, was<br />

die Bundesrepublik seit Jahren in dieser<br />

Hinsicht erlebt hatte.<br />

Das „Eigene“ von links und<br />

rechts<br />

Was unterscheidet im Kern zwei Lager, die<br />

sich auf der Oberfläche in einer Vielzahl von<br />

Punkten streiten? Auch wenn die Demonstrationen<br />

sich dem Namen nach gegen die<br />

Islamisierung des Abendlandes richten, stehen<br />

doch auf der anderen Seite der Polizeiabsperrungen<br />

fast ausschließlich Deutsche.<br />

Noch mehr Deutsche findet man in den<br />

Parteibüros und Redaktionsstuben, den<br />

Gewerkschaftshäusern und Kirchen, von<br />

Kann man den Konflikt auf die „Verteidigung<br />

des Eigenen“ (Martin Lichtmesz) und<br />

eine dem gegenüberstehende „Verachtung<br />

des Eigenen“ (Frank Lisson) herunterbrechen?<br />

Wenn man unter dem „Eigenen“<br />

nur Deutschland, Europa oder das Abendland<br />

verstünde, so hätte man es damit wohl<br />

getroffen. Aber auch die andere Seite hat<br />

ein „Eigenes“, und die hysterische Reaktion<br />

auf PEGIDA scheint sich nicht zuletzt<br />

aus der Angst vor dem Verlust dieses „Eigenen“<br />

zu speisen. Das „Eigene“ des „linken“<br />

Lagers ist keine Einheit. Dieses „Eigene“<br />

reicht von den klischeehaften Reggae-Nächten<br />

linker Jugendlicher bis zum<br />

Weltbürgertum des Jetsets. Bürgerliche<br />

Mittelschicht und Parteifunktionäre, orientalische<br />

Migranten und Homosexuelle, Eurokraten<br />

und autonome Randalierer teilen<br />

sich weniger eine Lebenswelt, als daß sie<br />

eine unter sich aufteilen. Der Teilungsschlüssel<br />

ist ein gesellschaftlicher Grundkonsens,<br />

den zu definieren völlig sinnlos<br />

wäre, da er nie aus mehr als ein paar<br />

Schlagworten bestand. „Demokratie“, „Toleranz“<br />

oder „Soziale Marktwirtschaft“, anhand<br />

solcher Leitlinien kann man irgendwie<br />

miteinander oder besser nebeneinander leben.<br />

Freilich gehörten auch hier nie alle<br />

dazu. Nationalisten oder streng gläubige<br />

Christen müssen draußen bleiben, gar vehement<br />

bekämpft werden.<br />

Der Kampf zweier Welten<br />

An dieser Stelle beginnen sich die Verhältnisse<br />

zu verschieben. Damit sind wir wieder<br />

bei der außer Kontrolle geratenen Wirklichkeit.<br />

Die Initialzündung für PEGIDA waren<br />

die Krawalle, die auf deutschem Boden zwischen<br />

Kurden und den Sympathisanten des<br />

Heft 1 - <strong>2015</strong> 9

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