Burschenschaftliche Blätter 2015 - 1
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Aus dem burschenschaftlichen Leben<br />
wirken, als abstrakte Weltverbesserungsideen<br />
vor sich herzutragen. Es ist die kleine,<br />
aber ausgeführte Tat, die einen Unterschied<br />
macht auf der Welt, es sind nicht die<br />
großen geschwungenen Reden.<br />
Man wirft uns vieles vor – es ist so viel dabei,<br />
dass man fast gar nicht auf alles eingehen<br />
kann. Wir seien ewiggestrig, zum Beispiel.<br />
Gut, vielleicht stimmt das ein bisschen.<br />
Ich will das gar nicht abstreiten: Wir<br />
sind etwas aus der Zeit gefallen. Vielleicht<br />
sind wir Menschen, die eben nicht mitkommen,<br />
wenn jede Woche eine neue Mode<br />
ausbricht, der man nachlaufen soll. Wir nehmen<br />
uns die Freiheit, nach unserem eigenen<br />
Willen zu leben.<br />
Man wirft uns Sexismus vor. Da weiß ich<br />
beim besten Willen nicht, warum. Natürlich,<br />
ich bin kein Feminist. Ich bin auch kein Maskulinist,<br />
falls es dieses Wort gibt. Es ist mir<br />
einfach egal, welches Geschlecht mein Gegenüber<br />
hat, und ich sehe keinen Grund,<br />
daran Vorrechte, Quoten oder Diskriminierung<br />
zu binden. Wir sind alles Menschen<br />
und danach sollten wir beurteilt werden.<br />
Wenn es dem Feminismus um solche<br />
Gleichberechtigung geht, ist daran nichts<br />
falsch. Ich frage mich nur, warum er dann<br />
Feminismus und nicht Humanismus heißt.<br />
Kein Verein ist in seiner ganzen Grundausrichtung<br />
so rebellisch, so staatskritisch, so<br />
freiheitsversessen wie die Deutsche Burschenschaft.<br />
Man wirft uns Rassismus vor. Was soll man<br />
dazu überhaupt sagen? Wann haben Burschenschafter<br />
Asylantenheime angezündet,<br />
Einwanderer verprügelt oder zu rassistischen<br />
Gehässigkeiten aufgestachelt? Wie<br />
kommen wir dazu, dass uns solche Dinge<br />
vorgehalten werden, zu denen wir nicht das<br />
Geringste beigetragen haben? Oder liegt<br />
es allein in dem Umstand, dass die Deutsche<br />
Burschenschaft sich eben als Verein<br />
von vornehmlich deutschen Studenten betrachtet,<br />
so wie es auch viele andere Verbände<br />
mit anderen Prinzipien gibt? Dann<br />
möchte ich gerne wissen, wem es nur irgendetwas<br />
helfen soll, wenn wir uns wie andere<br />
halt in einen internationalen Studentenverein<br />
umwandeln. Wem ist damit geholfen?<br />
Unsere Kritiker beschäftigen sich<br />
mit solchen Albernheiten, während wirkliche<br />
rassistische Verfolgung in der Welt an<br />
der Tagesordnung ist. Das ist Heuchelei<br />
und Gutmenschentum per definitionem.<br />
Man wirft uns vor, wir seien reaktionär. Kein<br />
Vorwurf tut so weh wie dieser. Denn kein<br />
Verein ist in seiner ganzen Grundausrichtung<br />
so rebellisch, so staatskritisch, so freiheitsversessen<br />
wie die Deutsche Burschenschaft.<br />
Uns haben Kaiser verboten und<br />
„Führer“ auflösen lassen. Denken die linksradikalen<br />
Gruppierungen, die uns attackieren,<br />
wirklich, wir würden uns von ihnen einschüchtern<br />
oder unterdrücken lassen? Wir<br />
haben schon ganz andere Zeiten überstanden.<br />
Soweit käme es noch.<br />
<strong>Burschenschaftliche</strong><br />
<strong>Blätter</strong><br />
Am liebsten wirft man uns Nähe zum Nationalsozialismus<br />
vor. Das geht so weit, dass<br />
uns unterstellt wird, wir würden den Holocaust<br />
toll finden oder leugnen. So als ob es<br />
nicht komplett widersprüchlich wäre, etwas<br />
toll zu finden, dessen Existenz man leugnet,<br />
oder etwas zu leugnen, das man doch toll<br />
findet. Aber wahrscheinlich ist dies einfach<br />
nur ein weiterer Fall von Godwin's Law, das<br />
ja besagt, dass mit zunehmend aufgeheizter<br />
Stimmung in einer Debatte irgendwann<br />
zwangsläufig ein Nazi-Vergleich fällt. Und<br />
die Debatte über Burschenschaften ist ja<br />
wirklich schon am hinterletzten Niveau angelangt.<br />
Wie auch immer: Ich verstehe<br />
nicht, warum man das unsagbare Leid, das<br />
die europäischen Juden im letzten Jahrhundert<br />
durchmachen mussten, ein ums<br />
andere Mal für so billige tagespolitische<br />
Propaganda missbraucht. Wer wirklich mitempfindet,<br />
kann dafür kein Verständnis aufbringen.<br />
Fußballverletzungen sind auch nicht ohne.<br />
Und ja, Mensurfechten ist ein bisschen verrückt.<br />
Na und?<br />
Man wirft uns auch noch vor, Mensuren zu<br />
fechten. Offenbar sind manche mit ihrem<br />
eigenen Leben so unausgelastet, dass sie<br />
sich ernsthaft ständig darüber Gedanken<br />
machen müssen, was andere in ihrer Freizeit<br />
tun. Und ich verstehe wirklich nicht,<br />
warum man an einer völlig traditionellen<br />
sportlichen Betätigung so viel Anstoß findet<br />
– es wird ja auch geboxt, sogar im Fernsehen,<br />
und das ist jedem egal. Übrigens:<br />
Fußballverletzungen sind auch nicht ohne.<br />
Eishockey, Rugby, Schifahren, Formel 1,<br />
Paragleiten sind alles gefährliche Sportarten,<br />
bei denen auch Schlimmes passieren<br />
kann.<br />
Das gehört zum Sport! Beim Mensurfechten<br />
ist es nichts anderes. Wer das nicht versteht<br />
und irgendwelche abstrusen Theorien<br />
entwickelt, dem kann ich nicht helfen. Ich<br />
persönlich finde das akademische Schlägerfechten<br />
einen ganz faszinierenden<br />
Sport, und wenn jemand wissen will, warum<br />
man sich das antut, kann ich nur sagen: weil<br />
es ein Abenteuer ist. Ich kann doch nicht 90<br />
Jahre auf diesem Planeten rumbringen und<br />
dabei nie irgendetwas Neues, Ungewohntes,<br />
Verrücktes ausprobieren. Ja, Mensur ist<br />
ein bissl verrückt. Na und?<br />
Ich möchte manchmal einfach fragen: Was<br />
stört euch an uns? Was verdammt tun wir<br />
euch denn? Und was können wir tun, damit<br />
ihr ertragen könnt, dass wir auch da sind?<br />
Oder seid ihr erst zufrieden, wenn wir alle<br />
nicht mehr da sind? Wenn ihr uns weggemacht<br />
habt? Warum lasst ihr mich nicht einfach<br />
mein Leben nach meinen Wünschen<br />
leben? Ich akzeptiere eure Lebensvorstellungen<br />
doch auch. Soll doch jeder, wie er<br />
oder sie mag. Ich finde, sein eigenes Leben<br />
gelingend und sinnvoll zu gestaltend, ist<br />
Aufgabe genug. Man sollte nicht meinen,<br />
anderen vorschreiben zu dürfen, wie sie gefälligst<br />
zu leben haben.<br />
„Vielleicht sind Burschenschaften ein Mikrokosmos. Aber die Welt ist ja unglaublich groß geworden, haltlos,<br />
schnelllebig. Eine Burschenschaft ist überschaubar, zeitbeständig, ,entschleunigt’. Sie bietet einen Rahmen,<br />
in dem man von Mensch zu Mensch im Guten wirken kann.“<br />
Schon gar nicht, wenn man einfach keine<br />
Ahnung hat. Es werden von unseren Kritikern<br />
Dinge konstruiert, die einfach bar jeder<br />
Grundlage sind. Meist nach dem Prinzip:<br />
Der ist in einer Burschenschaft, wo es<br />
mal einen gab, der einen Freund hatte, der<br />
dort und dort fotografiert wurde und so<br />
weiter. Nach diesem Prinzip findet man<br />
noch bei jedem Bürger irgendwelche Verknüpfungen<br />
zu irgendwelchen Verrückten,<br />
Radikalen und Häfenbrüdern. Wollen wir in<br />
so einer Schnüffelgesellschaft leben, wo jeder<br />
Angst haben muss, dass ihm Nähe zu ir-<br />
Heft 1 - <strong>2015</strong> 23