Télécharger le livret - Outhere
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Satz, Andante – gehend – aber keineswegs langsam.<br />
Am Beginn glaubt man, zwei Hörner mit<br />
ihren typischen Hornquinten zu hören. So vertraut<br />
klingt es, daß man glaubt, ein Zitat aus einer<br />
Haydnoder Mozart-Symphonie zu hören. Doch<br />
wiederum ist es Schuberts eigene Schöpfung.<br />
Völlig unkonventionell sind die unregelmäßigen<br />
Periodenbildungen: G<strong>le</strong>ich am Beginn steht eine<br />
fünftaktige Phrase, dann, nach vier Takten folgen<br />
Phrasen von 5, 6, 7 und 9 Takten, dies al<strong>le</strong>s in<br />
Kombination mit weitschweifenden Harmonien,<br />
die aber immer wieder zielsicher zur Grundtonart<br />
Es-Dur zurückfinden. im Moll-Mittelteil entlädt<br />
sich ein k<strong>le</strong>ines Gewitter. Düstere und zug<strong>le</strong>ich erregte<br />
Gefühlsregionen werden hier beschritten, bis<br />
der Spuk sich endlich verflüchtigt und nach einem<br />
verlangsamenden diminuendo wieder das heitere<br />
Anfangsthema erscheint, jetzt aber eine Oktave tiefer<br />
als am Beginn, dunk<strong>le</strong>r gefärbt: Der <strong>le</strong>idenschaftliche<br />
Gewitterausbruch hat Spuren hinterlassen.<br />
Wie sich dann allmählich die Heiterkeit durchsetzt<br />
– aber immer noch durchsetzt von einem Hauch<br />
Wehmut – das ist Musikpsychologie, wie sie nur<br />
bei den größten Meistern zu finden ist. Dieser poetische<br />
Sinn überlagert und strukturiert g<strong>le</strong>ichzeitig<br />
den Tonsatz.<br />
Echte sprühende Heiterkeit bricht dann endlich<br />
im brillanten Finalsatz durch. Viel<strong>le</strong>icht<br />
soll dessen Es-Dur die <strong>le</strong>tzte Antwort auf das<br />
düstere es-moll des Andante-Mitteltei<strong>le</strong>s bilden.<br />
Nur Raummangel hindert uns, die vie<strong>le</strong>n<br />
Köstlichkeiten dieses Satzes zu beschreiben, etwa<br />
den zuerst übermütigen und dann versponnenen<br />
Walzer am Schluß von Exposition und Reprise.<br />
126<br />
∆<br />
Sonate Nr. 6, e-Moll, D 566/506<br />
komponiert im Juni 1817<br />
Wie kommt es, daß diese bezaubernde, in sich<br />
vol<strong>le</strong>ndete Sonate, die überdies relativ <strong>le</strong>icht spielbar<br />
ist, bis heute praktisch unbekannt geblieben<br />
ist? Vergeblich wird man sie in den gängigen<br />
Ausgaben der Schubert-Sonaten suchen. Sie erlitt<br />
ein typisch schubertisches Schicksal: Schon<br />
kurz nach Schuberts Tod muß der <strong>le</strong>tzte Satz<br />
versehentlich abgetrennt worden sein (Schubert<br />
komponierte seine frühen Sonaten satzweise<br />
auf getrennten, nicht zusammengebundenen<br />
Bögen oder Blättern). Er erschien relativ früh als<br />
opus 145, Adagio und Rondo, mit einer vom<br />
Ver<strong>le</strong>ger vorausgesetzten arg gekürzten und entstellten<br />
Bearbeitung des Adagios D 605, welches<br />
ja zur F-Moll-Sonate gehört. Die übrigen<br />
drei Sätze gelangten mit dem gesamten übrigen<br />
Nachlaß in den Besitz von Schuberts Bruder<br />
Ferdinand, der sie 1842 dem Leipziger Ver<strong>le</strong>ger<br />
K.F. Whistling verkaufte, der sie aber nie veröffentlichte.<br />
Sie galten lange Zeit für verschol<strong>le</strong>n<br />
und tauchten erst 1903 wieder auf, als sie von<br />
Erich Prieger in Bonn erworben wurden, der 1907<br />
nur das Al<strong>le</strong>gretto veröffentlichte. Erst 1928, 100<br />
Jahre nach Schuberts Tod, erschien das Scherzo in<br />
der Zeitschrift »die Musik«. Die Autographe sind<br />
seither wiederum verschol<strong>le</strong>n! Verschol<strong>le</strong>n ist auch<br />
Schuberts Niederschrift des Rondos. Zum Glück<br />
existiert aber neben dem schon erwähnten (vom<br />
Ver<strong>le</strong>ger <strong>le</strong>icht verfälschten) Erstdruck eine zeitgenössische<br />
Abschrift im Besitz der Gesellschaft