Télécharger le livret - Outhere
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ein Auseinanderklaffen, ein Zerreißen der Einheit<br />
befürchtet werden mußte. Schubert begegnete<br />
dieser Gefahr auf die einfachste Weise: Das zweite<br />
Thema steht zwar in einer fremdartigen, noch<br />
nie dagewesenen Relation zum Grundthema, ist<br />
aber mit diesem rhythmisch aufs engste verwandt!<br />
So erscheint es in eine höhere Einheit eingebettet<br />
– tonal aufs äußerste kontrastierend, aber rhythmisch<br />
ähnlich. Das synkopische Beg<strong>le</strong>itmotiv war<br />
schon im Hauptthema erklungen. Bei g<strong>le</strong>ichem<br />
Rhythmus gibt es aber doch einen wesentlichen<br />
Unterschied: ist das erste Thema dialogisch aufgebaut<br />
(Rede und Antwort), so ist das zweite einer<br />
einzigen kontinuierlichen Gesangsstimme anvertraut.<br />
Doch es wäre müssig, einer so genia<strong>le</strong>n<br />
Sonate durch Wortbeschreibungen gerecht zu werden.<br />
Halten wir zumSchluß nur noch eine kostbare<br />
»Mozartwendung« im 2.Satz fest: Die schmerzvol<strong>le</strong><br />
Harmonie im 6. Takt (ein dramatischer<br />
Durchgang in der Mittelstimme) war in der Musik<br />
vor Schubert nur ein einziges Mal vorgekommen,<br />
nämlich am Beginn der tragischen, Todessehnsucht<br />
ausdrückenden Pamina-Arie »Ach ich fühl’s, es ist entschwunden,<br />
ewig hin der Liebe Glück!«<br />
∆<br />
Sonate Nr. 15, a-Moll, opus 42, D 845<br />
komponiert im Frühjahr 1825,<br />
erschienen 1826 als »Première Grande Sonate«<br />
A-Moll ist – neben C-Moll – für Schubert die<br />
»tragische« Tonart. Wenn die drei Klaviersonaten in<br />
dieser Tonart (denen man noch eine Violinsonate<br />
D835 und das e<strong>le</strong>gische Streichquartett opus 29,<br />
D 804, zugesel<strong>le</strong>n könnte) Bekenntniswerke sind,<br />
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dann gewinnt Schuberts Ausspruch: »Kennen Sie<br />
lustige Musik? Ich nicht« an Gewicht. Wie zu erwarten,<br />
findet innerhalb dieser drei Sonaten eine<br />
Steigerung statt. An intensität ist zwar die zweite<br />
von 1823 nicht zu überbieten, diese a-Moll<br />
Sonate von 1825 übertrifft sie aber noch in<br />
bezug auf größeren Reichtum der Gestaltung,<br />
Vielfalt der Stimmungen, feinerer Durcharbeitung<br />
und einen größeren forma<strong>le</strong>n Bogen – ist sie doch<br />
fast doppelt so lang wie ihre Vorgängerin.<br />
Es spricht für Schuberts aus unserer Sicht<br />
übertriebener Selbstkritik, daß er anscheinend<br />
keine der 14 vorher komponierten Sonaten einer<br />
Veröffentlichung für würdig hielt – sie al<strong>le</strong> erschienen<br />
erst nach seinem Tod. Schubert wollte<br />
anscheinend mit einer in jeder Hinsicht »großen«<br />
Sonate zuerst vor die Öffentlichkeit treten.<br />
in einer geradezu prophetischen Kritik erkannte<br />
der Rezensent der Leipziger »Allgemeinen<br />
Musikalischen Zeitung« (G.W.Fink?) vom 1.März<br />
1826 die Größe dieses Werks: ». .. Es führen jetzt<br />
vie<strong>le</strong> Musikstücke den Namen Phantasie, an denen<br />
die Phantasie sehr wenigen oder gar keinen Anteil hat,<br />
und die man nur so tauft, weil der Name gut klingt,<br />
[…] hier führt, einmal umgekehrt, ein Musikstück den<br />
Namen Sonate, an dem die Phantasie ganz offenbar<br />
den größten und entscheidendsten Anteil hat, und<br />
das wohl jenen Namen nur führt, weil es die selben<br />
Abteilungen, überhaupt den selben äußeren Zuschnitt<br />
hat wie die Sonate. übrigens aber, dem Ausdruck und<br />
der Technik nach, zwar in rühmlicher Einheit beharrt,<br />
aber in den abgesteckten Grenzen sich so frei und eigen,<br />
so keck und mitunter auch so sonderbar bewegt, daß es<br />
nicht mit Unrecht Phantasie heißen könnte. In dieser