Fischaufstiegsanlagen in Bayern
FAH_Leitfaden_Bayern_2016
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5.2.3 Leitströmung und Leitkorridor<br />
Die Leitströmung dient dazu, den Wanderkorridor der Fische im Unterwasser des Querbauwerkes<br />
mit dem Wanderkorridor <strong>in</strong> der FAA unterbrechungsfrei zu verb<strong>in</strong>den. Die Leitströmung kann<br />
grundsätzlich nur im unmittelbaren Nahbereich flussabwärts der Austritts- bzw. E<strong>in</strong>stiegsöffnung<br />
der FAA wirksam se<strong>in</strong>, d.h. von Fischen wahrgenommen werden. Dort, im „Leitkorridor“, muss<br />
sie <strong>in</strong> solchen Bereichen auftreffen und wirksam se<strong>in</strong>, wo die Fische gemäß ihrer artspezifischen<br />
Orientierungen natürlicherweise auf das Querbauwerk treffen (Schlüsselposition siehe oben).<br />
Im Idealfall stellt die Leitströmung, welche aus der FAA austritt, mit ihrem E<strong>in</strong>wirkungsbereich<br />
(Leitkorridor) e<strong>in</strong>e nahtlose Weiterführung des Strömungspfades im Fluss-Wanderkorridor dar,<br />
der von der Mehrzahl der aufwandernden Fische genutzt wird. Generelle Eigenschaften e<strong>in</strong>er<br />
funktionstauglichen Leitströmung s<strong>in</strong>d:<br />
··<br />
Leitkorridor möglichst parallel oder mit kle<strong>in</strong>em W<strong>in</strong>kel (bis maximal 45 Grad) zur konkurrierenden<br />
Hauptströmung gerichtet,<br />
··<br />
turbulenzarme Strömungsstruktur,<br />
··<br />
ke<strong>in</strong>e Unterbrechung der Strömungsstruktur bis zur E<strong>in</strong>stiegsöffnung (zusammenhängender<br />
Leitkorridor),<br />
··<br />
starke, für Fische wahrnehmbare Strömungsimpulse (Produkt aus Wasservolumen und<br />
Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit) und Strömungspfade, welche jene von konkurrierenden Strömungen<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Geschw<strong>in</strong>digkeit übertreffen sollten (ohne dabei das Leistungsvermögen<br />
der Zielarten h<strong>in</strong>sichtlich maximaler Geschw<strong>in</strong>digkeiten zu übersteigen),<br />
··<br />
Beachtung von Turbulenzentwicklungen aus dem Turb<strong>in</strong>enabstrom (Turb<strong>in</strong>endrehrichtung).<br />
9<br />
Wesentliches Funktionskriterium e<strong>in</strong>er Leitströmung bzw. des zugehörigen Leitkorridors ist naturgemäß<br />
das Ausmaß des dort vorherrschenden Strömungsimpulses der als das Produkt aus<br />
Strömungsgeschw<strong>in</strong>digkeit und Wasservolumen, <strong>in</strong> dem die relevante Geschw<strong>in</strong>digkeit vorliegt,<br />
def<strong>in</strong>iert ist (nach LARINIER 2002). Die Leitströmung wird im günstigsten Fall durch den Betriebsabfluss<br />
Q B (siehe Kap. 5.4) der FAA erzeugt. Ihre Richtung und Geschw<strong>in</strong>digkeit lassen<br />
sich dabei konstruktiv durch die Gestaltung des untersten Beckens, Schlitzes oder sonstiger<br />
Auslassbauwerke der FAA gezielt bee<strong>in</strong>flussen. Soweit die FAA so konstruiert und hydraulisch<br />
bemessen ist, dass, <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Abfluss des Gewässers, unterschiedliche Betriebsabflüsse<br />
abgeführt werden können, ist <strong>in</strong>nerhalb gewisser Grenzen auch e<strong>in</strong>e Verstärkung oder<br />
Abschwächung der Leitströmung möglich.<br />
Bei vielen Querbauwerken bzw. <strong>Fischaufstiegsanlagen</strong> <strong>in</strong>sbesondere an großen Flüssen und entsprechend<br />
großräumigen Querbauwerken reicht der Betriebsabfluss alle<strong>in</strong> oft nicht aus, um<br />
e<strong>in</strong>en ausreichend großen Leitkorridor mit entsprechenden Strömungsimpulsen im Unterwasser<br />
zu erzeugen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es nicht gel<strong>in</strong>gt, die FAA-Mündung an der<br />
sog. Schlüsselposition anzuordnen. In derartigen Fällen muss die Leitströmung durch Zusatzdotationen<br />
verstärkt werden, die nicht über die FAA abfließen. Diese können günstigenfalls über<br />
Bypassleitungen 10 <strong>in</strong> das unterste Becken zugespeist werden. Bekanntestes Beispiel für derartige<br />
Zusatzdotationen s<strong>in</strong>d die Fischpässe an den Rhe<strong>in</strong>-Staustufen Iffezheim und Gambsheim. Dort<br />
werden Leitströmungsabflüsse von bis zu 15 m 3 /s den eigentlichen FAA-Betriebsabflüssen von<br />
ca. 1 m 3 /s nach Energieabbau im unteren Bereich der Anlage zugeschlagen und von dort an<br />
verschiedenen Stellen als Leitströmung <strong>in</strong> den Fluss abgegeben.<br />
Grundsätzlich müssen Zusatzdotationen, energetisch soweit beruhigt, mit dem Wanderkorridor<br />
<strong>in</strong>nerhalb der FAA oder an dessen unmittelbaren Mündung zusammengeführt werden, so dass<br />
ke<strong>in</strong>e Fehlleitung der Fische <strong>in</strong> die Richtung auf die Öffnung der Zusatzdotationsleitung erfolgt.<br />
Dies kann durch ausreichend groß dimensionierte Beruhigungsbecken, die dem untersten FAA-<br />
Becken vorgeschaltet s<strong>in</strong>d, und zusätzlich durch strömungs-/turbulenzberuhigende Gleichrich-<br />
9 Die Rotationen und Turbulenzen<br />
im Wasserkörper des Turb<strong>in</strong>enabstroms<br />
können e<strong>in</strong>e seitlich<br />
davon austretende Leitströmung<br />
bee<strong>in</strong>flussen (AG-FAH 2011).<br />
10 Solche Zusatzdotationsabflüsse<br />
können auch zur Wasserkraftnutzung<br />
verwendet werden.<br />
36<br />
5 Grundlagen, allgeme<strong>in</strong>e Anforderungen und H<strong>in</strong>weise zur Planung von <strong>Fischaufstiegsanlagen</strong>