30.03.2017 Aufrufe

Cruiser im April 2017

Mehr als drei Dekaden lang war AIDS tödlich und hat viele schwule Männer nachhaltig traumatisiert. Die Generation AIDS erinnert sich noch gut an die damaligen Bilder – und fast jeder hat damals gute Freunde an die Krankheit verloren. Schnell wurde vor etwas mehr als 30 Jahren klar: Es muss etwas geschehen - das Massensterben in den Metropolen muss unter Kontrolle gebracht werden. Roger Staub war Mitbegründer der AIDS-Hilfe Schweiz und erinnert sich exklusiv in dieser Ausgabe an die Anfangszeiten der Epidemie. Ausserdem: Wie politisch ist eigentlich der kommende ESC wirklich? Unsere Autorin Yvonne Beck wagt einen etwas anderen Blick auf die Veranstaltung.

Mehr als drei Dekaden lang war AIDS tödlich und hat viele schwule Männer nachhaltig traumatisiert. Die Generation AIDS erinnert sich noch gut an die damaligen Bilder – und fast jeder hat damals gute Freunde an die Krankheit verloren. Schnell wurde vor etwas mehr als 30 Jahren klar: Es muss etwas geschehen - das Massensterben in den Metropolen muss unter Kontrolle gebracht werden. Roger Staub war Mitbegründer der AIDS-Hilfe Schweiz und erinnert sich exklusiv in dieser Ausgabe an die Anfangszeiten der Epidemie.
Ausserdem: Wie politisch ist eigentlich der kommende ESC wirklich? Unsere Autorin Yvonne Beck wagt einen etwas anderen Blick auf die Veranstaltung.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

cruiser<br />

DAS<br />

<strong>April</strong> <strong>2017</strong> CHF 7.50<br />

GRÖSSTE<br />

SCHWEIZER<br />

GAY-MAGAZIN<br />

Aids-Hilfe Schweiz<br />

Wie alles begann<br />

Song Contest<br />

Wer mit wem am ESC<br />

ANGELS-Partys<br />

(Fast) alles neu<br />

Die besten Filme<br />

Pink Apple Festival


Tripper<br />

Syphilis<br />

Chlamydien<br />

Mach <strong>im</strong> Mai den Gratis-Test auf die drei<br />

häufigsten Geschlechtskrankheiten. Auch wenn<br />

du dich rundum gesund fühlst. drgay.ch


3<br />

Editorial<br />

Liebe Leser<br />

Vor etwas mehr als dreissig Jahren wurde die Aids-Hilfe Schweiz gegründet. Also quasi zeitgleich<br />

mit dem Erscheinen des ersten <strong>Cruiser</strong>s. <strong>Cruiser</strong> war (und ist!) ein wichtiges Publikationsorgan für<br />

die Präventionskampagnen der AHS und Aids-Hilfe Mitbegründer Roger Staub publizierte seinerzeit<br />

regelmässig die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse rund um das Aids-Drama. Roger gilt<br />

auch als einer der Mitbegründer des <strong>Cruiser</strong>. Diese Synergie machte Sinn, denn damals war die Welt offline und die einzige<br />

Möglichkeit, die Szene direkt zu erreichen, war der <strong>Cruiser</strong>. Abgesehen von der damaligen Konkurrenz, einem Inserateblatt,<br />

gab es keine Alternativen. Roger Staub hat sich für diese Ausgabe des <strong>Cruiser</strong> nochmals an die Zeiten von damals erinnert.<br />

Wir verzichten bewusst auf die Phrase «an die gute alte Zeit». Denn das war sie nicht. Ich wünsche spannende Lesemomente<br />

mit der neuen Ausgabe.<br />

Herzlich, Haymo Empl<br />

inhalt<br />

4 Thema Aidshilfe –<br />

wie alles begann<br />

11 Kolumne Michi Rüegg<br />

12 ESC <strong>2017</strong> Trash trifft auf Politik<br />

15 News Update<br />

16 Buchkritik S<strong>im</strong>one Meier<br />

18 Interview Die neuen Angels<br />

21 Kultur Pink Apple<br />

24 Fingerfertig Nihat kocht<br />

25 Kultur Hommage an Elton John<br />

27 Info Geschlechtskrankheiten<br />

28 Kolumne Mirko!<br />

29 Politik Nico Planzer <strong>im</strong> Interview<br />

31 Warmer Mai Er kommt!<br />

32 Ratgeber Dr. Gay<br />

33 Kolumne Thommen meint<br />

34 Flashback <strong>Cruiser</strong> vor 30 Jahren<br />

<strong>im</strong>pressum<br />

CRUISER MAGAZIN PRINT<br />

ISSN 1420-214x (1986 – 1998) | ISSN 1422-9269 (1998 – 2000) | ISSN 2235-7203 (Ab 2000)<br />

Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.media<br />

Infos an die Redaktion redaktion@cruisermagazin.ch<br />

Chefredaktor Haymo Empl | Stv. Chefredaktorin Birgit Kawohl<br />

Bildredaktion Haymo Empl, Nicole Senn. Alle Bilder mit Genehmigung der Urheber.<br />

Art Direktion Nicole Senn | www.nicolesenn.ch<br />

Agenturen SDA, DPA, Keystone<br />

Redaktion Print Vinicio Albani, Anne Andresen, Yvonne Beck, Bruno Bötschi,<br />

Andreas Faessler, Mirko, Moel Maphy, Michi Rüegg, Alain Sorel, Peter Thommen, Nihat.<br />

Korrektorat | Lektorat Birgit Kawohl<br />

Anzeigen anzeigen@cruisermagazin.ch<br />

Christina Kipshoven | Telefon +41 (0) 31 534 18 30<br />

WEMF beglaubigte Auflage 11 539 Exemplare<br />

Druck Druckerei Konstanz GmbH<br />

Wasserloses Druckverfahren<br />

REDAKTION UND VERLAGSADRESSE<br />

empl.media, Haymo Empl<br />

Winterthurerstrasse 76, 8006 Zürich<br />

redaktion@cruisermagazin.ch<br />

Telefon 044 586 00 44 (vormittags)<br />

CRUISER MAGAZIN ONLINE<br />

Herausgeber & Verleger Haymo Empl, empl.media<br />

Haftungsausschluss, Gerichtsstand und weiterführende<br />

Angaben auf www.cruisermagazin.ch<br />

Der nächste <strong>Cruiser</strong> erscheint am 6. Mai <strong>2017</strong><br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


4<br />

Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

Aids-Hilfe Schweiz<br />

Wie alles begann<br />

Dies ist die Geschichte, wie Roger Staub vor über 30 Jahren zusammen<br />

mit weiteren engagierten Männern die Aids-Hilfe Schweiz als «Antwort<br />

auf die Schwulen-Seuche AIDS» gegründet hat. Und was Fidel Castro,<br />

Bertino Somaini und André Ratti damit zu tun haben.<br />

©Bilder: Schweizerisches Sozialarchiv<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

5<br />

Von Roger Staub<br />

A<br />

m 18. März 1985 trafen sich Vertreter<br />

von verschiedenen lokalen<br />

Schwulengruppen <strong>im</strong> Centro der<br />

HAZ am Sihlquai in Zürich, weil die<br />

Aids-Gruppe der HAZ eine Safer Sex-Broschüre<br />

für Schwule nach kalifornischer<br />

Vorlage für die ganze Schweiz herstellen<br />

wollte. Der Enthusiasmus der Delegierten<br />

war ungleich verteilt, viel Skepsis war zu<br />

spüren. Aber einer redete Klartext: Herbert<br />

Riedener, Präsident der Loge70. «Wer<br />

nicht mitmachen will, kann jetzt gehen.<br />

Die Loge70 ist dabei. Wir fangen gleich<br />

mit der Arbeit an.» Für die SOH (Schweizerische<br />

Organisation der Homophilen)<br />

blieb Marcel Ulmann <strong>im</strong> Raum und ich<br />

für die HAZ.<br />

Die drei «Gründerväter» der AHS<br />

konnten verschiedener nicht sein: Marcel<br />

verkörperte den homosexuellen Mann der<br />

vergangenen «Kreis-Zeit» und vertrat die<br />

Männer, die vom Sex mit einem Mann eher<br />

träumten. Ich die HAZ, die eher linke<br />

Emanzipationsbewegung – und Männer, die<br />

viel über Sex mit Männern diskutierten.<br />

Und Herbert die Ledermänner, die Sex mit<br />

Männern einfach hatten. Weil sich mit uns<br />

drei Männern drei Welten der Schwulen trafen<br />

und kooperierten, schafften wir es, die<br />

AHS am 2. Juni 1985 mit 14 schwulen Organisationen<br />

der Schweiz plus dem VSD (Verein<br />

Schweizer Drogenfachleute) <strong>im</strong> «au premier»<br />

<strong>im</strong> Zürcher Hauptbahnhof zu<br />

gründen. So erhielt die Schweiz als eines der<br />

letzten Länder Westeuropas eine nationale<br />

Aids-Organisation.<br />

Der 1. Götti: Fidel Castro, Cuba<br />

Ich habe 1982 mein Studium als Sekundarlehrer<br />

mathematisch-naturwissenschaftlicher<br />

Richtung abgeschlossen, fand wegen<br />

des Lehrerüberflusses keine Stelle, konnte<br />

mich aber mit Vertretungen über Wasser<br />

halten. Schon seit der Pubertät fühlte ich<br />

mich sowohl von hübschen, eher femininen<br />

jungen Männern als auch von grossen,<br />

schlanken und eher knabenhaften jungen<br />

Frauen angezogen. Über viele Jahre lebte ich<br />

eine Fernbeziehung mit einer fast gleichaltrigen<br />

Frau, die in Eindhoven lebte und später<br />

in Utrecht studierte. Kurz nach dem Studium<br />

ging die Beziehung in die Brüche und ich<br />

begann zaghaft, die schwule Welt zu erkunden,<br />

ohne aber bald auf Mr. Right zu treffen.<br />

ich begann zaghaft, die<br />

schwule Welt zu erkunden,<br />

ohne aber bald auf<br />

Mr. Right zu treffen.<br />

Als Student war ich 1979 an den Protesten<br />

gegen Erziehungsdirektor Gilgen und<br />

am Rand an den 80er-Unruhen beteiligt und<br />

sympathisierte mit der POCH, einer Partei<br />

links der SP. Weil ich als Lehrer nicht in die<br />

Partei eintreten konnte ohne den Job zu verlieren<br />

engagierte ich mich <strong>im</strong> Vorstand ➔<br />

ANZEIGE<br />

Leidenschaft liegt in der Familie.<br />

Die neuen Audi A5 Modelle. Engineered with soul.<br />

Die neuen Audi A5 Modelle setzen Massstäbe. Das prägende Design wurde modernisiert und weiter geschärft. Die neue Generation<br />

des Audi A5 beeindruckt mit einem komplett neu ent wickelten Fahrwerk, leistungsstarken Antriebstechnologien sowie innovativen<br />

Infotainment-Aus stattungen und Fahrassistenzsystemen. Zudem profitieren Sie von 10 Jahren kostenlosem Service. Mehr Infos bei uns.<br />

Jetzt live erleben<br />

Audi Swiss Service Package+: kostenloser Service 10 Jahre oder 100 000 km. Es gilt jeweils das zuerst Erreichte.<br />

Jetzt bei Ihrem offiziellen AMAG Audi Betrieb in und um Zürich!<br />

Audi Center AMAG Zürich, 8600 Dübendorf, Tel. 044 325 49 00, www.autowelt.amag.ch<br />

Audi Center Zürich Altstetten, 8048 Zürich, Tel. 044 405 68 68, www.altstetten.amag.ch<br />

AMAG Bülach, 8184 Bachenbülach, Tel. 044 864 86 40, www.buelach.amag.ch<br />

AMAG Horgen, 8810 Horgen Tel. 044 727 40 40, www.horgen.amag.ch<br />

AMAG Utoquai, 8008 Zürich, Tel. 044 269 51 51, www.utoquai.amag.ch<br />

AMAG Winterthur, 8406 Winterthur, Tel. 052 208 32 00, www.winterthur.amag.ch<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


6<br />

Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

Die ersten Werbe-Sujets sind mittlerweile legendär. Der Brand «Hot Rubber» wurde explizit für die Gay-Szene geschaffen, das «Stop AIDS»<br />

Logo war auch den anderen «Risikogruppen» und biederen Heteros ein Begriff.<br />

der Freundschaftsvereinigung Schweiz-Cuba.<br />

Im Herbst 1983 war ich mit der Brigade<br />

«José Martí» einen Monat <strong>im</strong> Arbeitseinsatz<br />

in Kuba. In der deutschen Delegation gab es<br />

einen hübschen jungen Mann und in der Delegation<br />

aus West-Berlin eine Ärztin. Mit<br />

beiden habe ich mich angefreundet, war aber<br />

zu schüchtern … Die Ärztin aus Berlin hat<br />

mich ein paar Monate später auf dem Weg<br />

zum Wintersport in Zürich besucht und ich<br />

sie dann in Berlin <strong>im</strong> November 1984.<br />

1983 habe ich zum ersten<br />

Mal von der neuen<br />

Schwulenseuche in den<br />

USA gelesen.<br />

1983 habe ich zum ersten Mal von der<br />

neuen Schwulenseuche in den USA gelesen<br />

und Schlagzeilen wahrgenommen. Ich hatte<br />

in diesem Jahr aber überhaupt nicht das Gefühl,<br />

dass mich das etwas angehen könnte –<br />

<strong>im</strong> Rückblick sehr zurecht, ich war ja nicht<br />

besonders mutig. Im Herbst 1984 war AIDS 1<br />

wieder über Wochen Titelthema <strong>im</strong> «Spiegel».<br />

Auch am Esstisch der Berliner Gross-<br />

WG der Ärztin wurde fast jeden Abend darüber<br />

diskutiert, wohnten doch auch zwei<br />

Schwule in der WG. Sie bot mir an, einen<br />

Test auf das Aids-verursachende Virus, das<br />

damals noch HTLV-III/LAV hiess, zu machen,<br />

nahm am Küchentisch Blut und<br />

schickte es in die USA. Ich habe damals meinen<br />

Arm hingehalten weil ich dachte, es ist<br />

gut zu wissen, dass man DAS nicht hat. Sie<br />

versprach, mich in einigen Wochen telefonisch<br />

über das Resultat zu informieren.<br />

Donnerstag, der 13. Dezember 1984<br />

Wieder zurück in Zürich und sensibilisiert<br />

fürs Thema AIDS fielen mir in der Szene –<br />

ich verkehrte damals vor allem <strong>im</strong> ZABI –<br />

rosa Flugblätter der SOH und HAZ auf, die<br />

für einen AIDS-Informationsabend für<br />

schwule Männer <strong>im</strong> Unispital «mit dem besten<br />

AIDS-Spezialisten der Schweiz» warben.<br />

Ich war da, zusammen mit über 300 Männern<br />

aus Zürich, der Grosse Hörsaal West<br />

war bis auf den letzten Platz besetzt. An jenem<br />

Abend begriff ich, worum es bei AIDS<br />

wirklich geht und wie mann sich schützen<br />

kann. Am Abend danach sagte ich <strong>im</strong> ZABI<br />

zu Remo P. von der HAZ, mann müsse was<br />

tun. Er sagte mir dass ich in die Kerngruppen-Sitzung<br />

vom kommenden Mittwoch<br />

kommen müsse, nur die Kerngruppe könne<br />

die Einrichtung einer AIDS-Arbeitsgruppe<br />

der HAZ beschliessen. Seit dem Vortrag – es<br />

war Ruedi Lüthy persönlich, der uns informierte<br />

– schlief ich schlecht, weil ich mich<br />

an alle sexuellen Begegnungen mit Männern<br />

der letzten Jahre zu erinnern versuchte. Ich<br />

schätzte mein Risiko zwar als gering ein,<br />

aber Null war es sicher nicht. Das motivierte<br />

mich dazu, tatsächlich an der Kerngruppensitzung<br />

vom Mittwoch, 19. Dezember teilzunehmen<br />

und den Antrag zu stellen, es sei<br />

eine AIDS-Arbeitgruppe der HAZ einzurichten<br />

und es seien ihr 2000 Franken für die<br />

Produktion eines Flugblattes über AIDS und<br />

die Einrichtung eines Beratungstelefons zur<br />

Verfügung zu stellen. Es wurde stundenlang<br />

diskutiert. Gegen Mitternacht erfolgte endlich<br />

die Abst<strong>im</strong>mung und mit knapper<br />

Mehrheit wurde die AIDS-Arbeitsgruppe<br />

der HAZ beschlossen. Müde kam ich spät<br />

nachts nach Hause und fand auf meinem<br />

Pult eine Notiz meiner Mitbewohner: «Gruss<br />

aus Berlin – alles in Ordung!»<br />

Der 2. Götti: Bertino Somaini, BAG<br />

Bern<br />

Im Januar 1985 schrieben wir in der AG<br />

AIDS den Text eines ersten Flugblattes basierend<br />

auf den Ausführungen von Dr. R.<br />

Lüthy. Layout mit Schere und Le<strong>im</strong> und Abreibbuchstaben<br />

für die Titel, Text aus meiner<br />

elektrischen Schreibmaschine mit Korrekturtaste,<br />

Illustration eigenhändig. Wir<br />

druckten 5000 Exemplare und verteilten sie<br />

in der Szene – gleichzeitig richteten wir ein<br />

Beratungstelefon ein und versuchten, mehr<br />

Informationen zusammenzutragen. Kollegen<br />

brachten uns aus San Franzisco einen<br />

1<br />

AIDS wurde erst 1986 als Wort eingedeutscht<br />

und wurde zu Aids (Duden, 1986).<br />

©Bilder: Schweizerisches Sozialarchiv<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

7<br />

schön gestalteten Leporello «can we talk?»<br />

der Bay Area Physicians for Human Rights<br />

mit. Wir von der HAZ fanden die Broschüre<br />

toll, aber wollten sie wenn schon, dann für<br />

die ganze (Deutsch-)Schweiz produzieren<br />

und das Logo der entsprechenden Schwulengruppe<br />

einstempeln. Deshalb trafen sich am<br />

Sonntag, 18. März 1985 die Vertreter der verschiedenen<br />

HA-Gruppen (siehe oben). Das<br />

Flugblatt «mach’sch au mit?» erschien bald<br />

darauf in 20 000 Exemplaren, finanziert von<br />

den mitmachenden Gruppen und enthielt<br />

zum ersten Mal Werbung für Präservative.<br />

Die Firma Lamprecht in Oerlikon bezahlte<br />

ihr Inserat mit 50 000 Gratis-Präservativen,<br />

die wir mit einem Kleber «HAZ-geprüft, nur<br />

mit wasserlöslichem Gleitmittel verwenden»<br />

zusammen mit der Broschüre in der Zürcher<br />

Szene verteilten.<br />

Wir drei späteren «Gründerväter» der<br />

Aids-Hilfe Schweiz, also Herbert, Marcel<br />

und ich bemühten uns gleichzeitig um einen<br />

Termin be<strong>im</strong> BAG und wurden von Dr. Bertino<br />

Somaini, damals Sektionschef <strong>im</strong> Bundesamt<br />

Die Firma Lamprecht in<br />

Oerlikon bezahlte ihr<br />

Inserat mit 50 000<br />

Gratis-Präservativen.<br />

für Gesundheitswesen (BAG), eingeladen. Er<br />

erklärte uns, dass für Aufklärungsmassnahmen<br />

schon Geld vom Bund zu haben wäre,<br />

dass er aber keine Lust habe, mit jeder<br />

Schwulengruppe aus jeder Stadt einzeln zusammenzuarbeiten.<br />

Unser Gesuch, unsere<br />

bereits produzierten und verteilten Broschüren<br />

zu finanzieren, nahm er entgegen.<br />

Herbert, Marcel und ich hatten schon<br />

<strong>im</strong> März ein Postcheck-Konto und ein Postfach<br />

bei der Schweizerischen Post beantragt<br />

und mussten dafür einen Verein gründen,<br />

denn ohne Verein weder Postfach noch<br />

PC-Konto. Wir gründeten den «Gründerverein<br />

Aids-Hilfe Schweiz» mit dem Ziel, die<br />

Aids-Hilfe Schweiz zu gründen und die Aufklärungsarbeit<br />

fortzuführen und liessen auf<br />

eigene Rechnung Einzahlungsscheine drucken,<br />

die mit der Broschüre und den<br />

HAZ-geprüften Präservativen verteilt wurden.<br />

Schon bald wurde mir der tägliche<br />

Gang zum Postfach <strong>im</strong> Hauptbahnhof<br />

Grund zur Freude: innert weniger Wochen<br />

wurden über 20 000 Franken einbezahlt, oft<br />

mit aufmunternden Worten in der Rubrik<br />

«Zahlungsgrund». So luden wir drei alle uns<br />

bekannten schwulen Gruppen zur Gründung<br />

der Aids-Hilfe Schweiz nach Zürich<br />

ein. Am 2. Juni 1985 trafen sich Vertreter<br />

von 14 Schwulengruppen.<br />

Der 3. Götti: André Ratti, Basel<br />

Kaum war die Gründung am 2. Juni erfolgt,<br />

rief mich eines Abends André Ratti zu Hause<br />

an: «Do isch Ratti – MTW (Menschen –<br />

Technik – Wissenschaft, eine bekannte Sendung<br />

des Farbfernsehens Beromünster, ➔<br />

ANZEIGE<br />

Body Esthetic<br />

Ästhetische Behandlungen in Zürich<br />

Hyaluronsäure Filler<br />

z.B. Nasolabialfalte / Lippen je 400.-<br />

Penisverdickung 400.-<br />

Botulinumtoxin<br />

z.B. Stirn / Augen je 180.-<br />

Zornesfalte 200.-<br />

Kryo – Fett weg mit Kälte<br />

z.B. Bauch / Lenden je 199.-<br />

(inklusive Endermologie)<br />

Dauerhafte Haarentfernung SHR<br />

z.B. Achseln 69.-<br />

Rücken / Schulter 329.-<br />

bodyestehtic.ch / 044 381 20 20<br />

Alle Behandlungen unter ärztlicher Leitung


8<br />

Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

Roger Staub, einer der Gründerväter der Aidshilfe, vor über 30 Jahren.<br />

Eines der ersten Farbinserate <strong>im</strong> damaligen<br />

<strong>Cruiser</strong>.<br />

wie Kurth W. Kocher, mein späterer Lebenspartner<br />

zu sagen pflegte) – ig han Aids<br />

und will öppis tue!» Ohne viel zu überlegen<br />

sagte ich zu ihm: «Werden Sie Präsident!»<br />

Das brauchte zwar einiges an Überzeugungsarbeit,<br />

aber dann sagte er zu und wurde<br />

an einer aussserodentlichen Generalversammlung<br />

per Telefonkonferenz gegen den<br />

Willen der HABS (Homosexuelle Arbeitsgruppen<br />

Basel Stadt) zum Präsidenten<br />

gewählt.<br />

Am 2. Juli 1985 lud die AHS zur Pressekonferenz<br />

in den Schweizerhof in Bern ein.<br />

Die Schlagzeile auf dem Blick-Aushang des<br />

nächsten Tages: «André Ratti (50): Ich habe<br />

Aids!» Dass wir gleichzeitig auch die erste<br />

Broschüre der AHS zum Thema «HTLV-III/<br />

LAV-Antikörpertest» veröffentlichten, blieb<br />

wegen der Sensation, dass ein bekannter TV-<br />

Mann sein Coming-out als Schwuler und<br />

Aidskranker hatte, unerwähnt.<br />

Darauf stellten wir be<strong>im</strong> BAG das Gesuch,<br />

dass uns eine Geschäftstelle in Zürich<br />

finanziert werde. Im Herbst rief eine Frau<br />

Moser vom BAG bei mir in der Schule an<br />

und fragte, ob sie sich als Geschäftsführerin<br />

der AHS bewerben könne, sie sei als Assistentin<br />

von Dr. Somaini gerade dabei, die<br />

Subventionsverfügung für unsere Geschäftsstelle<br />

zu tippen. Herbert und ich trafen<br />

sie an einem Abend in Bern und waren<br />

von ihrer Energie und ihrem Engagement<br />

so überzeugt, dass wir sie grad einstellten.<br />

Wir fanden bald Räume <strong>im</strong> Kreis 2 und<br />

konnten ab Januar 1986 die Geschäftsstelle<br />

an der Gerechtigkeitsgasse in Zürich einrichten.<br />

Vorher hatten wir <strong>im</strong> HAZ-Centro<br />

am Sihlquai ein kleines Büro zur Verfügung,<br />

das wir ab Herbst 1985 noch mit der<br />

Zürcher Aids-Hilfe teilten. Endlich hatten<br />

wir genug Platz für …<br />

Mit dem stilisierten<br />

Phallus <strong>im</strong> Namen gefiel<br />

es dann allen.<br />

The Hot Rubber – the Condom for<br />

gay men<br />

… das Lager der Hot Rubber Company<br />

(HRC). Im Frühling 1985 verteilten wir die<br />

Gratis-Muster der Firma Lamprecht mit<br />

dem Kleber «HAZ-geprüft». Daraus entstand<br />

die Idee, eine eigene Parisermarke zu<br />

kreieren. Herbert machte anlässlich des Europäischen<br />

Pfingsttreffens der Loge70 den<br />

Versuch mit dem Namen «Hot Rubber» und<br />

einem Stiefellogo. Das gefiel wohl in der Lederszene,<br />

ausserhalb fehlte die Akzeptanz.<br />

Mit dem stilisierten Phallus <strong>im</strong> Namen gefiel<br />

es dann allen. So entstand <strong>im</strong> Herbst die Hot<br />

Rubber Company als Teil der AHS. Und<br />

Lamprecht lieferte die ersten Hot Rubber,<br />

echte Ceylor-Blauband-Präservative in der<br />

neuen Hot Rubber-Folie verpackt und von<br />

der AHS via Bars und Saunen und <strong>im</strong> Direktversand<br />

vertrieben. Ab November 1985<br />

erschien fast jeden Monat ein neues Hot<br />

Rubber Plakat, das in den Szenelokalen aufgehängt<br />

wurde und für den Hot Rubber<br />

warb. Im Jahr 1985 verkaufte die HRC 2000<br />

Stück, 1986 125 000, 1987 über 300 000.<br />

Wir lagerten aber nicht nur Broschüren<br />

und Präservative an der Gerechtigkeitsgasse,<br />

sondern auch sterile Einwegspritzen.<br />

Freiwillige Helfer, Silvia Moser und ich verteilten<br />

regelmässig saubere Spritzen auf dem<br />

Platzspitz, dem damaligen Drogenpark<br />

hinter dem Landesmuseum zu einer Zeit, als<br />

der Kantonsarzt des Kantons Zürich den<br />

Schutz vor AIDS bot das Kondom.<br />

Im Direktversand wurden die Präser<br />

für 10 Franken nach Hause geschickt.<br />

©Bilder: Schweizerisches Sozialarchiv<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

9<br />

praktizierenden Ärzten den Entzug der<br />

Praxisbewilligung androhte, sollten sie Drogenabhängigen<br />

Spritzen abgeben. Wie viele<br />

Spritzen die Teams der AHS in den ersten<br />

Monaten des Jahres 1986 verteilten, weiss ich<br />

nicht mehr. Ich weiss aber, dass wir viel<br />

Glück hatten und nie ein Team von der Polizei<br />

verhaftet wurde.<br />

Schule oder BAG?<br />

Seit <strong>April</strong> 1985 unterrichtete ich in Meilen<br />

am Zürichsee eine 3. Sekundarklasse als<br />

Aushilfe in einem vollen Pensum. Meine<br />

Aids-Hilfe Aktivitäten erfolgen in der Freizeit,<br />

abends und an Wochenenden. Manchmal<br />

auch zulasten der Vorbereitung …<br />

Überraschend für mich bot mir der Schulpräsident<br />

schon <strong>im</strong> Januar 1986 an, mich zur<br />

Wahl als Sekundarlehrer vorzuschlagen.<br />

Praktisch gleichzeitig fragte mich Bertino<br />

Somaini, ob ich <strong>im</strong> ersten Aids-Team des<br />

BAG mitarbeiten wolle, als Verbindung zur<br />

Aids-Hilfe Schweiz. Ich wusste lange nicht,<br />

was tun. Bertino sagte mir dann: «Wenn du<br />

deinen Weg als Lehrer in Ruhe weiter gehen<br />

willst, dann akzeptiere die Wahl. Wenn du<br />

dich in eine ungewisse Zukunft aufmachen<br />

willst, komm zu uns ins BAG.» Ich wählte<br />

«Wenn du dich in eine<br />

ungewisse Zukunft<br />

aufmachen willst, komm<br />

zu uns ins BAG.»<br />

dann das BAG und wurde mit einem Expertenvertrag<br />

und einem Pult <strong>im</strong> BAG und einem<br />

bei der AHS «ausgerüstet» und <strong>im</strong> <strong>April</strong><br />

86 für einen Monat auf Studienreise nach<br />

San Franzisco, Vancouver und New York geschickt.<br />

Im BAG hatte ich es nicht einfach:<br />

Als Experte musste ich nicht stempeln, gehörte<br />

also nicht wirklich dazu. Und als der<br />

Kaffeeautomat meine Münze nicht akzeptierte<br />

drehte sich ein «Kollege» um und rief:<br />

«Hé tir, de n<strong>im</strong>mt ume ke Zürcher Gäut!»<br />

Bei der AHS war es nicht einfacher – vielfach<br />

bekam ich zu hören, ich habe die Seite gewechselt,<br />

ich gehöre nicht mehr dazu. Mitte<br />

1988 trat ich aus dem Vorstand der AHS zurück.<br />

Im Frühling 1989 wurde ich zum Delegierten<br />

für Aidsfragen des Kantons Zürich<br />

gewählt und beendigte meinen Experten-<br />

Vertrag mit dem BAG.<br />

Highlights der Jahre vor der<br />

Antiretroviralen Therapie (1996)<br />

Auch wenn die AHS «Aids-Hilfe» heisst,<br />

stand schon bei der Gründung das Pr<strong>im</strong>at<br />

der Prävention fest: vor allem neue Ansteckungen<br />

verhindern und in zweiter Linie<br />

Betroffenen Hilfe anbieten. Im Wissen um<br />

die Schwierigkeit, dauerhafte Verhaltensänderung<br />

zu erreichen bemühten wir uns von<br />

Anfang an um einfache und lebbare Botschaften.<br />

Und weil der Analverkehr der mit<br />

Abstand effizienteste Übertragungsweg für<br />

das Virus ist, konzentrierten wir uns auf ➔<br />

ANZEIGE<br />

Speck<br />

Röllchen?<br />

Störende<br />

Haare?<br />

Nerviges<br />

Tattoo?<br />

Falten?<br />

LAserbehAndLunGen<br />

bodyshApinG<br />

AntiAGinG<br />

Feldeggstrasse 85 T 044 387 99 20 www.bodyclinic.ch<br />

CH-8008 Zürich F 044 387 99 25<br />

thebodyclinicAG<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


10<br />

Thema<br />

Aidshilfe – wie alles begann<br />

Ein weiteres Inserat<br />

für die Kondomeigenmarke<br />

der Aids-Hilfe.<br />

und 1987 fast 100. An diesen Zahlen lässt<br />

sich ablesen, dass die Zahl der Hilfesuchenden<br />

bei den neu gegründeten Aids-Hilfen in<br />

den grossen Städten rasch zunahm. In den<br />

Anfangsjahren handelte es sich praktisch<br />

überall um Selbsthilfe, später nahm die<br />

«Helfer-Hilfe» überhand indem die<br />

Aids-Hilfen die Beratung, Begleitung und<br />

Unterstützung professionalisierten. Vor<br />

1996 lebte ein Aidskranker nach der Diagnose<br />

<strong>im</strong> Schnitt noch 2 Jahre und war in dieser<br />

Zeit oft krank, obwohl die Behandlung<br />

der opportunistischen Infekte schnelle Fortschritte<br />

machte. Für aidskranke Schwule<br />

und auch für Drogenabhängige, die zu krank<br />

waren, um zu Hause zu leben, aber nicht<br />

krank genug für Spitalpflege, wurden erste<br />

Angebote <strong>im</strong> Bereich «Wohnen» und «Hospiz»<br />

geschaffen, z.B. die Wohngruppe «sid-<br />

Accueil» mit Spitex-Unterstützung in Genf<br />

oder das Hospiz «Basel Lighthouse» mit eigenem<br />

Pflegedienst. Die Zeit des Sterbens an<br />

Aids dauerte bis Mitte der 90er Jahre, in diesen<br />

Jahren wurde das Konzept von palliative<br />

Care wegen Aids massgeblich weiter entwickelt<br />

– heute eine Selbstverständlichkeit.<br />

die Botschaft «bumsen <strong>im</strong>mer mit Gummi».<br />

Und entwickelten so das US-amerikanische<br />

Konzept des Safe Sex (Sex OHNE Risiko)<br />

zum europäischen Safer Sex (Sex mit weniger<br />

Risiko) weiter. Und weil die Schwulen<br />

mit Präservativen nicht vertraut waren,<br />

schufen wir den Hot Rubber.<br />

Am 3. Februar 1987 lancierte die AHS<br />

<strong>im</strong> Auftrag des BAG die STOP AIDS-Kampagne,<br />

um die ganze Bevölkerung über den<br />

Schutz vor HIV aufzuklären, den Informationsstand<br />

zu verbessern und die Solidarität<br />

mit den Betroffenen zu fördern. Ich wurde<br />

<strong>im</strong> Herbst 1986 mit der Projektleitung der<br />

Kampagne beauftragt. Eine grosse Ehre für<br />

einen damals 29jährigen Mathematiklehrer,<br />

zu einer Zeit, als das «Social-Marketing»<br />

noch nicht erfunden war. Wir lernten es by<br />

doing. Ein früher Meilenstein dabei war der<br />

Mut von BAG und AHS, der Bevölkerung<br />

mittels Plakat und TV-Spot zu verkünden,<br />

dass es be<strong>im</strong> (Zungen-)Küssen kein Aids-Risiko<br />

gebe, obwohl sich diese Aussage wissenschaftlich<br />

nicht beweisen liess.<br />

Die frühen Jahre der AHS waren<br />

geprägt von der Auseinandersetzung –<br />

insbesondere mit dem VPM (Verein zur<br />

Förderung der psychologischen Menschenkenntnis)<br />

und dessen Aids-Organisation<br />

«Aids-Aufklärung Schweiz» (AAS). AHS<br />

und AAS standen sich als Gegenpole in der<br />

Debatte um die richtige Strategie der<br />

Aids-Bekämpfung gegenüber. Doch schlussendlich<br />

«gewann» die Lernstrategie auf der<br />

Grundlage von New Public Health (Wie<br />

1984 erkrankten in der<br />

Schweiz etwa 20 Schwule<br />

an Aids, 1985 über 40, 1986<br />

80 und 1987 fast 100.<br />

können Bevölkerung, Gruppen und Individuen<br />

den Umgang mit einem potentiell tödlichen<br />

Virus lernen und sich selbst schützen?)<br />

über die Seuchenstrategie nach den<br />

Konzepten von Old Public Health (Wie<br />

identifiziert man möglichst viele Träger des<br />

Virus und sorgt dafür, dass sie niemanden<br />

mehr anstecken?).<br />

1984 erkrankten in der Schweiz etwa<br />

20 Schwule an Aids, 1985 über 40, 1986 80<br />

Zum Schluss noch dies:<br />

Wäre ich 1983 nicht in Kuba gewesen, hätte<br />

ich in Berlin keinen Test gemacht, wäre das<br />

Resultat früher gekommen, … – ja, was<br />

dann? Vielleicht wäre ich dann <strong>im</strong>mer noch<br />

Lehrer in Meilen und könnte auf Generationen<br />

von Schülerinnen und Schülern zurückblicken<br />

und hätte nicht «dank Aids Karriere<br />

gemacht» wie ich oft zu hören bekam. Ich<br />

bin <strong>im</strong> Rückblick vor allem dankbar dafür,<br />

dass ich dabei sein durfte und viele Aufgaben<br />

übertragen bekam, obwohl ich jung und<br />

unerfahren war. Heute ist eine solche «Karriere»<br />

kaum mehr möglich. Dazu gehört<br />

aber auch, dass ich von vielen Freunden Abschied<br />

nehmen musste, ich nenne an dieser<br />

Stelle nur André Ratti (†1986), Beat Rüedi<br />

(†1988) und Herbert Riedener (†1994) stellvertretend<br />

für viele andere. Dass ich selbst<br />

«davon gekommen bin» verdanke ich alleine<br />

meiner späten Geburt und meiner Schüchternheit.<br />

Aber das glaubt mir sowieso keiner.<br />

Roger Staub<br />

1985 Mitbegründer der Aids-Hilfe Schweiz,<br />

Vorstandsmitglied bis 1988<br />

1986–1989 Leiter der STOP AIDS-Kampagne<br />

<strong>im</strong> Auftrag des BAG<br />

1989–1996 Delegierter für Aidsfragen des<br />

Kantons Zürich<br />

2002–2015 Leiter Nationales Programm<br />

HIV und andere STI <strong>im</strong> BAG<br />

©Bilder: Schweizerisches Sozialarchiv<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


KOLUMNE<br />

MICHI RÜEGG<br />

11<br />

Diese jungen Menschen.<br />

Sie hassen mich.<br />

Michi Rüegg fühlt entweder sich oder<br />

seine Generation durch junge Männer<br />

mit Migrationshintergrund diskr<strong>im</strong>iniert.<br />

VON Michi Rüegg<br />

W<br />

enn diese Zeilen gedruckt sind,<br />

bin ich schon 40. Zumindest <strong>im</strong><br />

echten Leben. Auf allen gängigen<br />

Portalen bin ich natürlich jünger. Nicht viel,<br />

nur ein, zwei, drei, vielleicht vier oder fünf<br />

Jahre. Das ist alt genug, schon 35 nehmen<br />

mir die meisten nicht ab, weil ich so schampar<br />

gute Gene habe. Mein Vater ist über 70,<br />

wäre er obendrein noch gesund, könnte er<br />

gut als 60-Jähriger posieren. Ich kenne<br />

Jungs, die sind lange vor mir geboren, mittlerweile<br />

sind sie aber jünger als mein bereits<br />

verjüngtes Gayromeo-Ich. Die Leute leben<br />

heute länger als früher, aber sie sterben<br />

nicht später. Wenn ich einmal eines natürlichen<br />

Todes von dieser Welt gehe, dann so<br />

mit achtzig. Auch wenn ich dann schon<br />

hundert bin.<br />

Älterwerden hat auch seine guten Seiten.<br />

Man muss niemandem mehr in den<br />

Arsch kriechen, sitzt mitunter auf einem<br />

behaglichen finanziellen Polster und muss<br />

nicht permanent einen auf cool machen.<br />

Tatsächlich kann man authentischer sein,<br />

wenn man’s nicht durch jahrelanges Posen<br />

verlernt hat.<br />

Dass ich keine zwanzig mehr bin,<br />

merke ich auch an meiner Sprache. Wir haben<br />

damals in der Schule noch Hochdeutsch<br />

gelernt. Das ist ja heutzutage aus<br />

der Mode gekommen. Die Leute bedienen<br />

sich eines Mischmaschs aus Dialekt und<br />

Standarddeutsch, wahlweise mit Bitz Balkan<br />

drin. So wie Mirko, der ebenfalls in<br />

diesem Heft eine Kolumne hat. Ich muss gestehen,<br />

ich kenne Mirko nicht. Ich gehöre zwar<br />

seit über zehn Jahren der Redaktion dieses<br />

Hefts an, aber ich kenne eigentlich niemanden<br />

mehr. Wir haben keine stundenlangen Sitzungen<br />

oder sowas, wie sich der eine oder andere<br />

Leser das vielleicht vorstellt. Mit Mirko würde<br />

ich aber durchaus mal eine Sitzung abhalten.<br />

Ich weiss nicht sonderlich viel über ihn. Ausser,<br />

dass er irgendwie jung ist, irgendwie Migrationshintergrund<br />

hat und dem Anschein nach<br />

<strong>im</strong> L<strong>im</strong>mattal wohnt. Aufgrund der Illustration,<br />

die mutmasslich ihn zeigt, scheint er recht<br />

geil zu sein. Und wie er schreibt, n<strong>im</strong>mt er sich<br />

die Typen, die er will. Auch vor Heteros macht<br />

er nicht Halt.<br />

«Ich war mal gut in Chemie,<br />

aber den Teil mit dem<br />

Flirten haben wir damals<br />

nicht besprochen.»<br />

Mit solchen Mirkos habe ich ja selten<br />

Glück. Wenn ich einen jungen Mann mit kulturell<br />

vielfältigen Wurzeln in der Leitung habe,<br />

n<strong>im</strong>mt die Konversation meist ein jähes Ende.<br />

Ich weiss nicht genau, woran das liegt. Vielleicht,<br />

weil ich einen Ton anschlage, wie man<br />

ihn eher für den Nachmittagstee mit Ihrer<br />

Majestät, der Königin, pflegt. Das scheint die<br />

Jungs nicht sonderlich anzuturnen. Wer auch<br />

<strong>im</strong>mer behauptet, dass Humor und Intelligenz<br />

sexy seien, gehört geteert und gefedert. Wenn<br />

ich’s dann mal so krass einfach und direkt probiere,<br />

klappt’s auch nicht. Selbst das Alter in<br />

den Einstellungen noch einmal um ein paar<br />

Jahrzehnte herunterschrauben hilft nicht.<br />

Vielleicht st<strong>im</strong>mt ganz einfach die<br />

Chemie nicht. Was <strong>im</strong>mer das genau bedeutet.<br />

Ich war mal gut in Chemie, aber den<br />

Teil mit dem Flirten haben wir damals nicht<br />

besprochen. Vielleicht liegt’s auch daran,<br />

dass ich nur alle sieben Wochen zum Coiffeur<br />

gehe. Und wenn ich den dann anflehe,<br />

mir die Seiten zu rasieren und oben lang zu<br />

lassen, droht er mir mit der Gewerkschaft.<br />

Ich trage auch keine Turnhose <strong>im</strong> Ausgang.<br />

Obwohl mir die vielleicht stehen würde. Und<br />

ich kaufe meine Accessoires bei Bally und<br />

nicht bei Louis Vuitton.<br />

Vielleicht sind wir einfach zu verschieden,<br />

die Mirkos und die Michis. Das wäre an<br />

sich ein Jammer, denn propagiere nicht ich<br />

mehr als jeder andere seit Jahren die Völkerverständigung<br />

– in erster Linie diejenige unter<br />

Männern?<br />

Ja, ich weiss. Ich schreibe Widersprüchliches.<br />

Ein paar Zeilen weiter oben<br />

habe ich den Umstand gelobt, nicht mehr<br />

cool sein zu müssen. Und nun heule ich herum,<br />

dass die jungen Menschen mich doof<br />

finden. Aber Eitelkeit macht nun mal auch<br />

vor dem Herbst des Lebens nicht Halt.<br />

Ob sich Mirko wohl davon überzeugen<br />

lässt, den Blick mal vom Spiegel abzuwenden<br />

und ihn mir vorzuhalten?<br />

Anmerkung der Redaktion: Michi, du<br />

wurdest erhört. So quasi. Auf Seite 28 äussert<br />

sich Mirko zu deiner Kolumne!<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


12 ESC <strong>2017</strong><br />

Trash trifft auf Politik<br />

Thank you for<br />

the Music<br />

«Europa erlebt dunkle<br />

Zeiten. Heute Abend<br />

aber spielen alle<br />

Unterschiede, die es<br />

womöglich gibt, keine<br />

Rolle. Uns vereint die<br />

Musik.», mit diesen<br />

Worten begann der<br />

Eurovision Song Contest<br />

<strong>im</strong> letzten Jahre in<br />

Stockholm. Doch der<br />

ESC ist längst keine<br />

reine musikalische<br />

Abendveranstaltung<br />

mehr.<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


ESC <strong>2017</strong><br />

Trash trifft auf Politik<br />

13<br />

«Wir sind nicht zu stoppen»<br />

(Conchita Wurst 2014)<br />

Von Yvonne Beck<br />

M<br />

eine erste ESC Erinnerung ist das<br />

Bild von Nicole, wie sie mit ihrer<br />

weissen Gitarre auf einem Hocker<br />

sitzend «Ein bisschen Frieden» singt. Wochenlang<br />

lief nach ihrem Sieg das Lied <strong>im</strong><br />

Radio, so dass wir es bald fröhlich mitträllern<br />

konnten. Den Inhalt des Liedes bzw. das<br />

in ihm versteckte politische Statement verstand<br />

ich damals noch nicht. Aber <strong>im</strong> Nachhinein<br />

macht es deutlich, dass der Eurovision<br />

Song Contest – der früher noch Grand<br />

Prix Eurovision de la Chanson hiess – schon<br />

<strong>im</strong>mer auch politisch war. 1982 war die Zeit<br />

des Wettrüstens, die Nato wollte Raketen<br />

mit Atomsprengköpfen in Westeuropa stationieren.<br />

Und Deutschland präsentierte sich<br />

mit dem Lied als pazifistisches Land, das<br />

sich vom Nationalsozialismus distanzierte.<br />

Seitdem hatten viele Lieder oder Auftritte<br />

eine politische oder soziale Botschaft. Bereits<br />

acht Jahre vor Nicole schickte Portugal<br />

Paulo de Carvallo mit einem Lied ins Rennen,<br />

das die Diktatur der Salazaristen kritisierte<br />

und später zum Symbol der Nelkenrevolution<br />

wurde.<br />

So ist der ESC viel mehr als eine blosse<br />

musikalische Veranstaltung, er ist ein Spiegelbild<br />

Europas und politischer Gradmesser.<br />

Europas St<strong>im</strong>mungsbarometer<br />

Das offizielle Motto und Logo des diesjährigen<br />

ESC lautet: «Celebrate Diversity». Frei<br />

übersetzt «Feiert die Vielfalt». Und damit<br />

setzt die Ukraine als Veranstalterland ihren<br />

Anspruch an den ESC als europäischer<br />

Wertebotschafter weiter fort. Be<strong>im</strong> ESC <strong>2017</strong><br />

sollen also die Länder Europas zusammenkommen,<br />

um ihre Gemeinsamkeiten sowie<br />

ihre einzigartigen Unterschiede zu feiern.<br />

Alles Weitere ist Interpretationssache, doch<br />

bereits die Cla<strong>im</strong>s der letzten Jahre gingen in<br />

eine ähnliche Richtung: «Come Together»<br />

(2016 in Stockholm) oder «Building Bridges»<br />

Der ESC steht für ein tolerantes<br />

Miteinander und wer<br />

da aus der Reihe tanzt wird<br />

abgestraft.<br />

(2015 in Wien). Der ESC steht für ein tolerantes<br />

Miteinander und wer da aus der Reihe<br />

tanzt wird abgestraft. Genau so ist auch das<br />

letztjährige Ergebnis zu werten.<br />

2016 hatte Russland keine Kosten und<br />

Mühen gescheut, um einen bombastischen<br />

Auftritt hinzulegen. Bereits <strong>im</strong> Vorfeld galt<br />

es als haushoher Favorit. Nie gab es be<strong>im</strong><br />

ESC eine teurere Bühnenshow. Dem russischen<br />

Teilnehmer Sergey Lazarev wuchsen<br />

auf den LED-Wänden Flügel, welche ihn jedoch<br />

nicht zum Sieg flogen. Als Siegerin ging<br />

nämlich, recht unerwartet, die Ukrainerin<br />

Jamala hervor. Und das mit dem politischen<br />

Lied «1944», welches vom Schicksal der<br />

Kr<strong>im</strong>tataren <strong>im</strong> selben Jahr handelte. Ja, der<br />

ESC war schon <strong>im</strong>mer ein St<strong>im</strong>mungsbarometer<br />

über die Lage in Europa, sei es anhand<br />

der Punktevergabe (wer st<strong>im</strong>mt für wen),<br />

des endgültigen Siegers oder der Auswahl<br />

der Lieder. Aber so offensichtlich politisch<br />

wie <strong>im</strong> letzten Jahr ging es seit langem nicht<br />

mehr zu.<br />

Bunt, laut, schrill, schwul<br />

Jeder ESC hat seine Nonkonformisten und<br />

kreativen Freaks: Spassmacher wie Guildo<br />

Horn und Stefan Raab, schrille Typen wie<br />

Lordi, die Jedward Zwillinge und die serbische<br />

Sängerin Bojana Stamenov oder Paradiesvögel<br />

wie Conchita Wurst. Bereits 1998<br />

sorgte die Teilnahme der transsexuellen<br />

Dana International für Furore. In ihrem<br />

He<strong>im</strong>atland Israel kam es zu heftigem Widerstand<br />

und religiöse Kreise forderten, einen<br />

konservativeren Beitrag an den Wettbewerb<br />

zu entsenden. Aber sowohl Dana<br />

International als auch Conchita Wurst<br />

konnten für ihr Land den Sieg mit nach<br />

Hause nehmen und diese Erfolge bewirkten<br />

einiges. Vor Conchitas Sieg hatte Österreich<br />

ein eher konservatives, rechtspopulistisches,<br />

leicht verstaubtes Image. Seit dem Sieg zeigt<br />

sich vor allem Wien als weltoffene und tolerante<br />

Metropole. An rund 50 Standorten<br />

wurden Verkehrsampeln umgestaltet und<br />

zeigen anstatt einer männlichen Figur Pärchen,<br />

und zwar schwule, lesbische und gemischte.<br />

Der Wurst-Sieg war somit nicht nur<br />

ein musikalischer Erfolg, sondern ein Sieg<br />

für mehr Toleranz und ein Signal gegen<br />

die Diskr<strong>im</strong>inierung Homosexueller. Und<br />

schon damals eine deutliche Botschaft in<br />

Richtung Putin. Die Beleidigungen und Anfeindungen,<br />

denen sie sich <strong>im</strong> Vorfeld des<br />

Song Contest aus homophoben Kreisen – gerade<br />

aus Russland, Weissrussland und Armenien<br />

– gegenübersah, dürften ihr letztlich<br />

sogar zum Sieg verholfen haben. Ihr Sieg<br />

wurde somit als Zeichen eines liberalen und<br />

freien Europas gewertet, ein Europa, in dem<br />

Toleranz und Menschenrechte oberste Priorität<br />

haben.<br />

In diesem Jahr wird Slavko Kalezić aus<br />

Montenegro den ESC ein bisschen bunter machen,<br />

denn die selbsternannte Drag-Queen<br />

und Kunst-Bestie liebt es, sich in engen Netzoberteilen,<br />

mit Engelsflügeln und High Heels<br />

auf der Bühne zu zeigen. Als echter Hin-➔<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


14 ESC <strong>2017</strong><br />

Trash trifft auf Politik<br />

gucker steht er bei den schwulen Zuschauern<br />

längst hoch <strong>im</strong> Kurs. Be<strong>im</strong> ganzen Wirbel um<br />

die russische Teilnehmerin geht der Montenegriner<br />

jedoch fast ein bisschen verloren.<br />

Provokation und Instrumentalisierung<br />

Russland schickt Julia Samoylova mit dem<br />

Titel «Flame is Burning» ins Rennen. Der <strong>im</strong><br />

Rollstuhl sitzenden Sängerin drohte jedoch<br />

Auftrittsverbot in der Ukraine, da sie <strong>im</strong><br />

Jahre 2015 auf der annektierten Kr<strong>im</strong> auftrat.<br />

So ist die Auswahl der Kandidatin eine<br />

ganz klare Provokation für die Ukraine. Zudem<br />

scheint Russland die gehandicapte Sängerin<br />

zu instrumentalisieren, um seine<br />

Chancen auf einen Sieg zu erhöhen und<br />

gleichzeitig der Ukraine eins auszuwischen.<br />

Man sinnt nach Revanche. Für Russland war<br />

der Ausgang des letzten ESC ein Skandal.<br />

Man war so siegessicher und verlor ausgerechnet<br />

gegen die Ukraine. Die russischen<br />

Staatsmedien sprachen von unsichtbaren<br />

Mächten, die sich gegen Russland verschworen<br />

hätten. Nun schlägt man geschickt zurück.<br />

Wird Samoilowa die Einreise verweigert<br />

steht die Ukraine als herzlos da. Lässt<br />

man sie antreten, kann Russland dieses als<br />

kleinen politischen Sieg werten, denn so<br />

würde die Ukraine von ihrem eisernen Prinzip,<br />

dass Kiew das Hoheitsrecht über die<br />

Kr<strong>im</strong> besitzt, abweichen.<br />

«Finally I can say: Yes,<br />

I’m different, but it’s okay»<br />

(Bojana Stamenov 2015)<br />

Mehr als nur ein Pardiesvogel: Bojana Stamenov will etwas bewegen. Aber ist der ESC der<br />

richtige Event dafür?<br />

Falls Russland mit Julia Samoylova<br />

teiln<strong>im</strong>mt, bleibt jedoch <strong>im</strong>mer noch abzuwarten,<br />

wie sie abschneiden wird, denn zu<br />

offenkundig ist das strategische Vorgehen<br />

Russlands in dieser Sache. Während die Regierung<br />

in Moskau die Daumenschrauben<br />

für Homosexuelle und Andersdenkende <strong>im</strong><br />

eigenen Land <strong>im</strong>mer weiter anzieht, will<br />

man gleichzeitig eine junge Frau <strong>im</strong> Rollstuhl<br />

auf die Bühne setzten, um der Welt ein<br />

anderes Russland zu präsentieren. Eins, das<br />

es so in Wahrheit leider nicht gibt.<br />

Der ESC zeigt den<br />

Zuschauern seit Jahren,<br />

dass Homosexualität<br />

selbstverständlich ist.<br />

Die LGBTIQ*-Community freut es<br />

daher umso mehr, wenn ESC-Teilnehmer<br />

Menschen wie Putin ein «Wir sind nicht zu<br />

stoppen» oder «Finally I can say: Yes, I’m<br />

different, but it’s okay» entgegenschleudern<br />

und dieses von weltweit 200 Millionen<br />

Menschen verfolgt wird. Der ESC<br />

zeigt den Zuschauern seit Jahren, dass<br />

Homosexualität selbstverständlich ist, ob<br />

2013 durch den finnischen lesbischen Kuss<br />

oder den Sieg einer Conchita Wurst.<br />

Der steinige Weg zur<br />

Gleichberechtigung<br />

Getreu des diesjährigen ESC-Mottos soll die<br />

Vielfalt gefeiert werden. Dies ist gerade in<br />

einem Land wie der Ukraine noch sehr<br />

wichtig. Homosexualität ist hier zwar legal,<br />

stösst aber in der Gesellschaft weitgehend<br />

auf Ablehnung, auch wenn seit drei Jahren<br />

ein gesetzlicher Diskr<strong>im</strong>inierungsschutz<br />

besteht. Trotz Bestrebungen, die sexuelle<br />

Orientierung und die Geschlechtsidentität<br />

explizit einzuschliessen, nennt der definitive<br />

Gesetzestext diese Begriffe nicht <strong>im</strong> Diskr<strong>im</strong>inierungsverbot.<br />

Erst <strong>im</strong> November 2015<br />

haben die ukrainischen Abgeordneten eine<br />

Anpassung des Arbeitsrechts beschlossen,<br />

welche die Diskr<strong>im</strong>inierung aufgrund von<br />

Rasse, Behinderung und vieler weiterer<br />

Merkmale verbietet – darunter die sexuelle<br />

Orientierung und die Geschlechtsidentität.<br />

Doch <strong>im</strong>mer wieder versuchen Abgeordnete<br />

bestehende Gesetzte zum angeblichen<br />

«Schutz der Moral» zu ändern. So sollte<br />

bspw. jegliche Verbreitung von Informationen<br />

über Homo- und Bisexualität unter<br />

Strafe gestellt werden. Doch die prowestliche<br />

Führung in Kiew verbot <strong>im</strong> Zuge der Annäherung<br />

an die EU die Diskr<strong>im</strong>inierung sexueller<br />

Minderheiten.<br />

Laut Studien lag die Ukraine hinsichtlich<br />

der Toleranz gegenüber Homosexualität<br />

lange Zeit sogar knapp hinter Russland. Erst<br />

<strong>im</strong> Jahre 2013 konnte die erste «Gay Parade»<br />

des Landes unter starkem Polizeischutz<br />

stattfinden. Im letzten Jahr trafen sich zum<br />

ersten Mal in der Geschichte der Ukraine<br />

2000 Menschen <strong>im</strong> Herzen der Hauptstadt<br />

und marschierten für die Rechte von Lesben,<br />

Schwulen, Bi- und Transgender. Die Teilnehmer<br />

der Pride mussten jedoch von fast<br />

6500 Polizisten gegen Ultranationalisten<br />

und Rechtsextremisten geschützt werden.<br />

Für die Teilnehmer war es trotzdem ein historisches<br />

Erlebnis, denn die Ukraine, die<br />

sich für den Weg nach Europa entschieden<br />

hat, bewies, dass sie die Rechte von Minderheiten<br />

verteidigen und schützen kann. Noch<br />

sind viele ukrainische Schwule und Lesben<br />

aus Angst vor Diskr<strong>im</strong>inierungen <strong>im</strong> Alltag<br />

nicht geoutet. Der Kampf geht also weiter.<br />

Und gerade in der Auseinandersetzung mit<br />

Russland werden die Rechte Homosexueller<br />

zum bedeutenden Distinktionsmerkmal für<br />

die Ukraine.<br />

Welchen Weg das Land einschlägt,<br />

wird sich vielleicht auch einmal mehr am<br />

diesjährigen ESC zeigen. Denn der ESC ist<br />

viel mehr als eine bunte, schrille, musikalische<br />

Kostümparty.<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


News<br />

Update<br />

15<br />

NEWS<br />

13 Jahre Boyahkasha!<br />

Dieses stolze Jubiläum feiert die beliebteste<br />

Zürcher Gayparty am Ostersonntag und<br />

zwar wie gewohnt in ihrem Lieblingslokal,<br />

dem Plaza Klub in Zürich.<br />

Wenn bei Boyahkasha ein Geburtstag<br />

ansteht, werden bekanntermassen die Gäste<br />

für ihre jahrelange Treue mit einem besonderen<br />

Stargast beschenkt. Die Zahl 13 wird in<br />

dem Fall für die Boyahkasha-Fans ganz klar<br />

eine Glückszahl sein, denn die Veranstalter<br />

haben für die wichtigste Nacht des Jahres keinen<br />

Geringeren als Superstar Conchita Wurst<br />

gebucht. Die Wiener Sängerin wird der Fete<br />

ihre Ehre erweisen und zur Maint<strong>im</strong>e auf der<br />

Bühne stehen, um dieses Jubiläum einmalig<br />

und unvergesslich zu machen.<br />

Auch die bekannten Boyahkasha-DJs<br />

dürfen be<strong>im</strong> Geburtstag nicht fehlen. Gloria<br />

Viagra und Vicky Goldfinger werden auf dem<br />

Pop Floor das Kontrastprogramm gestalten,<br />

während Melli Magic und Zör Gollin auf dem<br />

Mainfloor für das Tanzvolk alles geben.<br />

Ein besonderes Wiedersehen gibt es in<br />

der Plaza Bar. Dort steht Angel O an den Decks<br />

und spielt seine feinsten Deep House-Platten.<br />

Wer an Ostern also nicht in Zürich ist, wird<br />

wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit eine der<br />

abwechslungsreichsten und starträchtigsten<br />

Partynächte des Jahres verpassen.<br />

Die Afterparty steigt ab 4 Uhr <strong>im</strong> Club Heaven<br />

<strong>im</strong> Zürcher Niederdorf.<br />

16. <strong>April</strong> (Ostersonntag 22.00 Uhr bis ca.<br />

05.00 Uhr), Plaza Zürich (Badenerstrasse 109,<br />

8004 Zürich)<br />

Vorverkauf: www.boyahkasha.ch<br />

Musical-Erfolg EVITA gastiert in Zürich und Basel<br />

Ein einfaches Mädchen vom Lande mausert<br />

sich zur Ikone einer ganzen Nation. Gibt es<br />

eine bessere Vorlage für ein packendes Musical?<br />

Der beispiellose Werdegang der argentinischen<br />

Präsidenten-Gattin Eva Perón inspirierte<br />

Andrew Lloyd Webber und T<strong>im</strong> Rice<br />

in den siebziger Jahren zu ihrem Musical-<br />

Erfolg EVITA. Das Werk, das heute zu den<br />

bekanntesten der Musical-Geschichte zählt,<br />

begeistert neben seiner mitreissenden Handlung<br />

durch Webbers unnachahmliche Kompositionen,<br />

allen voran die Ballade «Don’t<br />

Cry for Me Argentina», einer der wohl grössten<br />

Musical-Hits aller Zeiten.<br />

Andrew Lloyd Webber und T<strong>im</strong> Rice<br />

hatten sich bereits mit Jesus Christ Superstar<br />

als kompromisslose Erneuerer des Musicals<br />

bewiesen, die einen verwegenen Umgang<br />

mit geschichtsträchtigen Stoffen nicht scheuten.<br />

Bei ihrem nächsten gemeinsamen Projekt<br />

bot ihnen das Leben der umstrittenen<br />

Präsidentengattin Eva María Duarte de<br />

Perón die Folie für ein Parade-Stück um<br />

Gier, Macht, Einfluss und Prestige. Der unhe<strong>im</strong>liche<br />

Aufstieg eines jungen, ehrgeizigen<br />

Mädchens aus der argentinischen Provinz,<br />

die in den 1930- und 40er Jahren zunächst<br />

zur Schauspielerin und dann zur Präsidentengattin<br />

emporsteigt – geliebt vom Volk,<br />

gehasst von ihren politischen Gegnern – bot<br />

als reale Aschenputtel-Geschichte alles, was<br />

ein spannendes Musical braucht.<br />

Als dann schliesslich seinerzeit Madonna<br />

für die Filmadaption als Evita zusagte, eroberte<br />

der Soundtrack die Herzen der Gays<br />

und stürmte die Hitparaden. Evita kommt<br />

nun nach Zürich und Basel, ohne Madonna,<br />

dafür mit einem Top-Cast und <strong>im</strong> Original.<br />

Theater 11 Zürich, 25. bis 30. <strong>April</strong> <strong>2017</strong>,<br />

Termine in Basel unter www.musical.ch/evita<br />

ANZEIGE<br />

neu<br />

in der männerzone<br />

mr.B<br />

neoprene!<br />

maennerzone.com<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


16<br />

Kultur<br />

Buchtipp<br />

S<strong>im</strong>one Meier: «Fleisch»<br />

oder fleischlos?<br />

S<strong>im</strong>one Meier thematisiert in ihrem Roman die grossen Themen der Zeit:<br />

Liebe, Arbeit, Lebenssinn und pendelt dabei zwischen Stadt und Land.<br />

Die Story pendelt ebenfalls.<br />

Von Birgit Kawohl<br />

A<br />

ls eifriger Leser kennt der Zürcher<br />

S<strong>im</strong>one Meier mit ihren Artikeln –<br />

früher be<strong>im</strong> Tages-Anzeiger, aktuell<br />

auf Watson. Nach «Mein Lieb, mein Lieb,<br />

mein Leben» aus dem Jahr 2000 hat sie nun<br />

«Fleisch» bei Kein & Aber veröffentlicht.<br />

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben:<br />

Ein «Begleitpaar», Anna und Max, beide<br />

Mitte vierzig, trennen sich, da sie beide vom<br />

Leben etwas mehr erwarten als den anderen.<br />

Die Unzufriedenheit bezieht sich dabei vor<br />

allem auf unerfüllte sexuelle Fantasien,<br />

Träume, bisher nicht vollzogene Wagnisse.<br />

Bei Anna ist dies die Liebe zu einer Frau, die<br />

fast zwanzig Jahre jüngere Lilly, die sie in einem<br />

Bistroladen kennenlernt. Bei Max der<br />

Hang und Wille sich käuflichem Sex hinzugeben,<br />

was ihm <strong>im</strong> Bordell nicht gelingt,<br />

funktioniert schliesslich bei der eigentlich<br />

lesbischen, aber finanziell klammen Sue.<br />

Frauen sind für Geld eben zu allem bereit.<br />

Und nun, der Leser hat es kaum zu<br />

denken gewagt, kommt die für die Autorin<br />

scheinbar logischste Konsequenz: Sue und<br />

Lilly leben in einer gemeinsamen WG! Was<br />

ja in einer Stadt wie Zürich nahezu unumgänglich<br />

ist. Man fühlt sich ein wenig an<br />

die Screwball-Komödien der 50er- und<br />

60er-Jahre erinnert. Dies ist nur einer von<br />

zahlreicheren Zufällen, die zum einen unnötig,<br />

zum anderen aber auch unglaubwürdig<br />

sind. Ebenso unglaubwürdig wie der Umstand,<br />

dass Anna plötzlich in der Mitte des<br />

Romans den Namen ihrer seit ca. 100 Seiten<br />

Angebeteten vergessen hat.<br />

Apropos Zürich: Meier spricht <strong>im</strong>mer<br />

nur von «grosser Stadt», schnell fragt sich<br />

der Leser, da Zürich an allen Ecken zu erkennen<br />

ist, was damit bezweckt wird. Soll<br />

hier eine scheinbare Anonymität geschaffen<br />

werden, die den – armen, armen – Gross-<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong><br />

stadtmenschen ja ewig umgibt? Dieses spätestens<br />

seit dem Expressionismus <strong>im</strong>mer<br />

wieder benutzte Motiv wirkt allerdings aufgesetzt,<br />

da sich andererseits durch die sich<br />

durch den ganzen Roman ziehenden «Zufälle»<br />

eben alle in Zürich und der benachbarten<br />

Kleinstadt lebenden Personen zu kennen<br />

scheinen. Hier wäre der Mut zur Entscheidung<br />

wünschenswert gewesen.<br />

In Bezug auf andere Themen lässt sich<br />

einiges an Klischeehaftigkeit feststellen: Die<br />

Mittvierzigerin hadert natürlich mit ihrem<br />

Körper (der Roman beginnt mit einer seitenlangen<br />

Lamentiererei Annas über selbigen,<br />

bei dem sich sicherlich in einigen Lesern<br />

spontan der Drang zum Beiseitelegen des<br />

Buches breitmacht), Anna hat selbstverständlich<br />

einen schwulen Freund, Cédric,<br />

der mit ihr Rosamunde Pilcher-Filme<br />

schaut, während sich der Hetero Max nur<br />

für Spionagefilme begeistern liess. Da hätte<br />

man doch eine etwas intelligentere und differenzierte<br />

Sicht erwartet.<br />

Die Figuren selbst sind wenig plastisch,<br />

auch sie bleiben weitgehend <strong>im</strong> Anonymen,<br />

so wie die <strong>im</strong>mer wieder unerwartet auftauchende<br />

«Frau Blume», eigentlich Annas Sekretärin,<br />

aber dann doch eine Person, die<br />

mehr Fäden in den Händen zu halten<br />

scheint. In Bezug auf die Fäden hat sich die<br />

Autorin für eine Mehrsträngigkeit entschieden,<br />

dies ist ja momentan ziemlich en vogue,<br />

warum auch <strong>im</strong>mer, vor allem, wenn die einzelnen<br />

Stränge sich selbst nicht zu tragen <strong>im</strong><br />

Stande sind.<br />

Insgesamt unterhält der Roman seinen<br />

Leser mässig, lässt ihn aber mit vielen Ungere<strong>im</strong>theiten<br />

alleine – wieso um H<strong>im</strong>mels<br />

Willen knallt Max letztendlich so durch und<br />

warum werden <strong>im</strong>mer wieder zwanghaft<br />

Fleischwaren erwähnt, hätte sich der Titel<br />

des Buches nicht subtiler rechtfertigen lassen?<br />

– und schafft es kaum, einen Wunsch<br />

zur Diskussion über eben die oben genannten<br />

grossen Themen zu erzeugen.<br />

Buchtipp<br />

S<strong>im</strong>one Meier<br />

Fleisch. Verlag Kein & Aber.<br />

Preis CHF 27.90<br />

ISBN 9783036957548


XXX<br />

XXX<br />

17<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


18<br />

Die neuen Angels<br />

Interview<br />

Angels: Die Partys bleiben<br />

spektakulär<br />

Vom 5. bis 7. Mai wird Zürich beben. Dann nämlich gibt’s das Party-Highlight<br />

des Jahres: Die «White Party <strong>2017</strong>». Neu stecken Alex und Fortunat hinter<br />

den Megapartys.<br />

Von Haymo Empl<br />

A<br />

lex, Du siehst erstaunlich frisch aus …<br />

Noch ist es ruhig an der Front. Die<br />

Vorbereitungen für die Party laufen<br />

aber natürlich schon lange auf Hochtouren.<br />

Daher ist auch Fortunat nicht bei diesem Interview<br />

mit dabei.<br />

Also bist du der Frontmann und Fortunat<br />

eher <strong>im</strong> Hintergrund?<br />

Ich mache schon seit Jahren Partys, vor allem<br />

<strong>im</strong> Ausland. Ich kenne die DJs, die Vermieter<br />

der Locations und ich weiss auch, was<br />

in welcher Stadt funktionieren kann. Fortunat<br />

ist eher <strong>im</strong> Hintergrund, weil sich ja auch<br />

jemand um die ganze Administration kümmern<br />

muss.<br />

Du bist auch nicht mehr zwanzig Jahre alt,<br />

hast du persönlich <strong>im</strong>mer noch Spass an<br />

Partys?<br />

Ich denke, das hat nichts mit dem Alter zu<br />

tun, sondern mit der eigenen Einstellung.<br />

Daher: Ganz klar ja. Und das wird wohl auch<br />

so bleiben.<br />

Alex ist das neue «Gesicht» der Angels und steckt sein<br />

ganzes Herzblut in die Organisation der Mega-Partys.<br />

Was macht denn eine «Angels-Party» aus?<br />

Die waren früher ja <strong>im</strong>mer der absolute<br />

Hammer.<br />

Ich bin ja nicht seit Anfang mit dabei, das<br />

ist niemand aus dem aktuellen Team. Die<br />

Angels starteten 1994 als Verein mit dem<br />

Ziel, grosse Partys nach Zürich zu holen<br />

und der L<strong>im</strong>matstadt das zu bieten, was<br />

gerade auch in anderen grösseren Städten<br />

angesagt war. Ein Top DJ-Set und eine lange<br />

Nacht mit allem Drum und Dran. Vielleicht<br />

wurde man dann irgendwann mal<br />

etwas bequem und hat die ganze Sache<br />

schleifen lassen. Ich weiss einfach, dass ich<br />

die «Angels-Partys» wieder zu dem machen<br />

will, was sie einst waren: Zu absoluten<br />

Highlights.<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


XXX<br />

XXX<br />

19<br />

Das klingt einfach. Aber wie wollt ihr das<br />

umsetzen?<br />

Ich denke, man spürt auch bei grossen Events,<br />

wie viel Herzblut dahintersteckt. Oder eben<br />

nicht. In meinem Fall ist es effektiv so, dass ich<br />

alles gebe, ich bin in vielen Bereichen ziemlich<br />

perfektionistisch. Das beginnt bei den<br />

Flyern – da bin ich beispielsweise bei den Fotoshootings<br />

<strong>im</strong>mer mit dabei – dann weiter<br />

über die Deko, DJs, Auswahl der Tänzer.<br />

Kurzum, ich bin bei jedem Event der Angels<br />

komplett involviert. Diese Leidenschaft spürt<br />

man dann auch am Event, da bin ich mir sicher.<br />

Zudem bin ich international sehr gut<br />

vernetzt, ich weiss, was in anderen Städten gerade<br />

abgeht und kann die Essenz davon nach<br />

Zürich bringen. Man kann sich die Party wie<br />

ein Uhrwerk vorstellen – jedes Rädchen muss<br />

an diesem Abend funktionieren, fällt jemand<br />

aus, kann das eine Katastrophe bedeuten.<br />

Dass das nicht geschieht, liegt in meiner Verantwortung,<br />

das bin ich mir bewusst.<br />

Bei den Angels-Partys setzt man gerne auch<br />

auf Tänzer …<br />

Das gehört zu unserem Konzept. Und die<br />

meisten kenne ich persönlich. Es sind übrigens<br />

beinahe nie Schweizer.<br />

Warum nicht?<br />

Die Schweizer sehen sich lieber als «Künstler»<br />

und nicht als «Go-Go-Boys». Wir haben<br />

aber in anderen Bereichen sehr viele Schweizer<br />

engagiert und arbeiten hervorragend mit<br />

ihnen zusammen. Übrigens sind die Models<br />

auf unseren Flyern beinahe <strong>im</strong>mer auch an<br />

der jeweiligen Party anwesend. Man darf<br />

sich also freuen!<br />

Eure Partys sind ziemlich teuer.<br />

Wir bieten aber auch viel. Die Besucher<br />

würden schon lange nicht mehr kommen,<br />

wenn wir einfach nur aufs schnelle Geld<br />

aus wären. Wir bieten Top-DJs, Tänzer,<br />

Lightshows, Pyro, Deko. Kurzum: internationales<br />

Flair, aufwändig und liebevoll inszeniert.<br />

Man darf auch nicht vergessen, dass<br />

die Mieten für die grossen Veranstaltungsorte<br />

einfach exorbitant sind.<br />

Ist denn das Projekt «Angels» ein Fullt<strong>im</strong>e-<br />

Job?<br />

Bei unseren Vorgängern hat sich der Aufwand<br />

auf mehrere Personen verteilt und alle<br />

hatten noch einen anderen Job. Ich konzentriere<br />

mich mit meiner ganzen Kraft auf die<br />

nächsten Veranstaltungen und daher ist<br />

es derzeit gar nicht möglich, noch etwas Anderes<br />

zu arbeiten. Das möchte ich auch<br />

gar nicht, denn ich will erreichen, dass die<br />

«Angels-Partys» wieder das werden, was sie<br />

einmal waren: umwerfend. ➔<br />

ANZEIGE<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


20<br />

Die neuen Angels<br />

Interview<br />

Die Angels haben auch vor 10 Jahren schon Wert auf ansprechende Flyer gelegt: Hier die beiden grössten Partys «White» und «Black» aus dem<br />

<strong>Cruiser</strong> von 2007.<br />

«Angels»: Push-Ups, Porno<br />

und Powerpartys<br />

Vor 23 Jahren fand die erste White<br />

Party statt. Die Ur-Angels lernten sich damals<br />

in einem angesagten Fitnessclub in<br />

Zürich kennen und konzipierten die allererste<br />

White-Party zwischen Laufband,<br />

Hanteln, Push-Ups und Dampfbad. Kopf<br />

und Drahtzieher der Chose war Olivier Reveillon,<br />

ein migrierter Franzose mit gewinnender<br />

Ausstrahlung, genügend Biss, tollen<br />

Ideen, wenig Kapital, aber dafür einem<br />

grossen Freundeskreis.<br />

Die erste Hürde stellte die Location<br />

dar: Gross sollte sie sein. Also wurde kurzerhand<br />

das Volkshaus gemietet – niemand der<br />

Angels hatte eine Ahnung, ob 20 oder 2000<br />

Gäste kommen würden. Das Volkshaus wiederum<br />

hatte keine Ahnung, dass es sich um<br />

eine Gay-Party handeln sollte. Der Rest ist<br />

Geschichte: Bereits die erste Party war ein<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong><br />

voller Erfolg. Olivier und seine Mannen<br />

(und eine Frau) überraschten mit einem Party-Konzept,<br />

auf welches Zürich gewartet zu<br />

haben schien. Bald folgten weitere Events:<br />

Kitsch, Black und Folies au Lac. Man exper<strong>im</strong>entierte,<br />

provozierte und schockierte,<br />

beispielsweise, als die Black Party <strong>im</strong> Kanzlei<br />

stattfand – und mittendrin ein Schwulenporno<br />

gedreht wurde. Alle Besucher mussten<br />

seinerzeit be<strong>im</strong> Einlass an der Türe unterschreiben,<br />

um ihre Bildrechte an die Porno-Produktionsfirma<br />

abzutreten. Als die<br />

Darsteller auf einer <strong>im</strong>provisierten Bühne<br />

zum Höhepunkt kamen, applaudierte das<br />

anwesende Partypublikum frenetisch.<br />

Mehr Partys, mehr Gäste und mehr<br />

Geld: Dieses wurde in den frühen Nullerjahren<br />

in eine eigene Bar investiert. Die<br />

Angels-Bar <strong>im</strong> Kreis vier mit lauschigem Innenhof<br />

war aber nur kurz erfolgreich, denn<br />

die Angels hatten sehr viele Freunde und<br />

tranken selbst auch gerne. Entsprechend war<br />

die Bar wohl gut besucht – aber nicht von<br />

zahlenden Gästen.<br />

Nach zehn Jahren stellte sich in Zürich<br />

eine gewisse Partymüdigkeit ein – einige der<br />

Ur-Angels (auch Olivier) verliessen den Verein,<br />

neue kamen hinzu und gingen wieder.<br />

Vor gut sechs Jahren haben Stephan Willi,<br />

Erich Schlumpf, Jvan Paszti und Chris Eckstein<br />

übernommen und das Konzept weitergeführt.<br />

Ivan und Stephan sind <strong>im</strong> ersten<br />

Halbjahr 2016 ausgestiegen und an ihre Stelle<br />

sind Alex und sein Partner eingestiegen. Im<br />

neuen Team war Alex schon für die Produktion<br />

der Flash Party 2016 und der Black Party<br />

2016 verantwortlich. Ende 2016 haben sich<br />

auch Erik und Chris zurückgezogen. Seit dem<br />

Beginn dieses Jahres organisieren Alex und<br />

sein Partner nun die «Angels-Partys» alleine.<br />

Die White Party <strong>2017</strong> findet am 7. Mai <strong>im</strong> X-tra<br />

Zürich statt. Weitere Infos auf Seite 17.


Kultur<br />

Pink Apple <strong>2017</strong><br />

21<br />

Es ist besser geworden.<br />

Alles.<br />

Das Pink Apple Film-Festival zelebriert zum 20. Mal das schwule und<br />

lesbische Filmschaffen. Mittlerweile sind einige der Streifen so richtig gut.<br />

VON Michi Rüegg<br />

«<br />

Ein Blitzeinschlag ist nichts dagegen»,<br />

findet die renommierte Deutsche Wochenzeitung<br />

«Die Zeit» über ihn. Und<br />

fügt an: «So luftig-leicht wie in dem Film ‚Die<br />

Mitte der Welt’ wurde eine schwule Jugendliebe<br />

noch nie erzählt.» Wir schreiben das Jahr<br />

2016, ein neuer Streifen mit schwuler Handlung,<br />

finanziert aus allen möglichen öffentlichen<br />

Fördertöpfen, erscheint am Kinoh<strong>im</strong>mel.<br />

Und selbst die «Die Welt» – prononciert<br />

konservativer als die erwähnte «Zeit» – meint<br />

dazu: «So entspannt war noch nie ein Coming-Out<br />

<strong>im</strong> Kino.» Première feiert «Die Mitte<br />

der Welt» Werk s<strong>im</strong>ultan an zwei Filmfestivals,<br />

in München und Moskau. Ja, Moskau.<br />

Verlassen wir die Blitzlichter der grossen<br />

Festivals. Drehen wir das Rad zurück von<br />

2016 auf … 1998. Damals gingen die meisten<br />

Coming-Outs weniger entspannt über die<br />

Bühne – egal ob <strong>im</strong> richtigen Leben oder <strong>im</strong><br />

Kino. Begeben wir uns in den Thurgau. Ausgerechnet<br />

den Thurgau, wo Steinobst das<br />

höchste der Gefühle ist. Hier gründen Homosexuelle<br />

(das Wort war damals best<strong>im</strong>mt<br />

noch in Gebrauch), einige Männer und eine<br />

Frau, ein schwullesbisches Filmfestival unter<br />

dem Namen «Pink Apple». Im Cinema<br />

Luna. Kein Traditionsbetrieb, sondern Spielstätte<br />

eines lokalen Vereins, der sich zehn<br />

Jahre zuvor die Filmförderung auf die Fahne<br />

«So entspannt war ein<br />

Coming-out <strong>im</strong> Kino noch nie.»<br />

geschrieben hatte. Frischer Wind traf auf frischen<br />

Wind, und bereits kam es zum ersten<br />

Sturm der Entrüstung. Denn kaum lief in<br />

Frauenfeld der erste Dokfilm über Homosexualität<br />

auf der Leinwand, konglomierierten<br />

vor der Türe bereits beherzte Christenmenschen,<br />

um gegen die Sünde zu protestieren. ➔<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


22 xxx<br />

xxx<br />

gaycity.ch<br />

Where to go in the little big city<br />

2<br />

1<br />

MOUSTACHE<br />

Die Sauna für Männer<br />

Engelstrasse 4<br />

www.moustache.ch<br />

(Nachtsauna jeden Fr / Sa)<br />

HUUSMAA<br />

Kafi – Reschti – Bar<br />

Badenerstrasse 138<br />

044 241 11 18<br />

www.huusmaa.ch<br />

Sa & So Brunch 10:00 – 15:00<br />

6<br />

7<br />

BEAUTY LOUNGE<br />

FOR MEN<br />

Haarentfernung, Kosmetik,<br />

Anti-Aging und Bodyforming<br />

Kalkbreitestrasse 42<br />

www.marciomf.ch<br />

079 533 41 01<br />

CHECKPOINT<br />

Gesundheitszentrum<br />

Konradstrasse 1<br />

www.checkpoint-zh.ch<br />

044 455 59 10<br />

10<br />

11<br />

LEONHARDS-<br />

APOTHEKE<br />

Stampfenbachstr. 7<br />

www.leonhards.apotheke.ch<br />

044 252 44 20<br />

MACHO<br />

City Shop<br />

Häringstrasse 16<br />

www.macho.ch<br />

15<br />

CRANBERRY<br />

Bar<br />

Metzgergasse 3<br />

www.cranberry.ch<br />

3<br />

LES GARÇONS<br />

Bar/Tanzbar<br />

Kernstrasse 60<br />

www.garcons.ch<br />

Täglich geöffnet ab 18.30 Uhr<br />

8<br />

DANIEL H.<br />

Bar-Restaurant<br />

Müllerstrasse 51<br />

8004 Zürich<br />

044 241 41 78<br />

www.danielh.ch<br />

12<br />

PARAGONYA<br />

Wellness Club<br />

Mühlegasse 11<br />

www.paragonya.ch<br />

4<br />

MÄNNERZONE<br />

Shop & Bar<br />

Kernstrasse 57<br />

www.maennerzone.ch<br />

MAENNERZONE.CH<br />

9<br />

PARACELSUS<br />

Apotheke & Drogerie<br />

Langstrasse 122<br />

paracelsus@bluewin.ch<br />

044 240 24 05<br />

13<br />

PREDIGERHOF<br />

bistro – bar<br />

Mühlegasse 15<br />

www.predigerhof.ch<br />

5<br />

MED. DENT.<br />

KLAAS FRIEDEL<br />

Heinrichstrasse 239<br />

Mit Tram ab 4/13/17 bis Escher-Wyss-Platz<br />

www.swissdentalcenter.ch<br />

043 444 74 00<br />

14<br />

TIP TOP BAR<br />

Die Schlager Bar<br />

Seilergraben 13<br />

www.tip-top-bar.ch<br />

Dienstag – Samstag ab<br />

18.30 Uhr<br />

Interesse in diesem<br />

Inserat aufgeführt zu sein?<br />

Anfragen an:<br />

info@zbiro.ch<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


Kultur<br />

Pink Apple <strong>2017</strong><br />

23<br />

Wie der junge Schwule, den es vom<br />

Land in die Stadt zieht, erkannte auch Pink<br />

Apple <strong>im</strong> Laufe der Zeit, dass die Musik in<br />

Zürich spielt. Seither ist der Hauptteil des<br />

Festivals an die L<strong>im</strong>matstadt migriert, als<br />

Wurmfortsatz, quasi, lebt es während dreier<br />

Tage in Frauenfeld weiter. Und heuer jährt<br />

sich das mittlerweile auf vernünftige Grösse<br />

angewachsene Festival zum zwanzigsten Mal.<br />

Und zeigt unter anderem «Die Mitte<br />

der Welt». Die Vorlage zu diesem Film liefert<br />

ein Roman von Andreas Steinhöfel. Der<br />

Zufall will es, dass er 1998 erschien, <strong>im</strong><br />

Geburtsjahr von Pink Apple. Es ist eine<br />

Geschichte über die Probleme des Erwachsenwerdens.<br />

Über Pubertät, Neid und Eifersucht.<br />

Über Freundschaft und Liebe. Und<br />

eine – gelinde gesagt – unkonventionelle<br />

Mutter. Man ist fast versucht, dem Schicksal<br />

für die zwei Jahrzehnte zu danken, die bis<br />

zur Verfilmung der Buchvorlage verstrichen<br />

sind. Denn eines ist sicher: Der schwule Film<br />

ist über die Jahre besser geworden. Zwar gab<br />

es schon <strong>im</strong>mer Geniestreiche, auch bei kleinen<br />

Budgets. Aber die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass ein Gaymovie gut herauskommt, war<br />

schon deutlich geringer als heute.<br />

Wenn also Pink Apple <strong>im</strong> Rahmen seines<br />

Schwerpunktthemas «T<strong>im</strong>e Machine»<br />

auf die vergangenen zwei Jahrzehnte zurückblickt,<br />

so wird ihm Fortschritt auch<br />

be<strong>im</strong> Thema Produktionsqualität der Filme<br />

begegnen. Doch das ist ein Nebengleis. Bedeutender<br />

ist, welche Schritte die Gesellschaft<br />

genommen hat. In den Neunzigern<br />

waren anerkannte Partnerschaften in den<br />

meisten westlichen Ländern noch eine Utopie.<br />

Nicht selten versteckten sich schwule<br />

Männer und lesbische Frauen in Heterobeziehungen<br />

– oder sonst wo. Homosexualität<br />

galt noch <strong>im</strong>mer als Makel, egal ob <strong>im</strong> Beruf,<br />

in der Familie, <strong>im</strong> Militär oder ganz einfach<br />

<strong>im</strong> Leben.<br />

Hier gehört «Esteros» erwähnt, ein argentinischer<br />

Film, den Pink Apple zeigt. Er<br />

handelt von Matias und Jeron<strong>im</strong>o, die sich<br />

als pubertierende Jungs näher kommen. Bis<br />

Matias mit seiner Familie nach Brasilien<br />

zieht. Jahre später kehrt er in seine alte He<strong>im</strong>at<br />

zurück. Dort trifft er wieder auf seinen<br />

Freund aus Kindertagen – der mittlerweile<br />

offen schwul ist. Als die beiden an den Ort<br />

zurückkehren, wo die Erotik bereits ein<br />

Jahrzehnt zuvor knisterte, nehmen die Dinge<br />

ihren Lauf. Die Geschichte steht exemplarisch<br />

für das, was noch <strong>im</strong>mer gilt: Wer<br />

Männer liebt, kann sein Leben heute in einer<br />

aufgeklärten Gesellschaft meist offen führen,<br />

ohne Opfer von Diskr<strong>im</strong>inierung zu<br />

werden. Doch dies bedeutet noch lange<br />

nicht, dass jeder das auch tut.<br />

Pink Apple findet praktisch<br />

ausschliesslich in der<br />

Community statt.<br />

Und hier sind wir wieder bei einer Parallele<br />

zu Pink Apple. Das Festival ist gewachsen,<br />

die Filme sind häufig ausverkauft, eine<br />

Grossbank und eine nationale Airline sind<br />

die beiden Hauptsponsorinnen. Die lesbische<br />

Stadtpräsidentin hält eine Eröffnungsrede.<br />

Und der bürgerlich regierte Kanton<br />

Thurgau finanziert seinen Teil des Festivals<br />

mit. Doch trotz alledem ignoriert das nichtschwule<br />

und nichtlesbische Zürich die über<br />

hundert teils grossartigen Filme aus aller<br />

Welt. Pink Apple findet praktisch ausschliesslich<br />

in der Community statt. Eigentlich<br />

schade. Das ist etwa so, wie wenn alle<br />

Besucher eines Trickfilmfestivals nur Trickfilmfiguren<br />

wären.<br />

20. Pink Apple<br />

Grosse Themen und Vorstellung für die<br />

Kleinsten<br />

Nachdem die 18. Ausgabe ihre Volljährigkeit<br />

feierte, spürt man zum runden Geburtstag von<br />

Pink Apple bereits so etwas wie Reife: Musik,<br />

Literatur, Sexualität, Religion – zum Jubiläum<br />

knöpft sich das Festival dieses Jahr wieder<br />

einmal umfassende Schwerpunktthemen vor.<br />

Innerhalb dieser Schwerpunkte werden nicht<br />

nur Filme gezeigt, auch Talks, Podien und<br />

andere Darbietungen sind in Planung. Zu<br />

den krassesten Neuerungen der diesjährigen<br />

Ausgabe gehören die Closing-Night in Zürich,<br />

die <strong>im</strong> Stil des Eröffnungsfilm <strong>im</strong> Kino Le Paris<br />

stattfindet – und eine Kindervorstellung. Sie<br />

ist die Antwort auf die wachsende Zahl von<br />

Regenbogenfamilien. Pink Apple zeigt genderstereotypfreie<br />

An<strong>im</strong>ationsfilme in Zusammenarbeit<br />

mit dem Trickfilmfestival «Fantoche».<br />

Den Pink Apple Award erhalten dieses Jahr die<br />

beiden Amerikaner Rob Epstein und Jeffrey<br />

Friedman. Ihr Film «The Celluloid Closet»<br />

eröffnete 1998 das allererste Pink Apple in<br />

Frauenfeld.<br />

www.pinkapple.ch<br />

Das schwullesbische Filmfestival findet vom<br />

26. <strong>April</strong> bis 4. Mai in Zürich und vom 5. bis<br />

7. Mai in Frauenfeld statt.<br />

ANZEIGE<br />

«Gesundheit ist die erste Pflicht <strong>im</strong> Leben.»<br />

Oscar Wilde<br />

Wir sind die erste Adresse für diskrete Beratung<br />

in allen Gesundheitsfragen.<br />

Stampfenbachstrasse 7, 8001 Zürich, Telefon 044 252 44 20, Telefax 044 252 44 21<br />

leonhards-apotheke@bluewin.ch, www.leonhards.apotheke.ch<br />

Ihr Gesundheits-Coach.


24<br />

Fingerfertig<br />

Nihat kocht<br />

Ein Plädoyer<br />

für Süsses<br />

Ein türkisches Sprichwort besagt frei übersetzt «Lasst uns Süsses essen,<br />

um über süsse Dinge zu sprechen».<br />

VON Nihat<br />

«<br />

Tatlı yiyel<strong>im</strong> tatlı konuşalım.» Das<br />

würde mir gefallen, die Welt mit Süssem<br />

zu retten. Das dazu wohl geeignetste<br />

türkische Dessert sind selbstgemachte<br />

Baklava. Kein Vergleich zur pampigen Masse,<br />

die kommerziell hergestellt wird. Doch<br />

Baklava sind hohe kulinarische Kunst. Und<br />

diese findet auf zwei Seiten keinen Platz. Ein<br />

Gehe<strong>im</strong>nis sei an dieser Stelle verraten: Die<br />

besten Baklava gelingen meiner Meinung<br />

nach mit frischen, gerösteten Haselnüssen<br />

von der türkischen Schwarzmeerküste.<br />

Und auch das folgende Rezept<br />

schmeckt am besten mit eben diesen Nüssen.<br />

Letzten Sommer war ich in der Türkei<br />

und habe meiner Familie bei der Ernte geholfen.<br />

Knochenarbeit. Die mir aber auch<br />

den inneren Frieden gebracht hat. Und so<br />

sind wir wieder be<strong>im</strong> Sprichwort: Lasst uns<br />

doch mehr Süsses essen und dabei über süsse<br />

Dinge diskutieren.<br />

Zutaten<br />

6 EL Vanillejoghurt<br />

3 EL Zucker<br />

300 g Mascarpone<br />

2 dl Rahm, geschlagen<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong><br />

1 Bio-Orange, gerieben (Schale) und<br />

gepresst<br />

30 g geröstete Haselnüsse, grob zerbröckelt<br />

5 frische oder getrocknete Feigen, in<br />

Stücke geschnitten<br />

150 g Löffelbiscuit, zerkleinert<br />

2 EL Kakaopulver<br />

Zubereitung<br />

Rahm, Zucker, Orangenschale, Mascarpone<br />

und Vanillejoghurt mischen.<br />

Löffelbiscuit in ein hohes Glas verteilen,<br />

zuerst Creme und dann Feigenstücke<br />

darüberschichten. Das Ganze wiederholen.<br />

Zuoberst Feigen-, Haselnussstücke und<br />

Kakoapulver streuen.<br />

Im Kühlschrank mindestens eine Stunde<br />

ruhen lassen.<br />

Mit Salz abschmecken und am Tisch<br />

mit frischem Fladenbrot geniessen.<br />

Be<strong>im</strong> Servieren mit Granatapfelkernen<br />

und einzelnen Kichererbsen verziehen<br />

und mit Olivenöl beträufeln.<br />

Info<br />

Nihat organisiert seit gut vier Jahren Kochkurse<br />

für einen guten Zweck, u.a. für Schulkinder<br />

in der Türkei. Und er ist als Störkoch oder<br />

als Caterer an privaten und geschäftlichen<br />

Anlässen unterwegs. «Daneben» drückt er<br />

als angehender Gymnasiallehrer wieder die<br />

Schulbank.<br />

Die nächsten Kochkurse<br />

– Sonntag, 7. Mai Co-Kochkurs<br />

peruanisch-türkisch


Kultur<br />

Theatertipp<br />

25<br />

KULTUR<br />

Hommage an Elton John<br />

70 Jahre verrückte Brillen und Kostüme, herzerweichende<br />

Songs und wilde Bettgeschichten:<br />

Sir Elton Hercules John ist <strong>im</strong>mer für<br />

Überraschungen gut. Mit drei Jahren spielt<br />

Reginald Kenneth Dwight bereits Klavier,<br />

nach einer klassischen Ausbildung entscheidet<br />

er sich, ein Star zu werden. Und was für<br />

einer er wird! Mit über 300 Millionen verkauften<br />

Tonträgern ist er einer der erfolgreichsten<br />

Musiker der Welt.<br />

Während seiner <strong>im</strong>mer noch andauernden<br />

Karriere hat er oft mit seiner Homosexualität<br />

kokettiert und lebt wie ein Paradiesvogel<br />

in der Öffentlichkeit. Seine Songs begeistern<br />

Jung und Alt gleichermassen. Eine Hommage<br />

an einen Mann mit vielen Facetten.<br />

Walter Andreas Müller erzählt aus seinem<br />

Leben. Rolf Sommer, Eric Hättenschwiler<br />

und Romeo Meyer singen, begleitet von<br />

Anisa Djojoatmodjo, Leonie-Afra Bradatsch<br />

und Hannah Bissegger.<br />

Musikalische Leitung: Chrigi Roffler.<br />

Vorstellungen: Sonntag, 16. <strong>April</strong> und 27. Mai.<br />

Im Theater Rigiblick in Zürich. Tickets und<br />

weitere Details auf www.theater-rigiblick.ch (he)<br />

ANZEIGE<br />

Häringstr.16<br />

8001 Zürich<br />

044 251 12 22<br />

auf das gesammte Sort<strong>im</strong>ent<br />

gültig bis<br />

Ende APRIL <strong>2017</strong><br />

Prozente nur gültig bei Bar EC/Postcard<br />

Prozente sind nicht kumulierbar<br />

..........................................................<br />

..................................................................................<br />

Gutschein<br />

10%<br />

..................................................................................<br />

.........................................................


26 xxx<br />

xxx<br />

Niemand soll Angst haben,<br />

sich selbst zu sein! Wir sind<br />

eine Community – weltweit.<br />

Demonstration 10. Juni <strong>2017</strong><br />

Pride Week 2.–11. Juni <strong>2017</strong><br />

Festival und Party 9.–10. Juni <strong>2017</strong><br />

Buche Dein Z<strong>im</strong>mer und profitiere!<br />

zurichpridefestival.ch<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


Info<br />

STD<br />

27<br />

Geschlechtskrankheiten<br />

Reloaded!<br />

Sexuell übertragbare Infektionen (STI) wie Syphilis,<br />

Tripper, Chlamydien oder Hepatitis sind einfacher<br />

übertragbar als HIV.<br />

VON Dr. Gay<br />

M<br />

it Ausnahme von HIV ist ein zuverlässiger<br />

Schutz nicht möglich.<br />

Eine ST-Infektion kann Symptome<br />

wie Juckreiz, Ausfluss oder Brennen <strong>im</strong><br />

Anal- oder Genitalbereich auslösen. Diese<br />

Symptome können stark sein, so dass sich<br />

ein Arztbesuch aufdrängt. Sie können aber<br />

auch kaum auftreten oder so gering sein,<br />

dass sie nicht bemerkt werden. Für sexuell<br />

aktive Menschen ist es daher ratsam, sich<br />

regelmässig auf die wichtigsten STI testen zu<br />

lassen. Ab einem Sexualpartner pro Jahr<br />

macht für Syphilis, Chlamydien und Tripper<br />

ein Screening pro Jahr Sinn, bei mehr als<br />

zehn Sexualpartner werden zwei Screenings<br />

pro Jahr empfohlen. Je höher die Zahl der<br />

Sexualpartner, desto grösser das Risiko<br />

einer ST-Infektion. Für Hepatitis A und<br />

B empfiehlt sich eine Impfung. Die Geschlechtskrankheiten<br />

Syphilis, Tripper,<br />

Chlamydien, Hepatitis und HIV gehören zu<br />

den sogenannten «Big 5».<br />

Die «Big 5»<br />

Schwule und andere Männer, die Sex mit<br />

Männern haben (MSM), sind nach wie vor<br />

die am stärksten von Geschlechtskrankheiten<br />

betroffene Gruppe in der Schweiz.<br />

Die neue Kampagne will die Männer auf die<br />

«Big 5» der sexuell übertragbaren Infektionen<br />

– namentlich Syphilis, Tripper, Chlamydien,<br />

Hepatitis und HIV – sensibilisieren.<br />

Mit regelmässigen Tests und wichtigen Informationen<br />

können sie sich Klarheit über<br />

ihre sexuelle Gesundheit verschaffen. Im<br />

Mai bieten die Aids-Hilfe Schweiz und die<br />

Checkpoints Tests für Syphilis, Tripper, und<br />

Chlamydien kostenlos an. Alleine diese<br />

Tests kosten <strong>im</strong> Normalfall mehrere hundert<br />

Franken. Zudem erhalten die Interessenten<br />

nützliche Informationen über die Impfung<br />

gegen Hepatitis A und B sowie über Schutzmassnahmen<br />

bezüglich Hepatitis C.<br />

Warum testen?<br />

Geschlechtskrankheiten sind mit Ausnahme<br />

von HIV gut heilbar, wenn sie frühzeitig diagnostiziert<br />

und behandelt werden. Unbehandelt<br />

können sie zu schwerwiegenden Komplikationen<br />

führen. Es ist darum wichtig, dass<br />

sich sexuell aktive Männer mit wechselnden<br />

Partnern und ihre Sexpartner mindestens<br />

einmal pro Jahr testen lassen, selbst wenn sie<br />

keine Symptome zeigen. Diese Massnahme<br />

verhindert gesundheitliche Komplikationen,<br />

eine Weiterverbreitung oder eine sich<br />

wiederholende, gegenseitige Ansteckung unter<br />

den Sexpartnern (den sogenannten Ping-<br />

Pong-Effekt). Mit der neuen Kampagne haben<br />

schwule Männer nun die Möglichkeit,<br />

die teuren Tests gratis zu erhalten.<br />

Lass dich gratis testen!<br />

Vom 1. bis zum 31. Mai <strong>2017</strong> finden <strong>im</strong><br />

Rahmen der neuen Kampagne die nationalen<br />

STI-Testwochen statt. STI steht für sexuell<br />

übertragbare Infektionen, namentlich<br />

Syphilis, Tripper, Chlamydien und Hepatitis.<br />

Checkpoints und ausgewählte Teststellen<br />

bieten Schwulen und andere Männern, die<br />

Sex mit Männern haben, kostenlos Tests<br />

mit entsprechender Beratung an. Detaillierte<br />

Informationen zur Kampagne und die<br />

Adressen der Teststellen findest du auf<br />

drgay.ch.<br />

Noch nie war Klarheit über deine sexuelle<br />

Gesundheit so günstig – mach auch du mit!<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


28<br />

KOLUMNE<br />

Mirko!<br />

Mirko freut sich auf die<br />

Midlife-Crisis<br />

Das schnelle Leben als junger Schwuler ist<br />

auch anstrengend.<br />

VON Mirko<br />

S<br />

cho gläse, was de Michi gschriibe<br />

het? Uaaauh. De Schef hat mir seinen<br />

Text gegeben und es hat mich<br />

umghaue. Was kann ich anders? Der Mann<br />

hät scho <strong>im</strong> <strong>Cruiser</strong> gschriibe, da war ich<br />

noch nicht mal geboren. Isch e Joke, Michi.<br />

Nei, ich habe kein Problem mit deiner Midlife-<br />

Crisis. Chunnt bi mir au no, weiss i. Ich<br />

habe auch schon geschrieben, dass ich kein<br />

Problem damit habe, wenn andere aus der<br />

Form geraten und dann doch mehr Sex haben<br />

als ich, nur weil ich meine Zeit vor dem<br />

Spiegel verbringe oder mit meinen Bros<br />

be<strong>im</strong> Frizer sitze und mir die Haar fürs<br />

Weekend stylen lasse. No prob. Jeder<br />

macht, was er will. Aber was isch los? I ha e<br />

grossi Schnurre gha letscht Johr a de Pride<br />

und zack han i die Kolumne übercho <strong>im</strong><br />

<strong>Cruiser</strong>. Han i chönne wüsse, dass so vil<br />

Lüt sich plötzlich für mich interessieren?<br />

Also ok, Michi, du bist scharf auf<br />

mich. Hä, bisch nöd de einzig. Aber Jungs<br />

wie n ich chönnd nüd mit dir aafange,<br />

schriibsch. Wie gseit, ich habe kein Problem<br />

mit deiner Midlife-Crisis. Ich habe<br />

genug am Grind mit meinen eigenen<br />

Tröbels. Da devo schriib i jo meischtens.<br />

Sicher ist vieles anders bei uns. Meine<br />

Eltern sind in die Schweiz gekommen, wo<br />

ihri He<strong>im</strong>at plötzlich eifach weg gsi isch.<br />

Wir haben Glück gehabt und mir hend üs<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong><br />

in der Schweiz einen guten Platz gschaffe.<br />

Aber Studieren lag dann nicht drin. Brötli<br />

müend zahlt werde, weisch Mann. Wäre<br />

mir auch zu viel gewesen. Und Paps und<br />

Mams hätten auch nicht gewusst, wie das<br />

genau möglich wäre, ich und studiere. Ja,<br />

du hast recht, mir ist das Aussehen wichtig.<br />

Aber ich habe damit kein Problem.<br />

Doch ich schriibe nur, was ich so gseh und<br />

wie ich so bin. Weisch, der andere Kumpel,<br />

wo n i letscht Monet gschriibe ha, der<br />

Ja Michi, du hast recht, mir<br />

ist das Aussehen wichtig.<br />

seiner Freundin erzählt, dass er die Bohrmaschine<br />

be<strong>im</strong> Nachbar ausleihen will,<br />

aber denn öppis ganz anders bohret und<br />

ganz ohni Maschine, LOL, der Nachbar,<br />

der hat die Midlife-Crisis scho lang hinder<br />

sich und isch Schwiizer. D’Völkerverständigung<br />

funktioniert perfekt bi dene<br />

zwei. Isch halt jeder anders, denke ich<br />

dann. Aber was sicher bi allne gliich isch,<br />

isch d’Angscht, dass di niemet liebt. Das<br />

verstehe ich. Mängisch dänk i, möched<br />

schon alle komischi Sache, nur weil wir<br />

Angst haben, vergessen zu werden oder<br />

nicht geliebt zu werden. Aber äbe, au das<br />

gseht jede anders. De anderi dumm aamache,<br />

nur dass er dir nöd weh cha tue und<br />

so Sache. Uuui, werd ich jetzt philosophisch<br />

oder so? Shit. Oder andersch gseit:<br />

mir ficken, damit mir nöd gfickt werden,<br />

wörtlich oder au andersch. Wörtlich isch’s<br />

mir lieber. Obwohl da musste ich grad<br />

kürzlich per Whatsapp eine tröste. Riiiiiesepanik,<br />

säg dir. D’Wält goht under. Es<br />

Date hat ihm mitgeteilt, er habe Syphilis.<br />

Hei Alte, sonst bist du auch nicht so<br />

schwer von Begriff und googlisch alles.<br />

Aber nei, er stirbt grad jetzt und so.<br />

Schlechtes Gewissen und «hätte ich nur<br />

nie mit Männern» und so wiiter. Fuck.<br />

Denn hani halt selber mal googlet und siehe<br />

da: Nei, Syphilis ist gar nicht so<br />

schl<strong>im</strong>m, en Spritze in Arsch und ab zum<br />

nächste Date, würd ich sagen.<br />

Lueg, Michi, in der Midlife-Crisis<br />

musst du dich nicht mehr mit solchen Hysterieanfällen<br />

rumschlagen. Ich scho. Wenn<br />

ich so vor dem Spiegel stehe und meine<br />

Bartkante nachziehe, dann denk ich ganz<br />

kurz: Wäre schön, wenn alles etwas ruhiger<br />

wäre. Aber das denke ich nur kurz.<br />

Dann geht’s wieder ab. Mir sind äbe die<br />

vom Multitasking, uvijek sve i odmah.


Politik<br />

Interview<br />

29<br />

Nico Planzer Kandidat als Präsident<br />

der JBDP Schweiz<br />

Die Bürgerlich Demokratische Partei Luzern (BDP) Kanton Luzern schlägt<br />

Nico Planzer als neuen Präsidenten der JBDP Schweiz vor. Die Wahlen sind<br />

am 6. Mai. <strong>Cruiser</strong> hat sich mit Nico unterhalten.<br />

Von Haymo Empl<br />

N<br />

ico, du kandidierst für das Amt des<br />

Präsidenten der Jungen BDP Schweiz.<br />

Aktiv bist du bei der BDP Luzern. Warum<br />

nun dieser Schritt?<br />

Seit einigen Jahren engagiere ich mich nun<br />

bereits in der Jugendpartizipation und der<br />

Jugendpolitik. Bereits seit längerer Zeit<br />

habe ich das Gefühl, dass bei der Jungen<br />

BDP Schweiz viel Potential vorhanden ist,<br />

welches die letzten Jahre nur unzureichend<br />

genutzt wurde. Nun stehen wir vor<br />

den entscheidenden Schritten, welche uns<br />

ermöglichen, die Junge BDP wieder auf<br />

Kurs zu bringen und national in der Jugendpolitik<br />

Einfluss zu nehmen. Diese<br />

Chance möchte ich nicht ungenutzt lassen.<br />

Daher strebe ich die Übernahme dieses<br />

Amtes an.<br />

Die Jungen von heute<br />

sind meines Erachtens<br />

tatsächlich sehr<br />

politisch interessiert.<br />

«Für mehr jugendliche Frische in der<br />

Politik – weil die Zukunft in unserer Hand<br />

liegt», ist einer deiner Slogans. Denkst du,<br />

die «Jugend» interessiert sich für Politik?<br />

Das hat sie seit den 1980er-Unruhen<br />

eigentlich nicht mehr getan …<br />

Die Jungen von heute sind meines Erachtens<br />

tatsächlich sehr politisch interessiert. Viele<br />

junge Menschen in meinem Alter beteiligen<br />

sich aktiv in Jugendparlamenten, Jungparteien<br />

oder politischen Vereinen. Immer ➔<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


30<br />

Politik<br />

Interview<br />

wieder wird in dieser Diskussion, leider<br />

fälschlicherweise, auf die niedrige Wahlbeteiligung<br />

der Jungen bei kantonalen und<br />

nationalen Abst<strong>im</strong>mungen hingewiesen. Ich<br />

werde oft mit dem Argument konfrontiert,<br />

die Jungen beteiligten sich nicht am politischen<br />

Prozess oder seien nicht interessiert.<br />

Diesen Ball muss ich jedoch der älteren Generation,<br />

unseren Politikern in Bundesbern,<br />

zuspielen, denn oft fehlt es schlichtweg<br />

an der Verständlichkeit einer komplexen<br />

Vorlage oder Abst<strong>im</strong>mung. Wären Abst<strong>im</strong>mungsunterlagen<br />

frischer und weniger komplex<br />

aufgebaut und geschrieben, so hätte die<br />

Jugend auch einfacher Zugang. Wäre der<br />

politische Betrieb zeitgemässer gestaltet, z.B.<br />

mit Online-Teilnahme an nationalen Abst<strong>im</strong>mungen,<br />

so bin ich überzeugt, wäre die<br />

Beteiligung der Jungen grösser am politischen<br />

Prozess der Schweiz.<br />

Was persönlich fasziniert dich an der Politik?<br />

In der Schweiz haben wir das grosse Glück<br />

uns am demokratischen Prozess aktiv beteiligen<br />

zu können und Einfluss zu nehmen. Es<br />

ist jedoch nicht einfach nur Glück, dass wir<br />

dies hier so haben, denn viele Generationen<br />

vor uns haben dies aufgebaut und erst möglich<br />

gemacht. In der Schweiz kann jeder<br />

Schweizer Bürger Einfluss nehmen und ändern,<br />

was ihn stört, dies ist beinahe einzigartig<br />

auf der Welt und fasziniert mich sehr.<br />

In der Schweiz haben wir<br />

das grosse Glück uns am<br />

demokratischen Prozess<br />

aktiv beteiligen zu können<br />

und Einfluss zu nehmen.<br />

Die BDP Luzern ist nicht gerade erfolgreich.<br />

Bei ihrem ersten Antreten bei den Kantonsratswahlen<br />

2011 in Luzern erreichte die<br />

Partei 1,66 Prozent der St<strong>im</strong>men. 2015, be<strong>im</strong><br />

zweiten Anlauf, waren es nur noch 0,88<br />

Prozent. Wo klemmt es bei der Partei? Und<br />

was macht die JBDP besser?<br />

Nicht nur die BDP hat in den letzten Jahren<br />

einen schwierigen Stand bei Wählerinnen<br />

und Wählern, sämtliche Mitteparteien müssen<br />

sich neu orientieren und gegenüber den<br />

etablierten Parteien behaupten. Es ist aber<br />

richtig, dass für die BDP in den nächsten<br />

Jahren viel auf dem Spiel steht. Gerade deshalb<br />

ist es wichtig, dass wir die jungen Kräfte<br />

mobilisieren und sichtbar machen. Die Junge<br />

BDP kann zudem die Mutterpartei weiter<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong><br />

mitgestalten. Wir Jungen denken oft etwas<br />

anders, wir haben andere Lösungsansätze<br />

für Probleme, davon kann unsere Mutterpartei<br />

nur profitieren.<br />

Die Junge BDP muss endlich<br />

wieder sichtbarer und<br />

hörbarer gemacht werden.<br />

Was würde sich in der Partei ändern, wenn<br />

du Präsident würdest?<br />

Eines habe ich mir auf die Kappe geschrieben,<br />

welches ich unbedingt vorantreiben<br />

muss: Die Junge BDP muss<br />

endlich wieder sichtbarer und hörbarer<br />

gemacht werden. Wir müssen national<br />

mehr an Bekanntheit gewinnen,<br />

<strong>im</strong> jugendpolitischen Prozess<br />

mehr wahrgenommen werden.<br />

Zudem ist es wichtig, dass sich<br />

die Jungen wieder mehr mit<br />

uns identifizieren können.<br />

Warum thematisierst du<br />

deine sexuelle Ausrichtung?<br />

In der heutigen Gesellschaft<br />

ist es wichtig,<br />

dass man sich selbst<br />

sein kann. Alle predigen<br />

Vielfalt, welche bei manchem<br />

Bürger jedoch bei der sexuellen Ausrichtung<br />

aufhört. Schwule und Lesben sollten<br />

sich nicht länger verstecken müssen. Es macht<br />

mir Sorgen, wenn ich sehe, wie viele Freunde<br />

von mir ihre Sexualität verbergen müssen aus<br />

Angst, diskr<strong>im</strong>iniert werden zu können. Ich<br />

möchte mit gutem Beispiel vorangehen und all<br />

jenen Mut machen, die noch nicht den Weg<br />

gefunden haben, zu sich zu stehen.<br />

Da gab es mal eine Geschichte in diversen<br />

Medien: «Zwei Nationalratskandidaten outen<br />

sich». Da sah man euch etwas schlecht<br />

ausgeleuchtet vor Palmen auf einem Schiffsteg.<br />

Warum hast du dich mit deinem Partner<br />

Denis Kläfiger seinerzeit zu diesem<br />

Schritt entschlossen?<br />

Wir haben uns damals gut überlegt, ob wir<br />

diesen Schritt tatsächlich gehen sollten. Wir<br />

haben uns dann klar dafür entschieden, weil<br />

wir davon überzeugt sind, dass dies ein starkes<br />

Zeichen für die Gay-Community ist. Das<br />

Resümee unserer Aktion war übrigens über<br />

die Landesgrenze hinaus durchweg positiv.<br />

Nico Planzer<br />

am 08. August 1995 in Luzern geboren, in<br />

Ausbildung zum Fachmann Gesundheit<br />

EFZ, engagiert sich seit gut sechs Jahren<br />

in der Jugendpolitik.<br />

2011 trat Nico Planzer dem Luzerner Kinderparlament<br />

bei. Dort machte er erste Gehversuche<br />

und Polit-Erfahrungen. Einige Zeit später<br />

durfte er ins städtische Jugendparlament<br />

emigrieren, welches er dann nach einem Jahr<br />

Kommissionsarbeit als Co-Präsident präsidieren<br />

durfte. 2014 gründete Nico Planzer mit<br />

einem jungen und engagierten Team den<br />

Verein Jugendparlament Kanton Luzern und<br />

durfte als Co-Präsident die erste kantonale<br />

Jugendsession <strong>im</strong> Kantonsratssaal erfolgreich<br />

abhalten. Seit gut zwei Jahren ist Nico Planzer<br />

aktives Mitglied der BDP Kanton Luzern.


Kultur<br />

Warmer Mai <strong>2017</strong><br />

31<br />

Er kommt:<br />

Der Warme Mai <strong>2017</strong><br />

Von den Eurogames 2000 bis zur Europride<br />

2009 dauerte die erste Blütezeit des<br />

Kulturmonats «warmer mai». Die zweite ist<br />

nun in vollem Gange.<br />

Von Samuel Zinsli & Oliver Fritz<br />

W<br />

as mit einem kulturellen Rahmenprogramm<br />

zum sportlichen<br />

Grossanlass begann, entwickelte<br />

sich zu einem jährlichen Hort von hochklassiger<br />

und zugleich alternativer und<br />

innovativer Kunst und Kultur, in der sich<br />

die LGBT*-Gemeinschaft finden und begegnen<br />

konnte.<br />

Seit gut vier Jahren lebt nun der «warme<br />

mai» mit vereinfachter Trägerschaft unter<br />

dem Dach der HAZ wieder auf, bleibt<br />

aber seinem Ursprungsprogramm treu: Vielfalt,<br />

Nischen, Unbekanntes, aber auch<br />

Mainstream, Tradition und Qualität. Neu ist<br />

vor allem, dass Events aus anderen Städten<br />

der (Deutsch-)Schweiz mit ins Programm<br />

genommen wurden und entsprechen beworben<br />

werden können. Es gibt sogar<br />

«schweizweite» Anlässe <strong>im</strong> Programm wie<br />

das Konzert von Olga Tucek unter dem Namen<br />

«Flut», welches sowohl <strong>im</strong> Castillo del<br />

Vino in Bern als auch <strong>im</strong> Keller 62 in Zürich<br />

stattfindet.<br />

Highlights aus den über 40 verschiedenen<br />

Events auszusuchen, fällt nicht leicht.<br />

Dennoch: für die Kennerinnen und Kenner<br />

sind sowohl Kamillas Literaturklub als auch<br />

«Auftritt bitte!» und diverse Schnuppertage<br />

bei etablierten Chören und Kursveranstaltern<br />

(von Discofox bis Kajakfahren) dabei.<br />

Von Chor- und Solokonzerten bis zu sehr<br />

unterschiedlichen Lesungen (ob Lovis<br />

Cassaris mit Kurzgeschichten, Bennet Bialojahn<br />

mit einem Kr<strong>im</strong>i, die Zürcher Ikonen<br />

Röbi und Ernst oder Kamilla von Arx)<br />

spannt sich der Regenbogen der Vielfalt des<br />

«warmen mai» <strong>2017</strong>.<br />

Besonders hervorzuheben ist der gestiegene<br />

Einbezug von Veranstaltungen mit<br />

Bezug zu Transmenschen und ihren spezifischen<br />

künstlerischen Ausdrucksformen.<br />

Auch der alle klassischen Kategorien negierende<br />

Begriff «queer» taucht häufiger auf als<br />

früher. So sollen ein breites Publikum erreicht,<br />

durch Vielfalt Vorurteile abgebaut<br />

und alle Offenen und Interessierten zu spannenden<br />

und gehaltvollen Kulturevents eingeladen<br />

werden.<br />

Der «warme mai» ist nun wieder ein<br />

Sammelbecken für Veranstaltungen aller<br />

Art mit Bezug zur grossen und <strong>im</strong>mer breiter<br />

werdenden «Community». Kunst und<br />

Kultur als nachhaltige Vermittler der Wirklichkeit<br />

sind und bleiben aktuell; alle sind<br />

willkommen, sich auf die Reise in neue Welten,<br />

zu neuen Ideen, aber auch gern zu Altbekanntem<br />

einzulassen.<br />

Alle Informationen und Details auf<br />

www.warmermai.ch<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


32<br />

RATGEBER<br />

Dr. Gay<br />

Dr. Gay<br />

Geht mein Freund auf einem<br />

Hetero-Portal fremd?<br />

DR. GAY<br />

Dr. Gay ist eine Dienstleistung der Aids-Hilfe<br />

Schweiz. Die Fragen werden online auf<br />

www.drgay.ch gestellt. Ein Team von geschulten<br />

Beratern beantwortet dort deine Fragen,<br />

welche in Auszügen und anonymisiert <strong>im</strong><br />

«cruiser» abgedruckt werden.<br />

ANZEIGE<br />

ARCADOS<br />

schwuler Buchladen<br />

40 Jahre, <strong>April</strong> 1977 – <strong>2017</strong><br />

lesen | schreiben | weiterbilden<br />

Rheingasse 67 | 4005 Basel<br />

Telefon 061 681 31 32<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong><br />

VON Vinicio Albani<br />

Welche Geschlechtskrankheiten<br />

werden durch Blasen<br />

übertragen?<br />

Mit welchen Geschlechtskrankheiten<br />

kann man sich be<strong>im</strong> Blasen<br />

anstecken, wenn nicht in den<br />

Mund abgespritzt wird? Und was<br />

spielt der Lusttropfen dabei für<br />

eine Rolle?<br />

Rico (23)<br />

Hallo Rico<br />

Be<strong>im</strong> Blasen ist eine Infektion mit den meisten<br />

sexuell übertragbaren Infektionen (STI)<br />

möglich, auch wenn kein Sperma in den<br />

Mund gelangt. Dabei geht es in erster Linie<br />

um STI wie Syphilis, Chlamydien, Tripper<br />

sowie Hepatitis A und B. Für Hepatitis A<br />

und B gibt es eine Impfung. Diese ist für<br />

sexuell aktive Menschen mit wechselnden<br />

Partnern empfehlenswert. Ebenso macht regelmässiges<br />

Testen (zirka 1 – 2 Mal pro Jahr)<br />

Sinn, weil STI auch symptomlos auftreten<br />

können. Auf meiner Webseite drgay.ch findest<br />

du unter DEINE GESUNDHEIT detaillierte<br />

Testempfehlungen und weitere Informationen<br />

zu den verschiedenen STI. Auf der<br />

Seite findest du auch Informationen zur<br />

aktuellen STI-Kampagne der Aids-Hilfe<br />

Schweiz. Du hast dort die Möglichkeit, <strong>im</strong><br />

Mai bei gewissen Teststellen STI-Tests gratis<br />

oder sehr günstig machen zu lassen. Eine<br />

Ansteckung mit HIV ist be<strong>im</strong> Blasen übrigens<br />

nicht möglich, solange kein Sperma in<br />

Kontakt mit den Mundschle<strong>im</strong>häuten<br />

kommt. Der Lusttropfen ist diesbezüglich<br />

unbedenklich.<br />

Alles Gute, Dr. Gay<br />

Mein Freund hat he<strong>im</strong>lich ein<br />

Fake-Profil auf einem Hetero-<br />

Datingportal und gibt sich dort<br />

als Frau aus, um Nacktbilder von<br />

Jungs zu kriegen. Im Gegenzug<br />

schickt er Bilder von «ihr». Ich<br />

habe per Zufall davon erfahren,<br />

als ich eine Push-Nachricht auf<br />

seinem Handy sah. Darauf angesprochen<br />

sagte er, dass das ein<br />

Ersatz für Pornoschauen sei.<br />

Jetzt bin ich verunsichert, denn<br />

in unserer Beziehung spielt Treue<br />

und Vertrauen eine grosse Rolle.<br />

Kann das unsere Beziehung<br />

gefährden? Sucht er etwas<br />

Best<strong>im</strong>mtes?<br />

Markus (30)<br />

Hallo Markus<br />

Ob dein Freund etwas Best<strong>im</strong>mtes sucht,<br />

kann nur er selber beantworten. Es ist gut<br />

möglich, dass es ihn einfach nur anmacht,<br />

sich als Frau auszugeben, um Nacktfotos<br />

von Heteros zu kriegen. Das kann tatsächlich<br />

ein Ersatz für Pornokonsum sein. Die<br />

dadurch entstehende Authentizität kann<br />

reizvoll sein. Ich sehe das Ganze nicht unbedingt<br />

als Gefahr für eure Beziehung. Es<br />

kommt aber auch darauf an, was deine Einstellung<br />

dazu ist. Am besten, du redest noch<br />

einmal mit ihm. Bevor du das tust, mache<br />

dir klar, was du selber willst und ob es dich<br />

stört. Wenn ihr offen und ehrlich miteinander<br />

kommuniziert, könnt ihr einen gemeinsamen<br />

Weg finden, der für beide st<strong>im</strong>mt.<br />

Gerade in einer Beziehung, wo Treue und<br />

Vertrauen eine grosse Rolle spielen, ist eine<br />

offene Kommunikation wichtig.<br />

Alles Gute, Dr. Gay


KOLUMNE<br />

Thommen meint<br />

33<br />

Rosa Pussyhat<br />

für Schwule?<br />

Einige «Falschsexuelle» und Schwule haben<br />

sich dieses Jahr begeistert <strong>im</strong> letzten Monat<br />

am Weltfrauentag der «Pussyhat-Aktion»<br />

angeschlossen: Strickmütze mit zwei Ecken.<br />

Eine gute Idee?<br />

VON PETER THOMMEN<br />

H<br />

omosexuelle Frauen haben sich <strong>im</strong>mer<br />

wieder an Aktionen ihrer heterosexuellen<br />

Schwestern beteiligt,<br />

obwohl sie bei denen nicht <strong>im</strong>mer so willkommen<br />

waren. Lesben haben damals in<br />

den 1970ern die Konferenz der Schwulengruppen<br />

verlassen und haben eine eigene<br />

Organisation gegründet. Auch kürzlich sind<br />

sie aus gemeinsamen Räumlichkeiten mit<br />

Pink Cross wieder ausgezogen. Aber sie haben<br />

die Schwulen nie zu Frauenaktionen<br />

«mitgenommen», denn letztlich sind wir ja<br />

doch «nur Männer».<br />

Rosa war die Farbe der Kennzeichen<br />

für Schwule <strong>im</strong> Konzentrationslager der Nationalsozialisten.<br />

Junghomos wissen das<br />

wohl nicht mehr so genau. Aber wollten das<br />

die Frauen und ihre Organisationen je wissen?<br />

Am Anfang der Schwulenbewegung sahen<br />

wir sie als «Partner» und quasi gesellschaftliche<br />

Vorläuferinnen und «Verbündete<br />

<strong>im</strong> Kampf», aber das hat sich <strong>im</strong> Laufe der<br />

Jahre für mich persönlich wieder relativiert.<br />

Logisch ist es vernünftig, «das Weibliche»<br />

in der Gesellschaft vor Diskr<strong>im</strong>inierung<br />

und Abwertung zu verteidigen. Aber<br />

bekamen und bekommen wir von dort je<br />

etwas zurück? Nach meiner begrenzten Erfahrung<br />

entziehen sich Frauen gerne der<br />

Diskussion um Parallelen der Diskr<strong>im</strong>inierung.<br />

Schliesslich lernen sie, dass Männer<br />

ihren Sex bei ihnen zu holen haben. (Wie<br />

bitte? Hahaha.) Irgendwann in den 1970ern<br />

lernte ich von andern Schwulen auch, dass<br />

Väter weniger bedrohlich seien, aber die<br />

Mütter viel schneller eifersüchtig auf ihre<br />

Söhne sind.<br />

Nach der Frauenbewegung<br />

kam also die Schwulenbewegung.<br />

Nach der Frauenbewegung kam also<br />

die Schwulenbewegung. Und zur Schwulenbewegung<br />

stiessen dann auch die Bisexuellen<br />

und die Transmenschen sowie weitere<br />

Minderheiten, die sich heute nur noch an<br />

Buchstaben in einer Reihe ablesen lassen.<br />

Alle suchten und suchen sie die Solidarität<br />

von Schwulen. Und jetzt sollen wir Schwulen,<br />

mit dem ganzen Anhang, die wir ja alle<br />

von Frauen geboren worden sind und dann<br />

von den Hetero/as weggeschoben wurden,<br />

retour-solidarisch mit den Frauen sein?<br />

Wollen das alle Frauen wirklich? Und<br />

unter welchen Bedingungen? Akzeptieren<br />

sie auch Transgender oder gar auch homosexuelle<br />

Männer?<br />

Der bekämpfteste Bock in der aktuellen<br />

Gender-Diskussion ist der «weisse Cis-Mann».<br />

Aber es gibt auch noch farbige Cis-Männer, die<br />

dort jeweils die gleichen Probleme machen.<br />

Und in der ganzen Solidar-Aktion gehen die<br />

Cis-Frauen völlig unter …<br />

Ich will unter keinen Umständen irgendeine<br />

Entsolidarisierung bewirken. Aber<br />

ich beziehe mich hiermit auf James Baldwin,<br />

in einem neuen Filmporträt über ihn, und<br />

sage euch: Ich bin nicht Euer Schwulo!*<br />

P. S. «Wenn es etwas gibt, was Heteros<br />

stört, dann ist es vielleicht nicht so sehr der<br />

Akt, sondern dass sie darüber nachdenken<br />

sollen.» Egbert Hörmann: Hurra ein Junge!<br />

Gmènder 1997, Seite 14<br />

* «I Am Not Your Negro!»<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


34<br />

Flashback<br />

<strong>Cruiser</strong> vor 30 Jahren<br />

Flashback<br />

<strong>Cruiser</strong> feiert sein 30jähriges Bestehen. Daher blicken wir während<br />

des ganzen Jahres an dieser Stelle auf die alten Ausgaben zurück.<br />

Von Team <strong>Cruiser</strong><br />

1 Beginnen wir mit dem Cover: <strong>Cruiser</strong><br />

versuchte <strong>im</strong>mer irgendwie einen Züri-<br />

Bezug zu haben. Bildagenturen waren<br />

damals noch nicht üblich, als guckte<br />

man was sich so ergibt. 6i Lüüten ist<br />

nun alles andere als schwul. Aber man<br />

fand es wohl doch passend.<br />

2 Die Idee war einst: Wer Safer Sex<br />

praktiziert, der soll sich eine Schliessnadel<br />

ans Revers heften. Das war dann<br />

sozusagen das Erkennungszeichen für<br />

«safe». Funktionierte aber nie wirklich.<br />

1 2<br />

3 Mit Klatsch hielt man sich (unüblich<br />

für den damaligen <strong>Cruiser</strong>) in dieser<br />

Ausgabe zurück. Dafür gab es mehr<br />

oder minder wertvolle Infos. Beispielsweise,<br />

dass man <strong>im</strong> Sec 52 schwule<br />

Bücher kaufen kann. Man bedenke:<br />

Wir sind hier in der Vor-Internet-Zeites<br />

war also wichtig, dass man sich<br />

irgendwo mit Literatur eindecken<br />

konnte. Sec 52 existiert heute noch,<br />

das «babalu» (leider) schon lange<br />

nicht mehr in der damaligen Form.<br />

4 Diese Collage zeigt offenbar das<br />

damalige «Who is Who». Leider fehlt<br />

<strong>im</strong> Original-<strong>Cruiser</strong> die Bildlegende.<br />

Und in unserer Repro-Version ist auch<br />

nicht mehr viel zu erkennen. Zusammenfassend<br />

kann gesagt werden:<br />

Trullas everywhere.<br />

3 4<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


XXX<br />

XXX<br />

35<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>


36 xxx<br />

xxx<br />

26.4. — 4.5.17<br />

Zürich<br />

5.5. — 7.5.17<br />

Frauenfeld<br />

VORVERKAUF<br />

AB 18. APRIL<br />

20. PinkAPPLE<br />

schwullesbisches Filmfestival<br />

Wir leben Diversity.<br />

Auch als Hauptpartnerin von Pink Apple. Selbstverständlich<br />

seit 2010 dabei.<br />

Besuchen Sie uns auf zkb.ch/pinkapple<br />

CRUISER <strong>April</strong> <strong>2017</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!