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Autofreier Sonntag<br />
gegen Sommersmog<br />
DER VERKEHRSCLUB DEUTSCHLAND WERTET DEN OZON-<br />
VERSUCH IN HEILBRONN ALS ERFOLG UND FORDERT:<br />
„OPFER SCHÜTZEN, NICHT TÄTER“<br />
Die Wiedereinführung des „Autofreien Sonntags“ in Deutschland fordert<br />
der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Dies ist nach Ansicht des umweltbewußten<br />
Verkehrsclubs die am meisten geeig<strong>net</strong>e, um gegen die hohen<br />
Ozonbelastungen vorzugehen. Nicht die Täter sollten geschützt werden,<br />
sondern die Opfer.<br />
Ein durchschlagender Erfolg war der Ozon-Großversuch in der Region Heilbronn/Neckarsulm:<br />
Nicht nur die Ozon-Konzentration sank deutlich, auch<br />
der Verkehrslärm und die Benzolbelastungen gingen deutlich zurück. Von<br />
den Bürgern wurden diese positiven Auswirkungen begrüßt. Das Umsteigen<br />
auf das Fahrrad war problemlos möglich. Sogar begeisterte Autofans<br />
bekannten, Berichten von Nachrichtenmagazinen zufolge, daß es doch<br />
möglich sei, Bus zu fahren.<br />
Negative Auswirkungen auf die Mobilität der Bevölkerung kann der VCD<br />
nicht erkennen: Gerade in der Freizeit ist ein Umsteigen auf Rad, Bahn und<br />
Bus viel problemloser als unter der Woche, weil das Ziel im Gegensatz zum<br />
Berufsverkehr meist selbstbestimmt ist. Von seiten der Politik ist dennoch<br />
ein Ausbau des Nahverkehrs gerade am Wochenende notwendig, wie er bei<br />
der Odenwaldbahn in den letzten Jahren erfolgt ist.<br />
Dem VCD zufolge soll mit Hilfe des autofreien Sonntags gegen den Hauptverursacher<br />
des Sommersmogs vorgegangen werden: In den Ballungsräumen<br />
gehen unbestritten 60 bis 80 Prozent der Ozonbelastung auf den Autoverkehr<br />
zurück. Er emittiert Stickoxide und leichtflüchtige organische Kohlenwasserstoffe,<br />
aus denen sich unter Lichteinwirkung, also an besonders<br />
schönen Sommertagen, Ozon bildet. Gerade an Sonntagen werden so nicht<br />
die Täter (also die Autofahrer) in ihrer Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt,<br />
sondern die Opfer (Wanderer, Radfahrer, Kinder). Dieser Ungerechtigkeit<br />
soll mit dem autofreien Sonntag entgegengetreten werden.<br />
Verkehrsclub Deutschland, Kreisverband Darmstadt-Dieburg<br />
Mehr als ein Silberstreif<br />
am Horizont<br />
DER FAHRGASTVERBAND „PRO BAHN“ FREUT SICH ÜBER<br />
DIE GRÜNDUNG DES „RHEIN-MAIN-VERKEHRSVERBUNDES“<br />
Ein in jeder Hinsicht freudiges<br />
Ereignis stellt die Geburt des<br />
Rhein-Main-Verkehrsverbundes<br />
(RMV) für die Mitglieder<br />
des Fahrgastverbandes Pro<br />
Bahn dar. Die Gründung, so Pro Bahn-Vorsitzender Joachim Elbing, sei<br />
weit mehr als der berühmte Silberstreif am Horizont des immer noch überwiegend<br />
bewölkten Nahverkehrshimmels.<br />
Schon über zehn Jahre kämpft der Verband in zahllosen Einzelinitiativen für<br />
bessere Fahrpläne, verschönte Bahnhöfe und mehr Dienst am Kunden.<br />
Dabei wühlten sich die engagierten Fahrgäste bislang stets durch ein<br />
Dickicht von Verwaltungen, Behörden und Verkehrsunternehmern. Den einzelnen<br />
Beteiligten war es stets ein Leichtes, die Verantwortung für die Mißstände<br />
auf die nächste Ebene zu schieben. „Jetzt“, freut sich Elbing, „haben<br />
wir endlich einen kompetenten Ansprechpartner auf einer vernünftig<br />
großen Ebene“.<br />
Bereits mit der Vorbereitungsgesellschaft für den RMV gab es zahlreiche<br />
Kontakte. So machte man sich z.B. gemeinsam Gedanken über einen möglichst<br />
fahrgastfreundlichen Tarif und erarbeitete Grundzüge eines integralen<br />
Taktfahrplans. Nicht selten diskutieren die Pro Bahn-Vertreter dabei hart an<br />
der Sache und freuen sich dennoch in erster Linie darüber, daß es erstmals<br />
dafür einen Partner gibt.<br />
Pro Bahn empfiehlt dem RMV, besonders in den ländlichen Kreisen am<br />
Rande des Verbundgebietes, eine überzeugende Arbeit zu leisten. Oft sei<br />
man dort nur in Ermangelung einer Alternative und ohne rechte Überzeugung<br />
dem Verbund beigetreten. Einige „Ewiggestrige des Nahverkehrs in<br />
den Kreistagen“, so Elbing, „schielen bereits auf die Austrittsklausel“.<br />
Von Anfang an wird die Arbeit des RMV übrigens von einem Fahrgastbeirat<br />
begleitet. Auch darin ist Pro Bahn vertreten. Man wünscht sich hier noch<br />
eine Ausdehnung auf die lokale Ebene, denn die praxisnahesten Vorschläge<br />
kämen naturgemäß von betroffenen Fahrgästen selbst.<br />
Pro Bahn, Hessen<br />
CDU: Faß’ Dich an der<br />
eigenen Nase!<br />
EIN LESER KOMMENTIERT DIE FRAGE DER REGIERUNGSBIL-<br />
DUNG IN SACHSEN-ANHALT AUS SEINER SICHT:<br />
Der amtierende Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Bergner (CDU) wirft<br />
der SPD vor, sich in die Abhängigkeit der PDS zu begeben, wenn sie auf die<br />
Stimmen der PDS zugunsten einer rot-grünen Minderheitsregierung setzt.<br />
Gerade die CDU Sachsen-Anhalts verfügt über ein starkes rechtsradikales<br />
Treiben. Kein Wunder, daß bei der überdurchschnittlichen hohen Anzahl<br />
von Anschlägen gegen Ausländer, Asylanten und Asylbewerber in Sachsen-<br />
Anhalt gegenüber anderen Bundesländern auch der Rechtsradikalismus in<br />
der CDU Einzug findet. Die CDU-Mitglieder wählen 1990 ihren Bundestagskandidaten<br />
Dr. Rudolf Krause, der seinen Rechtsradikalismus offenbart.<br />
Der ehemalige Ministerpräsident Prof. Dr. Münch, der später selbst wegen<br />
eines Finanzskandales in seinem Regierungskabi<strong>net</strong>t seinen Hut nehmen<br />
muß, erduldet Äußerungen Krauses, wie, einen großen Teil Mitschuld der<br />
(Juden-) Vernichtung hätten andere Staaten als das Deutsche Reich getragen,<br />
da sie den Juden, Kommunisten, Gewerkschaftern, u.a. kein Asyl<br />
gewährt hätten. Gleichzeitig will der inzwischen für die Republikaner im<br />
Bundestag sitzende Dr. Krause das Asylrecht in der BRD abschaffen. Ganz<br />
offen spricht er das nach meiner Kenntnis (noch) nicht aus – aber, studiert<br />
man seine Schriften, wird dies deutlich.<br />
BRIEFE AN DIE REDAKTION I<br />
Der Bundestagsgruppe der PDS, die sich im Bundestag am stärksten macht<br />
für die Aufdeckung der Sympathisierung von Teilen der CDU/CSU mit<br />
Rechtsradikalismus, soll jetzt nicht mitbestimmen dürfen im Lande Sachsen-Anhalts,<br />
weil sie die Nachfolgepartei der SED sei.<br />
Man könnte angesichts der Tatsache, daß die CDU in einem Parteiausschlußverfahren<br />
gegen Ex-Kreisrat Dr. Manfred Dreher (CDU) wegen dessen<br />
Einladung des Geschichtsrevisionisten und Judenvernichtungsleugners<br />
David Irving zu einer CDU-Veranstaltung in Dritter Instanz auf rechtskräftigen<br />
Verbleib dessen Mitgliedschaft in der CDU und der Offenbarung<br />
der CDU, daß 25,4 Prozent der ersten 1.000 Mitglieder der CDU Hamburgs<br />
ehemalige NSDAP-Mitglieder waren, auch die Frage stellen: Ist die CDU die<br />
Nachfolgepartei der NSDAP? Letztere wurde vom Kontrollrat der Alliierten<br />
aufgelöst und nun integriert man nationalistisches Denken in der sogenannten<br />
demokratischen Partei CDU.<br />
Marcus Braum<br />
Fünfzig Jahre danach<br />
EINEN NEUEN D-DAY WIRD ES IN ABSEHBARER ZEIT NICHT<br />
GEBEN, MEINT EIN LESER. SEINER ANSICHT NACH BESTEHT<br />
KEIN UNTERSCHIED, OB MAN FÜR HITLERS LEBENSRAUM-<br />
ERWEITERUNG IM OSTEN ODER FÜR „FREEDOM AND<br />
DEMOCRACY“ ÀLAUSA INS FELD ZIEHT:<br />
Beim Bundesverfassungsgericht (BVG) wird zur Zeit über die Zulässigkeit<br />
der Auslandseinsätze der Bundeswehr verhandelt. Bei der Anhörung vor<br />
dem BVG nannten die Bundesminister Kinkel (FDP) und Rühe (CDU) internationale<br />
Einsätze unverzichtbar.<br />
Kinkels Partei ist, zusammen mit der SPD, Kläger gegen die Auslandseinsätze<br />
der Bundeswehr. Für die SPD führte Anke Fuchs aus, daß auch die<br />
SPD exteritoriale Kampfeinsätze nicht mehr prinzipiell für ausgeschlossen<br />
hält. Vielmehr will die Opposition in Karlsruhe erreichen, daß Beteiligungen<br />
an UN-Einsätzen in Zukunft durchs Parlament gehen müssen.<br />
Somit stehen zwei Optionen für die weitere Entwicklung offen: Entweder der<br />
inflationäre Grundgesetzabbau in der letzten Zeit wird durch das Parlament<br />
fortgesetzt oder die Rotroben bearbeiten die Artikel 87a, 26 und 24 GG, die<br />
der Bundeswehr einen reinen Verteidigungsauftrag zuweisen, mit der<br />
Brechstange, z.B. bei einer globalen Betrachtung die militärischen Ziele der<br />
UN der Herstellung des Weltfriedens und letztendlich der Verteidigung der<br />
BRD dienen.<br />
Getreu dem Motto: „Getrennt marschieren, vereint zuschlagen“. Dieser<br />
Vorgang wird landesüblich als Gewaltenteilung bezeich<strong>net</strong>. Die wünschenswerte<br />
dritte Option, nämlich Beibehaltung der oben genannten Artikel in<br />
ihrem vollen Gehalt und Verurteilung der inzwischen unrechtmäßig<br />
durchgeführten Auslandseinsätze der Bundeswehr, halte ich nach den<br />
Erfahrungen der letzten fünfzig Jahre für ausgeschlossen.<br />
Deutschland wird zwar nicht im Alleingang in einen Raubkrieg stürzen, sondern<br />
im Troß der internationalen Staatengemeinschaft für einen „ungehinderten<br />
Zugang zu den Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ (Verteidigungspolitische<br />
Richtlinien der Bundeswehr vom 26.11.1992) sorgen.<br />
Deshalb wird es einen neuen D-Day in nächster Zukunft nicht geben, weil im<br />
Moment keine Nation und kein Bündnis dem neuen Weltherrscher USA und<br />
seiner Verbündeten (sprich: internationale Staatengemeinschaft) Paroli bieten<br />
kann. Meiner Ansicht nach besteht kein Unterschied, ob man für Hitlers<br />
Lebensraumerweiterung im Osten oder für „freedom and democracy“ à la<br />
USA ins Feld zieht.<br />
Wem das übertrieben erscheint, der sei auf die Geschichte der USA zumindest<br />
in den letzten hundert Jahren verwiesen. Erinnert sei an die zahlreichen<br />
Interventionen in Latein- und Mittelamerika, Korea, Vietnam, Grenada und<br />
in neuester Zeit das Massaker an der irakischen Bevölkerung und die Menschenrechtsverletzungen<br />
in Somalia. Daß dabei noch nie Humanität, Menschenrechte<br />
oder Gerechtigkeit das Programm waren, steht außer Zweifel.<br />
Bezeichnenderweise dürfen in der „internationalen Staatengemeinschaft“<br />
nur die USA und ihre Verbündeten (z.B. die Türkei) ungestraft Völkermord<br />
und Menschenrechtsverletzungen begehen.<br />
Wir sind an den Einsätzen der UN seit einiger Zeit nicht nur finanziell, sondern<br />
auch mit unseren Soldaten grundgesetzwidrig beteiligt. In absehbarer<br />
Zeit werden diese „humanitären“ Feldzüge und Strafaktionen für unsere<br />
Soldaten und die Bevölkerung zur Normalität werden.<br />
Eine erfreuliche Nachricht kam am 12.6.94 aus der Schweiz. Die Mehrheit<br />
der Bevölkerung votierte gegen die Beteiligung von Schweizer Soldaten an<br />
Blauhelmeinsätzen der Vereinten Nationen. Erfreulich vor allem deshalb,<br />
weil sich die Schweizer Bevölkerung von den Humanitätsparolen nicht<br />
beeindrucken ließ.<br />
Geradezu gespenstig wirkt dagegen die Grabesstille, die sich über die Diskussion<br />
der Blauhelmeinsätze in Deutschland gelegt hat. Nach fünfzig Jahren<br />
wird es auch endlich wieder Zeit!<br />
P.S.: Anmerkung zu meinem letzten Leserbrief (ZD 71). Die vier Leserbriefe<br />
zu dem Artikel „Jesulein contra Gabi“ waren im Inhaltsverzeichnis der ZD<br />
als „Religiöse Proteste“ angekündigt und alle vier Leserbriefe waren mit<br />
einem Zeichen (vermutlich des Universellen Lebens) markiert. So kann man<br />
natürlich auch Meinungen machen, indem man suggeriert, daß alle Proteste<br />
aus der angegriffenen Ecke kommen und somit in den Verdacht einer<br />
verengten Weltsicht gebracht werden. Ich bin Atheist und außer Frau<br />
Lorenz hat sich keiner der anderen Leserbriefschreiber zum Universellen<br />
Leben oder zu einer anderen Religionsgemeinschaft bekannt.<br />
Inzwischen fand übrigens ein neuer Kreuzzug in Darmstadt statt und zwar<br />
eine Veranstaltung mit dem Titel „Geschäfte mit der Seele – Dia<strong>net</strong>ik und<br />
Scientology – eine neue Form von Religion?“ im Katholischen Bildungszentrum.<br />
Zu Beginn kommentierte der Sektenbeauftragte des Bistum Mainz die Glaubensinhalte<br />
der Scientology Church (S.C.). Danach stellte sich eine Frau<br />
Schweitzer als ehemaliges Mitglied der S.C. vor. Stolz berichtete sie, daß<br />
sie der Treuhand beim Aufspüren von Firmen hilft, die von Mitgliedern der<br />
S.C. betrieben werden und denen ein Vertragsabschluß mit der Treuhand<br />
unmöglich gemacht wird. Das ist ein Verstoß der Treuhand gegen Art. 3 GG.<br />
Im Gegensatz dazu werden den beiden Großkirchen jährlich 10 Milliarden<br />
Mark aus allgemeinen Steuergeldern vom Staat geschenkt (siehe: Leserbrief<br />
von Walter Decker, ZD 60).<br />
Der erste Teil ihres Vortrages bestand dann auch aus der visuellen Vorführung<br />
von Firmenanzeigen, die von Mitgliedern der S.C. inseriert wurden.<br />
Danach erläuterte sie den Aufbau und die verschiedenen Untergruppierungen<br />
der S.C.. Unter anderem sollen die Künstler in einer Sektion zusam-<br />
Nummer 73 · 11.7.1994 · Seite 21<br />
mengefaßt sein, die ausschließlich zu Werbezwecken eingesetzt wird. Dabei<br />
fiel unter anderen auch der Name des Malers Gottfried Helnwein. Zufällig<br />
hatte ich vor kurzem ein Interview mit G. Helnwein gelesen, in dem er sich<br />
zu dem Propagandafeldzug gegen seine Person wegen seiner angeblichen<br />
Mitgliedschaft in der S.C. äußert: „In dieser Zeit hörte ich auch durch einen<br />
anderen Künstler zum ersten Mal von Scientology, belegte einige ihrer Kurse<br />
und las die Bücher, so wie ich mich mit vielen anderen Sachen befaßt<br />
habe. Aber weder damals, noch zu einem anderen Zeitpunkt, seit ich in der<br />
Lage bin, selbst zu entscheiden, und seit ich mich vom Diktat des Katholizismus<br />
befreit habe, folgte ich irgendeinem Guru, irgend jemanden, dem<br />
ich mich unterwerfe. Im Gegenteil, ich habe seither immer versucht, allein<br />
dem Prinzip Vernunft zu gehorchen und meinen eigenen analytischen Verstand<br />
zu benützen. Also, ich betone: Ich gehöre zu keiner Religionsgemeinschaft<br />
…“<br />
In dem Interview schildert G. Helnwein die Diffamierungskampagne gegen<br />
seine Person, die bis zum Versuch der wirtschaftlichen Existenzvernichtung<br />
geführt wird (Ketzerbriefe 43/Okt. 1993). Die Aussagen von G. Helnwein<br />
wurden auch von Frau Schweitzer an diesem Abend bestätigt: Sie wirkte auf<br />
einen Auftraggeber des Malers ein, einen bereits erteilten Auftrag rückgängig<br />
zu machen. Nach meiner Reklamation wurde behauptet, daß G. Helnwein<br />
Mitglied in einer Unterorganisation der S.C. sein könnte und das er<br />
zumindest Werbung für die S.C. betreibt.<br />
Danach erzählte Frau Schweitzer ihre Leidensgeschichte bei der S.C. und<br />
über Erpressung, Freiheitsberaubung und Straflager wurde nichts aus dem<br />
düsteren Sektenalltag ausgelassen. Jetzt kann sich der unbefangene<br />
Betrachter zwar vorstellen, daß ein Mensch in psychische Abhängigkeit<br />
gebracht werden kann. Aber nachdem er den Absprung unter angeblicher<br />
Bedrohung geschafft hat, ist der normale Gang in einem bürgerlichen Staat,<br />
daß man Strafanzeige stellt. Das hätte sie auch getan, antwortete Frau<br />
Schweitzer, aber von den Prozessen würde noch kein Urteil vorliegen.<br />
Außerdem wären die Hauptverantwortlichen geflohen und im übrigen würden<br />
immer nur die kleinen Fische geschnappt.<br />
Dieser anrüchige Abend bestand größtenteils aus Denunziation Andersdenkender<br />
und nicht überprüfbaren Anschuldigungen. Entsprechend gestalteten<br />
sich auch die Fragen aus dem Publikum: „Woran man denn einen Scientologen<br />
erkennen könne?“ Die Antwort des Sektenbeauftragten beginnt mit<br />
dem Satz: „Bestimmt nicht an der Nase.“ Gelächter von ihm und im Publikum.<br />
Was war denn an der Judenverfolgung im 3. Reich so witzig? Fragen Sie<br />
einfach mal nach: Ref. f. Weltanschauungs- und Sektenfragen, Grebenstr.<br />
24-26, 55116 Mainz, Telefon 06131/253284.<br />
Bei der gleichen Dienststelle können Sie auch zweckdienliche Hinweise zur<br />
Verfolgung religiöser Minderheiten entgegen nehmen.<br />
Peter Betscher<br />
Ideenschmiede für die<br />
Stadt<br />
DIE ÖKUMENISCHE WOHNHILFE DARMSTADT STELLT IHR<br />
KONZEPT VOR: MIT BANKDARLEHEN WILL SIE LEERSTEHEN-<br />
DE WOHNUNGEN KAUFEN ODER BAUEN – FÜR SCHWER VER-<br />
MITTELBARE WOHNUNGSSUCHENDE<br />
„Handeln statt reden!“ Nach diesem Motto wollte die Martinsgemeinde mit<br />
der Aufnahme einer Flüchtlingsfamilie ein Zeichen setzen gegen Fremdenfeindlichkeit.<br />
Aus dieser anfänglich noch vagen Idee entstand nach vielen<br />
Gesprächen mit ähnlichen Initiativen, mit Kirchengemeinden und Behörden,<br />
das Projekt der Ökumenischen Wohnhilfe Darmstadt als gemeinnütziger<br />
GmbH.<br />
Neben den beiden Hauptgesellschaftern, dem ev. Dekanat Darmstadt und<br />
der ev. Martinsgemeinde, wird die GmbH von einer breiten Basis aus Kirchengemeinden<br />
und Einzelpersonen getragen. Die inhaltliche Konzeption<br />
wurde von den Arbeitskreisen Flüchtlingshilfe aus der Martinsgemeinde<br />
und aus Eberstadt erarbeitet, die auch die zwei ehrenamtlichen Geschäftsführer<br />
stellen. Der Name der GmbH spiegelt ihr Programm wider:<br />
Wohnhilfe: Es wäre überflüssig, hier noch etwas über den Mangel an billigem<br />
Wohnraum zu schreiben. Wem aber soll unsere Wohnhilfe zugute<br />
kommen? Wir waren uns der Brisanz dieser Frage sehr wohl bewußt und<br />
haben uns deshalb nicht nur auf ausländische Flüchtlinge beschränkt. Wir<br />
wollten auf jeden Fall vermeiden, daß bei der Wohnraumbeschaffung<br />
Obdachlose gegen Asylbewerber, Bürgerkriegsflüchtlinge gegen Sozialhilfeempfänger,<br />
kurz die Ärmsten gegen die Allerärmsten ausgespielt würden.<br />
Unser allererstes Ziel ist es daher, Wohnungsnot insgesamt zu lindern und<br />
damit einen wichtigen Beitrag zum sozialen Frieden zu leisten. Denn die<br />
Konkurrenz um billige Wohnungen ist eine der Ursachen für Fremdenhaß.<br />
Wir wollten auch zeigen, daß man mit den vorhandenen staatlichen Geldern<br />
für die Unterbringung von Asylbewerbern sinnvoller umgehen kann, als<br />
dies in der Vergangenheit geschah, wo Städte und Landkreise für ihre<br />
Unterbringung 20 bis 30, zum Teil sogar über 50 Mark pro Tag an skrupellose<br />
Immobilienbesitzer bezahlten. Die Flüchtlinge werden dabei nicht selten<br />
in miserablen Wohnungen und Containern zusammengepfercht (Mindeststandard<br />
sind 6 m2 /Person).<br />
Unser primäre Strategie heißt daher, mit Bankdarlehen leerstehende Wohnungen<br />
zu kaufen oder zu bauen. Der Kapitaldienst wird durch die relativ<br />
hohen Tagessätze für die Unterbringung von Asylbewerbern gedeckt. Dieser<br />
Wohnraum kann dann aber langfristig allen schwer vermittelbaren<br />
Wohnungssuchenden (z.B. Obdachlose, Bürgerkriegsflüchtlinge, alleinerziehende<br />
Frauen etc.) zur Verfügung gestellt werden. Wir wollen auch darauf<br />
achten, daß durch eine angemessene Belegung der Wohnungen und<br />
soziale Betreuung der Flüchtlinge eine menschenwürdige Aufnahme gesichert<br />
ist. Dieses Projekt soll ja nicht nur ein Immobiliengeschäft werden,<br />
sondern ein ständiger Anstoß sein für die Beschäftigung mit den Themen<br />
Wohnungsnot und Fremdenfeindlichkeit.<br />
Parallel dazu werden wir in einem zweiten Ansatz über den sozialen Wohnungsbau<br />
Modelle zur kostengünstigen Bereitstellung von Wohnraum für<br />
schwer vermittelbare Mieter entwickeln. Ein erstes Projekt mit etwa zehn<br />
Wohneinheiten wird zur Zeit mit der Neuen Wohnraumhilfe GmbH am<br />
Nordbahnhof geplant. Auch eine Beteiligung bei der Nutzung des alten Polizeipräsidiums<br />
sowie die Bebauung von kircheneigenen Grundstücken sind<br />
im Gespräch.<br />
☛ Fortsetzung auf folgender Seite<br />
NEPAL-TEPPICHE<br />
DARMSTADT<br />
ROSSDÖRFER PLATZ