Band 5.1
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gerländer Haubergszentren ist seit der Hallstattzeit ein allmählicher Wandel von Rotbuchenhochwald<br />
in Eichen-Birken-Niederwälder feststellbar (POTT 1985b). Dies trifft für den<br />
Vogelsberg nicht zu. In den Vogelsberger Pollendiagrammen verhalten sich Fagus und Quercus<br />
nicht gegenläufig.<br />
Bereits die ersten von SCHMITZ (1929) erstellten Pollendiagramme der Breungeshainer<br />
Heide zeigen einen Rückgang der Rotbuchenanteile nach Erreichen des ersten Fagus-Gipfels,<br />
der von SCHARLAU (1954) mit der bronzezeitlichen Besiedlung des Vogelsberges verknüpft<br />
wurde. Die oben ausgeführten Bemerkungen zur zeitlichen Stellung der Fagus-Ausbreitung<br />
zeigen hingegen, daß dieser Abfall zeitlich mit der vorrömischen Eisenzeit in Verbindung<br />
steht. Archäologische Funde dieser Zeitstellung sind im Vogelsberg jedoch selten. STECKHAN<br />
(1961) hat ebenfalls die Möglichkeit vormittelalterlicher Rodungen im Rotbuchenwald diskutiert.<br />
Da in dessen Pollendiagrammen Betula (Birke) und Alnus (Erle) in die Baumpollensumme<br />
einbezogen sind, war jedoch nicht sicher, ob es sich bei den Fluktuationen der Fagus-<br />
Anteile tatsächlich um reale Veränderungen der Vegetation handelt. In den von der Verfasserin<br />
neuerlich vorgelegten Pollendiagrammen sind die mooreigenen Gehölze nicht in die Probengrundsumme<br />
einbezogen. Folglich beeinflussen etwaige Anstiege von Betula, Alnus oder<br />
Salix (Weide) nicht die Prozentpunkte von Fagus, und die Schwankungen der Fagus-Werte<br />
zeigen Änderungen im Montanwald an.<br />
Die Waldauflichtungen sind einerseits Folge von Holzentnahmen und andererseits ein<br />
Resultat weidewirtschaftlicher Aktivitäten. Kleine Gipfel von Rumex cf. acetosa (Sauer-<br />
Ampfer) und Plantago lanceolata (Spitz-Wegerich) oder Vorkommen der Pollentypen Anthemis<br />
(Kamille), Caltha (Sumpfdotterblume), Campanula (Glockenblume), Centaurea nigra-<br />
Typ (Flockenblume) und Caryophyllaceae (Nelkengewächse) sind im Pollendiagramm<br />
Breungeshainer Heide als Indikatoren für eine Beweidung bzw. die Entwicklung von Rasengesellschaften<br />
im lokal aufgelichteten Wald zu deuten.<br />
Bisweilen wird diskutiert, daß Rotbuchenwald für Waldweide ungeeignet ist, da die<br />
Krautschicht in dunklen Buchenhochwäldern im Vergleich zu lichtreichen Mischwäldern<br />
nicht ausreichend Nahrung für das Vieh stellt. Farne oder andere typische Waldkräuter eignen<br />
sich auch kaum als Nahrung für das Vieh (ELLENBERG 1982). In lichtreichen und unterwuchsreichen<br />
Rotbuchenhutewäldern und auf Triften ist Waldweide zweifelsohne möglich.<br />
Im Vogelsberger Oberwald wurde sie bis ins 19. Jahrhundert praktiziert. Die Anfänge dieser<br />
Bewirtschaftungsweise sind mit Hilfe von Pollenanalysen nicht eindeutig nachweisbar, da<br />
erst eine intensivere Waldauflichtung Spuren in den Pollenspektren hinterläßt.<br />
Ähnliche Veränderungen der Fagus-Prozentanteile sind in vielen Pollendiagrammen Mitteleuropas<br />
zu regional unterschiedlichen Zeiten nachgewiesen worden. Diese werden überwiegend<br />
auf anthropogene und nur selten auf natürliche Faktoren zurückgeführt. Im Pollendiagramm<br />
des Schieinsees (Bodenseegebiet) sind abnehmende Rotbuchenwerte mit Anstiegen<br />
von Corylus, von Alnus und z. T. von Betula verbunden. Dies ist eine Folge anthropogener<br />
Holznutzung und belegt darüber hinaus Sukzessionsstadien einer sich anschließenden<br />
Waldregeneration. Der Rotbuchenwald regenerierte sich in Abständen von etwa 100 bis 200<br />
Jahren (MÜLLER 1962). Ähnliches haben RÖSCH (1983) an den Nußbaumerseen (Schweiz)<br />
und AMMANN (1988) am Lobsigensee (Schweiz) beobachtet. Die an Pollendiagrammen des<br />
Auerberges erkennbaren Fagus-Schwankungen werden ebenfalls mit Holznutzung und Holzkohlenproduktion<br />
zur Eisenschmelze von der vorrömischen Eisenzeit bis zum frühen Mittelalter<br />
in Zusammenhang gebracht (KÜSTER 1988).<br />
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