Band 5.1
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2.1.7 Anthropogene Eingriffe in die Wälder im Überblick<br />
Für das Altneolithikum gibt es in den Vogelsberger Pollendiagrammen nur geringe Anzeichen<br />
von anthropogenen Eingriffen in die Montanvegetation. Deutlicher zeichnet sich durch<br />
einen vorübergehenden Ulmus-Rückgang (um 6000 B.P.) eine Waldverlichtungsphase<br />
während des späten Atlantikums in den Pollendiagrammen Forellenteiche und Breungeshainer<br />
Heide ab. Gleichzeitig sind siedlungsanzeigende Krautpollen, wie Plantago lanceolata<br />
(Spitz-Wegerich), Cerealia (Pollen vom Getreide-Typ) und Fagus sowie Veränderungen in der<br />
Zusammensetzung der lokalen bzw. extralokalen Vegetation dokumentiert. Dies steht mit<br />
Waldrodungen und kleinflächigen Auflichtungen im Montanwald in Zusammenhang. Zeitlich<br />
entspricht diese Phase dem Mittelneolithikum. Das Bodenpollendiagramm Heide zeigt in den<br />
spätatlantischen Pollenspektren eine kräuterreiche Grasvegetation auf, was auf sehr lichtreichen<br />
Wald, lokale Waldlichtungen bzw. Rasengesellschaften hindeutet (SCHÄFER 1991).<br />
Im Vogelsberg sind Getreide- und Spitz-Wegerich-Pollen zur Zeit des Ulmenabfalles (ca.<br />
5300 B.P.) nachgewiesen. Pollenfunde von Plantago lanceolata werden seit ca. 4500 B.P. stetig.<br />
Demzufolge sind seit dem ausgehenden Jungneolithikum bzw. Endneolithikum anthropozoogene<br />
Einflußnahme und Nutzung der natürlichen Ressourcen im Wald anzunehmen. Diese<br />
frühen Nachweise von Spitz-Wegerich etwa im Vergleich zur Rhön dürften damit in Zusammenhang<br />
stehen, daß der Vogelsberg direkt an Altsiedlungsgebiete angrenzt und daß die Mittelgebirgsregion<br />
frühzeitig von Menschen begangen und die Pflanzenwelt anthropo-zoogen<br />
verändert wurde. Unterschiedlich hohe Prozentanteile der siedlungsanzeigenden Pollentypen<br />
und Veränderungen in der Zusammensetzung der Baumpollen weisen zwar auf konstante,<br />
aber dennoch unterschiedlich intensive anthropogene Eingriffe in die Vegetation.<br />
Vereinzelt reflektieren die in den Vogelsberger Mooren nachgewiesenen „anthropogenic<br />
indicators" das Siedlungsgeschehen der angrenzenden Beckenlandschaften. Vor allem Pollen<br />
des Getreide-Typs können nicht aus den oberen Montanlagen stammen. Änderungen der<br />
Baumpollenanteile, erhöhte Anteile von Corylus (Hasel) sowie Funde von Siedlungszeigern<br />
machen jedoch begrenzte Rodungstätigkeiten und Waldweide im Hohen Vogelsberg seit dem<br />
ausgehenden Jungneolithikum wahrscheinlich.<br />
Siedlungs- bzw. Grabfunde zeigen, daß Randlagen des Hohen Vogelsberges im Mesolithikum,<br />
im Endneolithikum, während der Hügelgräberbronzezeit und der Jungbronzezeit<br />
vom Menschen erreicht wurden. Die direkte Entfernung der untersuchten Moore im Vogelsberger<br />
Oberwald zu den nächstgelegenen archäologischen Fundstellen beträgt ca. 7 bis 10<br />
km. Fundpunkte anderer vorgeschichtlicher Epochen sind in den angrenzenden Beckenlandschaften<br />
bezeugt, ca. 20 bis 30 km entfernt. Im Vogelsberg gefundene neolithische Äxte und<br />
Beile deuten auf eine Begehung des Mittelgebirges, wahrscheinlich seit dem Mittelneolithikum<br />
hin (REHBAUM-KELLER 1984).<br />
Kulturanzeigende Pollentypen sind aus der Eisenzeit wesentlich zahlreicher als aus der<br />
Bronzezeit erfaßt. Dies steht im Widerspruch zum derzeitigen archäologischen Forschungsstand,<br />
wonach sich die mittlere Bronzezeit als die bedeutendere prähistorische Epoche im<br />
Vogelsberg darstellt. Während der mittleren Bronzezeit und der Jungbronzezeit steigen die<br />
Siedlungszeigerwerte in den Pollendiagrammen im Unterschied zum Neolithikum deutlich<br />
an. Die bronzezeitliche Besiedlung und Nutzung der Montanvegetation ist also in den Pollendiagrammen<br />
zweifelsfrei nachvollziehbar. In den Kleinstmooren des Vogelsberger Oberwaldes<br />
waren damals hochstaudenreiche Pflanzengesellschaften entwickelt.<br />
Als intensivste Phase prähistorischer Nutzung in den Montanwäldern ist jedoch die<br />
vorrömische Eisenzeit zu nennen. Während der Römischen Kaiserzeit nehmen anthropogene<br />
Eingriffe in die Vegetation ab. Die Nutzung des Rotbuchenwaldes wird in reduzierter Weise<br />
bis ins Frühmittelalter fortgesetzt, wie die Fluktuationen der Fagus-Anteile deutlich machen.<br />
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