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Claudia Breitbarth Johann Beer: Der Verliebte Europäer

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legitimiert. Konnte man aus den Titelangaben noch vermuten, dass es sich um einen mündlich<br />

übermittelten Bericht Alexanders handelt, der vom Autor in eine angemessene schriftliche<br />

Form gebracht wurde, so wird hier mit der Autorschaft gespielt, wenn es heißt, Alexander<br />

selbst habe sich entschlossen, seine „bißhero geführeten Lebens=Begebenheiten/ mit dem<br />

Titul des verliebte Europaeers bezeichnet/ demselben zu überschicken“.<br />

Amandus de Amanto wird somit zum Herausgeber, ja fast zum bloßen Vertriebsagenten<br />

zurückgestuft, der nicht einmal den Druck zu verantworten hatte, denn es ist die Rede von der<br />

Übersendung des „überRest(s)“ der Bücher, nachdem ihm zuvor „nur sehr wenig<br />

Exemplaria“ überlassen werden konnten. 50<br />

Im Anhang am Ende des Romans werden mögliche Zweifel jedoch wieder ausgeräumt, denn<br />

es ist der Autor eines fiktiven Werks, der sich dort abschließend zu Wort meldet und nicht<br />

Alexander, auch wenn dort nur mit dem (wiederum etwas verwirrenden, aber die Einheit von<br />

Alexander und Amandus andeutenden) Kürzel A.X. unterzeichnet wurde.<br />

Ähnliche „Berichte“ kennt man aus anderen Werken des niederen Genres, vor allem aus den<br />

fiktiven Autobiographien der pikaresken Romane. Allerdings wird in diesen vorgegeben, dass<br />

sie von Personen verfasst wurden, denen ein Lebensbericht erzählt wurde oder die auf<br />

anderem Wege in den Besitz eines solchen gelangten, wie etwa Herausgeber. Bekanntestes<br />

Beispiel dürfte die Relatio in Grimmelshausens Simplicissimus sein. Dort erklärt ein<br />

holländischer Kapitän, wie die Lebensbeschreibung des Simplicius zur Veröffentlichung<br />

gelangte und reicht Details aus einer anderen Perspektive nach, die im Lebenslauf selbst nicht<br />

dargestellt werden können (wie z.B. manchmal auch Angaben zum Tod des Autobiographen).<br />

Paradoxerweise stammt der Bericht im <strong>Verliebte</strong>n <strong>Europäer</strong> aber von Alexander, also vom<br />

Protagonisten selbst.<br />

Eine andere Absicht steht deshalb bei dem Bericht im Vordergrund, nämlich der Versuch, den<br />

fiktiven Druckort Wien zu beglaubigen, denn der Brief trägt die Ausstellungsangabe<br />

„Gegeben in Wien/ den 20. Dec. St. N. 1681.” Dieses wichtige Detail macht den Bericht zu<br />

einem vorgetäuschten verlegerischen Peritext, dessen Wirkung nach außen zielt und weniger<br />

innertextlich intendiert ist. Er soll mögliche Zweifel an der Richtigkeit der Druckortangabe,<br />

etwa von Seiten einer zensorischen Kontrollbehörde, zerstreuen. 51<br />

50 <strong>Der</strong> Text ist auch hier in beiden Drucken gleich, so dass sich die Überlegung, ob sich der Hinweis auf weitere<br />

Exemplare möglicherweise auf die zweite Auflage beziehen könnte, erübrigt.<br />

51 Siehe Kapitel 2.1. und Anmerkung 15.<br />

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