Claudia Breitbarth Johann Beer: Der Verliebte Europäer
Claudia Breitbarth Johann Beer: Der Verliebte Europäer
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1. Einleitung<br />
1.1. Zum Autor <strong>Johann</strong> <strong>Beer</strong><br />
Wenn von deutscher Barockliteratur die Rede ist, wird nur wenigen der Autor <strong>Johann</strong> <strong>Beer</strong> als<br />
ein wichtiger Vertreter dieser Epoche geläufig sein, den kleinen Kreis von Spezialisten und<br />
Liebhabern einmal ausgenommen. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen denkt man zuerst<br />
an die gesellschaftlich sanktionierten Gattungen, die Regelpoetik und die damit verbundenen<br />
Autoren. <strong>Der</strong> Roman als Gattung nahm dabei eine marginale Position ein und wiederum nur<br />
für den hohen Roman gab es ein anerkanntes festes Regelwerk. Zum anderen drängt für den<br />
somit immer erst an letzter Stelle genannten niederen Roman der geniale Hans Jakob<br />
Christoffel von Grimmelshausen alle anderen Autoren nichthöfischer Romane immer noch in<br />
den Hintergrund.<br />
Auch nach der späten Entdeckung der Identität <strong>Johann</strong> <strong>Beer</strong>s als eines Autors zahlreicher<br />
anonym erschienener Barock-Romane durch Richard Alewyn in den 30er Jahren des 20.<br />
Jahrhunderts wurde <strong>Beer</strong>s Werk lange Zeit an dem Grimmelshausens gemessen. Erst mit der<br />
Hinwendung der Forschung zu Fragen der Poetik <strong>Beer</strong>s in den 90er Jahren des 20.<br />
Jahrhunderts begann die Wertschätzung der Eigenständigkeit seines Schaffens.<br />
Mit Richard Alewyns Habilitationsschrift von 1932 1<br />
beginnt nicht nur die<br />
literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer Reihe von anonymen bzw.<br />
pseudonymen Werken der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die nun einem Autor konkret<br />
zugeordnet werden konnten. Es setzt zugleich auch eine biographische Forschung zu <strong>Johann</strong><br />
<strong>Beer</strong>s Leben und Schaffen ein, deren letzter Höhepunkt mit einem internationalen Symposium<br />
anlässlich seines 300. Todestages erreicht wurde. 2 Hier sollen die wichtigsten Eckdaten<br />
erwähnt werden, um den Hintergrund für den zu analysierenden Roman zu erhellen.<br />
<strong>Johann</strong> <strong>Beer</strong> wurde am 28. Februar 1655 in St. Georgen im oberösterreichischen Attergau als<br />
siebtes von fünfzehn Kindern protestantischer Eltern geboren. Auf Grund seiner früh<br />
entdeckten musikalischen Begabung schickt man ihn auf katholische Klosterschulen in<br />
Lambach, Reichersberg und Passau, wo er eine Ausbildung zum Sängerknaben und Musiker<br />
erhält. Später folgt er seinen Eltern, die ins lutheranische Regensburg ausgewandert waren.<br />
1 Alewyn, Richard 1932: <strong>Johann</strong> <strong>Beer</strong>: Studien zum Roman des 17. Jahrhunderts. (Palaestra, 181). Leipzig.<br />
2 Das Symposium wurde von einer Ausstellung begleitet, zu der ein Katalog herausgegeben wurde: <strong>Beer</strong>. 1655-<br />
1700. Hofmusiker. Satiriker. Anonymus. Eine Karriere zwischen Bürgertum und Hof. Hrsg. v. Andreas<br />
Brandtner und Wolfgang Neuber. Katalog zur Ausstellung in der „Galerie im Stifter-Haus“ in Linz (4. Juli bis<br />
30. August 2000) und im Museum Schloß Neu-Augustusburg in Weißenfels in Weißenfels (3. Oktober bis 19.<br />
November 2000). Wien, 2000. <strong>Der</strong> Tagungsband erschien unter folgendem Titel: <strong>Johann</strong> <strong>Beer</strong>. Schriftsteller,<br />
Komponist und Hofbeamter 1655-1700. Beiträge zum Internationalen <strong>Beer</strong>-Symposion in Weißenfels Oktober<br />
2000. Hrsg. v. Ferdinand van Ingen und Hans-Gert Roloff. Bern u. a., 2003.<br />
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