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Claudia Breitbarth Johann Beer: Der Verliebte Europäer

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Handeln. Wie das Thema des Romans nahe legt, spielt dabei die Liebe und die mit ihr<br />

verbundenen Anfechtungen und Gefahren für das Seelenheil eine wesentliche Rolle. Allein<br />

im letzten Drittel des Romans tritt dieses Anliegen zurück und taucht ansatzweise erst wieder<br />

am Ende auf, wenn der Bogen zur vernachlässigten Handlung neu gespannt wird (z. B. in der<br />

Theateraufführung oder Andeutung neuer Bekanntschaften bzw. Ausblick auf einen zweiten<br />

Teil des <strong>Verliebte</strong>n <strong>Europäer</strong>s).<br />

4.6. Diskursebene<br />

Wie oben bereits angesprochen, macht sich gegen Ende des Romans eine dritte Ebene immer<br />

deutlicher bemerkbar. Durch das Überhandnehmen von Gesprächen und Diskursen wird die<br />

Handlung zurückgedrängt und Wertungen verlagern sich in die umfangreichen Dialoge. Diese<br />

Ebene erwirbt sich ihre ganz eigenen Qualitäten und Funktionen. Ereignisse, Erkenntnisse,<br />

Erfahrungen und aktuelle Themen können direkt diskutiert werden, indem verschiedene<br />

Meinungen und Ansichten gegenübergestellt und auf einander bezogen werden. Das<br />

übergeordnete Normsystem, das in den Kommentaren noch gewissermaßen von außen an den<br />

Text herangeholt wurde, dringt nun in das Gespräch selbst ein und wird zum verinnerlichten<br />

Standpunkt der jeweiligen Gesprächsteilnehmer.<br />

Den diskursiven Hintergrund bilden die miteinander verwandten Konzepte von Galanterie<br />

und Politik (im Sinne des Politikus), die sich zur Entstehungszeit des Romans großer<br />

Aktualität erfreuen und im Roman diskutiert und veranschaulicht werden.<br />

Allgemein lässt sich bei den Gesprächen eine Zweiteilung in Konversationen mit Frauen und<br />

Gespräche unter Männern beobachten (eingehender behandelt im Kapitel 5.4). Ist bei den<br />

Konversationen mit Frauen die Liebe bestimmendes Thema, spielt sie in den Gesprächen<br />

unter Männern kaum eine Rolle oder verschiebt sich allenfalls hin zu Erörterungen über das<br />

Wesen der Frau und (falsch verstandene) Galanterie.<br />

Als Beispiel einer für sich selbst sprechenden Unterhaltung mit Frauen seien die<br />

ausführlichen Dialoge des Protagonisten mit Eleonora genannt (ab S. 48, bes. 53ff). Über ihre<br />

Äußerungen wird deutlich, dass sie sich, blind vor Liebesverlangen, unwürdig und<br />

unangemessen verhält. Doch greift der Erzähler lieber noch hin und wieder erklärend ein,<br />

auch wenn dies bei der Offensichtlichkeit des Agierens der von vorn herein negativ besetzten<br />

Figur gar nicht nötig wäre.<br />

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