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Claudia Breitbarth Johann Beer: Der Verliebte Europäer

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Edelmannes ins Leere und ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich immer wieder von Neuem<br />

zu verlieben. 56<br />

Anders als die mehr oder weniger pikarischen Protagonisten der <strong>Beer</strong>schen Romane, die den<br />

sozialen Aufstieg anstreben und zu diesem Zweck zwar in verschiedene Rollen schlüpfen,<br />

aber dennoch beweglich und empfänglich für jede Art von Liebesabenteuern bleiben, ist<br />

Alexander auf seine soziale Rolle von vornherein festgelegt. Die gesellschaftlichen<br />

Verpflichtungen kollidieren dann auch jedes Mal mit seinen Absichten als Freier und<br />

bedingen seine Abwesenheit, welche den Verlust der Geliebten einleiten. So verliert<br />

Alexander Amenia, weil er sich mit dem spanischen König auf eine Lustreise begeben muss<br />

und nach der Entführung von Lucretia kommt er verspätet in Straßburg an, weil ihn sein<br />

Stand zwingt, die Verfolgungsjagd zu unterbrechen um an einem Banquett teilzunehmen.<br />

Gegen Abend kam ALEXANDER in ein Dorff 6. Meilen von Pariß gelegen/ allda richtete gleich der Pfaffe<br />

daselbsten ein stattlich BANQVET aus/ und weil er vernahm/ dass ein frembder Herr ankommen/ schickte er<br />

alsbald zu ALEXANDERN, mit Bitte/ ihm die Ehre anzuthun/ und bey solchen zu erscheinen. Unser Ritter<br />

entschuldigte sich zwar anfänglich gar sehr/ und gab vor/ er wäre von der Reise in etwas ermüdet/ dessen<br />

ohngeachtet hielte der Herr PATER so hefftig bey ihm an/ dass er nichts füglich abschlagen kunte. (VE 35, 3-10)<br />

In die Haupthandlung sind verschiedene Nebenhandlungen eingestreut. Die narrativ<br />

wichtigste ist die Geschichte Friedrichs. Sie ist mit dem Thema des Romans - der Liebe bzw.<br />

Verliebtheit - verbunden und hebt sich auf der personalen Ebene durch die enge Beziehung<br />

zur Hauptfigur hervor. Aus dieser Sicht kann der Diener Alexanders sogar als Gegenfigur<br />

gesehen werden. Er gehört einem niederen Stand an, seine amourösen Aktivitäten sind<br />

triebgesteuert und auf den unbedingten Vollzug des Aktes gerichtet. Sie stehen im Kontrast zu<br />

den tugendhaften Werbungen seines Herrn, dessen Beziehungen – von ein paar Küssen<br />

abgesehen – eher platonisch und verbal bleiben. Die beiden Handlungsstränge sind nicht<br />

direkt miteinander verwoben. Friedrichs Geschichte wird entweder retrospektiv erzählt oder<br />

einfach unvermittelt eingeschoben.<br />

es ist oben von ALEXANDERS Diener/ Friedrichen/ in etwas Meldung geschehen. Dieser hatte sich seithero in<br />

Madrit.... (VE 22, 26f);<br />

Wir wollen aber ein wenig zurück gehen/ und zusehen/ was Friedrichen sein Becken-Mädgen zu Madrit seithero<br />

vorgenommen... (VE 56, 20f);<br />

In wärender Zeit/ als sich ALEXANDER zu Straßburg auffgehalten/ hatte sich Friedrich sein Diener in eines<br />

Schneiders Tochter verliebet/ und zwar folgender gestalt:.... (VE 78, 23-25)<br />

56 In Kapitel 3.2 wurde bereits ausgeführt, dass Andreas Solbach (2003) in diesem Punkt anderer Meinung ist<br />

und nach der „Befreiung“ des Helden aus den Fängen der Liebe sich nicht mehr verliebt, sondern zum kühlen<br />

Beobachter wird. Die Andeutung einer neuen Liebe auf den letzten Seiten des Romans widerspricht allerdings<br />

dieser Auslegung.<br />

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