27.02.2013 Aufrufe

Abt Wilhelm von Hirsau und die St. Georgener Klostergründung

Abt Wilhelm von Hirsau und die St. Georgener Klostergründung

Abt Wilhelm von Hirsau und die St. Georgener Klostergründung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Eifer Fortschritte, sondern auch jeder <strong>St</strong>and der kirchlichen Ordnung wurde durch seine Beispiele<br />

belehrt. Er unterwies nämlich <strong>die</strong> Mönche in Demut, Liebe, Leidenschaft <strong>und</strong> Gottesfurcht; Bischöfe,<br />

Priester oder andere Geistliche förderte er in Lehre <strong>und</strong> Haltung; Laien belehrte er In Bezug<br />

auf das Klosterleben <strong>und</strong> den Gehorsam; Jungfrauen, Witwen <strong>und</strong> Frauen unterrichtete er in<br />

Lauterkeit <strong>und</strong> Keuschheit; <strong>die</strong> Armen Christi <strong>und</strong> <strong>die</strong> Fremden, <strong>die</strong> zufrieden waren, gering zu<br />

sein, sagte er mit Worten <strong>und</strong> Werken, dass sie <strong>die</strong> Welt unter ihren Füßen hätten <strong>und</strong> deren<br />

ganzen Glanz. Einzelne Christgläubige flohen zu jenem wie zur Brust der Mutter <strong>und</strong> gewannen<br />

durch ihn viel in Gott.<br />

22. Nun komme ich endlich zu dem, was <strong>von</strong> allen seinen Werken das vorzüglichste ist <strong>und</strong> was<br />

bis zum Ende des Zeitalters den durch das klösterliche Leben zu rettenden Seelen vieler nützte.<br />

Er [<strong>Wilhelm</strong>] war nämlich ein eifrigster Gründer neuer Klöster <strong>und</strong> der Reformer alter. Insgesamt<br />

errichtete er sieben Klöster <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong> auf entweder selbst oder durch seine Schüler an verschiedenen<br />

Orten. Das erste war <strong>die</strong> Zelle des heiligen Gregor [Klosterreichenbach], das zweite <strong>die</strong><br />

des heiligen Märtyrers Georg [<strong>St</strong>. Georgen im Schwarzwald], beide [gelegen] im Schwarzwald,<br />

das dritte in Bayern zu Ehren des heiligen Martin [Fischbachau], das vierte in Thüringen, das Erfurt<br />

genannt wird [<strong>St</strong>. Peter], das fünfte in Zwiefalten zu Ehren der heiligen Maria, das sechste im<br />

Ort Weilheim, das später umsiedelte zum Berg des heiligen Peter [<strong>St</strong>. Peter im Schwarzwald],<br />

das siebte in der Provinz Kärnten [<strong>St</strong>. Paul im Lavanttal]. Drei andere aber, nämlich Schaffhausen,<br />

Petershausen <strong>und</strong> Komburg, fast schon zerstört, erneuerte er. Deren Verwaltung bereitete<br />

ihm mit täglichem Kummer eine nicht geringe Schwierigkeit, gleichwie Personen für <strong>die</strong> Gemeinschaften<br />

der Brüder zu finden waren, <strong>die</strong> nützlich <strong>und</strong> geeignet waren, um <strong>die</strong> Seelen zu erreichen.<br />

Vieles gab es bei der sonntäglichen Messpredigt [zu beachten], wenige Zuarbeiter gab es,<br />

während <strong>die</strong>, <strong>die</strong> den anderen vorstehen sollten, sowohl in der Tat als auch in der Predigt, nicht<br />

weniger in der weltlichen als auch in der geistlichen Wissenschaft erprobt sein mussten. Aber<br />

weil er <strong>die</strong> wenigsten fand, <strong>die</strong> beides beherrschten, waren endlich mehrere da, <strong>die</strong> eines ohne<br />

das andere beherrschten, d.h. [sie waren bewandert] entweder im geistlichen Leben ohne Wissenschaft<br />

oder gelehrte Beredsamkeit oder im gelehrten Wort außerhalb der frommen Belehrung.<br />

Jener kluge Baumeister bemühte sich, jene gleichsam quadratischen <strong>St</strong>eine, wo sie in Erscheinung<br />

traten, in das geistliche Gebäude einzubauen, auf dass sie nach Belehrung mit den [klösterlichen]<br />

Bräuchen lobenswert lebten, auch wenn <strong>die</strong> übrigen Fähigkeiten weniger vorhanden waren.<br />

Darin folgte er dem denkwürdigen Vorbild Papst Gregors VII. Diesem nämlich zeigte <strong>die</strong><br />

Geistlichkeit seiner Kirche zwei durch das Volk für das Bischofsamt Erwählte an <strong>und</strong> bat, einen<br />

<strong>von</strong> den zweien zum Bischof zu weihen. Aber der Papst wusste <strong>von</strong> dem einen, dass er ein guter<br />

Gelehrter war <strong>und</strong> nicht besonders fromm, vom anderen, dass er im Gegenteil fromm, aber nicht<br />

erfahren in der Notwendigkeit der Bildung war. Er zweifelte an jedem, den er <strong>von</strong> den zweien<br />

auswählen würde, <strong>und</strong> er erreichte durch göttliche Eingebung, dass ihm durch <strong>die</strong> Gebete <strong>die</strong>ses<br />

Gottesmannes [<strong>Wilhelm</strong>] auf <strong>die</strong>se Weise <strong>die</strong>s offenbart wurde. Als nämlich der geistliche Mann<br />

<strong>die</strong>s[e] vom Papst ihm auferlegte [Entscheidung] fürsorglich Gott empfahl <strong>und</strong> er demütig durch<br />

<strong>die</strong> heilige Gottesmutter Maria für sich <strong>die</strong>sbezüglich den Willen Gottes erbat, offenbarte sich ihm<br />

<strong>die</strong> selige Jungfrau Maria <strong>und</strong> zeigte ihm zwei Ringe, deren einer aus reinem Gold, deren anderer<br />

aus durchsichtigem Edelstein war. Und als <strong>die</strong>se fragte, welchen <strong>von</strong> den beiden [Ringen] er<br />

wählen würde, sagte er: „Es besteht kein Zweifel, dass – wie <strong>die</strong> heilige Schrift bezeugt – Gold<br />

Weisheit bezeichnet, der Edelstein aber Einfachheit <strong>und</strong> das reine Leben des Menschen. Daher<br />

ver<strong>die</strong>nt aus dem Urteil der keuschesten Gottesmutter <strong>und</strong> ewigen Jungfrau Maria jener, der<br />

keusch, gerecht <strong>und</strong> fromm lebt, auch wenn ihm das Gold der Weisheit oder der Beredsamkeit<br />

fehlt, als Beispiel für das gute Leben dem Volk voranzustehen. Was nämlich dessen Sprache<br />

verschweigt, lehrt das Leben.“ Es gebührt sich endlich, bei <strong>die</strong>ser Wahl vorzugsweise <strong>die</strong> Vorschriften<br />

für Geistliche zu beachten <strong>und</strong> immer hinsichtlich der Lenkung der Seelen nicht <strong>die</strong><br />

volkstümlichen, sondern selbstverständlich <strong>die</strong> regelgemäßen Personen zu fördern.<br />

23. Durch <strong>die</strong>ses Vorbild unterrichtet, ordnete der treue <strong>und</strong> kluge Mann des Herrn [<strong>Wilhelm</strong>] aus<br />

den besagten Klöstern, nachdem <strong>die</strong> Äbte eingesetzt worden waren, als Prioren fromme Mönche<br />

ab mit den Laienbrüdern. Der liebenswerte Vater, glühend vor Eifer um <strong>die</strong> Seelen, richtete es<br />

nämlich zuerst ein, dass <strong>die</strong> Mönche den treuen Dienst der Laienbrüder für <strong>die</strong> auswärtige Verwaltung<br />

[des Klosters] nutzten. Und umgekehrt hielten sich <strong>die</strong>se Laien streng an das, was <strong>die</strong><br />

Mönchen für das Seelenheil taten, <strong>und</strong> sie ahmten deren Klosterdisziplin nach ihrem Können außerhalb<br />

des Klosters mit sich bessernden Gewohnheiten nach. Über deren Klosterleben gemäß<br />

dem, was der oft genannte Vater [<strong>Wilhelm</strong>], <strong>von</strong> Gott vermittelt, anordnete, ist es der Mühe wert,<br />

daran zu erinnern, wo<strong>von</strong> wir in der heutigen Zeit überzeugt sind, dass es auch in Zukunft vielen<br />

helfen kann. Zu den nächtlichen Vigilien kommen alle [Laienbrüder] in der Kirche zusammen, um<br />

abschließend zu der auferlegten täglichen Arbeit kurz <strong>die</strong> Matutin zu singen. Danach begeben<br />

sich <strong>die</strong>, <strong>die</strong> wollen, zurück in <strong>die</strong> Betten, <strong>die</strong> anderen verharren in der Kirche, bis <strong>die</strong> Nokturnen<br />

<strong>von</strong> den [Voll-] Mönchen beendet werden. Am frühesten Morgen hören sie <strong>die</strong> Messe, daraufhin<br />

Michael Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Wilhelm</strong> <strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> <strong>Klostergründung</strong> 11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!