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Abt Wilhelm von Hirsau und die St. Georgener Klostergründung

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Religion, weil bei der Bestellung der Bischöfe entweder der leere Adel [der Kandidaten] erwogen<br />

wird oder <strong>die</strong> Macht des Reichtums eindringt, in keiner Weise [aber] <strong>die</strong> Ehrwürdigkeit geistlicher<br />

Männer berücksichtigt wird.<br />

Ich habe auch gehört, was ich ungern sage, dass <strong>die</strong> Bischöfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> übrigen Kirchenleiter in jenem<br />

Land [Sachsen], wo Ihr Euch aufhaltet, ziemlich regellos leben <strong>und</strong> daher das Joch <strong>und</strong> den<br />

Befehl der apostolischen Ermahnung, inwiefern sie können, weder lieben noch fürchten <strong>und</strong> so<br />

lieber nach der unerlaubten Sitte des Helez durch Nachsicht mit den Untergebenen zugr<strong>und</strong>e gehen<br />

wollen als nach der Sitte des Fines durch Bestrafung <strong>von</strong> Vergehen sich <strong>und</strong> das Volk mit<br />

Gott zu versöhnen. Ich sage <strong>und</strong> bin besorgt, dass Ihr <strong>von</strong> Rat <strong>und</strong> Beispiel <strong>die</strong>ser [Leute] beeinflusst<br />

werdet, damit Ihr nicht <strong>von</strong> der besagten Verfolgung der Gräuel ablasst oder erschlafft, <strong>und</strong><br />

dass Ihr den Zorn Gottes, der schwere Schläge zufügen kann, über Euch herausfordert.<br />

Daher mahne ich Euch in Christus <strong>und</strong> ermahne Euch, dass weder <strong>die</strong> Furcht vor noch <strong>die</strong> Gnade<br />

<strong>von</strong> irgendjemanden Eure Seele <strong>von</strong> der gerechtesten Liebe ablenken soll, aber Ihr mit ganzer<br />

Eile veranlasst, den Skandal der Unzucht der Priester abzuschaffen. Die Erde ist, o weh, verschmutzt<br />

<strong>von</strong> den Werken <strong>die</strong>ser [Leute], <strong>die</strong> in der Welt gleichsam als Vorbilder zutage treten<br />

<strong>und</strong> sowohl durch <strong>die</strong> Tat als auch durch das Wort mit Getöse als Verkünder der Wahrheit Unzucht<br />

treiben mit allen ihren Erfindungen, als sichtbare <strong>und</strong> laut schreiende Lehrer der ganzen<br />

Verkehrtheit. Achtet also, Sohn, darauf <strong>und</strong> erkennt, inwieweit Ihr es an Gott <strong>und</strong> an jenem Gehorsam,<br />

den Ihr dem Herrn Apostel schuldet, fehlen lasst, inwieweit Ihr Euch vom Gebet aller<br />

Christgläubigen, ja sogar vom Umgang [mit ihnen] entfernt, wenn Ihr gegen solche obszönen <strong>und</strong><br />

bestialischen Gelüste <strong>die</strong>ser [Leute] den Riegel der strengsten Kirchenzucht nicht errichtet. Niemals<br />

nämlich können wir anders dem der Welt drohenden Übel entfliehen, wenn wir nicht das <strong>von</strong><br />

solch einem Verderben gereinigte Gesicht der heiligen Kirche erblicken.<br />

Ihr solltet auch noch hören, was der heilige [Papst] Gregor [I.] sagt: „Der lädt Schuld auf sich, der<br />

<strong>die</strong>, <strong>die</strong> er zurechtweisen kann, nicht verbessert.“ Ebenso [Papst] Gelasius: „Es zeigt der, dass er<br />

irrt, der <strong>die</strong> Irrenden nicht verbessert“. Ebenso derselbe: „Er soll gleichermaßen <strong>die</strong> Irrenden <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> [mit der kirchlichen Lehre] Übereinstimmenden zusammenführen.“ Ebenso anderswo: „Was<br />

nützt es jenem, durch seine Fehler nicht befleckt zu werden, der dem, der irrt, Rat gewährt?“<br />

Der allmächtige Gott möge Euch in den Hafen Eures Willens führen <strong>und</strong> so veranlassen, dass Ihr<br />

auf Erden regiert, damit Ihr <strong>die</strong> unvergängliche Krone des ewigen Königreichs empfängt.<br />

Edition: MGH. Briefe der deutschen Kaiserzeit, Bd.5, S.41ff, Nr.18. Lateinischer Brief <strong>Wilhelm</strong>s<br />

<strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong>, überliefert in der sog. Hannoverschen Briefsammlung, datierbar auf <strong>die</strong> Jahre 1082<br />

bis 1085. Übersetzung: BUHLMANN.<br />

<strong>Wilhelm</strong> beschuldigte in seinem Brief zudem <strong>die</strong> wohl sächsischen Bischöfe, es mit der Kirchenreform<br />

nicht allzu genau zu nehmen <strong>und</strong> <strong>die</strong> „Unsitten“ der ihnen unterstellten Priester<br />

zu dulden. „Die Erzbischöfe, Bischöfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> gesamte Geistlichkeit Sachsens“ widersprachen<br />

daraufhin in einem Antwortschreiben „dem <strong>Hirsau</strong>er <strong>Abt</strong>“ <strong>und</strong> betonten darin ihre Übereinstimmung<br />

mit den Zielen <strong>von</strong> Papsttum <strong>und</strong> kirchlicher Reformpartei. Nicht nur in den hier<br />

aufgeführten zwei Briefen erscheint <strong>Wilhelm</strong> <strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong> alles in allem als beharrlicher Repräsentant<br />

<strong>und</strong> Zielpunkt der kirchlich-gregorianischen Reformbewegung im Investiturstreit.<br />

<strong>Wilhelm</strong> <strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> <strong>Klostergründung</strong><br />

Im Vorwort hatten wir schon über <strong>die</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> <strong>Klostergründung</strong> gesprochen, nun soll<br />

der Beitrag des <strong>Hirsau</strong>er <strong>Abt</strong>es <strong>Wilhelm</strong> zur <strong>St</strong>iftung der Schwarzwälder Mönchsgemeinschaft<br />

an der Brigach genauer untersucht werden. Der <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> F<strong>und</strong>ationsbericht, <strong>die</strong><br />

Notitiae f<strong>und</strong>ationis et traditionum monasterii S. Georgii („Bericht über <strong>die</strong> Gründung des<br />

Klosters <strong>St</strong>. Georgen im Schwarzwald <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schenkungen daran“), berichtet ausführlich<br />

über <strong>die</strong> Vorbereitungen zur Klosterstiftung, an der maßgeblich <strong>die</strong> Klostergründer Hezelo<br />

(†1088) <strong>und</strong> Hesso (†1113/14) beteiligt waren.<br />

Quelle: <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> Gründungsbericht (1083 März 7 <strong>und</strong> später)<br />

9. Etwas später, um <strong>die</strong> Nonen des März [7. März 1083], bat in Anwesenheit fast aller oben genannten<br />

Zeugen der Herr Hezelo in Königseggwald im Gebetshaus des heiligen Georg den Gra-<br />

Michael Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Wilhelm</strong> <strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> <strong>Klostergründung</strong> 43

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