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Abt Wilhelm von Hirsau und die St. Georgener Klostergründung

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Bart zu scheren ist, sorgt er im Einzelnen dafür, dass keine Nachlässigkeit geschieht hinsichtlich<br />

der Person <strong>und</strong> dem, was <strong>die</strong> Person sagen wird.<br />

Edition: Constitutiones <strong>Hirsau</strong>gienses, Sp.927-930, 1072ff. Lateinische consuetudines der <strong>Hirsau</strong>er<br />

Mönche, überliefert in 17 hochmittelalterlichen Handschriften. Übersetzung: BUHLMANN.<br />

Die in den Constitutiones <strong>Hirsau</strong>gienses niedergelegten Vorschriften, <strong>die</strong> nach 1079 das<br />

Klosterleben in <strong>Hirsau</strong> bestimmten, zielten auf <strong>die</strong> Disziplin <strong>und</strong> den Gehorsam der Mönche,<br />

<strong>die</strong> einer dauernden Kontrolle <strong>und</strong> bei Zuwiderhandlung einer harten Bestrafung unterlagen.<br />

Dennoch war <strong>Hirsau</strong> trotz oder gerade wegen der mönchischen <strong>St</strong>renge <strong>und</strong> der asketischen<br />

Frömmigkeit für viele Menschen anziehend, wie der große Zustrom <strong>von</strong> Laien auf das<br />

Schwarzwaldkloster zeigte. Folge hier<strong>von</strong> war u.a. <strong>die</strong> Ausbildung des Konverseninstituts,<br />

durch das <strong>die</strong> Laienbrüder (Konversen) in das Klosterleben eingeb<strong>und</strong>en wurden.<br />

Es bleibt noch, <strong>die</strong> Constitutiones <strong>Hirsau</strong>gienses in der damaligen Welt der Benediktinerklöster<br />

zu verorten. Der Begriff „Kloster“ stammt vom lateinischen bzw. mittellateinischen claustrum<br />

(<strong>von</strong> lateinisch claudere, „verschließen“) <strong>und</strong> findet in den Worten abbatia, cella, coenobium,<br />

monasterium seine weitere Entsprechung. Das Kloster war (<strong>und</strong> ist) der Aufenthaltsort<br />

der Mönche, <strong>die</strong> dort in der Klausur weitgehend ungestört <strong>von</strong> den Abläufen „in der Welt“<br />

leben sollten (vita communis). Das Kloster als Mönchsgemeinschaft wurde damit zu einem<br />

sozialen System mit Innen- <strong>und</strong> Außenbeziehungen. Zu den Innenbeziehungen gehörten: <strong>die</strong><br />

Mönche (Chormönche, Konversen) in ihrer Hierarchie (<strong>Abt</strong>, Klosterämter), der Gottes<strong>die</strong>nst<br />

<strong>und</strong> das <strong>St</strong><strong>und</strong>engebet, <strong>die</strong> Handarbeit <strong>und</strong> <strong>die</strong> geistig-geistliche Lektüre, zu den Außenbeziehungen:<br />

das Verhältnis zu anderen Klöstern (Gebetsverbrüderung, abhängige Klöster),<br />

das (sich wandelnde verfassungsrechtliche) Verhältnis zu den Herrschenden (Adel, <strong>St</strong>ifter,<br />

Tradenten, Vogt, König, Bischof, Papst; Klosterreform), <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft, <strong>die</strong> familia<br />

(Hofgemeinschaft, Hofgenossenschaft) als der zum Kloster gehörende, nach Aufgaben <strong>und</strong><br />

Arbeiten vielgliedrig abgestufte Personenkreis <strong>von</strong> den Mönchen bis hin zum abhängigen<br />

Bauern. Dergestalt war also das kirchliche, politische, soziale <strong>und</strong> wirtschaftliche, sich auch<br />

verändernde Umfeld, in dem sich hochmittelalterliche Klöster bewegten.<br />

Die Constitutiones <strong>Hirsau</strong>gienses stehen schließlich noch für <strong>die</strong> Beziehungen zwischen den<br />

Klöstern <strong>Hirsau</strong> <strong>und</strong> Cluny, dem Ausgangspunkt der so wirkungsvollen cluniazensischen<br />

Klosterreform. Die Gründungsurk<strong>und</strong>e vom 11. September 910 steht am Anfang der Geschichte<br />

des burg<strong>und</strong>ischen Klosters Cluny. Danach wurden Gebet, Totengedenken <strong>und</strong><br />

Barmherzigkeit als (immer umfangreicher werdende) Verpflichtungen der Mönchsgemeinschaft<br />

bestimmt. Das Kloster war unabhängig, wirtschaftlich <strong>und</strong> politisch autonom <strong>von</strong> weltlichen<br />

<strong>und</strong> geistlichen Gewalten, insbesondere <strong>von</strong> eventuellen eigenkirchlichen Bestrebungen<br />

des <strong>St</strong>ifters, Herzog <strong>Wilhelm</strong>s I. <strong>von</strong> Aquitanien (886-918). Cluny gewann im 10. <strong>und</strong> 11.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert eine überragende Bedeutung in West- <strong>und</strong> Mitteleuropa. Seine monastische<br />

Lebensweise, seine Gewohnheiten beeinflussten viele andere Mönchsgemeinschaften, <strong>die</strong><br />

sich <strong>von</strong> Cluny reformieren ließen <strong>und</strong> mit Cluny über Gebetsverbrüderungen verb<strong>und</strong>en<br />

waren. Es entstand ein Netzwerk <strong>von</strong> Cluny unterstellten Klöstern, ein Klosterverband <strong>von</strong><br />

mehreren h<strong>und</strong>ert Kommunitäten (<strong>Abt</strong>eien <strong>und</strong> Priorate), <strong>die</strong> cluniazensich lebten, Cluniazenser<br />

waren; zur benediktinischen Kongregation <strong>von</strong> Cluny gehörten Generalkapitel <strong>und</strong><br />

Visitationen bei den nachgeordneten Klöstern. Clunys Einfluss war dabei nicht nur auf Frankreich<br />

beschränkt, das cluniazensische Reformmönchtum strahlte z.B. nach Fruttuaria <strong>und</strong><br />

eben nach <strong>Hirsau</strong> in den Schwarzwald aus. Ab dem 12. Jahrh<strong>und</strong>ert ist ein Niedergang Clunys<br />

feststellbar. Auch der Klosterverband war da<strong>von</strong> betroffen, wenn auch der wirtschaftliche<br />

Michael Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Wilhelm</strong> <strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> <strong>Klostergründung</strong> 23

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