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Abt Wilhelm von Hirsau und die St. Georgener Klostergründung

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nur Niederadlige aus dem Umfeld des Klosters, sondern kamen aus der württembergischen<br />

Ehrbarkeit, dem Bürgertum <strong>und</strong> den reichen Bauernfamilien. 1493 tagte das benediktinische<br />

Provinzialkapitel in <strong>Hirsau</strong>, <strong>und</strong> <strong>Abt</strong> Johannes Trithemius <strong>von</strong> Sponheim (1485-1506) verfasste<br />

auf Veranlassung des <strong>Hirsau</strong>er Klosterleiters Blasius Scheltrub (1484-1503) in der<br />

Folge seine „<strong>Hirsau</strong>er Chroniken“.<br />

Disziplin <strong>und</strong> Verfassung des Klosters ließen an der Wende zum 16. Jahrh<strong>und</strong>ert indes nach.<br />

Es gab aufsässige Mönche, <strong>Abt</strong> Blasius wurde zeitweilig suspen<strong>die</strong>rt, <strong>die</strong> Bindung an <strong>die</strong><br />

Bursfelder Union litt. 1525 wurde <strong>Hirsau</strong> vom Bauernkrieg in Mitleidenschaft gezogen, 1535<br />

führte Herzog Ulrich <strong>von</strong> Württemberg (1498-1550) als Klostervogt <strong>die</strong> Reformation ein.<br />

Nach Augsburger Interim (1548) <strong>und</strong> Restitutionsedikt (1629) kehrten vorübergehend katholische<br />

Mönche nach <strong>Hirsau</strong> zurück. 1556 wurde das Kloster in eine evangelische Klosterschule<br />

umgewandelt, <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft in ein württembergisches Klosteramt. 1807 wurde<br />

das Klosteramt aufgelöst.<br />

Priorat Reichenbach<br />

Ein wichtiger Teil der <strong>Hirsau</strong>er Klosterreform war das eng mit <strong>Hirsau</strong> verb<strong>und</strong>ene Tochterkloster<br />

<strong>und</strong> Priorat (Kloster-) Reichenbach. Reichenbach war eine Gründung <strong>Abt</strong> <strong>Wilhelm</strong>s<br />

<strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong>, der 1082 auf Veranlassung des adligen <strong>St</strong>ifters Bern <strong>die</strong> cella sancti Gregorii im<br />

Schwarzwald an der Murg errichtete. Die enge Verflechtung mit <strong>Hirsau</strong> blieb in der Folgezeit<br />

bestehen, der <strong>Hirsau</strong>er <strong>Abt</strong> besaß das Recht der Ein- <strong>und</strong> Absetzung des Reichenbacher<br />

Priors, Loslösungstendenzen des Priorats wurden erfolgreich unterb<strong>und</strong>en. Die Vogtei über<br />

Priorat <strong>und</strong> Klosterbesitz besaßen zunächst <strong>die</strong> Grafen <strong>von</strong> Calw, um 1200 <strong>die</strong> Pfalzgrafen<br />

<strong>von</strong> Tübingen, im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>die</strong> Grafen <strong>von</strong> Eberstein. 1399 erlangten <strong>die</strong> Markgrafen<br />

<strong>von</strong> Baden einen Anteil an der Kastvogtei, Markgraf Bernhard I. <strong>von</strong> Baden (1372-1431) erhöhte<br />

im Interesse seiner Landesherrschaft den Druck auf das Priorat, dessen Mönche wohl<br />

daraufhin zur Besitzwahrung <strong>und</strong> -dokumentation das Reichenbacher Urbar <strong>von</strong> 1427 anfertigten.<br />

Das Eingreifen der Grafen <strong>von</strong> Württemberg auf <strong>Hirsau</strong>er Seite führte dazu, dass Reichenbach<br />

im 15. <strong>und</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>ert ständiges <strong>St</strong>reitobjekt zwischen Baden <strong>und</strong> Württemberg<br />

wurde. So setzte Markgraf Karl I. <strong>von</strong> Baden (1453-1475) im Jahr 1472 gewaltsam seinen<br />

Kandidaten als Prior durch, <strong>die</strong> Zusammensetzung des Konvents, der aus dem Landadel<br />

<strong>und</strong> den Ratsfamilien der Umgebung kam, wurde im badischen Sinne beeinflusst. Die<br />

Reformation <strong>und</strong> <strong>die</strong> Säkularisierung <strong>Hirsau</strong>s (1535) durch den Württemberger Herzog Ulrich<br />

verstärkten <strong>die</strong> Auseinandersetzungen, da Reichenbach unter badischer Kontrolle <strong>und</strong> somit<br />

katholisch blieb. 1595 besetzte Herzog Friedrich I. <strong>von</strong> Württemberg (1568-1608) Reichenbach,<br />

1602 erwarb er <strong>die</strong> Vogteirechte, 1603 wurde in Reichenbach <strong>die</strong> Reformation eingeführt.<br />

Nach einem katholischen Zwischenspiel zwischen Restitutionsedikt (1629) <strong>und</strong> Westfälischem<br />

Frieden (1648) wurde Reichenbach endgültig württembergisch.<br />

Das Reichenbacher Schenkungsbuch aus der Mitte des 12. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> das Reichenbacher<br />

Urbar <strong>von</strong> 1427 geben einen guten Einblick in <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>herrschaft des Priorats. Danach<br />

besaß <strong>die</strong> geistliche Kommunität im späten Mittelalter nicht nur das Klosterterritorium<br />

im oberen Murgtal, sondern auch Besitzschwerpunkte im Gebiet <strong>von</strong> Neckar <strong>und</strong> oberer Nagold<br />

sowie <strong>St</strong>reubesitz um Oppenau, Achern, Gernsbach, Ettlingenweier <strong>und</strong> Pforzheim. Das<br />

Urbar verweist auf Ortsherrschaften, Gerichtsrechte, Fron<strong>die</strong>nste <strong>und</strong> Abgaben an über 60<br />

Orten, teilweise schimmert noch <strong>die</strong> hochmittelalterliche Fronhofsverfassung der Gr<strong>und</strong>herr-<br />

Michael Buhlmann, <strong>Abt</strong> <strong>Wilhelm</strong> <strong>von</strong> <strong>Hirsau</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>St</strong>. <strong>Georgener</strong> <strong>Klostergründung</strong> 33

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