Die Struktur der Bahnindustrie in Ostdeutschland - Otto Brenner Shop
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Kapitel 5<br />
<strong>Die</strong> Fahrzeugstrategie <strong>der</strong> DB AG als des Hauptkunden <strong>der</strong> ostdeutschen <strong>Bahn<strong>in</strong>dustrie</strong> steht vor <strong>der</strong> Situation,<br />
dass sie <strong>in</strong> den nächsten Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Flotte <strong>in</strong>vestieren muss, <strong>der</strong>en Fahrzeugportfolio „gekennzeichnet ist durch<br />
e<strong>in</strong>e große Typenvielfalt bei gleichzeitiger ger<strong>in</strong>ger Kommunalität <strong>der</strong> verwendeten Baugruppen und Module. ...<br />
(Es) zeigt alle<strong>in</strong> bei Lokomotiven, Triebwagen und Triebzügen e<strong>in</strong>e Typenvielfalt von ca. 70 Fahrzeugbauarten, von<br />
denen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die neueren über wenig e<strong>in</strong>heitliche Technik verfügen“ (Krötz, ETR 52/2003, S. 165). Auch die<br />
Fahrzeugflotten <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Betreiber s<strong>in</strong>d häufig durch e<strong>in</strong>e große Typenvielfalt gekennzeichnet, die darauf zurückzuführen<br />
ist, dass nach <strong>der</strong> Liberalisierung des Bahnmarktes schnell verfügbare Fahrzeuge beschafft werden<br />
mussten, um <strong>in</strong> den Wettbewerb e<strong>in</strong>treten zu können. <strong>Die</strong> DB AG leitet aus dieser Situation die Notwendigkeit<br />
e<strong>in</strong>es „Paradigmenwechsels“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschaffungspolitik ab: Künftig gehe es um „Reduzierung <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong><br />
Technik und weitgehende Standardisierung bei Produkten und Prozessen, verbunden mit umfassendem<br />
Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung“ (ebd.).<br />
Das Langfristziel wird durch folgende Eckpunkte beschrieben:<br />
• Qualität und Verfügbarkeit <strong>der</strong> bezogenen Leistungen sollen den durch Betrieb und Instandhaltung<br />
gestellten Erwartungen gerecht werden,<br />
• Qualität und Zielkosten s<strong>in</strong>d vertraglich so fixiert, dass sie von den Herstellern auch e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>t werden<br />
können,<br />
• die Zielkosten be<strong>in</strong>halten alle relevanten Komponenten <strong>der</strong> Lebenszykluskosten (LCC),<br />
• durch Modularisierung soll die kont<strong>in</strong>uierliche Senkung <strong>der</strong> Lebenszykluskosten unterstützt werden,<br />
• <strong>der</strong> Systemlieferant trägt die Systemverantwortung, Sublieferanten s<strong>in</strong>d für ihre Subsysteme<br />
verantwortlich.<br />
<strong>Die</strong> Betreiber setzen zur Vere<strong>in</strong>heitlichung ihrer Produktionsmittel vor allem auf die Modularisierung <strong>der</strong> Fahrzeuge<br />
und die Standardisierung <strong>der</strong> Funktionen und Schnittstellen <strong>der</strong> Module. In enger Abstimmung mit den Herstellern<br />
soll die Modularisierung nicht alle<strong>in</strong> auf den Herstellungsprozess, son<strong>der</strong>n auf den gesamten Lebenszyklus bezogen<br />
werden. Dabei geht es auch um die vere<strong>in</strong>fachte Tauschbarkeit von Modulen – nicht im S<strong>in</strong>ne von genormten<br />
baugleichen E<strong>in</strong>heitsmodulen, son<strong>der</strong>n um LCC-optimierte Lösungen <strong>der</strong> Hersteller und Zulieferer mit standardisierten<br />
Funktionen und Schnittstellen.<br />
<strong>Die</strong> Fahrzeugpolitik <strong>der</strong> DB AG geht davon aus, dass Innovationen sich durch die Wirksamkeit <strong>der</strong> Marktkräfte e<strong>in</strong>stellen.<br />
Sie sieht den Wettbewerb zwischen den Systemanbietern bzw. <strong>der</strong>en Zulieferern als nicht ausreichend entwickelt<br />
an mit <strong>der</strong> Folge, dass trotz zu hoher LC-Kosten die Verfügbarkeit <strong>der</strong> Fahrzeuge nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
e<strong>in</strong>es störungsfreien und pünktlichen Betriebs gerecht wird.<br />
Daher versuchen die Betreiber, den Wettbewerb zwischen den Schienenfahrzeugherstellern bzw. <strong>der</strong>en Lieferanten<br />
zu <strong>in</strong>tensivieren. Ausgelöst wurde dies z. B. durch funktionale Ausschreibungen <strong>der</strong> DB AG, die den Herstellern aus<br />
Sicht <strong>der</strong> Bahn große Freiheiten bzgl. <strong>der</strong> technischen Gestaltung <strong>der</strong> Fahrzeuge ließen und zahlreiche Innovationen<br />
vor allem bei elektrischen und dieselbetriebenen Triebwagen gebracht haben. Aus Sicht <strong>der</strong> Hersteller wird<br />
darauf verwiesen, dass die Entwicklung e<strong>in</strong>er Zuggeneration (z. B. ICE 3) noch sieben Jahre verlangt habe, heute<br />
jedoch von den Betreibern <strong>in</strong> kaum mehr als zwei Jahren gefor<strong>der</strong>t würde. „Mit Produkten von <strong>der</strong> Stange ist das<br />
für die Systemhäuser pr<strong>in</strong>zipiell machbar, wären da nicht die diversen Spezifika <strong>der</strong> jeweiligen Betreiber, <strong>der</strong> Landesbehörden<br />
und <strong>der</strong> vielfältigen, <strong>in</strong> langjähriger Tradition entstandenen regionalen Infrastrukturen unterschiedlicher<br />
Couleur“ (Eberle<strong>in</strong>/Höfer, ETR 51/2002, S. 107).<br />
<strong>Die</strong> schnelle Mo<strong>der</strong>nisierung des Fahrzeugparks <strong>in</strong> wettbewerblicher Form <strong>in</strong> den letzten Jahren hat die Betreiber<br />
jedoch auch vor das Problem gestellt, dass es ke<strong>in</strong>e durchgehende (früher selbstverständliche) Kompatibilität<br />
zwischen den Fahrzeugen verschiedener Baureihen mehr gibt, so dass diese untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> nicht mehr austauschbar<br />
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