Die Struktur der Bahnindustrie in Ostdeutschland - Otto Brenner Shop
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Kapitel 5<br />
Ersatzbedarf das mit Abstand wichtigste Neue<strong>in</strong>stellungsmotiv ist (IHK/HK Sachsen 2003, S. 21). Aufgrund des für<br />
<strong>Ostdeutschland</strong> typischen hohen Facharbeiteranteils (vgl. z. B. Leber 2004, S. 10) wird auch <strong>der</strong> Ersatzbedarf an<br />
Fachkräften <strong>in</strong> diesen Jahren im Vergleich zu heute deutlich ansteigen. Neben diesem erwartbar hohen Ersatzbedarf<br />
wird <strong>der</strong> künftige Fachkräftebedarf <strong>der</strong> Branche durch die ökonomische und technologische Entwicklung <strong>der</strong><br />
nächsten Jahre bee<strong>in</strong>flusst, die je nach Ausprägung entwe<strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em zusätzlichen Erweiterungsbedarf o<strong>der</strong> zu<br />
e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung des Ersatzbedarfs führen können. <strong>Die</strong> ökonomische Entwicklung über e<strong>in</strong>en so langen Zeitraum<br />
zu prognostizieren, ist naturgemäß nicht möglich.<br />
H<strong>in</strong>gegen lassen sich, ausgehend von bisherigen Trends, Aussagen über den E<strong>in</strong>fluss des technologischen Fortschritts<br />
auf den qualitativen Fachkräftebedarf treffen. Es wird angenommen, dass durch die fortgesetzten Prozesse<br />
<strong>der</strong> Informatisierung, Internationalisierung, Verkürzung <strong>der</strong> Produktzyklen, Verflachung von Hierarchien und E<strong>in</strong>führung<br />
prozessorientierter Organisationsformen sowie <strong>der</strong> Verbetrieblichung <strong>der</strong> Marktbeziehungen die Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Beschäftigten weiter steigen und dabei zunehmend komplexer werden (vgl. Kurtzke/<br />
Neumann 2002, S. 22f.). Folglich werden e<strong>in</strong>fache o<strong>der</strong> angelernte Tätigkeiten weiter an Bedeutung verlieren und<br />
<strong>der</strong> Anteil an höherqualifizierten Fachkräften <strong>in</strong> den Unternehmen weiter steigen (vgl. Lutz/Meil 2000, S. 23f.).<br />
Aufgrund <strong>der</strong> <strong>in</strong> den kommenden Jahren deutlich e<strong>in</strong>brechenden Zahlen bei Schul- und Hochschulabsolventen <strong>in</strong><br />
<strong>Ostdeutschland</strong> als Folge des starken Geburtenrückgangs nach <strong>der</strong> Wende trifft dieser absehbar deutlich höhere<br />
Fachkräftebedarf auf e<strong>in</strong> im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt stark verr<strong>in</strong>gertes Angebot an potenziellen Fachkräften<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> nachwachsenden Generation. <strong>Die</strong>se demographischen Auswirkungen auf das Fachkräfteangebot<br />
werden zuerst bei den Ausbildungsberufen und zeitversetzt um die durchschnittliche Studiendauer beim Ingenieurnachwuchs<br />
zu verzeichnen se<strong>in</strong>. Lutz hat <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von e<strong>in</strong>er „demographischen Falle“ <strong>in</strong><br />
<strong>Ostdeutschland</strong> gesprochen, die die ostdeutschen Unternehmen bedrohe (Lutz 2001, S. 54). Es ist anzunehmen,<br />
dass es zu e<strong>in</strong>er verstärkten Konkurrenz um die knapper werdenden Fachkräfte auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bahn<strong>in</strong>dustrie</strong> kommen<br />
wird. In dieser Konkurrenzsituation haben die ostdeutschen gegenüber den westdeutschen Unternehmen und hier<br />
wie<strong>der</strong>um die Zulieferer gegenüber den F<strong>in</strong>alisten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wertschöpfungskette aufgrund ihrer ger<strong>in</strong>geren Attraktivität<br />
bzw. F<strong>in</strong>anzkraft e<strong>in</strong>e relativ schlechte Ausgangsposition. Dennoch erwarten z. B. die <strong>in</strong> Sachsen ansässigen<br />
F<strong>in</strong>alisten aufgrund ihrer Position im Markt und ihrer Stellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region ke<strong>in</strong>en signifikanten Fachkräftemangel.<br />
Wie dramatisch sich diese Situation tatsächlich darstellen wird und ob es aus den beschriebenen Gründen zu e<strong>in</strong>er<br />
generellen Knappheit an Fachkräften kommt, hängt nicht zuletzt davon ab, <strong>in</strong>wieweit es gel<strong>in</strong>gt, an<strong>der</strong>e Quellen<br />
<strong>der</strong> Fachkräftegew<strong>in</strong>nung zu erschließen. Da das Potenzial an jungen Fachkräften tendenziell abnimmt, müssen<br />
dem Erhalt und <strong>der</strong> Weiterentwicklung <strong>der</strong> Qualifikationen und Kompetenzen Älterer verstärkte Anstrengungen gewidmet<br />
werden (vgl. Re<strong>in</strong>berg/Hummel 2004, S. 9). So standen beispielsweise Ende 2005 nach e<strong>in</strong>er VDI-Umfrage<br />
15.000 nicht zu besetzenden Ingenieurstellen <strong>in</strong> Deutschland alle<strong>in</strong> 26.000 arbeitslose Ingenieure im Alter von<br />
über 50 Jahren gegenüber (vgl. Wirtschaftswoche 23.11.2005). <strong>Die</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Beschäftigungsquote älterer<br />
Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen und Arbeitnehmer wird jedoch nach E<strong>in</strong>schätzung von Betriebsräten nicht <strong>in</strong> allen Berufs- und<br />
Tätigkeitsgruppen möglich se<strong>in</strong>, weil die Arbeit z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fertigung trotz aller Rationalisierungsmaßnahmen nach<br />
wie vor körperlich belastend ist und von den Werkern nur selten bis zum gesetzlichen Rentene<strong>in</strong>trittsalter ausgeführt<br />
werden kann.<br />
E<strong>in</strong>er Son<strong>der</strong>auswertung des IAB-Betriebspanels für die Jahre 2000 bis 2003 folgend kann konstatiert werden,<br />
dass die ostdeutsche <strong>Bahn<strong>in</strong>dustrie</strong> 41 sowohl im Bereich <strong>der</strong> Erstausbildung als auch im Bereich <strong>der</strong> Weiterbildung<br />
im Vergleich zu an<strong>der</strong>en Branchen und auch im Vergleich zur westdeutschen <strong>Bahn<strong>in</strong>dustrie</strong> bereits verstärkte<br />
Anstrengungen unternimmt, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. So bildeten im Jahr 2003 92,8 %<br />
41 Hier statistisch als e<strong>in</strong> Teil des Wirtschaftszweigs sonstiger Fahrzeugbau geführt, Zahlen jeweils für Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten.<br />
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