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Mitglieder-Brief Nr. 85 19. März 2009 - freudlacan

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Objektbezug offengelegt werden kann. Wird<br />

so ein Ausweg aus dieser Spirale eröffnet?<br />

Kann ein neues, progressives Rechtsverständ‐<br />

nis über die Psychoanalyse vermittelt werden?<br />

Ein solches Unternehmen steht vor dem Prob‐<br />

lem, dass es sich um unbewusste — und damit<br />

kaum zugängliche, verschlüsselte — Prozesse<br />

handelt, die ihren Ursprung in der frühkindli‐<br />

chen Entwicklung des Subjekts haben. Das<br />

primäre Ziel einer „psychoanalytischen Auf‐<br />

klärung” liegt also darin, den pathologischen<br />

Charakter dieser Objektfixierung in das Be‐<br />

wusstsein der Rechtssubjekte zu übertragen<br />

und ihnen damit den Grund für ihr Leiden am<br />

Recht verständlich zu machen. Dieses Leiden<br />

ist essentiell ein Leiden an der Sprache, deren<br />

Struktur uns dazu zwingt (oder zu zwingen<br />

scheint), uns auf den Mangel zu konzentrieren<br />

und die Welt aus der Perspektive der Gespal‐<br />

tenheit heraus zu erfahren. Wir vermuten den<br />

Grund für den Mangel im Anderen.<br />

Das symbolische Universum mit seiner Fül‐<br />

le an Rechtszeichen lässt uns den Mangel kon‐<br />

kret erfahren, und wir versuchen über den<br />

Rechtsdiskurs, diesen Mangel im Anderen<br />

„zurecht” zu rücken. Die Mythen bieten eine<br />

Form, innerhalb der sich das Subjekt auf<br />

phantasmatischer Ebene in den Zustand der<br />

Ungespaltenheit versetzen kann und sie wer‐<br />

den glaubwürdiger, wenn sie sich innerhalb<br />

einer bestimmten Tradition historisch verfes‐<br />

tigt haben. Deshalb sollte man – ungeachtet<br />

des Vorgesagten – den Mythos auch nicht vor‐<br />

schnell abtun, denn es besteht eine begründba‐<br />

re Notwendigkeit für die glaubensstärkende<br />

institutionelle Vermittlung eines Referenz‐<br />

punktes: Solange es ein universelles Phantas‐<br />

ma gibt, idealerweise gestützt durch eine an‐<br />

erkannte Dogmatik, ist das System zumindest<br />

nicht instabil und bietet weitgehende Identifi‐<br />

kationsmöglichkeiten, die für die Existenz ei‐<br />

nes Rechtsstaates wohl conditio sine qua non<br />

sind. Sobald eine Beziehung zum Ursprung<br />

hergestellt werden kann, wird der Mangel<br />

ausgeblendet, denn der Ursprung ist der Zu‐<br />

stand der Ungespaltenheit, da er sich auf der<br />

Ebene des Unbewussten auf die pränatale Ein‐<br />

heit – die Zeit vor dem Einschnitt der symboli‐<br />

schen Kastration – bezieht, welcher durch den<br />

ödipalen Signifikanten des Namens‐des‐Vaters<br />

verursacht wird. Diese Bindung darf aber nicht<br />

in eine Abhängigkeit führen, die dem Subjekt<br />

geistige Freiräume verschließt, die es ebenso<br />

nötig hat. Die Geschichte belegt diesen Drang,<br />

21<br />

MB der AFP <strong>Nr</strong>. <strong>85</strong>/<strong>März</strong> 2010<br />

sich von den jeweils dominierenden Manifes‐<br />

tationen der Mythen (sei es eine Religion oder<br />

ein politisches System) zu lösen, vielfältig,<br />

zeigt aber auch, dass die Prozesse von Distan‐<br />

zierung und Annäherung zyklisch verlaufen.<br />

Offen bleibt damit, wie ein Rechtssystem<br />

konkret strukturiert sein muss, um die dem<br />

Begehren entspringende libidinöse Investition<br />

der Teilnehmer der Rechtsdiskurse zu vermei‐<br />

den oder zumindest zu reduzieren. Ob dies<br />

praktisch überhaupt möglich ist oder ob es da‐<br />

zu vielleicht Nietzsches „Über‐Menschen” be‐<br />

darf, muss an anderer Stelle beantwortet wer‐<br />

den. Die Erkenntnis des Unbewussten allein<br />

kann aber schon einen Autonomiegewinn<br />

bringen, der die Möglichkeit eines von patho‐<br />

logischen Symptomen befreiten Rechtsver‐<br />

ständnisses eröffnet.<br />

Aus: Martin Schulte, Das Gesetz des Unbe‐<br />

wussten im Rechtsdiskurs: Grundlinien einer psy‐<br />

choanalytischer Rechtstheorie nach Freud und La‐<br />

can, Berlin (Duncker&Humblot), Schriften zur<br />

Rechtstheorie, 2010, S.230‐234.<br />

‒ Ein Hinweis von Karl‐Josef Pazzini:<br />

Normung: DIN-Preise<br />

Nachwuchsförderung - Andere Förderinstitutionen - Preise + Wettbewerbe<br />

- Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, Kunst - Natur-<br />

und Ingenieurwissenschaften, Mathematik - Lebenswissenschaften<br />

(Agrarwissenschaften, Biologie, Medizin)<br />

Preise des Deutschen Instituts für Normung e. V.: Der DIN-Preis<br />

„Nutzen der Normung“ prämiert Beiträge, die Anhand eines<br />

überzeugenden Beispiels den Nachweis eines signifikanten, konkreten<br />

Nutzens aufzeigen. Dieser Wettbewerb steht allen interessierten<br />

Kreisen offen.<br />

Ziel des Wettbewerbes ist es, der Öffentlichkeit die breite Wirkung<br />

der Normung im wirtschaftlichen Kontext mittels konkreter Beispiele<br />

aus der Praxis verstärkt ins Bewusstsein zu bringen.<br />

Preisgeld: 15.000 Euro, 7.500 Euro, 2.500 Euro<br />

Der DIN-Preis „Junge Wissenschaft“ zeichnet studentische Arbeiten<br />

(Diplom, Studien-, Semesterarbeiten) aus, die Fragen der<br />

Normung oder Standardisierung behandeln. Insbesondere sollen<br />

Fragen, die mit Effizienzsteigerung verbunden sind, im Vordergrund<br />

stehen, wobei möglichst auch der Praxisbezug mittels Beispielen<br />

darzustellen ist.<br />

Preisgeld: 500 Euro<br />

Die Bewerbungsunterlagen sind formlos spätestens bis zum 31.<br />

August einzureichen.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.din.de/cmd?level=tplunterrubrik&menuid=47392&cmsareaid=$areaId&cmsrubid=DIN-<br />

Preise&menurubricid=DIN-<br />

Preise&cmssubrubid=47471&menusubrubid=47471&languageid=d<br />

ehttp://www.din.de/sixcms_upload/media/2896/PDF_NdN.pdfht<br />

tp://www.din.de/cmd?level=tplunterrubrik&menuid=47392&cmsareaid=$areaId&cmsrubid=DIN-<br />

Preise&menurubricid=DIN-<br />

Preise&cmssubrubid=47472&menusubrubid=47472&languageid=d<br />

ehttp://www.din.de/sixcms_upload/media/2896/PDF_JW.pdf

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