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Trigonale 2012

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der aufkommenden Windstöße sich unterzuordnen und deren<br />

Wellen, genau nach seiner Pfeife tanzend, an die Uferböschung<br />

und die Bordwände der über sie hinweggleitenden<br />

Schie zu schlagen.<br />

Bald aber kehrten die schlechten Zeiten wieder zu ihm zurück.<br />

Zunächst unterbrach der Tod der Königin alle Auührungen.<br />

Aber auch danach blieben die Zuschauer fern, durch<br />

einen ausgebrochenen spanischen Erbfolgekrieg vom Geldmangel<br />

überrascht oder aber übersättigt vom schnurgeraden<br />

Ernst der ihnen in jenen Krisenwochen immer unverständlicher<br />

gewordenen Erhabenheit seiner steifen italienischen<br />

Opernhelden und Heldenopern, die ihnen entweder nicht<br />

mehr fein genug waren oder zu fein geworden. Das eater<br />

blieb leer, und so verließen ihn auch bald alle anderen und<br />

selbstverständlich auch Ihre Impertinenzen, die sogenannten<br />

Herren Kastraten, welche sich aus ihrem astronomischen<br />

nanziellen, ihn ausblutenden Verdienst durch den oft nur<br />

mangelhaften Gesang seiner Arien vielfach die kuriosesten<br />

Paläste bauen lassen konnten, und hatten sie es vielleicht<br />

ihm heimzahlen wollen, was ihnen im Knabenalter angetan<br />

worden war von den unverantwortlichen Sauschneidern der<br />

fürchterlichen, den Fortbestand der Gesangskultur zu sichern<br />

vermeinenden Kinderchorleiter, vor deren verstümmelnder<br />

Gewalt keine sich der Pubertät nähernde schöne Stimme sicher<br />

sein konnte.<br />

Aber auch seine musikalischen Einfälle samt ihrer die Sinne<br />

verzaubernden Macht schienen ihn zu verlassen, denn alles,<br />

was er mit steigender Verbissenheit dagegen zu komponieren<br />

versuchte, geriet ihm nun mehr blaß zu kraftlosen Klangschattengewächsen,<br />

bis er, auch des letzten verbliebenen Mutes<br />

verlustig, zu schreiben aufhörte.<br />

Warum die heißen Quellen ihn nicht bei sich behalten hätten,<br />

und warum er einer bedenklichen Befreiung wie dieser<br />

ausgesetzt war, fragte er sich, wenn er müde abends durch<br />

die Öde der überfüllten Straßen, die ihm wie leergefegt vorkamen,<br />

irrte, und welche ihm wie von den Gefühlen seines<br />

inneren Verzweifelns aus dem eigenen Kopf auf die Dächer,<br />

Gassen und Plätze gesunken erschienen, als habe sich seine<br />

Einfallslosigkeit als ein grenzenloses Trauern um die Häuser<br />

gehüllt.<br />

Doch war es vorwiegend eine boshafte Trauer, denn die jahrelange<br />

Lästerkonkurrenz verdiente blendend, wenn auch<br />

zum Teil auf seine Kosten, indem man einigen seiner Werke<br />

ihren schnurgeraden Ernst raubte und sie in satirischer Verspottung,<br />

zu schlagkräftigen Witzen verwandelt, in die randalierende<br />

Öentlichkeit zurückschleuderte.<br />

Denn zu einem bedeutenden Anteil hatte er seinen Niedergang<br />

jener Betteloper des John Gay zu verdanken, welche das<br />

Publikum stürmte, und mit der steigenden Begeisterung der<br />

Leute an jener schien das Interesse an Händel zu versiegen<br />

angesichts eines eaters, in dem die adelige Hochnäsigkeit<br />

verkommener Grafen die Verschlagenheit heruntergekommener<br />

Gassenprostituierter ehelichte und nebenbei auch<br />

einige seiner Melodien, klug verstümmelt zu Gassenhauern,<br />

über die Bühne geworfen wurden mit derart bewundernswert<br />

- 250 - <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm <strong>Trigonale</strong> <strong>2012</strong> – Programm - 251 -

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