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36 Kultur<br />
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Er war in Folkstone in der Grafschaft Kent<br />
(England) geboren, hatte in Canterbury<br />
und Cambridge die Sprachen des Altertums<br />
studiert. Die medizinische Fakultät<br />
in Padua hatte einen ausgezeichneten<br />
Ruf bei Gelehrten und Studenten. Der<br />
junge Harvey war neugierig und wissensdurstig,<br />
diskutierte und experimentierte<br />
gern und versäumte keine der eindrucksvollen<br />
anatomischen Demonstrationen<br />
des Fabrizius. Er war ein temperamentvoller,<br />
dunkelhaariger junger Mann, der<br />
stets einen Degen bei sich geführt haben<br />
und diesen auch bei Streitigkeiten gern<br />
eingesetzt haben soll. Harvey schloss im<br />
Jahr 1602 seine medizinischen Studien in<br />
Padua ab, kehrte nach England zurück<br />
und eröffnete eine ärztliche Praxis in<br />
London. Gleichzeitig begann er aber auch<br />
intensive Forschungen am Gefäßsystem<br />
und am Herzen, die ihm die Mitgliedschaft<br />
im Royal College of Physicians<br />
einbrachte. Als erfolgreich tätiger und<br />
rasch bekannt gewordener Arzt wurde er<br />
Leibarzt von König James I. und nach<br />
dessen Tod von König Charles I. Wie sein<br />
Lehrer Fabrizius hatte auch Harvey Zweifel<br />
an der Theorie der Entstehung, des<br />
Schwindens und des Weitertransportes<br />
des Blutes im System der Adern, wie es<br />
Galen beschrieben und wie es die Heilkunde<br />
über tausend Jahre lang für richtig<br />
gehalten hatte. Harvey führte unzählige<br />
Sektionen von menschlichen Leichen,<br />
aber auch von Tieren durch. Nicht bloß<br />
Säugetiere obduzierte er, sondern auch<br />
unzählige Reptilen und Amphibien. Er<br />
soll eines Tages auf der Strasse beobachtet<br />
haben, dass ein Wagenrad einem<br />
Frosch den Kopf abquetschte, das Tier<br />
aber noch weitergekrochen sei. Bei der<br />
unverzüglich durchgeführten Sektion habe<br />
Harvey festgestellt, dass das Herz des<br />
Frosches, der ja eigentlich tödlich verletzt<br />
war, noch weiter schlug. Bei Amphibien<br />
arbeitete also das Herz unabhängig von<br />
der Funktionsfähigkeit des Zentralnerven-<br />
systems. Auch habe Harvey eindeutig erkennen<br />
können, dass das pulsierende<br />
Froschherz das Blut aus den zum Herzen<br />
führenden Venen in die aus ihm weg führende<br />
Hauptschlagader pumpe.<br />
Nach unzähligen Sektionen der Herzen von<br />
Tieren und von Menschen fand Harvey heraus,<br />
dass das Herz des Menschen - nicht<br />
wie bei Amphibien aus zwei kleineren Vorkammern<br />
und einer einzigen großen<br />
Hauptkammer - sondern aus vier muskulären<br />
Hohlräumen besteht, die sich bei jeder<br />
Herzkontraktion ruckartig verkleinerten und<br />
ihren Inhalt als Pulswelle in das Adersystem<br />
entleerten.<br />
Rechtseitige und linksseitige Herzkammern<br />
des Menschen und auch der Säugetiere<br />
sind durch eine aus Muskulatur bestehende<br />
Scheidewand von einander getrennt. Verbrauchtes<br />
dunkelrotes Blut sammelt sich<br />
aus dem gesamten Körpers in zwei großen<br />
Venen, die es in die rechte Vorkammer,<br />
dann in die rechte Hauptkammer weitergeben.<br />
Diese drückt ihren Inhalt über eine<br />
eigene Arterie in die Lunge. Das Blut wird<br />
dort gereinigt, worauf es eine hellrote Farbe<br />
annimmt. Über vier Lungenvenen strömt es<br />
sodann in die linke Vorkammer, die es