Ausgabe 0604.pdf - Theater-Zytig
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<strong>Theater</strong>-gesellschaft reiden<br />
Verlorene Zeit kommt niemals wieder<br />
Wer kennt sie nicht, die bezaubernde<br />
Geschichte des armen Waisenmädchens<br />
MOMO von Michael Ende? Vor allem bei<br />
Jugendtheatergruppen wurde dieses Märchen<br />
zum Dauerbrenner. Aber auch viele<br />
Erwachsenentheater können sich dafür<br />
begeistern, denn hier sind der Fantasie<br />
keine Grenzen gesetzt.<br />
So auch die <strong>Theater</strong>gesellschaft Reiden<br />
mit ihrem Regisseur Nicolas Russi,<br />
der sich an eine eigene, ganz spezielle<br />
Mundartübersetzung wagte, welche ihm<br />
vortrefflich gelungen ist. Die einzelnen<br />
Sätze waren knapp und schnörkellos<br />
gehalten, und die Sprache kam von den<br />
Darsteller/innen natürlich verständlich<br />
über die Rampe.<br />
Und doch, es brauchte für mich persönlich<br />
eine lange Anlaufzeit, bis ich mich<br />
vom Geschehen auf der Bühne so richtig<br />
erwärmen konnte. Lag es am Tempo, an<br />
der Spontaneität oder fehlte mir ganz einfach<br />
die unbedingt notwendige Poesie im<br />
Stück? Es war auch die Figur der Darstellerin<br />
«MOMO», welche anfänglich etwas<br />
verblüffte, denn die Aussagen «Kind» oder<br />
«klein» waren nun nicht gerade bezeichnend<br />
für diese Rollenbesetzung. Doch<br />
immerhin, die talentierte Schauspielerin<br />
überzeugte zusehends durch ihre grosse<br />
Ausstrahlung und die stete, perfekte<br />
Bühnenpräsenz.<br />
Gut getroffen waren die «Zeitmenschen».<br />
Sie überzeugten durch monotone Sprache,<br />
durch die statischen Gesten und vor allem<br />
durch die in tristem Grau gehaltenen,<br />
perfekten Masken und Kostüme.<br />
Meines Erachtens wären bei etwas mehr<br />
Spontaneität der übrigen Szenen die Gegensätze<br />
zu den «grauen Wesen» betonter<br />
und subtiler über die Rampe gekommen.<br />
Zur generell ziemlich nüchternen Inszenierung<br />
passte hingegen das schlicht<br />
gehaltene Bühnenbild. Hier hat sich der<br />
Regisseur, welcher zugleich auch dafür<br />
verantwortlich war, sehr gute Ideen einfallen<br />
lassen. Mit verschiedenen Elementen<br />
konnten in kurzer Zeit, mit wenigen<br />
Handgriffen, neue Spielorte geschaffen<br />
werden.<br />
Auch die wunderschöne Lichtregie ist erwähnenswert.<br />
Diese trug wesentlich dazu<br />
bei, dass einiges an Märchenstimmung<br />
den Zuschauer erfasste. Schliesslich gebührt<br />
grosses Lob dem Musikerensemble.<br />
Thomas Lüscher komponierte die passenden<br />
Melodien und es war ein grosser<br />
Genuss, diesen Tönen zu lauschen.<br />
Schade, dass sie eigentlich nur während<br />
den Umbauphasen eingesetzt wurden, die<br />
drei Interpreten hätten es verdient, auch<br />
ins Geschehen auf der Bühne miteinbezogen<br />
zu werden. Denn es ist äusserst<br />
bereichernd, wenn Wort und Musik sich<br />
gegenseitig stützen. Wenn man beim Finale<br />
alle Darsteller/innen, und es sind gegen<br />
vierzig, gesamthaft auf der Bühne sieht,<br />
darf man ruhig sagen, chapeau, denn was<br />
hier von allen Mitwirkenden, auf und hinter<br />
der Bühne geleistet wurde, verdient<br />
grosses Lob! Die <strong>Theater</strong>gesellschaft<br />
Reiden mit ihrer 140jährigen Geschichte<br />
überrascht den Zuschauer immer wieder<br />
mit neuen Experimenten. So bin ich<br />
gespannt auf weitere Ideen!<br />
Josette Gillmann - Mahler<br />
Die inFOS Zum STücK<br />
STücKwahl i BAcKStAgE<br />
Momo<br />
märchen in 20 Bildern von michael ende<br />
regie: nicolas russi<br />
Spieldauer: 130 min, Kostüme/requisiten:<br />
gegenwart, 12 Spielorte, Sprechrollen:<br />
mind . 5D/ mind 10h, Kinder, div . Spezialeffekte,<br />
rechte: marabu-Verlag Zürich<br />
(044 382 24 27), Kontakte gruppe: www .<br />
tgreiden .ch<br />
Kurzbeschrieb: eine gespenstische gesellschaft<br />
«grauer herren» ist am werk und<br />
veranlasst immer mehr menschen, Zeit<br />
zu sparen . aber in wirklichkeit betrügen<br />
sie die menschen um diese ersparte<br />
Zeit . als die not am größten ist und die<br />
welt ihnen schon endgültig zu gehören<br />
scheint, entschließt sich meister hora, der<br />
geheimnisvolle «Verwalter der Zeit», zum<br />
eingreifen . Doch dazu braucht er die hilfe<br />
eines menschenkindes . Die welt steht still<br />
und momo, die struppige kleine heldin der<br />
geschichte, kämpft ganz allein, mit nichts<br />
als einer Blume in der hand und einer<br />
Schildkröte unter dem arm, gegen das<br />
riesige heer der «grauen herren» - und<br />
siegt auf wunderbare weise .<br />
TheaTer-ZyTig 0604 13