Ausgabe 0604.pdf - Theater-Zytig
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Die Bühne lyssach<br />
e chlyni Bärner Oper<br />
pd. Seit über 20 Jahren hat sich der<br />
Lyssacher <strong>Theater</strong>verein mit der prägnanten<br />
Dialektumsetzung von Stoffen der<br />
Weltliteratur oder Uraufführungen selten<br />
gespielter Stücke profiliert. Frischs<br />
«Andorra» (1983) und Dürrenmatts<br />
«Besuch der alten Dame» (2004) waren<br />
in Lyssach ebenso zu sehen wie Brechts<br />
«Galilei» (1985) und «Turandot» (2002),<br />
Ibsens «Peer Gynt» in zwei Teilen (1993<br />
und 1996), Shakespeares «Sommernachtstraum»<br />
(1992), Arthur Millers<br />
«Hexenjagd» (1998) und Nestroys «Talisman».(2000).<br />
Nun lässt «Die Bühne» 75 Jahre nach seinem<br />
Tod das Berner Original Dälle-bach<br />
Kari auferstehen, der vielen nur als Witzfigur<br />
bekannt ist, nicht jedoch als rechtschaffener,<br />
gutherziger Coiffeurmeister,<br />
der bereits in der Jugend wegen seiner<br />
Hasenscharte gefoppt wurde und oft<br />
unter dem Spott wegen seiner Behinderung<br />
litt – und manchmal auch darunter,<br />
dass er nur als Sprücheklopfer wahrgenommen<br />
und mit seinen Problemen allein<br />
gelassen wurde. Markus Michel hat aus<br />
diesem Stoff schon vor über zehn Jahren<br />
«e chlyni Bärner Oper» geformt; die<br />
einzige Gemeinsamkeit mit dem Film von<br />
Kurt Früh aus dem Jahr 1970 ist, dass<br />
nicht nur die witzige, bisweilen bissige<br />
oder derbe Fassade zu erkennen ist, sondern<br />
auch die sich dahinter verbergenden<br />
tragischen Abgründe aufscheinen. Michel<br />
versteht es, mit seiner Idee einer musikalischen<br />
Gestaltung nach Schroffheiten<br />
Spielleute von Seldwyla<br />
acting Sister act<br />
pd. Die Nachtklubsängerin Deloris Van Cartier hat sich aus Karrieregründen<br />
mit dem Gangsterboss Vince La Rocca eingelassen.<br />
Zufällig beaobachtet sie, wie Vince einen Informanten liquidieren<br />
lässt. Jetzt könnte auch ihr letztes Stündchen geschlagen<br />
haben.<br />
Um die wertvolle Zeugin bis zum Prozess gegen den gesuchten<br />
Mafioso La Rocca am Leben zu erhalten, versteckt Leutnant<br />
Souther die Sängerin an einem Ort, wo sie bestimmt niemand<br />
suchen wird. Deloris wird in ein stilles, etwas heruntergekommenes<br />
Kloster gebracht. Damit dort niemand Verdacht schöpft,<br />
stellt man sie den Nonnen als Kollegin Mary Clarence aus einem<br />
entfernten Konvent vor.<br />
Wenn sie gewusst hätte, auf was sie sich da einlässt: Kein<br />
Alkohol, keine Zigaretten und keine Männergeschichten! Das<br />
Klosterdasein ist nichts für sie. Obwohl Deloris von ihren<br />
eine verbindende, Brücke zwischen Leben<br />
und Tod zu errichten.<br />
Kurt Frauchiger, seit Millers «Hexenjagd»<br />
Regisseur der «Bühne», nahm Michels<br />
Idee auf und kann sie nun in Lyssach<br />
- nach einem erfolglosen früheren Versuch<br />
mit einem andern Ensemble in Bern<br />
- endlich realisieren. Der Komponist<br />
und Kapellmeister Andres Joho (u.a.<br />
Ensembletheater Biel/Solothurn) verstärkt<br />
die Stimmungen der treffenden<br />
Szenen Michels, in der die tragikomische<br />
Figur Dällebach Karis griffig eingekreist<br />
wird, mit seinen eingängigen Melodien<br />
zu den Liedtexten von Markus Michel<br />
und der prägnanten Zwischenmusik. Däl-<br />
Premieren i SPotlIcHt<br />
lebachs Geschichte wird auf mehreren,<br />
raffiniert verschachtelten Ebenen erzählt,<br />
die Rückblenden sind nicht chronologisch,<br />
sondern assoziativ. Die Figuren in Karis<br />
Umfeld, die ihn nicht verstehen oder<br />
nicht ernst nehmen und sich bloss in seiner<br />
Bekanntheit sonnen möchten, werden<br />
durch seine Witze oft entlarvt und bleiben<br />
ihnen gegenüber sprachlos, auch wenn<br />
sie darüber lachen.<br />
Daten siehe Inserat S. 22 und Spielplan<br />
oder www.buehne-lyssach.ch<br />
Mitschwestern wegen ihrer unorthodoxen Art bewundert und<br />
geschätzt wird, langweilt sie sich tödlich. Ihre Einfälle bringen<br />
die gestrenge Mutter Oberin zur Weissglut. Doch bevor Deloris<br />
hinausfliegt, gibt man ihr eine letzte Chance. Sie soll den<br />
schwächlichen Chor ein bisschen in Schwung bringen.<br />
Aus dem Grüppchen krächzender Nonnen wird in kurzer Zeit ein<br />
stattlicher Chor. Bald ist die Kirche dem Ansturm begeisterter<br />
Gottesdienstbesucher kaum mehr gewachsen.<br />
Der einzige, der sich über diesen Erfolg nicht freuen kann, ist<br />
Leutnant Souther, denn die Tarnung seiner Kronzeugin droht<br />
aufzufliegen.<br />
Daten siehe Inserat S. 24 und Spielplan<br />
oder www.spielleutevonseldwyla.ch<br />
TheaTer-ZyTig 0604 17<br />
foto: michael meier, thun