Ausgabe 0604.pdf - Theater-Zytig
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emise Bühni Jegenstorf<br />
Vor Sonnenuntergang<br />
pd. Liebe belebt – und vernichtet, wenn<br />
Egoismus dominiert. Gerhart Hauptmanns<br />
Schauspiel «Vor Sonnenuntergang»<br />
führt dies vor Augen. Nach dem Tod<br />
seiner Frau verliert der begüterte 70jährige<br />
Unternehmer Matthias Hofmann<br />
jede Lebensfreude – bis er die 50 Jahre<br />
jüngere Kindergärtnerin Sonja Berger<br />
kennenlernt. Trotz des grossen Altersunterschieds<br />
entsteht zwischen den beiden<br />
eine wunderbare Liebesbeziehung und<br />
Hofmanns Depression endet in Zukunftsplänen:<br />
Er will Sonja heiraten und<br />
erwirbt sich ein ansehnliches Grundstück<br />
am Comersee, um dort mit seiner Geliebten<br />
zu leben. Das jedoch missfällt den<br />
meisten seiner Nachkommen und deren<br />
Ehepartnern. Ihre Liebe zu Hofmann –<br />
wenn es denn je eine war – erweist sich<br />
als Habgier, die alles daran setzt, das<br />
gefährdete Erbe zu sichern. So durchrankt<br />
unwahre Familienliebe die wahre<br />
Liebe zwischen Sonja Berger und Matthias<br />
Hofmann. Wie das endet, zeigt die<br />
Aufführung der Remise Bühni Jegenstorf,<br />
die nach «Ratten» (1984) und «Fuhrmann<br />
Henschel» (1987) bereits ihr drittes<br />
Hauptmann-Drama spielt.<br />
eibeler Volksbühne<br />
Otello darf nicht platzen<br />
pd. Eine Hotelsuite in Cleveland, Ohio, im<br />
Jahre 2005. Der aufbrausende Operndirektor<br />
Saunders, seine reizende Tochter<br />
Maggie und sein Assistent Max warten<br />
ungeduldig. Heute soll er kommen und die<br />
Titelpartie in Verdis Oper ›Otello‹ singen.<br />
Er, das ist Tito Merelli, der berühmteste<br />
Operntenor seiner Zeit, von seinen<br />
Fans und Verehrerinnen liebevoll «Lo<br />
Stupendo» genannt. Das Publikum ist in<br />
gespannter Erwartung, die ganze Stadt<br />
liegt in hysterischer Vorfreude, alles ist<br />
vorbereitet für einen unvergesslichen<br />
Abend.<br />
Mit «Lend Me A Tenor», so der Originaltitel<br />
des Stücks, hat der amerikanische<br />
Erfolgsdramatiker Ken Ludwig<br />
eine rasante und geistreiche Komödie<br />
geschaffen. Starallüren, ganz menschliche<br />
Schwächen und nicht zuletzt ein<br />
ironischer Blick hinter die Kulissen des<br />
<strong>Theater</strong>betriebs sorgen für Unterhaltung<br />
und mitreissende Komik. Das Spielerteam<br />
der Eibeler Volksbühne unter der Regie<br />
Gerhart Hauptmann, dessen Todestag<br />
sich heuer zum 60. Male jährt, zählte<br />
schon zu Lebzeiten zu den erfolgreichsten<br />
Dramatikern im deutschsprachigen<br />
Raum, obwohl ihm der Durchbruch als<br />
Schriftsteller erst im Alter von 43 Jahren<br />
gelang: mit der umstrittenen Berliner<br />
Aufführung des Dramas «Vor Sonnenaufgang»<br />
im Jahre 1889. Auf diesen<br />
Titel spielt der 70-jährige Autor mit «Vor<br />
Sonnenuntergang» an. Tatsächlich ist es<br />
sein letztes Schauspiel, das er in naturalistischer<br />
Manier verfasste, und tatsächlich<br />
ist dessen Uraufführung die letzte,<br />
die G. Hauptmann noch erleben durfte.<br />
Allerdings fehlte es ihm nicht an Möglichkeiten,<br />
sein Werk zu sehen: Noch im<br />
gleichen Jahr, an seinem 70. Geburtstag<br />
1932, stand das Stück bei 63 deutschen<br />
Bühnen auf dem Programm…<br />
«Vor Sonnenuntergang» ist in 43 Sprachen<br />
übersetzt worden. Mit der Dialektversion<br />
der Remise Bühni Jegenstorf<br />
tritt eine weitere Sprachfassung hinzu<br />
und damit – geradezu typisch für Jegenstorf<br />
– einmal mehr eine Erstaufführung<br />
in Schweizer Mundart. Regie führt die<br />
Berufsschauspielerin Renate Adam, die<br />
von Barbara Albisser garantiert für einen<br />
höchst vergnüglichen <strong>Theater</strong>abend.<br />
Premieren i SPotlIcHt<br />
seit über zehn Jahren Inszenierungen für<br />
Berufs- und Amateurtheater vornimmt.<br />
Man darf gespannt sein, wie sie Hauptmanns<br />
Spätwerk mit dem 16-köpfigen<br />
Ensemble auf die Jegenstorfer Kleinbühne<br />
bringt.<br />
Daten siehe Inserat S. 29 und Spielplan<br />
oder www.remise.ch<br />
Daten siehe Inserat S. 23 und Spielplan<br />
oder www.evb-inwil.ch<br />
TheaTer-ZyTig 0604 19