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Ausgabe 0604.pdf - Theater-Zytig

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Quelle: Harenberg Anekdotenlexikon. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages<br />

SPotlIcHt i SchluSSaPPlauS<br />

30<br />

Der Vorhang<br />

«Das einzige Vorbeugemittel<br />

gegen die Seekrankheit<br />

ist die reling .»<br />

in max Pallenbergs genialen<br />

wortverdrehungen und extempores<br />

klangen die lazzi<br />

des unsterblichen hanswursts<br />

wieder auf .<br />

Pallenberg trat einmal in einem<br />

Stück mit einer lebendigen Kuh<br />

auf . Der hanswurst Pallenberg<br />

hängte seinen regenschirm auf<br />

eines ihrer hörner, gab der Kuh<br />

einen Kuss auf die Stirne und<br />

sagte hinschmelzend: «wenn du<br />

auch noch kochen könntest!»<br />

Das machte das Tier so nervös,<br />

dass es einen laut von sich<br />

gab, der wie aufstossen klang .<br />

«huf vors maul halten!» extemporierte<br />

Pallenberg, «hast wohl<br />

keine ordentliche Kälberstube<br />

gehabt, wie?»<br />

TheaTer-ZyTig 0604<br />

Max Pallenberg<br />

Max Pallenberg<br />

Österreichischer Schauspieler<br />

* 18. 12. 1877 Wien<br />

† 26. 6. 1934 Karlsbad (Unfall)<br />

Nach Anfängen in der Provinz<br />

kam Pallenberg 1904 an das<br />

<strong>Theater</strong> in der Josefstadt nach<br />

Wien, wechselte 1911 an die<br />

Münchner Kammerspiele und<br />

wurde 1914 von Max Reinhardt<br />

ans Deutsche <strong>Theater</strong> in Berlin<br />

geholt. In der Folgezeit entwickelte<br />

er sich zum führenden<br />

Charakterkomiker im deutschsprachigen<br />

Raum. Seine Paraderollen<br />

waren u.a. der ‹Geizige›<br />

und der ‹Eingebildet Kranke› in<br />

Molières gleichnamigen Komödien<br />

und die Titelfigur des ‹Liliom›<br />

in Ferenc Molnárs Luftikus-Moritat.<br />

Hugo von Hofmannsthal<br />

schrieb Pallenberg seine Komödie<br />

‹Der Unbestechliche› auf den<br />

Leib, die 1923 am Raimund-<br />

<strong>Theater</strong> in Wien uraufgeführt<br />

wurde. Besonders beliebt – und<br />

von einigen Regisseuren und<br />

Dramatikern gefürchtet – war<br />

Pallenberg wegen seiner vielen<br />

originellen Stegreifeinlagen. Der<br />

Schauspieler, der seit 1918 mit<br />

dem Bühnenstar Fritzi Massary<br />

verheiratet war, starb an den<br />

Folgen eines Flugzeugabsturzes.<br />

fällt<br />

Pallenberg war ein ebenso<br />

genialer wie eitler Komiker und<br />

eifersüchtig darauf bedacht,<br />

dass er auf der Bühne dominierte<br />

. als er bei der Premiere<br />

eines Stückes zusammen mit<br />

dem neuling ernst ginsberg auf<br />

der Bühne stand und ginsberg<br />

überraschenderweise mehr<br />

lacher als er hatte, raunte er<br />

diesem unhörbar für die Zuschauer<br />

zu: «Bist du hier der<br />

Komiker oder ich?»<br />

Die populäre Schauspielerin<br />

und Diseuse Fritzi massary war<br />

mit max Pallenberg verheiratet .<br />

nach einer Vorstellung fuhr das<br />

ehepaar im Taxi nach hause .<br />

Die massary stieg zuerst aus,<br />

um die haustür aufzuschliessen,<br />

während Pallenberg zahlte .<br />

Da raunte ihm der Taxichauffeur<br />

zu: «Sagen Sie mal – is det<br />

nich die massary?» Pallenberg<br />

nickte: «Ja, natürlich…» Bedenklich<br />

kratzte sich der Fahrer<br />

am Kopf . «na mann, bei so‘ne<br />

grosse Schauspielerin wird Sie<br />

det aber ‘ne schöne Stange<br />

Jeld kosten… det kann ick lhn‘<br />

flüstern!»<br />

eines abends besuchte Pallenberg<br />

ein Berliner Kabarett, das<br />

u . a . eine Pallenberg-imitation<br />

präsentierte . als der Künstler<br />

nach der Vorstellung an Pallenbergs<br />

Tisch trat und ihn fragte,<br />

wie ihm denn seine Kopie gefallen<br />

habe, antwortete dieser:<br />

«Wissen Sie, offen gestanden…<br />

einer von uns beiden ist ein<br />

unausstehliches rindvieh!»<br />

Bereits vor seiner entdeckung<br />

wusste Pallenberg ziemlich<br />

genau, was er wert war . in einer<br />

belanglosen Komödie hatte ihm<br />

der regisseur einmal den verantwortungsvollen<br />

Satz «herr<br />

graf, es ist serviert» anvertraut .<br />

Pallenberg sprach die gewichtigen<br />

worte, ging darauf an die<br />

rampe und sagte ins Publikum:<br />

«und solche rollen gibt mir der<br />

herr Direktor .»<br />

nach der generalprobe von<br />

gerhart hauptmanns ‹Der Biberpelz›,<br />

in der Pallenberg nach<br />

herzenslust den Text verdrehte,<br />

zerriss und zu den komischsten<br />

wortbrocken wieder zusammensetzte,<br />

sagte hauptmann<br />

mit olympischer würde zu ihm:<br />

«was Sie da reden, ist sehr<br />

komisch, aber nicht von mir .<br />

ich muss Sie denn doch bitten,<br />

mein Stück zu spielen .» Pallenberg<br />

verneigte sich mit einem<br />

lächeln, das nichts gutes<br />

ahnen liess .<br />

Bei der Premiere hatte Pallenberg<br />

zwei mäntel übereinander<br />

angezogen, einen hut auf dem<br />

Kopf, eine Pelzmütze in der<br />

einen Tasche, zwei Paar handschuhe<br />

in der anderen, drei<br />

Schals um den hals gewickelt,<br />

gummischuhe an den Füssen,<br />

und nun gings los!<br />

0 ja – er sprach dabei den<br />

hauptmannschen Text ohne die<br />

geringste Veränderung, aber<br />

während er sprach, zog er den<br />

einen mantel aus, hängte ihn<br />

an den garderobenständer, zog<br />

den anderen aus, hängte diesen<br />

hin, zog den ersten wieder an,<br />

setzte hut und Pelzmütze hintereinander<br />

immer wieder auf<br />

und ab, zog die gummischuhe<br />

aus und an, wechselte ein Paar<br />

handschuhe, wickelte Schals<br />

auf und zu, bis das Publikum<br />

einen lachsturm mit prasselndem<br />

applaus krönte! gerhart<br />

hauptmann wischte sich hinter<br />

der Bühne Tränen aus den augen,<br />

als Pallenberg abging und<br />

zu ihm sagte: «na – war das<br />

ihr Text?» hauptmann erwiderte<br />

nur ein wort: «hanswurst!»

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