FORMEN DES WIDERSTANDS - Stadtgespräche Rostock
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00.9 __ //// TITELTHEMA<br />
„Wir haben gezeigt, dass<br />
mutige Dinge möglich und<br />
praktikabel sind“<br />
Steffen Vogt im Interview über den 1. Mai 2010 in <strong>Rostock</strong><br />
STEFFEN VOGT ARBEITET FÜR ÖKOHAUS E. V. ROSTOCK UND BERÄT SEIT ZWÖLF JAHREN FLÜCHTLINGE IN ROSTOCKER<br />
GEMEINSCHAFTSUNTERKÜNFTEN. IN BILDUNGSVERANSTALTUNGEN INFORMIERT ER ZU DEM THEMENBEREICH MIGRATI-<br />
ON, FLUCHT UND ASYL. RASSISMUS UND DIE FREMDENFEINDLICHE PROPAGANDA DER NPD SIND FÜR IHN ERSCHEINUN-<br />
GEN, MIT DENEN ER SICH IN DIESEM ARBEITSBEREICH ZWANGSLÄUFIG AUSEINANDERSETZEN MUSS.<br />
<strong>Stadtgespräche</strong>: Wie würdest Du die Ereignisse<br />
des 1.Mai 2010 zusammenfassen?<br />
Steffen Vogt: Es gab verschiedene Ereignisse und Aktionen an<br />
verschiedenen Orten: Eine angemeldete Nazidemo, eine angemeldete<br />
Kundgebung mit Infoständen und ein bisschen Begleitprogramm<br />
in Lütten Klein in der Warnowallee, ein Fest im<br />
Fischerdorf und die DGB-Demo, die vom Werftdreieck zum<br />
Gewerkschaftshaus führte. Das waren die angemeldeten Aktivitäten.<br />
Und darüber hinaus gab es eine Sitzblockade, die, was<br />
in der Natur der Sache liegt, sehr wohl angekündigt, aber nicht<br />
angemeldet war.<br />
<strong>Stadtgespräche</strong>: Wie verlief die Nazidemo? Ist es,<br />
wie von der Polizei geplant, gelungen, sie vollständig<br />
von den Protesten zu separieren?<br />
Steffen Vogt: Nicht ganz. Die Nazidemo hat in einem bewohnten<br />
Stadtteil stattgefunden, d.h. sie war zwar von allen anderen<br />
Aktionen des Tages isoliert, fand aber nicht im luftleeren<br />
Raum statt. Die Massenblockade hat verhindert, dass die Nazis<br />
durch Lütten Klein laufen konnten – und das war ja das große<br />
angekündigte Ziel. Schon im Vorfeld war klar, dass wir in der<br />
<strong>Rostock</strong>-spezifischen Situation und der kurzen Vorbereitungszeit<br />
keine 1500 oder 2000 Blockierer aktivieren können. Und<br />
dass es zahlenmäßig nicht möglich sein würde, die umliegenden<br />
Stadtteile völlig vor den Nazis zu bewahren. Tatsächlich<br />
stellt sich hier ja weniger die Qualitäts- als die Quantitätsfrage -<br />
mit doppelt so vielen Menschen hätten wir auch wesentlich<br />
mehr erreichen können.<br />
<strong>Stadtgespräche</strong>: Wie viele Menschen haben sich an<br />
der Blockade beteiligt? Woran lag es, dass es nicht<br />
doppelt so viele waren?<br />
Steffen Vogt: Die Zahl der Blockadeteilnehmer lag zwischen<br />
500 und 700. Hinzu kamen die Leute, die an diesem Tag dauerhaft<br />
am Kundgebungsort waren. Und die vielen, vielen Lütten-Kleiner,<br />
die, teilweise über lange Zeit und sehr aufmerksam,<br />
beobachtet haben, was an diesem Tag passierte. Sie haben<br />
ihre Solidarität bekundet, zum Beispiel indem sie etwas zu<br />
Trinken brachten, mit Transparenten auf dem Balkon standen.<br />
Es war so, wie wir es uns gewünscht hatten - keine abgekoppelte<br />
Aktion von Außenstehenden, sondern eine gemeinsame Ak-