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FORMEN DES WIDERSTANDS - Stadtgespräche Rostock

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stellungsprozess ihrer Lebensmittel genauer kennen lernen. Aus<br />

Sicht der Erzeugenden verbessern routinierte Food-Coops die<br />

Planungssicherheit beim Anbau.<br />

An Food-Coops Beteiligte möchten in der Regel selbst Einfluss<br />

auf Prozesse, Angebot und Struktur der Food-Coop nehmen.<br />

Durch die Selbstorganisation ist dies möglich. Durch sie ist die<br />

Food-Coop Veränderungen gegenüber offener als beispielsweise<br />

der Supermarkt um die Ecke.<br />

Gesamtgesellschaftlich spielen Food-Coops eine wissensvermittelnde<br />

Rolle. Verbraucherinnen und Verbraucher werden<br />

sensibilisiert und auch Freunde, Bekannte und Neugierige<br />

durch Vorbildfunktion einbezogen. Jede Food-Coop versorgt<br />

also nicht nur ihre Mitglieder, sondern ist gleichzeitig auch Bildungsträger.<br />

In der Zusammenarbeit mit anderen Food-Coops<br />

kommt es zu Wissenstransfers und Synergieeffekten. Dieses<br />

Wissen ist von Vorteil und Vorraussetzung für viele Entscheidungen<br />

hin zu in einer nachhaltigeren, kreislauforientierten,<br />

ressourcenschonenden Lebensweise.<br />

Entwicklung der Food-Coops<br />

Ende der 70er bis Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts<br />

war die Möglichkeit, an biologisch erzeugte Produkte zu gelangen,<br />

noch sehr begrenzt. Das trifft insbesondere auf den ländlichen<br />

Raum zu, wo der Einkauf von kontrolliert biologisch angebauter<br />

Ware fast unmöglich war. Aber auch in vielen Städten<br />

war das Angebot noch sehr klein. Dies war Motivation genug,<br />

sich den Mühen der Organisation der Warenbeschaffung zu<br />

unterziehen. Dabei spielte der Bezug von Lebensmitteln direkt<br />

von den Erzeugerinnen und Erzeugern in den meisten Fällen<br />

die gleiche Rolle wie der vom Großhändler.<br />

Der Blüte der Food-Coops folgte der Boom der Naturkostläden.<br />

Für viele Menschen ging damit der Sinn einer Lebensmittelkooperative<br />

verloren, denn im Naturkostladen war die Ware<br />

meist einfacher zu bekommen. Tatsächlich verschwanden viele<br />

der Kooperativen in der ersten Hälfte der 80er Jahre wieder.<br />

Andere, die gesellschaftspolitischer motiviert waren, festigten<br />

ihre Strukturen und zeigten hohe Kontinuität. In der BRD gab<br />

es 1985 schätzungsweise 400 Kooperativen. Manche Regionalverteiler<br />

setzten weit mehr als die Hälfte ihres Umsatzes über<br />

Food-Coops ab.<br />

Seit Mitte der 80er Jahre und der Sättigung des Bioladenmarktes<br />

wuchsen in der Naturkostszene die Widerstände gegen<br />

Food-Coops, da diese als zunehmende Konkurrenz wahrgenommen<br />

wurden. Über die Jahre wurde der Einkauf von Großhandelsware<br />

immer schwieriger, weil die Großhändler lieber<br />

Bio-Läden bedienten. Viele Kooperativen sind unter dem<br />

wachsenden Druck verschwunden. Aber einige haben sich mit<br />

Einsatz und Phantasie eine Nische gesucht, in der sie überleben<br />

konnten.<br />

Food-Coops in <strong>Rostock</strong><br />

Seit einigen Jahren wächst das Interesse an Food-Coops wieder.<br />

Nicht zuletzt auf Grund der medial breitgetretenen Lebensmittelskandale<br />

und dem Wunsch nach „sauberem“ Essen. Ein<br />

wenig Wirtschaftskrise spielt wahrscheinlich auch eine Rolle.<br />

In <strong>Rostock</strong> ist die Situation nach meiner persönlichen Einschätzung<br />

momentan so, dass die Zahl der Food-Coop-Interessierten<br />

größer ist, als die Versorgungskapazität der vorhandenen<br />

Lebensmittelkooperative(n).<br />

Öffentlich sichtbar ist hier nur die Food-Coop „Beifuß“, die es<br />

nun schon seit einigen Jahren mit beglückwünschenswerter<br />

Kontinuität in der Wismarschen Straße gibt. Sie stößt aber<br />

langsam an ihre Grenzen, was Lagerfläche und innere Organisation<br />

angeht, und wirbt deswegen nicht mehr aktiv um neue<br />

Mitglieder. Daneben existieren noch wenige kleinere Food-<br />

Coops, mittels derer sich WGs und andere Lebensgemeinschaften<br />

versorgen. Die Dunkelziffer dürfte allerdings nicht<br />

allzu hoch sein.<br />

Die frische Food-Coop „Kau Wat“ (FCKW) hat sich im<br />

Herbst 2009 zusammen gefunden und nun einen Raum im Peter-Weiss-Haus<br />

bezogen. Sie befindet sich immer noch in der<br />

Gründungsphase und wird wohl erst zum Sommer eine stabiles<br />

Gefüge und damit ein reibungsloses Bestellsystem für die Mitglieder<br />

ermöglichen.<br />

Ich will auch. Wie kann ich mitmachen?<br />

Das schöne und essentielle am Food-Coop Prinzip ist, dass jede<br />

und jeder mit ein paar Freunden selbst eine gründen kann. Dazu<br />

ist einiges Vorwissen hilfreich, gilt es doch zahlreiche Hürden<br />

zu nehmen. Wichtig ist bei jeder Food-Coop, dass alle<br />

Mitglieder auch etwas Zeit in die Arbeitsabläufe, Organisation<br />

und die weitere Entwicklung stecken. Was auf den ersten Blick<br />

müßig aussieht hat den Vorteil, dass Food-Coops immer von<br />

den Mitgliedern für die Mitglieder gestaltet werden. Nebenbei<br />

werden Kontakte geknüpft, Rezepte ausgetauscht, gemeinsame<br />

Aktionen unternommen … – ein Stück gelebte Solidarität.<br />

Eine exzellente Anlaufstelle im Internet ist das „Foodcoopedia“<br />

Wiki1. Der Name lässt es schon erahnen, Foodcoopedia funktioniert<br />

nach dem gleichen Schema wie Wikipedia, der weltweit<br />

größten, gemeinschaftlich erstellten Enzyklopädie. So ist<br />

seit 2004 eine umfangreiche Sammlung von Food-Coops, Lieferanten,<br />

Herstellern und allgemeinen Informationen entstanden.<br />

Das Prinzip des gemeinsamen Agierens in einer Food-<br />

Coop setzt sich also auch im Internet bei Foodcoopedia fort.<br />

Außerdem gibt es zwei lesenswerte Bücher zum Thema. „Das<br />

Food-Coop Handbuch“2, sowie der Food-Coop Gründungsleitfaden<br />

„fair, bio, selbstbestimmt“3. Mit diesen Informationen<br />

gerüstet ist die eigene Food-Coop nur noch eine Frage der<br />

Zeit. ¬<br />

--p.s.:<br />

Dieser Text darf bei Namensnennung beliebig vervielfältigt<br />

und verändert werden, solange er unter gleicher Lizenz (CC-bysa)<br />

weiter gegeben wird.(http://creativecommons.org/licenses/bysa/3.0/de).<br />

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