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Patenschaftsberichte 2007 von Romakindern aus Roşia/Rumänien

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weshalb er gezwungen war, mit diesem Bein immer auf den Zehenspitzen zu<br />

laufen. Hinzu kam, dass sein Knie steif war.<br />

Nach dem Fußballspiel setzte er sich zu mir und nun gelang es mir auch, mir<br />

seinen Namen zu merken: „Neluţu“ was - wie er mir sagte - auf deutsch Jonas<br />

heißt.<br />

Neluţu kam jeden Tag mehrmals auf seinem Fahrrad zur Schule und wann immer<br />

wir uns sahen, grüßten wir uns und unterhielten uns in brüchigem Englisch.<br />

So erfuhr ich, dass er nicht die Waldorfschule, sondern die siebte Klasse<br />

der Staatsschule besuchte, deren Gebäude neben der Waldorfschule ist.<br />

Als sich für mich die Frage stellte, wen ich als Patenkind wählen würde, entschied<br />

ich mich für ihn und intensivierte unsere Beziehung. Neluţu gewann<br />

schnell Vertrauen zu mir, was alles etwas erleichterte, dennoch gab es Themen,<br />

auf die er nicht eingehen wollte, wie zum Beispiel seine Familie. So verging die<br />

erste Woche und ich begann mir ernsthafte Sorgen zu machen, dass ich nie sein<br />

H<strong>aus</strong> sehen werde, geschweige etwas über seine familiären Hintergründe erfahren<br />

würde.<br />

Da Neluţu niemals aggressiv war und immer fair gegenüber seinen kleinen<br />

Cousins, die stets in seiner Nähe waren, vermutete ich, dass er gewaltlos Zuh<strong>aus</strong>e<br />

aufwächst.<br />

Was sich in der ersten Woche schleierhaft zu erkennen gab und in den folgenden<br />

Wochen immer deutlicher wurde, war, dass es in <strong>Roşia</strong> kein soziales Denken gegenüber<br />

Behinderten gibt. Des Öfteren, wenn Neluţu auf seinem Fahrrad herbei<br />

gefahren kam, sagten die älteren Jungen etwas zu ihm, worauf sie lachten<br />

und ich konnte in seinem gekränkten Blick deutlich den Schmerz über das Gesagte<br />

erkennen. Doch jedes Mal, wenn ich ihn fragte, was sie gesagt hatten,<br />

wich er meiner Frage <strong>aus</strong>.<br />

Ein anderes Beispiel ist, dass immer versucht wurde, ihn <strong>von</strong> Spielen <strong>aus</strong>zugrenzen.<br />

Wenn wir z.B. Volleyball spielten und er mitspielen wollte, wurde dieses<br />

stets <strong>von</strong> seinen Landsleuten zu verhindern versucht, obwohl er sehr gut<br />

spielte. Und obwohl er zu den besten Spielern gehörte, wurde er ständig kritisiert<br />

und sein Tun kommentiert.<br />

Es ist mir auch aufgefallen, dass er kaum Freunde in seinem Alter hatte, was,<br />

denke ich, auf seine Behinderung zurückzuführen ist. Wenn er mir Kinder seines<br />

Alters als Freunde vorstellte, was zweimal vorkam, handelte es sich wohl<br />

mehr um Jungen, die in respektierten. Später erzählte mir Leila, eine Lehrerin<br />

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