Ausbilderhandbuch - Stark für Ausbildung
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Was kann ich tun, wenn bei meinen Azubis verschiedene Kulturen aufeinander prallen?<br />
Menschen sind bis zu ihrem Lebensende lernfähig. Wer will, kann ein Leben lang Meinungen,<br />
Werte und Normen, die innere Haltung - also das „kulturelles Fundament“ einer Persönlichkeit<br />
– durch Lernen verändern. Diese Bereitschaft braucht jedoch einen Rahmen, der<br />
Vertrauen gibt und Vertrautheit gewährt. Auf Ihr Unternehmen bezogen: einen Rahmen, in<br />
dem sich Ihre Azubis ohne Angst vor Abwertung zeigen können.<br />
Der „Königsweg“, um interkulturellen Konflikten vorzubeugen, führt dabei über das „sich gegenseitig<br />
kennenlernen“. Machen Sie selbst den ersten Schritt und informieren Sie sich über<br />
andere Kulturen. Gemeint ist damit natürlich kein wissenschaftliches Studium – nehmen Sie<br />
sich einfach einmal etwas Zeit, um sich beispielsweise über die Unterschiede bezüglich Umgangsformen,<br />
Hierarchien, Kleidung, Essen und anderes schlau zu machen. Suchen Sie sich<br />
eine Ansprechperson in Ihrer Nähe – eine Kollegin oder einen Kollegen aus dem betreffenden<br />
Kulturkreis oder ein Mitglied aus einer Integrationsstelle - oder besuchen Sie ein entsprechendes<br />
Seminar.<br />
Geben Sie Ihren Auszubildenden dann die Möglichkeit, sich gegenseitig in ihrer Persönlichkeit<br />
kennenzulernen. Denn das „Nicht kennen“ des Anderen und das „Nicht wissen“ von dem<br />
Anderen löst Angst aus und provoziert Abwehr. Grundsätzlich gilt: Umso mehr wir voneinander<br />
wissen, umso besser wir uns kennen, umso weniger Angst haben wir voreinander, auch<br />
wenn wir unsere Wurzeln in unterschiedlichen Kulturen haben.<br />
Um sich gegenseitig kennenzulernen, schaffen Sie durch Projekte Möglichkeiten zur Begegnung<br />
<strong>für</strong> Ihre Auszubildenden. Nicht Ihr Ding? Dann suchen Sie sich jemand im Betrieb, der<br />
da<strong>für</strong> geeignet ist, oder engagieren Sie Fachleute, die solche Projekte kompetent initiieren<br />
und begleiten können.<br />
Hier nur ein Beispiel:<br />
Veranstalten Sie ein wöchentliches gemeinsames Frühstück, bei dem miteinander<br />
über alles Mögliche gesprochen werden kann - ausnahmsweise aber mal nicht<br />
unbedingt über die Arbeit. Möglicherweise kann auch jeder Azubi einmal das<br />
Frühstück entsprechend der (kulturellen) Essgewohnheiten ausrichten. Schaffen<br />
Sie die Gelegenheit, dass jede/-r von sich erzählen oder von anderen gefragt<br />
werden kann, wenn er oder sie bereit dazu ist. Moderieren Sie dabei das Gespräch<br />
unaufdringlich, so dass Erzählungen auch aufgenommen werden können.<br />
Auf diesem Weg kann aus „unserem Türken“ auf einmal „Acun“ werden, „der sehr gut Gitarre<br />
spielen kann und <strong>für</strong> Glaubensfreiheit ist“. So wird aus einer Verallgemeinerung eine eigenständige<br />
Persönlichkeit. Auch wenn dies nicht immer nicht ganz so unkompliziert verläuft<br />
wie in unserem Beispiel, ist der Schritt vom Allgemeinen zum Besonderen hilfreich. Denn<br />
durch den Austausch können alle Beteiligten ihre inneren Haltungen, Werte, Meinungen mit<br />
denen der anderen vergleichen und hinterfragen. Wenn auf diesem Weg gute Erfahrungen<br />
miteinander gemacht werden, wiegen die Unterschiede nicht mehr so schwer und Sie haben<br />
den Grundstein zur Toleranz gelegt.<br />
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