FAQ Biotechnologie und Patente
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3.15 Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen<br />
<strong>und</strong> traditionellem Wissen in Patentanmeldungen<br />
Der Patentanmelder ist ab 1. Juli 2008 (Artikel 49a PatG) verpflichtet, in der<br />
Patentanmeldung Angaben über die Quelle einer genetischen Ressource bzw. von<br />
traditionellem Wissen von Eingeborenengemeinschaften zu machen. Die Offenlegung<br />
der Quelle soll mit Bezug auf den Zugang zu diesen Ressourcen <strong>und</strong> diesem Wissen<br />
sowie der Aufteilung der aus deren Verwendung entstehenden Vorteile (das so<br />
genannte „access and benefit sharing“) eine grössere Transparenz verschaffen. Dies<br />
soll insbesondere die Überprüfung erlauben, ob einerseits die auf Kenntnis der<br />
Sachlage gegründete vorherige Zustimmung (in englisch "prior informed consent") der<br />
Vertragspartei vorliegt, welche die genetischen Ressourcen bzw. das traditionelle<br />
Wissen zur Verfügung stellt, <strong>und</strong> andererseits Vorkehrungen getroffen wurden für die<br />
Aufteilung der sich aus deren Nutzung ergebenden Vorteile.<br />
Als Quelle einer genetischen Ressource bzw. von traditionellem Wissen gelten insb.<br />
das Land, das genetische Ressourcen zur Verfügung stellt, <strong>und</strong> das Ursprungsland<br />
gemäss Biodiversitätskonvention, das multilaterale System des Internationalen<br />
Vertrages der FAO über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung <strong>und</strong><br />
Landwirtschaft, Eingeborenengemeinschaften, ex-situ-Quellen wie botanische Gärten<br />
<strong>und</strong> Genbanken sowie die wissenschaftliche Literatur.<br />
Enthält die Patentanmeldung keine Informationen über die Quelle der genetischen<br />
Ressource bzw. des traditionellen Wissen, so setzt das IGE dem Patentanmelder eine<br />
Frist zur Behebung dieses Mangels <strong>und</strong> weist, bei unbenutztem Fristablauf, das<br />
Patentgesuch zurück. Somit kann das Fehlen einer Erklärung über die Quelle in der<br />
Patentanmeldung letztendlich dazu führen, dass kein Patent gewährt wird. Die<br />
vorsätzliche Falschangabe der Quelle wird mit einer Busse von bis zu 100'000 Franken<br />
bestraft. Zudem kann der Richter die Veröffentlichung des Urteils anordnen.<br />
Gemäss Erwägungsgr<strong>und</strong> 27 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie soll die<br />
Patentanmeldung Angaben zum geographischen Herkunftsort von pflanzlichem oder<br />
tierischem Material enthalten, falls die fragliche Erfindung solches Material zum<br />
Gegenstand hat oder derartiges Material verwendet. Zugleich wird klargestellt, dass die<br />
Prüfung der Patentanmeldungen <strong>und</strong> die Gültigkeit der erteilten <strong>Patente</strong> davon<br />
unberührt bleiben.<br />
Die im revidierten Patentgesetz gewählte Regelung geht in zweierlei Hinsicht über<br />
Erwägungsgr<strong>und</strong> 27 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie hinaus: Einerseits betrifft die<br />
Offenlegungspflicht nicht nur genetische Ressourcen von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, sondern<br />
auch solche von Mikroorganismen sowie das traditionelle Wissen von<br />
Eingeborenengemeinschaften. Andererseits führt die Nichterfüllung der<br />
Offenlegungspflicht zur Zurückweisung der Patentanmeldung <strong>und</strong> die vorsätzliche<br />
Falschangabe der dem Erfinder oder Patentanmelder bekannten Quelle wird<br />
strafrechtlich geahndet. Erwägungsgr<strong>und</strong> 27 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie sieht<br />
demgegenüber weder für den Fall der Nichterfüllung der Offenlegungspflicht noch bei<br />
vorsätzlicher Falschangabe patent- oder strafrechtliche Sanktionen vor.<br />
<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 48 von 56