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FAQ Biotechnologie und Patente

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Fragen <strong>und</strong> Antworten<br />

1 Allgemeines zum Patentrecht ........................................................... 4<br />

1.1 Was ist ein Patent <strong>und</strong> welche Rechte gewährt es?..................................4<br />

1.2 Wozu braucht es <strong>Patente</strong>?...........................................................................5<br />

1.3 Welche Interessen berücksichtigt das Patentrecht?.................................6<br />

1.4 Welches sind die Anforderungen an ein Patent? ......................................7<br />

1.5 Welches sind die Grenzen des Patenschutzes?........................................8<br />

1.6 Wie kommt man zu einem Patent in der Schweiz <strong>und</strong> im Ausland? ......10<br />

1.7 Welches sind die Lebensphasen eines Patents? ....................................11<br />

1.8 Wie wirken sich <strong>Patente</strong> auf die Forschung aus? ...................................12<br />

1.9 Was ist das Forschungsprivileg? .............................................................13<br />

2 <strong>Patente</strong> auf dem Gebiet der belebten Natur................................... 14<br />

2.1 Werden <strong>Patente</strong> auf Leben erteilt?............................................................14<br />

2.2 Sind Mikroorganismen patentierbar? .......................................................15<br />

2.3 Sind Pflanzen patentierbar? ......................................................................16<br />

2.4 Sind Tiere patentierbar? ............................................................................17<br />

2.5 Ist der Mensch patentierbar? ....................................................................18<br />

2.6 Sind menschliche embryonale Stammzellen patentierbar? ...................19<br />

2.7 Sind Gene patentierbare Erfindungen oder blosse Entdeckungen? .....20<br />

2.8 Welche Ausschlüsse von der Patentierung kennt das schweizerische<br />

Recht? .........................................................................................................22<br />

2.9 Welche Ausschlussgründe sieht das Europäische<br />

Patentübereinkommen vor? ......................................................................24<br />

2.10 Welche Ausschlussgründe sieht die EU-Richtlinie 98/44/EG vor? ........25<br />

2.11 Welche Ausschlüsse von der Patentierung lässt das WTO/TRIPS-<br />

Abkommen zu?...........................................................................................26<br />

2.12 Warum sind Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen von der Patentierung<br />

ausgeschlossen? .......................................................................................27<br />

2.13 Wie spielen Sortenschutz <strong>und</strong> Patentschutz bei Pflanzen zusammen? 29<br />

2.14 Wie ist die Rechtslage für biotechnologische Erfindungen in anderen<br />

Ländern? .....................................................................................................30<br />

2.15 Was bezweckt die europäische Richtlinie über den rechtlichen Schutz<br />

biotechnologischer Erfindungen? ............................................................31<br />

2.16 Welche Kontrollmöglichkeiten bestehen bei der Erteilung von <strong>Patente</strong>n<br />

für biotechnologische Erfindungen durch das Europäische Patentamt? .<br />

...................................................................................................................32<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 1 von 56


3 Neuerungen ab 1. Juli 2008 aufgr<strong>und</strong> der In Kraft getretenen<br />

Revision des Patentgesetzes im Bereich biotechnologischer<br />

Erfindungen ...................................................................................... 33<br />

3.1 Warum wurde das Patentgesetz einer Revision unterzogen?................33<br />

3.2 Welches sind die wichtigsten Neuerungen betreffend<br />

biotechnologischer Erfindungen im Überblick?......................................35<br />

3.3 Inwiefern wurden die Ausschlussgründe der Patentierbarkeit auf dem<br />

Gebiet der belebten Natur präzisiert?.......................................................36<br />

3.4 Unter welchen Voraussetzungen sind Körperbestandteile eines<br />

Menschen patentierbar? ............................................................................37<br />

3.5 Unter welchen Voraussetzungen sind Gene patentierbar? ....................38<br />

3.6 Besteht ein absoluter oder zweckgeb<strong>und</strong>ener Stoffschutz für <strong>Patente</strong><br />

auf Gen-Sequenzen?..................................................................................39<br />

3.7 Inwiefern erstreckt sich der Patentschutz auch auf vermehrtes<br />

biologisches Material?...............................................................................40<br />

3.8 Inwiefern wurden die Ausnahmen von der Wirkung eines <strong>Patente</strong>s<br />

konkretisiert?..............................................................................................41<br />

3.9 Züchtungsprivileg <strong>und</strong> Auskreuzung .......................................................42<br />

3.10 Welche verfahrensrechtliche Änderungen ergeben sich in Bezug auf die<br />

Erteilung von <strong>Patente</strong>n auf biotechnologische Erfindungen mit dem<br />

revidierten Patentgesetz?..........................................................................43<br />

3.11 Gefährdet die Patentgesetzrevision die biotechnologische Forschung?<br />

44<br />

3.12 Welche Auswirkungen hat das revidierte Patentgesetz auf die<br />

Landwirtschaft?..........................................................................................45<br />

3.13 Was ist das Landwirteprivileg?.................................................................46<br />

3.14 Was ist das Züchterprivileg?.....................................................................47<br />

3.15 Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen <strong>und</strong> traditionellem<br />

Wissen in Patentanmeldungen..................................................................48<br />

3.16 Wozu Zwangslizenzen für den Export von pharmazeutischen<br />

Produkten? .................................................................................................49<br />

3.17 Worum geht es bei den im Patentgesetz neu eingeführten<br />

Hilfeleistungen der Zollverwaltung?.........................................................50<br />

4 Wirtschaftliche Aspekte von <strong>Patente</strong>n ........................................... 51<br />

4.1 Welches ist die ökonomische Rechtfertigung von <strong>Patente</strong>n?................51<br />

4.2 Welches Bedeutung haben <strong>Patente</strong> auf dem Gebiet der <strong>Biotechnologie</strong><br />

für die schweizerische Wirtschaft?...........................................................52<br />

4.3 Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich? .............................53<br />

4.4 Welche Bedeutung hat eine europäische Harmonisierung? ..................54<br />

4.5 Ist der Patentschutz für biotechnologische Erfindungen nur im<br />

Interesse von Grosskonzernen?...............................................................55<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 2 von 56


4.6 Welches sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der vollzogenen<br />

Patentgesetzrevision auf Entwicklungsländer? ......................................56<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 3 von 56


1 Allgemeines zum Patentrecht<br />

1.1 Was ist ein Patent <strong>und</strong> welche Rechte gewährt es?<br />

Ein Patent ist ein Schutztitel, der vom Staat unter bestimmten Voraussetzungen<br />

erteilt wird. Es schützt seinen Inhaber davor, dass seine Erfindung ohne seine<br />

Zustimmung wirtschaftlich genutzt wird. Dieser Schutz besteht während<br />

höchstens 20 Jahren ab Anmeldung der Erfindung.<br />

Das Patent gibt dem Inhaber das Recht, anderen die wirtschaftliche Verwertung (z.B.<br />

die Herstellung, den Verkauf, die Einfuhr) seiner Erfindung zu verbieten. Es sichert ihm<br />

damit eine zeitlich befristete Exklusivität bei der wirtschaftlichen Nutzung seiner<br />

Erfindung.<br />

Beispiel:<br />

Der Erfinder des Kugelschreibers kann gestützt auf sein Patent anderen verbieten,<br />

Kugelschreiber ohne seine Zustimmung herzustellen. Er kann aber auch die Herstellung<br />

gegen ein Entgelt gestatten.<br />

Vielfach wird angenommen, dass der Inhaber eines Patents auch das Recht erhält, die<br />

Erfindung nach Belieben zu nutzen. Das trifft nicht zu! Ein Patent beinhaltet keine<br />

Erlaubnis, dass der Patentinhaber seine Erfindung auch tatsächlich nutzen darf. Es ist<br />

kein Persilschein zur Nutzung der Erfindung. Ob <strong>und</strong> unter welchen<br />

Voraussetzungen eine Erfindung vom Patentinhaber genutzt werden darf, bestimmt<br />

nicht das Patentgesetz sondern wird durch andere Gesetze geregelt, z.B. das<br />

Heilmittelgesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz oder das Gentechnikgesetz. Oft<br />

muss der Patentinhaber eine behördliche Bewilligung oder Zulassung einholen. Ob die<br />

Voraussetzungen für eine Bewilligung oder Zulassung gegeben sind, entscheidet nicht<br />

die Patentbehörde, sondern andere hierfür spezialisierte Behörden, so z.B. das<br />

B<strong>und</strong>esamt für Ges<strong>und</strong>heit oder das Heilmittelinstitut (Swissmedic).<br />

Beispiel:<br />

Ein Patent für einen neuartigen Sprengstoff gibt dem Inhaber das Recht, Dritten zu<br />

verbieten, den Sprengstoff herzustellen <strong>und</strong> zu vertreiben. Das Patent erlaubt seinem<br />

Inhaber aber nicht, selbst den Sprengstoff zu produzieren <strong>und</strong> zu veräussern. Die<br />

Herstellung <strong>und</strong> den Vertrieb von Sprengstoffen regelt die Verordnung vom 27.<br />

November 2000 über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffverordnung, SprstV; SR<br />

941.411). Für die Einhaltung dieser Vorschriften ist nicht die Patentbehörde zuständig.<br />

<strong>Patente</strong> gewähren auch keine absolute Monopolstellung. Zwar sichert ein Patent<br />

seinem Inhaber eine zeitlich befristete Exklusivität bei der wirtschaftlichen Nutzung<br />

seiner Erfindung. Der Patentinhaber steht jedoch mit seinen Produkten <strong>und</strong> Verfahren<br />

im Wettbewerb mit denjenigen der Konkurrenz.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 4 von 56


1.2 Wozu braucht es <strong>Patente</strong>?<br />

Der Patentschutz fördert die Forschung <strong>und</strong> den technischen Fortschritt. <strong>Patente</strong><br />

geben zudem einen Einblick in den Stand der technischen Entwicklung <strong>und</strong><br />

schaffen Transparenz in der Forschung.<br />

<strong>Patente</strong> sichern Investitionen in die Forschung <strong>und</strong> Entwicklung:<br />

Ein Patent schützt seinen Inhaber für maximal 20 Jahre davor, dass seine Erfindung<br />

ohne seine Zustimmung wirtschaftlich genutzt wird. Es gibt ihm das Recht, Dritte<br />

(namentlich Konkurrenten) von der wirtschaftlichen Nutzung seiner Erfindung<br />

auszuschliessen. Dieses Recht sichert dem Patentinhaber eine zeitlich befristete<br />

Exklusivität bei der wirtschaftlichen Nutzung seiner Erfindung <strong>und</strong> damit die Möglichkeit,<br />

die im Erfindungsprozess aufgewendeten Geldmittel wieder einzunehmen <strong>und</strong> Gewinne<br />

zu erwirtschaften. Ohne Patentschutz liesse sich nicht verhindern, dass Dritte als<br />

Trittbrettfahrer die Erfindungen der anderen wirtschaftlich nutzen, ohne sich an den<br />

Kosten der Erfindungen zu beteiligen. Niemand wäre bereit, in die Forschung <strong>und</strong><br />

Entwicklung zu investieren. Das Patent schafft somit einen Anreiz für weitere<br />

Investitionen <strong>und</strong> fördert damit den technischen Fortschritt.<br />

<strong>Patente</strong> verbreiten technisches Wissen:<br />

Der Patentschutz ist der Lohn dafür, dass der Erfinder sein geheimes Wissen preisgibt<br />

<strong>und</strong> seine Erfindung der Allgemeinheit offen legt. Er muss die Erfindung in ihren<br />

Einzelheiten erläutern, so dass ein Fachmann diese aufgr<strong>und</strong> der Beschreibung<br />

nachvollziehen kann. Was nicht offen gelegt wurde, ist nicht geschützt. Wer also auf<br />

Geheimhaltung setzen will, kann keinen Patentschutz erlangen. Die Pflicht zur<br />

Bekanntgabe der Einzelheiten der Erfindung (Offenbarungspflicht) stellt die<br />

Verbreitung des aktuellen Stands des technischen Wissens sicher. Andere<br />

Forscher können frei auf dieses Wissen zugreifen <strong>und</strong> auf dieser Gr<strong>und</strong>lage die eigene<br />

Forschung vorantreiben. Das Forschungsprivileg sichert dabei die Forschungsfreiheit.<br />

<strong>Patente</strong> schaffen Transparenz:<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Pflicht zur Offenbarung erfährt die Öffentlichkeit von jeder patentierten<br />

Erfindung. Sie erhält dadurch einen Einblick in den aktuellen Stand der<br />

Forschungstätigkeit, die sich sonst hinter verschlossenen Türen abspielt. Mit Hilfe<br />

dieser Informationen kann sich die Öffentlichkeit zur Forschung eine Meinung bilden<br />

<strong>und</strong> diese in den politischen Prozess einfliessen lassen. Ohne die Offenbarungsfunktion<br />

der <strong>Patente</strong> würde sich die Forschung im Geheimen <strong>und</strong> ohne Kontrollmöglichkeit der<br />

Allgemeinheit abspielen.<br />

Beispiel:<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Veröffentlichung des europäischen <strong>Patente</strong>s Nr. 0 695 351 am 8.<br />

Dezember 1999 waren Informationen über den Stand der Stammzellenforschung <strong>und</strong><br />

deren Möglichkeiten in einem sehr frühen Zeitpunkt allgemein zugänglich.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 5 von 56


1.3 Welche Interessen berücksichtigt das Patentrecht?<br />

Das Patentrecht schafft einen Ausgleich zwischen den Interessen des<br />

Patentinhabers, den Interessen von Konkurrenten <strong>und</strong> den Interessen der<br />

Allgemeinheit.<br />

Interessen des Patentinhabers:<br />

Ein Patent gibt seinem Inhaber das Recht, Dritte (namentlich Konkurrenten) von der<br />

wirtschaftlichen Nutzung seiner Erfindung auszuschliessen. Dieses Recht sichert dem<br />

Patentinhaber eine zeitlich befristete Exklusivität bei der wirtschaftlichen Nutzung seiner<br />

Erfindung <strong>und</strong> damit die Möglichkeit, die im Erfindungsprozess aufgewendeten<br />

Geldmittel wieder einzunehmen <strong>und</strong> Gewinne zu erwirtschaften. Eine Garantie hierfür<br />

gibt ein Patent freilich nicht.<br />

Beispiel:<br />

Die Entwicklung eines Arzneimittels erfordert sehr hohe Investitionen in Forschung <strong>und</strong><br />

Entwicklung. Ohne Patentschutz liesse sich nicht verhindern, dass Dritte als<br />

Trittbrettfahrer das Ergebnis der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung nutzen, ohne sich an den<br />

Kosten zu beteiligen. Der Schutz einer im Rahmen der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

gemachten Erfindung durch ein Patent verhindert dies. Andere Marktteilnehmer können<br />

das Arzneimittel nicht ohne Zustimmung des Patentinhabers herstellen <strong>und</strong> diesen auf<br />

den Markt konkurrenzieren. Dies ist erst nach Ablauf des Patentschutzes möglich.<br />

Interessen von Konkurrenten:<br />

Konkurrenten des Patentinhabers profitieren von der Offenlegung der Erfindung in der<br />

Patentanmeldung. Bis zum Ablauf der Patentschutzdauer können sie die Erfindung zu<br />

Forschungszwecken <strong>und</strong> danach frei benutzen.<br />

Beispiel:<br />

Einige patentierte Verfahren zur Herstellung des Wirkstoffes Ciclosporin (Sandimmun),<br />

der zur Unterdrückung der Abstossreaktion bei Transplantationen noch heute von<br />

grosser Bedeutung ist, können seit einigen Jahren ohne Einschränkung von jedermann<br />

auch wirtschaftlich genutzt werden.<br />

Interessen der Allgemeinheit:<br />

Die Veröffentlichung der Erfindung im Zeitpunkt der <strong>Patente</strong>rteilung erlaubt der<br />

Allgemeinheit einen Einblick in den Entwicklungsstand der Forschung. Das Patentrecht<br />

erfüllt damit gerade in politisch sensitiven Bereichen wie der <strong>Biotechnologie</strong> eine<br />

wichtige Transparenz- <strong>und</strong> Kontrollfunktion.<br />

Beispiel:<br />

Am 8. Dezember 1999 erteilte das Europäische Patentamt der Universität Edinburgh<br />

ein Europäisches Patent Nr. 0 695 351, das zu Unrecht die Klonierung menschlicher<br />

Lebewesen nicht ausschloss. Die Veröffentlichung des europäischen <strong>Patente</strong>s Nr. 0<br />

695 351 erlaubte es, den Fehler des Europäischen Patentamtes bei der Erteilung des<br />

<strong>Patente</strong>s aufzudecken <strong>und</strong> diesen im dafür vorgesehenen Einspruchsverfahren geltend<br />

zu machen. Ohne <strong>Patente</strong> würde sich die Forschung im Geheimen, ohne<br />

Kontrollmöglichkeit der Öffentlichkeit abspielen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 6 von 56


1.4 Welches sind die Anforderungen an ein Patent?<br />

<strong>Patente</strong> werden erteilt für<br />

• neue<br />

• erfinderische<br />

• gewerblich anwendbare<br />

• Erfindungen<br />

Erfindung:<br />

Eine Erfindung gibt Anweisungen, wie ein technisches Problem mit technischen Mitteln<br />

zu lösen ist. Eine Erfindung ist demnach eine Lehre zum planmässigen Handeln unter<br />

Einsatz von Naturkräften <strong>und</strong> Stoffen zur Erreichung eines kausal übersehbaren<br />

Erfolgs. Damit sind namentlich Entdeckungen, ästhetische Formgebungen <strong>und</strong><br />

gedankliche oder geschäftliche Verfahren von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.<br />

Unter einer Entdeckung versteht man das blosse Auffinden <strong>und</strong> Beschreiben von etwas<br />

bereits Existierendem. Eine Entdeckung erweitert im Unterschied zur Erfindung nicht<br />

die technischen Möglichkeiten des Menschen, sondern nur sein Wissen.<br />

Neuheit:<br />

Patentierbar ist eine Erfindung nur, wenn sie neu ist. Neu ist eine Erfindung dann, wenn<br />

sie vor dem Anmelde- oder dem Prioritätsdatum nirgends auf der Welt bekannt war.<br />

Beispiel:<br />

Für einen Kronkorkenverschluss kann im heutigen Zeitpunkt kein gültiges Patent mehr<br />

angemeldet werden, da diese Form von Flaschenverschluss allgemein bekannt <strong>und</strong><br />

daher nicht mehr neu ist.<br />

Erfinderische Tätigkeit:<br />

Die Lösung des Problems ist dann erfinderisch, wenn sie für den Fachmann aufgr<strong>und</strong><br />

des aktuellen Stands der Technik nicht naheliegend ist. Stand der Technik bedeutet<br />

alles, was der Öffentlichkeit zum Zeitpunkt einer Patentanmeldung an technischem<br />

Wissen zugänglich war. Unerwartete Eigenschaften von Produkten oder überraschende<br />

Effekte von Verfahren sind Hinweise darauf, dass das Kriterium erfinderische Tätigkeit<br />

erfüllt ist.<br />

Beispiel:<br />

Der Einsatz eines anderen Werkmaterials als des herkömmlich verwendeten (z.B.<br />

Aluminium statt Eisen) liegt für den Fachmann oft auf der Hand <strong>und</strong> bedeutet daher<br />

keine erfinderische Weiterentwicklung.<br />

Gewerbliche Anwendbarkeit:<br />

Als gewerblich anwendbar werden alle Erfindungen bezeichnet, die in irgendeinem<br />

gewerblichen Gebiet verwendet werden können.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 7 von 56


1.5 Welches sind die Grenzen des Patenschutzes?<br />

Der Patentschutz ist inhaltlich, zeitlich <strong>und</strong> räumlich begrenzt.<br />

Inhaltliche Grenzen des Patentschutzes:<br />

Inhaltlich erfasst der Schutz aus einem Patent nur die gewerbsmässige<br />

(wirtschaftliche) Nutzung einer Erfindung. Die Nutzung eines patentierten<br />

Gegenstandes zu Forschungszwecken oder zum Privatgebrauch fällt nicht unter den<br />

Patentschutz. Diese Nutzungen bedürfen keiner Zustimmung des Patentinhabers.<br />

Beispiel:<br />

Eine Erfindung kann in der Forschung benutzt werden, um Verbesserungsmöglichkeiten<br />

(z.B. eine bessere Darreichungsform für ein Arzneimittel) zu finden.<br />

Ein im Ausland gekauftes, in der Schweiz durch ein Patent geschütztes Produkt (z.B.<br />

eine Einwegkamera oder ein Sportschuh) kann ohne Zustimmung des Patentinhabers<br />

importiert <strong>und</strong> privat benutzt werden.<br />

Vielfach wird angenommen, dass der Inhaber eines Patents auch das Recht erhält, die<br />

Erfindung nach Belieben zu nutzen. Das trifft nicht zu! Ein Patent ist kein Persilschein<br />

zur Nutzung der Erfindung. Es beinhaltet keine Erlaubnis, dass der Patentinhaber<br />

seine Erfindung auch tatsächlich nutzen darf. Ob <strong>und</strong> unter welchen Voraussetzungen<br />

eine Erfindung durch den Patentinhaber genutzt werden darf, bestimmt nicht das<br />

Patentgesetz sondern wird durch andere Gesetze geregelt, z.B. das Gentechnikgesetz.<br />

Die geltenden Schranken einschlägiger Normen <strong>und</strong> Gesetze sind selbstverständlich<br />

auch für den Patentinhaber verbindlich.<br />

Zum Schutz der Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> anderer wichtiger Güter ist für die Herstellung<br />

oder Vermarktung bestimmter Produkte (z.B. Arzneimittel, Chemikalien,<br />

landwirtschaftliche Hilfsstoffe, gentechnisch veränderte Organismen) die<br />

Zulassung/Bewilligung einer Behörde (z.B. Heilmittelinstitut, B<strong>und</strong>esamt für Ges<strong>und</strong>heit,<br />

B<strong>und</strong>esamt für Landwirtschaft, B<strong>und</strong>esamt für Umwelt, Wald <strong>und</strong> Landschaft)<br />

erforderlich. Auch der Patentinhaber braucht eine Zulassung, wenn er ein<br />

patentgeschütztes, bewilligungspflichtiges Produkt auf den Markt bringen will.<br />

Beispiel:<br />

Ein Patent auf eine Wirkstoffverbindung, welche die Aufnahme von Fett aus der<br />

Nahrung unterbindet, gibt seinem Inhaber keinen Anspruch darauf, ein Arzneimittel<br />

gegen Fettleibigkeit frei herzustellen <strong>und</strong> zu vermarkten. Der Patentinhaber muss zuerst<br />

eine Zulassung des Heilmittelinstituts (Swissmedic) einholen.<br />

<strong>Patente</strong> gewähren auch keine absolute Monopolstellung. Zwar sichert ein Patent<br />

seinem Inhaber eine zeitlich befristete Exklusivität bei der wirtschaftlichen Nutzung<br />

seiner Erfindung. Der Patentinhaber steht jedoch mit seinen Produkten <strong>und</strong> Verfahren<br />

im Wettbewerb mit denjenigen der Konkurrenz.<br />

Räumliche Grenzen des Patentschutzes:<br />

Räumlich gilt ein Patent nur innerhalb der Grenzen des Staates, der es erteilt. Ein<br />

Schweizer Patent schützt eine Erfindung also nur in der Schweiz. Will der Patentinhaber<br />

auch in anderen Ländern Patentschutz erlangen, muss er die Erfindung dort ebenfalls<br />

patentieren.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 8 von 56


Zeitliche Grenzen des Patentschutzes:<br />

Zeitlich ist der Patentschutz auf 20 Jahre beschränkt. Diese 20 Jahre beginnen schon<br />

vom Tag der Anmeldung an zu laufen, also meist Jahre bevor das Patent erteilt wird.<br />

Die Zeitspanne von der Anmeldung bis zur Erteilung eines Patents wird an die 20 Jahre<br />

angerechnet.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 9 von 56


1.6 Wie kommt man zu einem Patent in der Schweiz <strong>und</strong> im<br />

Ausland?<br />

Um eine Erfindung in der Schweiz <strong>und</strong> im Ausland zu schützen, muss sie bei den<br />

zuständigen Patentbehörden angemeldet werden. Es gibt drei Wege für die Anmeldung<br />

einer Erfindung:<br />

Der nationale Weg:<br />

Die Erfindung wird beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Bern<br />

angemeldet. Das IGE prüft die Voraussetzungen für ein Patent mit Ausnahme der<br />

Neuheit <strong>und</strong> erfinderischen Tätigkeit. Sind die Voraussetzungen erfüllt, erteilt das IGE<br />

ein Patent mit Wirkung in der Schweiz <strong>und</strong> Liechtenstein. Ausserhalb der Schweiz <strong>und</strong><br />

Liechtenstein hat das Patent keine Wirkung. Das bedeutet, dass die Erfindung dort<br />

durch das schweizerische Patent nicht geschützt ist.<br />

Der europäische Weg:<br />

Die Anmeldung der Erfindung wird vom Europäischen Patentamt (EPA) in München in<br />

einem zentralisierten Verfahren umfassend geprüft. Beim Vorliegen aller<br />

Voraussetzungen (Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) erteilt<br />

das EPA ein europäisches Patent. Dieses entfaltet in den vom Anmelder gewählten<br />

Vertragsstaaten (gegenwärtig 34 Länder: http://www.european-patentoffice.org/epo/members_d.htm)<br />

Wirkung <strong>und</strong> wird dort verwaltet. Dank einer einzigen<br />

Anmeldung <strong>und</strong> einem zentralisierten Prüfungsverfahren, kann eine Erfindung somit in<br />

mehreren Ländern einschliesslich der Schweiz geschützt werden.<br />

Der internationale Weg:<br />

Die Internationale Organisation für Geistiges Eigentum (WIPO) in Genf stellt aufgr<strong>und</strong><br />

eines Staatsvertrages (Patentzusammenarbeitsvertrag, PCT) ein weltweites<br />

Anmeldeverfahren zur Verfügung. Dieses erlaubt es, eine Erfindung in derzeit bis zu<br />

139 Vertragsstaaten anzumelden (Vertragsstaaten:<br />

http://www.wipo.int/treaties/en/ShowResults.jsp?search_what=N&treaty_id=6). Die<br />

WIPO prüft die Anmeldung nicht <strong>und</strong> erteilt auch kein Patent. Dies geschieht durch die<br />

Ämter der einzelnen Staaten oder durch eine regionale Organisation (wie dem EPA), für<br />

deren Gebiet der Patentschutz gewünscht wird. Das PCT-Verfahren macht es möglich,<br />

mit einer einzigen Anmeldung in einer Vielzahl von Ländern auch ausserhalb der EU ein<br />

Patent zu beantragen.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.ige.ch/D/patent/p11.shtm<br />

http://www.ige.ch/D/patent/p12.shtm<br />

http://www.wipo.int/pct/de/basic_facts/basic_facts.pdf<br />

http://www.european-patent-office.org/epo/obtain_d.htm<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 10 von 56


1.7 Welches sind die Lebensphasen eines Patents?<br />

1. Anmeldung: Sie geschieht durch das Einreichen des Patentgesuches durch den Erfinder<br />

oder den Erwerber der Erfindung bei einer zuständigen Patentbehörde, z. B. dem<br />

Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) in Bern oder beim Europäischen<br />

Patentamt (EPA) in München. In der Patentanmeldung muss die Erfindung durch eine<br />

detaillierte Beschreibung offengelegt werden.<br />

2. Eingangs- <strong>und</strong> Formalprüfung: Die Patentbehörde prüft, ob die Minimalerfordernisse für<br />

die Zuerkennung eines Anmeldedatums erfüllt sind. Ist dies der Fall, erhält der Erfinder eine<br />

Hinterlegungsbescheinigung. Als nächstes wird überprüft, ob die formellen gesetzlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen erfüllt sind, insbesondere ob die Unterlagen vollständig sind.<br />

3. Sachprüfung: <strong>Patente</strong>xperten beurteilen die Erfindung im Hinblick auf die Neuheit,<br />

erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit <strong>und</strong> genügende Offenbarung<br />

(Beschreibung der Erfindung). Diese Fragen lassen sich nur mit beträchtlichem<br />

Expertenwissen <strong>und</strong> grossem Aufwand beantworten. Deshalb verzichten die Patentämter<br />

vieler Länder auf die Sachprüfung. Auch die Schweiz hat die vollständige Sachprüfung<br />

abgeschafft. Das IGE prüft nur, ob eine Erfindung oder ein Patentausschluss vorliegt, ob die<br />

Erfindung genügend beschrieben ist, ob sie sich gewerblich anwenden lässt <strong>und</strong> ob sie in<br />

den Ansprüchen richtig definiert ist. Dritten bleibt selbst bei einer <strong>Patente</strong>rteilung immer<br />

noch die Möglichkeit, das Patent vor Gericht anzufechten.<br />

4. <strong>Patente</strong>rteilung: Der Antragsteller erhält Urk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Patentschrift, <strong>und</strong> das Patent wird<br />

ins Patentregister eingetragen. Zwischen der Anmeldung eines Patents <strong>und</strong> seiner Erteilung<br />

liegen in der Schweiz im Schnitt drei bis vier Jahre. Mit der Erteilung wird das Patent<br />

veröffentlicht.<br />

5. Patent in Kraft: Mit der <strong>Patente</strong>rteilung tritt das Patent in Kraft. Der Patentinhaber hat nun<br />

das Recht, andere wirtschaftliche Verwertungen (wie bspw. Herstellung, Verkauf, Einfuhr)<br />

seiner Erfindung zu verbieten. Das Patent sicher ihm damit eine zeitlich befristete<br />

Exklusivität bei der wirtschaftlichen Nutzung seiner Erfindung.<br />

6. Löschung des <strong>Patente</strong>s: Ein Patent kann aus verschiedenen Gründen vorzeitig erlöschen,<br />

etwa wenn der Inhaber darauf verzichtet, falls er die Jahresgebühren nicht mehr bezahlt<br />

oder wenn das Patent durch ein Gerichtsurteil für nichtig erklärt wurde. In jedem Fall<br />

erlöscht ein Patent spätestens 20 Jahre nach dem Anmeldedatum. Die Erfindung gehört<br />

danach zum Allgemeingut <strong>und</strong> kann von jedermann frei benützt werden.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 11 von 56


1.8 Wie wirken sich <strong>Patente</strong> auf die Forschung aus?<br />

Der Patentschutz fördert die Forschung <strong>und</strong> den technischen Fortschritt.<br />

<strong>Patente</strong> erlauben die Forschung <strong>und</strong> Weiterentwicklung:<br />

Inhaltlich erfasst der Schutz aus einem Patent nur die gewerbsmässige<br />

(wirtschaftliche) Nutzung einer Erfindung. Die Nutzung eines patentierten<br />

Gegenstandes zu Forschungszwecken fällt nicht unter den Patentschutz. Man spricht<br />

hier vom Forschungsprivileg oder Versuchsprivileg. Aufgr<strong>und</strong> dieses Privilegs sind<br />

alle Versuchshandlungen freigestellt, soweit sie der Gewinnung von Erkenntnissen <strong>und</strong><br />

damit der wissenschaftlichen Forschung über den Gegenstand der Erfindung<br />

einschliesslich seiner Verwendungen dienen. Das Forschungsprivileg lässt daher<br />

sowohl für die Gr<strong>und</strong>lagenforschung als auch für die angewandte Forschung viel Raum<br />

<strong>und</strong> unterstellt letztlich nur die Vermarktung der Forschungsergebnisse dem<br />

Patentrecht.<br />

<strong>Patente</strong> sichern Investitionen in die Forschung <strong>und</strong> Entwicklung:<br />

Ein Patent schützt seinen Inhaber für maximal 20 Jahre davor, dass seine Erfindung<br />

ohne seine Zustimmung benutzt wird. Es gibt ihm das Recht, Dritte (namentlich<br />

Konkurrenten) von der wirtschaftlichen Nutzung seiner Erfindung auszuschliessen.<br />

Dieses Recht sichert dem Patentinhaber für eine begrenzte Zeit die Möglichkeit, die im<br />

Erfindungsprozess aufgewendeten Geldmittel wieder einzunehmen <strong>und</strong> Gewinne zu<br />

erwirtschaften. Ohne Patentschutz liesse sich nicht verhindern, dass Dritte als<br />

Trittbrettfahrer die Erfindungen der anderen wirtschaftlich nutzen, ohne sich an den<br />

Kosten der Erfindungen zu beteiligen. Niemand wäre bereit, in die Forschung <strong>und</strong><br />

Entwicklung zu investieren. Das Patent schafft somit einen Anreiz für weitere<br />

Investitionen <strong>und</strong> fördert damit den technischen Fortschritt.<br />

<strong>Patente</strong> verbreiten technisches Wissen:<br />

Der Patentschutz ist der Lohn dafür, dass der Erfinder sein geheimes Wissen preisgibt<br />

<strong>und</strong> seine Erfindung der Allgemeinheit offen legt. Er muss die Erfindung in ihren<br />

Einzelheiten erläutern, so dass ein Fachmann diese aufgr<strong>und</strong> der Beschreibung<br />

nachvollziehen kann. Was nicht hinreichend offen gelegt wurde, ist nicht geschützt. Wer<br />

also auf Geheimhaltung setzen will, kann keinen Patentschutz erlangen. Die Pflicht zur<br />

Bekanntgabe der Einzelheiten der Erfindung (Offenbarungspflicht) stellt die<br />

Verbreitung des aktuellen Stands des technischen Wissens sicher. Andere<br />

Forscher können frei auf dieses Wissen zugreifen <strong>und</strong> auf dieser Gr<strong>und</strong>lage die eigene<br />

Forschung vorantreiben. Das Forschungsprivileg sichert dabei die Forschungsfreiheit.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 12 von 56


1.9 Was ist das Forschungsprivileg?<br />

Inhaltlich erfasst der Schutz aus einem Patent nur die gewerbsmässige<br />

(wirtschaftliche) Nutzung einer Erfindung. Die Nutzung eines patentierten<br />

Gegenstandes zu Forschungszwecken fällt nicht unter den Patentschutz. Man spricht<br />

hier vom Forschungsprivileg oder Versuchsprivileg.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieses Privilegs sind alle Versuchshandlungen freigestellt, soweit sie der<br />

Gewinnung von Erkenntnissen <strong>und</strong> damit der wissenschaftlichen Forschung am<br />

Gegenstand der Erfindung einschliesslich seiner Verwendungen dienen. Dies auch<br />

dann, wenn die Forschung kommerziell ausgerichtet ist.<br />

Beispiel:<br />

Bei der patentierten Sequenz des Gens, das für Insulin kodiert, könnte ergründet<br />

werden, ob die Sequenz für ein oder mehrere weitere Proteine kodiert oder zu anderen<br />

Zwecken eingesetzt werden kann, als für die Synthese von Insulin zwecks Behandlung<br />

von Diabetes.<br />

Die Freistellung gilt aber nur, wenn die patentierte Erfindung Untersuchungsobjekt der<br />

Forschung ist. Nicht vom Forschungsprivileg erfasst ist die Verwendung einer<br />

patentierten Erfindung als Instrument oder Hilfsmittel bei der Forschung. Während also<br />

die Benutzung einer Erfindung freigestellt ist, wenn sie darauf abzielt, neue Erkenntnisse<br />

über den Erfindungsgegenstand zu gewinnen (Forschung am patentierten<br />

Gegenstand), bedarf die Benutzung der Erfindung als Arbeitswerkzeug (Instrument oder<br />

Hilfsmittel), das die Erforschung eines anderen Gegenstands ermöglicht oder erleichtert<br />

(Forschung mit dem patentierten Gegenstand), der Zustimmung des Patentinhabers.<br />

Jedoch besteht im Bereich biotechnologischer Erfindungen bei der Benutzung einer<br />

biotechnologischen Erfindung als Arbeitswerkzeug ein Anspruch auf eine nicht<br />

ausschliessliche Lizenz (Art. 40b PatG).<br />

Das Forschungs- oder Versuchsprivileg erfasst darüber hinaus auch klinische<br />

Versuche, mit denen die Wirksamkeit <strong>und</strong> die Verträglichkeit eines den geschützten<br />

Wirkstoff enthaltenden Arzneimittels an Menschen geprüft wird. Dies auch dann, wenn<br />

die Erprobungen mit dem Ziel vorgenommen werden, Daten für die<br />

arzneimittelrechtliche Zulassung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zu<br />

gewinnen.<br />

Das Forschungsprivileg lässt daher sowohl für die Gr<strong>und</strong>lagenforschung als auch für<br />

die angewandte Forschung viel Raum <strong>und</strong> unterstellt letztlich nur die Vermarktung der<br />

Forschungsergebnisse dem Patentrecht.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.ipr-helpdesk.org/documentos/docsPublicacion/pdf_xml/8_BP-Patenting-and-the-<br />

Research-Exemptio[0000003268_00].pdf (Englisch)<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 13 von 56


2 <strong>Patente</strong> auf dem Gebiet der belebten Natur<br />

2.1 Werden <strong>Patente</strong> auf Leben erteilt?<br />

<strong>Patente</strong> auf "Leben" gibt es nicht. Das Leben als Schöpfung ist nicht patentierbar.<br />

Mit dem Postulat „keine <strong>Patente</strong> auf Leben“ lehnen Kritiker die Patentierung<br />

biotechnologischer Erfindungen <strong>und</strong> insbesondere die Patentierung von DNA-<br />

Sequenzen als Instrumentalisierung oder Aneignung der belebten Natur ab. Diese<br />

Ansicht ist unbegründet.<br />

Das Leben an sich kann <strong>und</strong> soll nicht patentiert werden. Gegenstand eines Patents ist<br />

nicht das Lebewesen in seiner natürlichen Umgebung, sondern eine technische Lehre,<br />

wie der Mensch die Natur zu seinem Vorteil nutzen kann. Ein Patent gibt seinem<br />

Inhaber zudem keine Eigentumsrechte an biologischem Material: Es gibt ihm nur das<br />

Recht, Dritten die Nutzung der patentierten Erfindung zu verbieten. Obschon die<br />

meisten Menschen z.B. ein Gen für Insulin in ihrer Erbinformation tragen, kann der<br />

Inhaber eines Patents an diesem Gen keinerlei Ansprüche geltend machen. Das Patent<br />

unterscheidet sich damit wesentlich vom Eigentumsrecht an Sachen <strong>und</strong> Lebewesen.<br />

Als gewerbliches Schutzrecht regelt das Patent nämlich nur die Rechtsverhältnisse<br />

zwischen Personen <strong>und</strong> nicht etwa zwischen Personen <strong>und</strong> Sachen resp. Tieren oder<br />

Pflanzen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 14 von 56


2.2 Sind Mikroorganismen patentierbar?<br />

<strong>Patente</strong> können sowohl für die Verwendung von Mikroorganismen zur Gewinnung besonderer<br />

Produkte als auch für die Erzeugung von neuen Mikroorganismen als Herstellungsverfahren<br />

erteilt werden. Weiter sind Mikroorganismen als solche seit Jahrzehnten unbestritten<br />

patentierbar.<br />

Beispiel: Bereits vor mehr als 130 Jahren wurden die ersten <strong>Patente</strong> für Mikroorganismen<br />

ausgestellt: Das erste Patent wurde in Finnland für Beckerhefe erteilt. Louis Pasteur erhielt<br />

1873 ein Patent auf gereinigte Bierhefe.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 15 von 56


2.3 Sind Pflanzen patentierbar?<br />

<strong>Patente</strong> können unter den generellen Voraussetzungen der Patentierbarkeit (Neuheit,<br />

erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) auch für Erfindungen erteilt<br />

werden, die Pflanzen betreffen. Der Patentschutz kann sich dabei auf Verfahren zur<br />

technischen Veränderung von Pflanzen oder auf deren Erzeugnisse richten.<br />

Der Ausschluss von Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen von der Patentierung<br />

bedeutet nicht, dass für Erfindungen betreffend Pflanzen kein Patent erteilt<br />

werden darf. Er gilt nur für die Patentierung einzelner Pflanzensorten. Technische<br />

Lehren, die in einer unbestimmten Vielzahl von Pflanzensorten verwirklicht werden<br />

können, sind patentierbar.<br />

Dies wurde auf europäischer Ebene durch den Entscheid der Grossen<br />

Beschwerdekammer vom 20. Dezember 1999 (Transgene Pflanze/Novartis II, Rs. G<br />

1/98; ABl. EPA 2000, 111) bestätigt. Die Grosse Beschwerdekammer des Europäischen<br />

Patentamts entschied, dass ein Anspruch, der keine konkreten Pflanzensorten<br />

identifiziert, nicht von der Patentierung ausgeschlossen ist, auch wenn er<br />

möglicherweise Pflanzensorten umfasst.<br />

Beispiel:<br />

Für eine neue Kartoffelsorte (Amandine, Charlotte etc.) kann kein Patent erteilt werden.<br />

Demgegenüber ist eine technische Anweisung, wie eine Resistenz gegen bestimmte<br />

Schädlinge genetisch in verschiedene Pflanzensorten (z.B. in alle Kartoffeln)<br />

eingebracht werden kann, patentierbar, wenn die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt<br />

sind.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.european-patent-office.org/epo/pubs/oj000/3_00/3_1110.pdf<br />

http://www.iprhelpdesk.org/documentos/docsPublicacion/pdf_xml/8_TheProtectionOfPlantInventionsAndPlant<br />

VarietyRightsInEurope[0000001278_01].pdf<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 16 von 56


2.4 Sind Tiere patentierbar?<br />

<strong>Patente</strong> können unter den generellen Voraussetzungen der Patentierbarkeit (Neuheit,<br />

erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) auch für Erfindungen erteilt<br />

werden, die Tiere betreffen. Der Patentschutz kann sich dabei auf Verfahren zur<br />

technischen Veränderung von Tieren oder auf deren Erzeugnisse richten.<br />

Der Ausschluss von Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen von der Patentierung<br />

bedeutet nicht, dass für Erfindungen betreffend Tiere kein Patent erteilt werden<br />

darf. Er gilt nur für die Patentierung einzelner Tierrassen. Technische Lehren, die in<br />

einer unbestimmten Vielzahl von Tierrassen verwirklicht werden können, sind<br />

patentierbar.<br />

Dies wurde auf europäischer Ebene durch den Entscheid der Technischen<br />

Beschwerdekammer vom 6. Juli 2004 (Transgenes Tier/Harvard, Rs. T 315/03, ABl. EPA<br />

2005, 246) bestätigt. Die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts<br />

entschied, dass ein Anspruch, der keine konkrete Tierrasse identifiziert, nicht von der<br />

Patentierung ausgeschlossen ist, auch wenn er möglicherweise Tierrassen umfasst.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://legal.european-patent-office.org/dg3/biblio/t030315ex1.htm (Englisch)<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 17 von 56


2.5 Ist der Mensch patentierbar?<br />

Der Mensch ist nicht patentierbar.<br />

Die Achtung der Menschenwürde verbietet, dass der Mensch als solcher patentiert wird.<br />

Der menschliche Körper ist in allen Phasen seiner Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung von der<br />

Patentierung ausgeschlossen. Der Ausschluss erstreckt sich insbesondere auch auf<br />

alle Entwicklungsstadien des ungeborenen Lebens.<br />

Der Ausschluss des menschlichen Körpers von der Patentierung ist aber kein Verbot<br />

der Patentierung von biologischem Material, das vom Menschen stammt. Ein<br />

Bestandteil des menschlichen Körpers (z.B. ein Gen) kann Gegenstand einer<br />

Erfindung sein <strong>und</strong> patentiert werden, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils<br />

mit dem natürlich im Menschen vorkommenden identisch ist. Die Erteilung eines<br />

Patents setzt allerdings voraus, dass alle Kriterien für die Patentierung erfüllt sind, d.h.<br />

es muss eine Erfindung vorliegen, die neu, nicht naheliegend <strong>und</strong> gewerblich<br />

anwendbar ist. Der Erfindungscharakter ist dann zu bejahen, wenn der Bestandteil<br />

des menschlichen Körpers isoliert oder auf andere Weise durch ein technisches<br />

Verfahren gewonnen <strong>und</strong> zudem ein technischer Nutzeffekt angegeben wird. Die<br />

Rechte aus dem Patent erstrecken sich allerdings nicht auf den menschlichen Körper<br />

<strong>und</strong> dessen Bestandteile in seiner natürlichen Umgebung.<br />

Die gleichen Gr<strong>und</strong>sätze gelten auch nach der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen<br />

Parlamentes <strong>und</strong> des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz<br />

biotechnologischer Erfindungen. Der Europäische Gerichtshof folgte daher in seinem<br />

Urteil vom 9. Oktober 2001 dem Hauptargument der niederländischen Regierung nicht,<br />

dass gewisse Vorschriften der Richtlinie Gr<strong>und</strong>rechte verletzen, nämlich die<br />

Menschenwürde <strong>und</strong> die Unversehrtheit der Person. Nach Ansicht des Europäischen<br />

Gerichtshofes fasst die Richtlinie das Patentrecht so streng, dass der menschliche<br />

Körper tatsächlich unverfügbar <strong>und</strong> unveräusserlich bleibe <strong>und</strong> die Menschenwürde<br />

gewahrt werde. Die Entdeckung von Bestandteilen des menschlichen Körpers könne<br />

nicht geschützt werden. Gegenstand eines Patents könnten nur Erfindungen sein, die<br />

einen natürlichen Bestandteil mit einem technischen Verfahren in Verbindung brächten,<br />

mit dem dieser im Hinblick auf eine gewerbliche Anwendung isoliert oder vermehrt<br />

werde. Darüber hinaus erfasse der Patentschutz beim Menschen natürlich<br />

vorkommende biologische Bestandteile nur, soweit sie für die Durchführung <strong>und</strong><br />

Verwertung einer besonderen gewerblichen Anwendung erforderlich seien.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.iprhelpdesk.org/documentos/docsPublicacion/pdf_xml/8_BPBiotechMain[0000001087_01].pdf<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 18 von 56


2.6 Sind menschliche embryonale Stammzellen<br />

patentierbar?<br />

Seit der Inkraftsetzung des Stammzellenforschungsgesetzes sind unveränderte<br />

menschliche embryonale Stammzellen <strong>und</strong> Stammzelllinien explizit im<br />

Patentgesetz von der Patentierung ausgeschlossen.<br />

Mit dem Inkrafttreten des Stammzellenforschungsgesetz am 1. März 2005 wurde der<br />

sehr offen gefasste Patentierungsausschluss der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> der guten<br />

Sitten konkretisiert.<br />

Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e PatG werden für unveränderte menschliche<br />

embryonale Stammzellen <strong>und</strong> Stammzelllinien keine <strong>Patente</strong> erteilt. Genetisch<br />

modifizierte oder durch andere Prozesse veränderte embryonale Stammzellen bzw.<br />

Stammzelllinien sind vom Ausschlussgr<strong>und</strong> von Buchstabe e nicht erfasst.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 19 von 56


2.7 Sind Gene patentierbare Erfindungen oder blosse<br />

Entdeckungen?<br />

Unter einer Entdeckung versteht man das blosse Auffinden <strong>und</strong> Beschreiben von<br />

etwas bereits Existierendem. Eine Entdeckung beinhaltet eine (wissenschaftliche)<br />

Erkenntnis. Sie erweitert im Unterschied zur Erfindung nicht die technischen<br />

Möglichkeiten des Menschen, sondern nur sein Wissen.<br />

Eine Erfindung beinhaltet dagegen die praktische Anwendung einer Erkenntnis auf<br />

technischem Gebiet. Sie gibt Anweisungen, wie ein technisches Problem mit<br />

technischen Mitteln zu lösen ist. Für die Erfindung massgebend ist der technische<br />

Nutzeffekt.<br />

Beispiel:<br />

Die Erkenntnis der Eigenschaft der Röntgenstrahlen, Materie zu durchdringen <strong>und</strong><br />

deren Inneres sichtbar zu machen, ist eine Entdeckung. Erst deren Einsatz in der<br />

Medizin (Herstellung von Röntgenbildern) ist eine Erfindung.<br />

Erfindung <strong>und</strong> Entdeckung schliessen sich nicht gegenseitig aus. Vielmehr kann<br />

eine Entdeckung die Gr<strong>und</strong>lage für eine Erfindung bilden. Eine Erfindung ist mit<br />

anderen Worten auch die technische Anwendung der Erkenntnisse aus einer<br />

Entdeckung. Dementsprechend kann auch biologisches Material, das entdeckt wurde,<br />

eine Erfindung sein, wenn gesagt wird, wie es hergestellt werden kann <strong>und</strong> welchen<br />

technischen Effekt sich mit ihm erzielen lässt.<br />

Die Beschreibung der Struktur einer natürlich vorkommenden Gen-Sequenz ohne<br />

Angabe einer Funktion <strong>und</strong> eines gewerblich anwendbaren Zwecks beinhaltet nur eine<br />

Erkenntnis, die als Entdeckung nicht patentiert werden kann. Diese Erkenntnis<br />

bereichert zwar das menschliche Wissen, nicht aber die technischen Möglichkeiten.<br />

Eine patentierbare Erfindung liegt erst dann vor, wenn über die blosse Beschreibung<br />

der Gen-Sequenz hinaus dargelegt wird, wie man sie isolieren oder anders technisch<br />

herstellen kann, <strong>und</strong> wenn überdies aufgezeigt wird, wie sie im Anschluss gewerblich<br />

verwendet werden kann. Es muss also eine bestimmte technische Nutzung der Gen-<br />

Sequenz konkret beschrieben werden. Unter dieser Voraussetzung konnten bereits vor<br />

mehr als 20 Jahren die ersten <strong>Patente</strong> auf menschlichen Genen erteilt werden.<br />

Beispiel:<br />

Insulin ist das einzige Hormon, mit dem der Blutzuckergehalt auf den Normalwert<br />

eingestellt wird. Für einen Diabetiker müssten zur Deckung seines Jahresbedarfs an<br />

Insulin ca. 50 Bauchspeicheldrüsen von Schweinen aufgearbeitet werden. Der<br />

Weltbedarf an Insulin liesse sich auf diese Weise nicht mehr decken. Die Lösung<br />

brachte gentechnisch hergestelltes menschliches Insulin, für das 1984 ein Patent erteilt<br />

wurde. Die Erkenntnis allein, dass es ein Gen für Insulin gibt, erweitert zunächst nur das<br />

menschliche Wissen <strong>und</strong> nicht die technischen Möglichkeiten: Sie nützt keinem<br />

Zuckerkranken. Die praktische Anwendung dieser Erkenntnis, nämlich die Nutzung des<br />

Gens zur Herstellung von Insulin, macht aus der Entdeckung eine Erfindung.<br />

Ein Patent setzt selbstverständlich auch in diesem Fall voraus, dass die allgemeinen<br />

Voraussetzungen für die Patentierung (insbesondere Neuheit <strong>und</strong> erfinderische<br />

Tätigkeit) erfüllt sind. Da der Bereich der <strong>Biotechnologie</strong> raschen Veränderungen<br />

unterliegt, ist auch die Beurteilung der Voraussetzungen für die Patentierung stetig im<br />

Fluss. Galt die Sequenzierung einer Gensequenz vor Jahren noch als Innovation, so ist<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 20 von 56


sie heute ein von Computern durchgeführtes Routineverfahren. Eine erfinderische<br />

Tätigkeit ist daher praktisch nur noch bei der Aufklärung einer oder mehrerer<br />

Funktionen einer bereitgestellten DNA-Sequenz möglich.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 21 von 56


2.8 Welche Ausschlüsse von der Patentierung kennt das<br />

schweizerische Recht?<br />

Das schweizerische Recht sieht im Zusammenhang mit der Patentierung von<br />

Erfindungen auf dem Gebiet der belebten Natur vor, dass keine <strong>Patente</strong> erteilt werden<br />

für:<br />

1. Erfindungen, deren Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten<br />

Sitten verstösst. Ein Verstoss ist zu bejahen, wenn die gewerbliche Nutzung der<br />

Erfindung tragende Rechtsnormen bzw. ethische Prinzipien von zentraler Bedeutung<br />

<strong>und</strong> allgemeiner Verbindlichkeit verletzt.<br />

Beispiel:<br />

Es können keine <strong>Patente</strong> für Verfahren zum Klonen von Menschen oder für<br />

Verfahren zur Veränderung der in der Keimbahn enthaltenen genetischen Identität<br />

des menschlichen Lebewesens erteilt werden.<br />

Dieser Ausschlussgr<strong>und</strong> wurde bei der Patentgesetzrevision im Bereich der<br />

<strong>Biotechnologie</strong>, welche am 1. Juli 2008 in Kraft getreten ist, konkretisiert <strong>und</strong><br />

gesetzlich näher bestimmt. So wurde der allgemeine Vorbehalt der öffentlichen<br />

Ordnung <strong>und</strong> der guten Sitten durch die Nennung der Menschenwürde (Artikel 7 BV;<br />

Artikel 119 BV) <strong>und</strong> der Würde der Kreatur (Artikel 120 BV) sowie durch eine<br />

Ergänzung der beispielhaften Auflistung der von der Patentierung<br />

ausgeschlossenen Erfindungen weiter präzisiert.<br />

2. Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen sowie im wesentlichen biologische Verfahren zur<br />

Züchtung von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, wobei mikrobiologische Verfahren <strong>und</strong> die damit<br />

gewonnenen Erzeugnisse patentierbar sind.<br />

Der Ausschluss von Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen von der Patentierung<br />

bedeutet nicht, dass für Erfindungen betreffend Organismen kein Patent erteilt<br />

werden darf. Er gilt ausserdem nur für die Patentierung einzelner Pflanzensorten<br />

(<strong>und</strong> Tierrassen). Technische Lehren, die in einer unbestimmten Vielzahl von<br />

Pflanzensorten (oder Tierrassen) verwirklicht werden können, sind patentierbar.<br />

Beispiel:<br />

Für eine neue Kartoffelsorte (Amandine, Charlotte etc.) kann kein Patent erteilt<br />

werden. Demgegenüber ist eine Lehre, wie eine Resistenz gegen bestimmte<br />

Schädlinge genetisch in verschiedene Pflanzensorten (z.B.in alle Kartoffeln)<br />

eingebracht werden kann, patentierbar, wenn die allgemeinen Voraussetzungen<br />

(Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) erfüllt sind.<br />

3. Verfahren der Chirurgie, Therapie <strong>und</strong> Diagnostik, die am menschlichen oder<br />

tierischen Körper angewendet werden. Erzeugnisse, insbesondere Stoffe <strong>und</strong><br />

Stoffgemische, die in solchen Verfahren angewendet werden oder die Heilzwecken<br />

dienen, sowie deren Herstellungsverfahren sind demgegenüber dem Patentschutz<br />

zugänglich. Dementsprechend sind auch gentechnisch hergestellte oder veränderte<br />

Produkte, die im Rahmen einer Therapie oder zur Diagnose eingesetzt werden,<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich patentierbar.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 22 von 56


Beispiel:<br />

Ein Verfahren zur Behandlung von Brandw<strong>und</strong>en ist von der Patentierung<br />

ausgeschlossen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 23 von 56


2.9 Welche Ausschlussgründe sieht das Europäische<br />

Patentübereinkommen vor?<br />

Auch nach dem Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) sind biotechnologische<br />

Erfindungen patentierbar, wenn sie die allgemeinen Patentierungsvoraussetzungen von<br />

Artikel 52 Absatz 1 EPÜ (Neuheit, erfinderische Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit)<br />

erfüllen.<br />

Gemäss Artikel 53 EPÜ werden Europäische <strong>Patente</strong> nicht erteilt für:<br />

1. Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung<br />

oder die guten Sitten verstossen würde; ein solcher Verstoss kann nicht allein aus<br />

der Tatsache hergeleitet werden, dass die Verwertung der Erfindung in allen oder<br />

einem Teil der Vertragsstaaten durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten<br />

ist;<br />

2. Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur<br />

Züchtung von Pflanzen oder Tieren.<br />

Mikrobiologische Verfahren <strong>und</strong> mit ihrer Hilfe gewonnene Erzeugnisse sind hingegen<br />

patentierbar.<br />

Artikel 53 EPÜ enthält indessen kein generelles Patentierungsverbot von Erfindungen<br />

betreffend Tiere <strong>und</strong> Pflanzen. Dies bestätigt der Entscheid der Grossen<br />

Beschwerdekammer vom 20. Dezember 1999 (Transgene Pflanze/Novartis II, Rs. G<br />

1/98; ABl. EPA 2000, 111).<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.epo.org/patents/law/legal-texts/html/epc/1973/d/ar53.html<br />

http://www.european-patent-office.org/epo/pubs/oj000/3_00/3_1110.pdf<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 24 von 56


2.10 Welche Ausschlussgründe sieht die EU-Richtlinie<br />

98/44/EG vor?<br />

Die Europäische Union hat mit der Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998 über den<br />

rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen besondere Rechtsregeln geschaffen.<br />

Die Richtlinie bestimmt, dass biotechnologische Erfindungen patentierbar sind, soweit die<br />

allgemeinen Voraussetzungen für ein Patent erfüllt sind <strong>und</strong> kein spezifischer Ausschluss<br />

vorgesehen ist.<br />

Die Ausschlussgründe sind in Artikel 4-6 EU-Richtlinie 98/44/EG aufgeführt. Von der<br />

Patentierung ausgeschlossen sind demnach:<br />

1. Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur<br />

Züchtung von Pflanzen oder Tieren; jedoch können unter gewissen Bedingungen<br />

Erfindungen, deren Gegenstand Pflanzen oder Tiere sind, patentiert werden;<br />

Erfindungen, die ein mikrobiologisches oder sonstiges technisches Verfahren oder<br />

dadurch gewonnenes Erzeugnis zum Gegenstand haben, können patentiert werden;<br />

2. der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung <strong>und</strong><br />

Entwicklung sowie die blosse Entdeckung einer seiner Bestandteile (inkl. DNA-<br />

Sequenzen oder Teilsequenzen);<br />

3. Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die<br />

guten Sitten verstossen würde; dazu gehören Verfahren zum Klonen menschlicher<br />

Lebewesen, Verfahren zur Veränderung der Identität der Keimbahnen eines<br />

menschlichen Lebewesens, die Verwendung von menschlichen Embryonen zu<br />

industriellen oder kommerziellen Zwecken sowie gewisse Verfahren zur Änderung<br />

der genetischen Identität von Tieren (Verbot von sog. Qualzüchtungen).<br />

Informationen:<br />

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1998:213:0013:0021:DE:PDF<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 25 von 56


2.11 Welche Ausschlüsse von der Patentierung lässt das<br />

WTO/TRIPS-Abkommen zu?<br />

Das WTO/TRIPS-Abkommen lässt folgende Ausschlüsse von der Patentierung zu:<br />

1. Die Mitgliedstaaten können die Patentierung von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, mit<br />

Ausnahme von Mikroorganismen, sowie von im wesentlichen biologischen<br />

Verfahren zur Züchtung von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, mit Ausnahme von nicht<br />

biologischen <strong>und</strong> mikrobiologischen Verfahren, verbieten.<br />

2. Sie können Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschliessen, wenn die<br />

Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung zum Schutz der öffentlichen<br />

Ordnung oder der guten Sitten, einschliesslich des Schutzes des Lebens oder der<br />

Ges<strong>und</strong>heit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer<br />

schweren Schädigung der Umwelt notwendig ist.<br />

3. Die Mitgliedstaaten können ebenfalls diagnostische, therapeutische <strong>und</strong><br />

chirurgische Verfahren für die Behandlung von Menschen <strong>und</strong> Tieren von der<br />

Patentierbarkeit ausschliessen.<br />

Diese Ausschlussgründe sind fakultativ.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 26 von 56


2.12 Warum sind Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen von der<br />

Patentierung ausgeschlossen?<br />

Das schweizerische Patentrecht bestimmt, dass Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen von der<br />

Patentierbarkeit ausgenommen sind. Dieser Ausschluss von Pflanzensorten <strong>und</strong><br />

Tierrassen von der Patentierung bedeutet allerdings nicht, dass für sämtliche<br />

Erfindungen betreffend Organismen kein Patent erteilt werden darf.<br />

Begriffklärung:<br />

Der Begriff Pflanzensorte bezeichnet lediglich eine Pflanzengruppe innerhalb der<br />

tiefsten bekannten botanischen Rangstufe, die sich von anderen Gruppen innerhalb<br />

desselben Ranges durch mindestens ein Merkmal unterscheidet.<br />

In Analogie zur Definition der Pflanzensorte bezeichnet der Begriff Tierrasse eine<br />

Gruppe von Tieren innerhalb der tiefsten bekannten zoologischen Rangstufe, die sich<br />

von anderen Gruppen innerhalb derselben Stufe durch mindestens ein Merkmal<br />

unterscheidet.<br />

Entstehungsgeschichte des Patentierungsausschlusses:<br />

Zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts war die Gentechnologie noch unbekannt.<br />

Züchtungsergebnisse bezüglich Pflanzen <strong>und</strong> Tieren beruhten im Wesentlichen auf<br />

biologischen Verfahren, die sich nicht wie eine technische Regel wiederholen liessen.<br />

Züchtungen wurden daher als nicht technisch <strong>und</strong> folglich auch als nicht<br />

patentfähig angesehen.<br />

Um dem Schutzinteresse der Pflanzenzüchter für ihre Anstrengungen Rechnung zu<br />

tragen, wurde 1961 das Internationale Abkommen zum Schutz von<br />

Pflanzenzüchtungen (UPOV-Übereinkommen) abgeschlossen. Dieses schuf ein<br />

besonderes Schutzrecht (Sortenschutzrecht). Es enthielt zudem ein<br />

Doppelschutzverbot, welches die Zuerkennung eines Züchterrechts durch die<br />

gleichzeitige Gewährung eines besonderen Schutzrechts <strong>und</strong> eines Patents<br />

ausschloss.<br />

Im Jahre 1973 wurde dann das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ)<br />

abgeschlossen. Artikel 53 lit. b enthält aus den erwähnten Gründen <strong>und</strong> wegen des<br />

Verbots des Doppelschutzes im UPOV-Übereinkommen einen Ausschluss von<br />

Pflanzensorten <strong>und</strong> Tierrassen.<br />

Mit dem Aufkommen der modernen <strong>Biotechnologie</strong> liessen sich gewisse Verfahren <strong>und</strong><br />

Erzeugnisse im pflanzlichen Bereich dem Gebiet der Technik zuordnen. Damit stand<br />

der Weg zur Patentierung offen. Zur Verhinderung einer Schutzlücke für pflanzliche<br />

Errungenschaften legte das Europäische Patentamt die Ausnahmebestimmung für<br />

Pflanzensorten eng aus <strong>und</strong> erteilte <strong>Patente</strong> auch für Erfindungen betreffend<br />

Pflanzen. Diese Praxis wurde von der Grossen Beschwerdekammer in ihrer<br />

Entscheidung vom 20. Dezember 1999 (Rechtssache G 01/98, Transgenic<br />

plant/NOVARTIS II) bestätigt.<br />

Mit der Revision des UPOV-Übereinkommens im Jahre 1991 ist zudem das<br />

Doppelschutzverbot weggefallen.<br />

Die Praxis des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum, die mit einer<br />

Änderung der Prüfungsrichtlinien im Jahre 1986 eingeführt wurde, lässt aus den<br />

dargelegten Gründen ebenfalls <strong>Patente</strong> für Erfindungen betreffend Organismen zu.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 27 von 56


Weitere Informationen:<br />

http://www.european-patent-office.org/epo/pubs/oj000/3_00/3_1110.pdf<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 28 von 56


2.13 Wie spielen Sortenschutz <strong>und</strong> Patentschutz bei<br />

Pflanzen zusammen?<br />

Das Sortenschutzrecht gehört wie das Patentrecht zu den Immaterialgüterrechten;<br />

beide gewähren dem Inhaber eines Schutztitels ein Ausschliesslichkeitsrecht. Der<br />

Inhaber eines Sortenschutztitels oder eines <strong>Patente</strong>s kann also Dritten die Benutzung<br />

seiner Sorte bzw. seiner Erfindung verbieten oder von der Bezahlung einer<br />

Lizenzgebühr abhängig machen. Obwohl die beiden Schutzsysteme gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

gleich funktionieren, bestehen erhebliche Unterschiede mit Bezug auf den<br />

Schutzgegenstand, die Voraussetzungen für den Schutz sowie den Schutzumfang.<br />

Diese Unterschiede berücksichtigen, dass sich die Schaffung einer neuen Sorte von der<br />

Schaffung einer technischen Erfindung unterscheidet.<br />

Schutzgegenstand ist bei einem Sortenschutzrecht die Pflanzensorte als konkrete<br />

Sache, bei einem Patent die Erfindung (Verfahren oder Erzeugnis) als generische<br />

Handlungslehre (eine Lehre zum planmässigen Handeln unter Einsatz von Naturstoffen<br />

<strong>und</strong> Naturkräften zur Erreichung eines bestimmten Erfolgs). Die Erfindung beinhaltet<br />

also die praktische Anwendung einer Erkenntnis auf technischem Gebiet. Sie kann<br />

auch pflanzenbiologisches Material zum Gegenstand haben.<br />

Auch mit Bezug auf die Schutzvoraussetzungen <strong>und</strong> den Schutzumfang bestehen<br />

Unterschiede <strong>und</strong> Berührungspunkte. Die Erteilung eines Patents setzt voraus, dass die<br />

Erfindung neu, auf erfinderischer Tätigkeit beruhend <strong>und</strong> gewerblich anwendbar ist.<br />

Demgegenüber sind die Erteilungsvoraussetzungen für das Sortenschutzrecht in<br />

Anpassung an die Besonderheiten der biologischen Materie mit der Unterscheidbarkeit,<br />

der Homogenität, der Beständigkeit <strong>und</strong> der Neuheit tiefer. Dem entspricht der<br />

geringere Schutzumfang des Sortenschutzrechtes, der sich gr<strong>und</strong>sätzlich nur auf das<br />

Vermehrungsmaterial erstreckt (die Erweiterung auf das Erntegut gilt nur, sofern der<br />

Sortenschutzinhaber keine angemessene Möglichkeit hatte, sein Recht beim<br />

Vermehrungsmaterial geltend zu machen). Der vom Patentrecht gewährte Schutz ist<br />

umfassender: So bedarf nach Artikel 8 PatG jede gewerbsmässige Benutzung der<br />

Erfindung der Einwilligung des Patentinhabers. Die Erteilung eines Patents mit einem<br />

Anspruch auf eine Pflanzensorte ist ausgeschlossen (BGE 121 III 125, 133), nicht<br />

jedoch ein Patentanspruch auf eine Pflanze, der auch die Pflanzensorten, die die<br />

erfindungsgemässen Merkmale aufweisen <strong>und</strong> damit unter diesen Anspruch fallen,<br />

einschliesst.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 29 von 56


2.14 Wie ist die Rechtslage für biotechnologische<br />

Erfindungen in anderen Ländern?<br />

Biotechnologische Erfindungen, welche die allgemeinen<br />

Patentierungsvoraussetzungen erfüllen, sind in den Industrieländern<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich patentierbar.<br />

Die wichtigsten Handelspartner der Schweiz ausserhalb Europas (Japan, USA)<br />

gewähren <strong>Patente</strong> für biotechnologische Erfindungen. In den USA werden wie in der<br />

Schweiz <strong>und</strong> Europa <strong>Patente</strong> für biotechnologische Erfindungen erteilt, wenn die<br />

allgemeinen Patentierungsvoraussetzungen vorliegen: Neuheit (novelty), fehlende<br />

Offensichtlichkeit (nonobviousness), Nützlichkeit (utility).<br />

Zu Beginn des Jahres 2001 hat die US-amerikanische Patentbehörde neue Richtlinien<br />

für die gewerbliche Anwendbarkeit herausgegeben, mit denen die Anforderungen an die<br />

Angaben zur gewerblichen Anwendbarkeit generell verschärft worden sind. Diese<br />

Erhöhung der Anforderungen betrifft auch <strong>Patente</strong> auf DNA-Sequenzen.<br />

Dementsprechend ist eine spezifizierte <strong>und</strong> substantielle Angabe der gewerblichen<br />

Anwendbarkeit der Sequenz erforderlich, um ein Patent erhalten zu können. Im<br />

Unterschied zur Schweiz <strong>und</strong> Europa kennt das US-amerikanische Patentrecht<br />

indessen praktisch keine Ausschlüsse von der Patentierbarkeit. Insbesondere kennt es<br />

keine ethisch motivierten Ausschlüsse.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 30 von 56


2.15 Was bezweckt die europäische Richtlinie über den<br />

rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen?<br />

Ziel der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlamentes <strong>und</strong> des Rates vom 6. Juli<br />

1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ist es, die nationalen<br />

Patentgesetze der EU-Mitgliedstaaten bezüglich der Patentierung von<br />

biotechnologischen Erfindungen anzugleichen. Dies soll zu mehr Rechtssicherheit<br />

innerhalb der EU führen, die internationale Wettbewerbssituation für die europäische<br />

Wirtschaft stärken <strong>und</strong> die Innovation auf dem Gebiete der <strong>Biotechnologie</strong> fördern.<br />

Die Richtlinie bestimmt, dass biotechnologische Erfindungen patentierbar sind, soweit<br />

die allgemeinen Voraussetzungen für ein Patent erfüllt sind <strong>und</strong> kein spezifischer<br />

Ausschlussgr<strong>und</strong> vorgesehen ist. Die Richtlinie konkretisiert zudem gewisse<br />

Ausschlussgründe, regelt die Reichweite des Patentschutzes <strong>und</strong> führt ein<br />

Landwirteprivileg ein.<br />

Es ist aber hervorzuheben, dass mit der Richtlinie der Patentschutz für<br />

biotechnologische Erfindungen nicht neu eingeführt wird. Die Richtlinie gewährt<br />

auch keine erweiterten Patentierungsmöglichkeiten. Vielmehr präzisiert die<br />

Richtlinie das Patentrecht für biotechnologische Erfindungen auf der Gr<strong>und</strong>lage der<br />

bisherigen <strong>Patente</strong>rteilungspraxis des Europäischen Patentamtes sowie der nationalen<br />

Ämter <strong>und</strong> Gerichte. Durch die Klärung einzelner Abgrenzungsfragen verhindert die<br />

Richtlinie, dass sich die Rechtsprechung <strong>und</strong> Praxis auf diesem Gebiet innerhalb der<br />

EU unterschiedlich entwickeln.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.iprhelpdesk.org/documentos/docsPublicacion/pdf_xml/8_BPBiotechMain[0000001087_01].pdf<br />

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:1998:213:0013:0021:DE:PDF<br />

http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/lvb/l26026.htm<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 31 von 56


2.16 Welche Kontrollmöglichkeiten bestehen bei der<br />

Erteilung von <strong>Patente</strong>n für biotechnologische<br />

Erfindungen durch das Europäische Patentamt?<br />

Europäische Patentanmeldungen werden spätestens 18 Monate nach dem<br />

Anmeldedatum veröffentlicht. Von diesem Moment an hat jeder das Recht, Einsicht in<br />

die Anmeldeunterlagen zu nehmen. Dies erlaubt zu prüfen, ob die zum Patent<br />

angemeldete Erfindung den geltenden Rechtsvorschriften entspricht. Es steht<br />

jedermann offen, Einwendungen gegen die Patentierbarkeit der angemeldeten<br />

Erfindung erheben. Diese sind schriftlich dem Europäischen Patentamt einzureichen<br />

<strong>und</strong> zu begründen.<br />

Auch nach der Erteilung eines Patents durch das Europäische Patentamt, die ebenfalls<br />

publiziert wird, besteht – soweit erforderlich – eine weitere Möglichkeit zur Korrektur. So<br />

kann jedermann innerhalb von 9 Monaten nach Erteilung des <strong>Patente</strong>s Einspruch<br />

gegen ein Patent einlegen. Der Einspruch führt zu einer Überprüfung des <strong>Patente</strong>s.<br />

Ein erteiltes europäisches Patent kann auch vom nationalen Richter auf Klage hin<br />

überprüft werden. Dabei kann insbesondere auch überprüft werden, ob die Erfindung<br />

von der Patentierung ausgeschlossen ist, etwa weil ihre Verwertung gegen den<br />

Vorbehalt der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> den guten Sitten verstösst. Diese sogenannte<br />

Nichtigkeitsklage gegen ein Patent ist an keine Fristen geb<strong>und</strong>en. Der Richter ist auch<br />

nicht an einen Entscheid eines Einspruchsverfahrens geb<strong>und</strong>en.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 32 von 56


3 Neuerungen ab 1. Juli 2008 aufgr<strong>und</strong> der In Kraft<br />

getretenen Revision des Patentgesetzes im Bereich<br />

biotechnologischer Erfindungen<br />

3.1 Warum wurde das Patentgesetz einer Revision<br />

unterzogen?<br />

Den Anstoss zur Teilrevision im Patentrecht gab ein parlamentarischer Vorstoss,<br />

die Motion von Ständerätin Leumann vom 10. Juni 1998. Die Motion Leumann<br />

forderte den B<strong>und</strong>esrat auf, das schweizerische Patentrecht an die Richtlinie<br />

98/44/EG des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 6. Juli 1998 über den<br />

rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen anzupassen.<br />

Der Nationalrat überwies diese Motion am 20. April 1999 an den B<strong>und</strong>esrat (mit 82 zu<br />

54 Stimmen).<br />

Die Motion Leumann verlangte Anpassungen in folgenden Punkten:<br />

• Nähere Bestimmung der Grenzen der Patentierbarkeit biotechnologischer<br />

Erfindungen.<br />

• Umschreibung der Funktion der Ethikkommission.<br />

• Klarstellung der Schutzwirkungen des <strong>Patente</strong>s bei Ansprüchen auf biologisches<br />

Material.<br />

• Einführung eines Landwirteprivileges.<br />

In Erfüllung dieser Motion verabschiedete der B<strong>und</strong>esrat im November 2005 die<br />

Botschaft zur Änderung des Patenrechts <strong>und</strong> zum B<strong>und</strong>esbeschluss über die<br />

Genehmigung des Patentrechtsvertrags <strong>und</strong> deren Ausführungsverordnung (BBl 2006,<br />

1 ff.). Schwerpunkt dieser Botschaft bildete der Patentschutz für Erfindungen in der<br />

<strong>Biotechnologie</strong>.<br />

Sie beinhaltete aber noch weitere Themen:<br />

- die Ratifizierung des Patentrechtsvertrags (Patent Law Treaty, PLT), welcher die<br />

Formalitäten bei der Erteilung von <strong>Patente</strong>n weltweit vereinheitlichen will;<br />

- einen Vorschlag für eine Exportlizenz für patentgeschützte Arzneimittel an<br />

Entwicklungsländer mit fehlender oder ungenügender Produktionskapazität auf dem<br />

pharmazeutischen Gebiet; damit sollte die Entschliessung des Generalrats der WTO<br />

vom 30. August 2003 für die Schweiz umgesetzt werden, welche Entwicklungsländern<br />

einen besseren Zugang zu patentgeschützten Arzneimittel verschaffen will;<br />

Schliesslich trägt die Revision einer Reihe von nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />

Entwicklungen der vergangenen Jahre Rechnung. Hervorzuheben sind Massnahmen<br />

zur Bekämpfung der Piraterie an Geistigem Eigentum sowie die Regelung der<br />

Mehrfachschutzproblematik zwecks Ermöglichung des Parallelimports von marken-<br />

oder urheberrechtlich geschützten Produkten. Die Thematik der Parallelimporte wurde<br />

während den parlamentarischen Beratungen aus der Vorlage herausgelöst <strong>und</strong> bildet<br />

nun eine eigenständige Revisionsvorlage.<br />

Das Parlament hat am 22. Juni 2007 die Revision des Patentgesetzes verabschiedet.<br />

Das Referendum wurde nicht ergriffen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 33 von 56


Weitere Informationen:<br />

http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/1998/d%5Fgesch%5F19983243.htm<br />

http://www.ige.ch/d/jurinfo/j100.shtm#a04<br />

http://www.admin.ch/ch/d/ff/2006/index0_1.html<br />

http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2005/d_gesch_20050082.htm<br />

http://www.parlament.ch/ab/frameset/d/s/4717/246656/d_s_4717_246656_246924.htm<br />

http://www.admin.ch/ch/d/ff/2007/4593.pdf<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 34 von 56


3.2 Welches sind die wichtigsten Neuerungen betreffend<br />

biotechnologischer Erfindungen im Überblick?<br />

Die Revision des Patengesetzes beinhaltet im Vergleich zur bisher geltenden<br />

Rechtslage Präzisierungen <strong>und</strong> Neuerungen für biotechnologische Erfindungen in<br />

folgenden Bereichen:<br />

Grenzen der Patentierbarkeit: Zum einen werden die Grenzen der Patentierbarkeit<br />

bezogen auf den menschlichen Körper <strong>und</strong> auf Gensequenzen im Gesetz verdeutlicht.<br />

Zum anderen erfährt auch der allgemeine Vorbehalt der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> guten<br />

Sitten eine Konkretisierung.<br />

Schutzwirkungen eines Patents mit Ansprüchen auf biologisches Material: Diese<br />

werden im Wesentlichen in Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie geregelt. Darüber<br />

hinaus werden mit einer gesetzlichen Beschränkung der Schutzwirkung unangemessen<br />

breite Patentansprüche auf DNA-Sequenzen vermieden.<br />

Massnahmen zur Sicherstellung der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung: Neu wird das<br />

bislang ungeschriebene Forschungsprivileg im Patengesetz rechtlich verankert. Dieses<br />

erlaubt die wissenschaftliche Forschung am Gegenstand der Erfindung auch ohne<br />

Zustimmung des Patentinhabers.<br />

Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen <strong>und</strong> traditionellem Wissen:<br />

Der Patentanmelder wird neu verpflichtet, in der Patentanmeldung gewisse Angaben<br />

über die Quelle einer genetischen Ressource <strong>und</strong> von traditionellem Wissen indigener<br />

<strong>und</strong> lokaler Gemeinschaften zu machen (declaration of source). Diese Massnahme führt<br />

zu einer grösseren Transparenz <strong>und</strong> vereinfacht damit die nachträgliche Kontrolle der<br />

Zugangsberechtigung zu dieser Ressource bzw. zu diesem Wissen sowie die<br />

Durchsetzung einer Aufteilung der allenfalls aus deren Nutzung entstehenden<br />

wirtschaftlichen Vorteile (access and benefit sharing).<br />

Mit diesen Neuerungen <strong>und</strong> Präzisierungen soll ein angemessener Patentschutz für<br />

biotechnologische Erfindungen sichergestellt werden <strong>und</strong> gleichzeitig ein<br />

angemessener Interessenausgleich zwischen Patentinhaber <strong>und</strong> der Allgemeinheit<br />

gewährleistet werden.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 35 von 56


3.3 Inwiefern wurden die Ausschlussgründe der<br />

Patentierbarkeit auf dem Gebiet der belebten Natur<br />

präzisiert?<br />

Die Grenzen der Patentierbarkeit werden in Übereinstimmung mit den Artikeln 119 <strong>und</strong><br />

120 BV <strong>und</strong> in Angleichung an die Artikel 4–6 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie<br />

gesetzlich näher bestimmt:<br />

Artikel 1a <strong>und</strong> 1b PatG verdeutlichen neu diese Grenzen bezogen auf den<br />

menschlichen Körper <strong>und</strong> auf Gensequenzen im Allgemeinen. Demnach sind der<br />

menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung sowie seine<br />

Bestandteile in ihrer natürlichen Umgebung nicht patentierbar. Ebenfalls nicht<br />

patentierbar ist eine natürlich vorkommende Sequenz oder Teilsequenz eines<br />

menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Gens.<br />

Der allgemeine Vorbehalt der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> der guten Sitten in Artikel 2 wird<br />

durch die Nennung der Menschenwürde <strong>und</strong> der Würde der Kreatur sowie durch<br />

Ergänzung der beispielhaften Auflistung der von der Patentierung ausgeschlossenen<br />

Erfindungen weiter präzisiert. Explizit ausgeschlossen von der Patentierung ist nun<br />

auch die Verwendung menschlicher Embryonen zu nicht medizinischen Zwecken. Im<br />

Hinblick auf die Würde der Kreatur werden neu auch sog. Qualzüchtungen verboten.<br />

Damit sind Verfahren gemeint, die in die genetische Identität eines Tieres eingreifen,<br />

<strong>und</strong> geeignet sind, diesem Tier Leid zuzufügen, ohne dass dieser Eingriff durch ein<br />

überwiegendes schutzwürdiges Interesse gerechtfertigt ist. Von der Patentierbarkeit<br />

ausgeschlossen sind auch die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugte Tiere.<br />

Zu beachten ist, dass nicht jede Beeinträchtigung der Würde der Kreatur zu einem<br />

Ausschluss der Patentierbarkeit gestützt auf den Vorbehalt der öffentlichen Ordnung<br />

<strong>und</strong> der guten Sitten führt. Der Ausschlussgr<strong>und</strong> kommt nur dann zum Tragen, wenn<br />

eine qualifizierte Beeinträchtigung vorliegt, die durch keine schutzwürdigen Interessen<br />

gerechtfertigt wären.<br />

Beispiel:<br />

Ein Patent auf einen transgenen Zierfisch, der das Gen einer fluoreszierenden Qualle in<br />

sich trägt <strong>und</strong> daher im Aquarium unter einer UV-Lampe leuchtet, verstösst nicht gegen<br />

den Vorbehalt der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> guten Sitten. Obschon in diesem Fall die<br />

artspezifischen Eigenschaften des Fisches beeinträchtigt werden <strong>und</strong> kein<br />

schutzwürdiges Interesse ersichtlich ist, liegt keine qualifizierte Beeinträchtigung im<br />

Sinne der "Missachtung" der Würde der Kreatur vor.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 36 von 56


3.4 Unter welchen Voraussetzungen sind<br />

Körperbestandteile eines Menschen patentierbar?<br />

Das Patentierungsverbot besteht nur für Köperbestandteile in ihrer natürlichen<br />

Umgebung, also wenn sie Teil eines lebenden oder werdenden Menschen sind.<br />

Ausserhalb ihrer natürlichen Umgebung kann ein Körperbestandteil unter folgenden<br />

Voraussetzungen patentiert werden:<br />

1. Die allgemeine Kriterien für die Patentierung (Erfindung, Neuheit, erfinderische<br />

Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) sind erfüllt;<br />

2. Der menschliche Körperbestandteil ist isoliert oder auf andere Weise durch ein<br />

technisches Verfahren gewonnen worden;<br />

3. Für den menschlichen Körperbestandteil kann einen technischen Nutzeffekt<br />

angegeben werden;<br />

4. Die Verwertung der Erfindung verstösst nicht gegen den Vorbehalt der öffentlichen<br />

Ordnung <strong>und</strong> guten Sitten.<br />

Beispiel:<br />

Zelllinien (bspw. Krebszelllinien) oder Gewebe sind patentierbar, wenn sie die oben<br />

aufgeführten Voraussetzungen erfüllen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 37 von 56


3.5 Unter welchen Voraussetzungen sind Gene<br />

patentierbar?<br />

DNA-Sequenzen oder Teilsequenzen in ihrer natürlichen Umgebung oder in<br />

naturidentischer, isolierter Form sind nicht patentierbar. Dieser Patentauschluss betrifft<br />

nicht nur die menschlichen Gene, sondern auch tierische <strong>und</strong> pflanzliche Gene.<br />

Patentierbar sind aber sämtliche Sequenzen, die sich von einer natürlich<br />

vorkommenden Sequenz oder Teilsequenz eines menschlichen, tierischen oder<br />

pflanzlichen Gens ableiten lassen (z.B. cDNA, RNA, Polypeptide, Proteine etc.).<br />

Eine abgeleitete Sequenz oder Teilsequenz ist unter folgenden Voraussetzungen<br />

patentierbar:<br />

1. Die allgemeine Kriterien für die Patentierung (Erfindung, Neuheit, erfinderische<br />

Tätigkeit, gewerbliche Anwendbarkeit) sind erfüllt;<br />

2. Die abgeleitete Sequenz ist isoliert oder auf andere Weise durch ein technisches<br />

Verfahren gewonnen worden;<br />

3. Die Funktion der abgeleiteten Sequenz wird konkret angegeben (eine Funktion ist<br />

jede nützliche Wirkung oder Eigenschaft einer Sequenz, die ein technisches<br />

Problem löst);<br />

4. Die Verwertung der Erfindung verstösst nicht gegen den Vorbehalt der öffentlichen<br />

Ordnung <strong>und</strong> guten Sitten.<br />

Beispiel:<br />

Erythropoietin (besser bekannt als EPO) ist ein körpereigenes Hormon, dass in den<br />

Nieren gebildet wird. Die Isolation des Hormons <strong>und</strong> die Erkenntnis, dass das Hormon<br />

zur Behandlung von Blutarmut eingesetzt werden kann, machen es unter Vorliegen<br />

oben genannter Voraussetzungen patentierbar.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 38 von 56


3.6 Besteht ein absoluter oder zweckgeb<strong>und</strong>ener<br />

Stoffschutz für <strong>Patente</strong> auf Gen-Sequenzen?<br />

Die Frage, ob der Schutzumfang einer patentierten Gensequenz absolut oder<br />

zweckgeb<strong>und</strong>en sein soll, wurde in der Schweiz wie in anderen Ländern Europas<br />

kontrovers diskutiert.<br />

Absoluter Stoffschutz: Unter dem absoluten Stoffschutz versteht man einen<br />

umfassenden Patentschutz für chemische Stoffe. Der Schutz umfasst alle<br />

Verwendungen des chemischen Stoffes. Er schliesst insbesondere mögliche künftige<br />

Verwendungen des chemischen Stoffes mit ein, auch wenn sie im Patent nicht<br />

beschrieben sind <strong>und</strong> dem Erfinder möglicherweise gar nicht bekannt waren. Der<br />

Patentinhaber hat somit die Befugnis, nicht nur jede Herstellung des patentierten<br />

Stoffes, sondern auch jegliche Verwendungsarten desselben zu untersagen. Ein<br />

absoluter Stoffschutz ist bei Stoffen der klassischen Chemie heute Praxis.<br />

Bezogen auf Gen-Sequenzen bedeutet ein absoluter Stoffschutz, dass ein Patent die<br />

Gen-Sequenz in all ihren Funktionen <strong>und</strong> Verwendungsmöglichkeiten schützt, auch<br />

wenn diese dem Patentinhaber weder im Anmeldungs- noch im Erteilungszeitpunkt<br />

bekannt waren.<br />

Zweckgeb<strong>und</strong>ener Stoffschutz: Der zweckgeb<strong>und</strong>ene Stoffschutz ist ein<br />

eingeschränkter Patentschutz. Er umfasst nicht mehr alle Verwendungen eines<br />

chemischen Stoffes, sondern nur die im Patent konkret dargelegten Verwendungen.<br />

Der Patentinhaber kann nur diese Verwendungsarten untersagen.<br />

Bezogen auf Gen-Sequenzen bedeutet der zweckgeb<strong>und</strong>ene Stoffschutz, dass ein<br />

Patent die Gen-Sequenz mit den in der ursprünglichen Patentanmeldung konkret<br />

beschriebenen Funktionen, Eigenschaften <strong>und</strong> Verwendungszwecken schützt.<br />

Bei der Revision des Patengesetzes hat der Gesetzgeber den Schutzumfang bei Gen-<br />

Sequenzen nicht auf die offenbarten Verwendungen beschränkt (anders Deutschland<br />

<strong>und</strong> Frankreich). Der Schutzumfang wird daher von den Gerichten festzulegen sein.<br />

Artikel 8c PatG begrenzt allerdings den Schutzumfang bei Ansprüchen auf Sequenzen<br />

von Genen insofern, als er nur diejenigen Sequenzabschnitte eines Gens umfasst,<br />

welche die im Patent konkret umschriebene Funktion erfüllt. Der Ansatz führt zu engen<br />

Patentansprüchen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 39 von 56


3.7 Inwiefern erstreckt sich der Patentschutz auch auf<br />

vermehrtes biologisches Material?<br />

Der Patenschutz aus einem Verfahrenspatent erstreckt sich auch auf das vermehrte<br />

biologische Material, sofern dieses dieselben Eigenschaften aufweist. Wäre dies nicht<br />

der Fall, würde der Patentschutz für biologisches Material bei einem Verfahrenspatent<br />

bereits bei der ersten Generation enden, also noch vor Einsetzen eines daran<br />

anschliessenden Vermehrungsvorganges. Patentschutz besteht aber nicht mehr, wenn<br />

die Eigenschaften über die Generationen verloren gehen.<br />

Beispiel:<br />

Der Erwerber einer Zellkultur, die nach einem patentierten Verfahren hergestellt ist,<br />

kann ohne Zustimmung des Erfinders die Kultur nicht zur Produktion von<br />

Gewebetransplantaten verwenden. Würde sich der Patentschutz auf die erste<br />

Generation des biologischen Materials beschränken, wäre dies hingegen<br />

uneingeschränkt möglich.<br />

Bei <strong>Patente</strong>n auf Erzeugnisse, die aus einer genetischen Information bestehen oder<br />

eine genetische Information enthalten, erstreckt sich der Patentschutz auf jedes<br />

biologische Material, in das dieses Erzeugnis eingebracht wird <strong>und</strong> in dem die<br />

genetische Information enthalten ist. Vorausgesetzt ist zudem, dass die genetische<br />

Information, wo sie eingebracht wurde, ihre in der ursprünglichen Patentanmeldung<br />

konkret offenbarte Funktion erfüllt. Der Patentschutz endet, wenn die genetische<br />

Information zwar vorhanden ist, jedoch nicht die im Patent umschriebene Funktion<br />

erfüllt.<br />

Beispiel:<br />

Gelangt die durch ein gentechnisches Verfahren erzielte Pestizid-Resistenz einer<br />

Pflanze durch Kreuzung in eine andere Pflanzensorte, so erstreckt sich der<br />

Patentschutz auch auf diese abgeleitete Pflanzensorte.<br />

Der menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung ist von<br />

dieser Regelung ausdrücklich nicht erfasst. Der Mensch kann folglich auch nicht indirekt<br />

Gegenstand von Ansprüchen eines Patentinhabers werden. Das wäre mit Blick auf die<br />

Menschenwürde <strong>und</strong> den Vorbehalt der öffentlichen Ordnung <strong>und</strong> der guten Sitten nicht<br />

tolerierbar.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 40 von 56


3.8 Inwiefern wurden die Ausnahmen von der Wirkung<br />

eines <strong>Patente</strong>s konkretisiert?<br />

In Anlehnung <strong>und</strong> teilweise Konkretisierung an die bereits gelebte Praxis enthält das<br />

Patentgesetz nun eine Reihe von Ausnahmen von der Wirkung eines <strong>Patente</strong>s. Dem<br />

Patentinhaber stehen gegen diese Benützungshandlungen kein Verbotsrecht zu. Die<br />

Ausnahmen sind zwingend. Sie können also nicht durch vertragliche Abreden<br />

eingeschränkt oder aufgehoben werden.<br />

Private Nutzung <strong>und</strong> Nutzung zu Unterrichtszwecken:<br />

Im Gegenzug zur gewerbsmässigen Nutzung einer Erfindung, die durch das Patent<br />

geschützt ist, erstreckt sich die Wirkung eines <strong>Patente</strong>s nicht auf die private Nutzung<br />

oder die Nutzung zu Unterrichtszwecken einer patentierten Erfindung. Die private<br />

Nutzung <strong>und</strong> die Nutzung zu Unterrichtszwecken bedürfen keiner Zustimmung des<br />

Patentinhabers. Ausnahme dazu bildet die Nutzung zu Unterrichtszwecken in<br />

industriellen Betrieben.<br />

Forschungsprivileg:<br />

Das Forschungsprivileg nimmt die wissenschaftliche Forschung an einer Erfindung<br />

insgesamt von der Wirkung des Patentrechts aus. Wer Gr<strong>und</strong>lagenforschung oder<br />

angewandte Forschung mit einer patentierten Erfindung betreibt, kann dies ohne<br />

Zustimmung des Patentinhabers tun, selbst wenn die Forschung kommerziell<br />

ausgerichtet ist.<br />

Beispiel:<br />

Gestützt auf das Forschungsprivileg darf eine patentierte DNA-Sequenz ohne die<br />

Zustimmung des Patentinhabers zwecks Erforschung weiterer technischer Nutzeffekte<br />

dieser Sequenz von Dritten benützt werden, ganz gleich, zu welchem Zweck die so<br />

gewonnenen Erkenntnisse bestimmt sind. Die neu gewonnenen Erkenntnisse sind<br />

ihrerseits nach den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen dem Patentschutz<br />

zugänglich.<br />

Mit dem Forschungsprivileg wird das dem Patentsystem immanente Ziel der Förderung<br />

der Forschung <strong>und</strong> der technologischen Entwicklung Rechnung getragen. Das<br />

Forschungsprivileg wird durch den ebenfalls aufgenommenen Lizenzanspruch für die<br />

Benutzung von biotechnologischen Forschungswerkzeugen ergänzt.<br />

Zulassungsprivileg:<br />

Von der Wirkung des <strong>Patente</strong>s ausgenommen ist auch die Nutzung eines patentierten<br />

Erzeugnisses im Rahmen des Zulassungsverfahrens für Arzneimittel gemäss<br />

Heilmittelgesetz <strong>und</strong> dessen Ausführungsbestimmungen. Klinische Versuche <strong>und</strong><br />

Untersuchungen mit patentgeschützten Erzeugnissen, aber auch die Herstellung,<br />

Einfuhr <strong>und</strong> Lagerung derselben stellen keine Verletzung der Rechte des<br />

Patentinhabers dar, sofern diese Handlungen den Zweck verfolgen, die Zulassung für<br />

ein Arzneimittel zu erlangen. Handlungen, die darüber hinaus gehen <strong>und</strong> nicht<br />

erforderlich sind, bedürfen hingegen ebenso der Zustimmung des Patentinhabers, wie<br />

die Herstellung des geschützten Erzeugnisses auf Vorrat im Hinblick auf das<br />

Inverkehrbringen nach Ablauf der Schutzdauer. Vergleichbare Ausnahmeregelungen<br />

kennen die EU <strong>und</strong> die USA (häufig als "Bolar-Regelung" bezeichnet).<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 41 von 56


3.9 Züchtungsprivileg <strong>und</strong> Auskreuzung<br />

Im Bereich der landwirtschaftlichen Nutzung wird klargestellt, dass die Nutzung<br />

biologischen Materials zum Zweck der Züchtung, Entdeckung <strong>und</strong> Entwicklung einer<br />

neuen Pflanzensorte nicht dem Verbotsrecht des Patentinhabers untersteht <strong>und</strong> der<br />

Züchter somit keine Zustimmung des Patentinhabers einholen muss. Dadurch wird der<br />

freie Zugang zu pflanzengenetischem Material für die Zwecke der Forschung <strong>und</strong><br />

Weiterzucht im Patentgesetz sicher gestellt. Ebenso ist die zufällig oder technisch nicht<br />

vermeidbare Vermehrung genetischen Materials in der Landwirtschaft von der Wirkung<br />

des Patents ausgeschlossen.<br />

Beispiel:<br />

Ein Landwirt kann nicht für Patentverletzungen belangt werden, wenn er patentiertes<br />

biologisches Material, das als Folge einer Auskreuzung (Pollenflug) zufällig oder technisch nicht<br />

vermeidbar vermehrt wurde, angebaut hat.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 42 von 56


3.10 Welche verfahrensrechtliche Änderungen ergeben sich<br />

in Bezug auf die Erteilung von <strong>Patente</strong>n auf<br />

biotechnologische Erfindungen mit dem revidierten<br />

Patentgesetz?<br />

Mit der Revision des Patentgesetzes kennt nun auch die Schweiz ein<br />

Einspruchsverfahren im Rahmen von <strong>Patente</strong>rteilungsverfahren, jedoch in<br />

begrenzterem Umfang als das Europäische Patentrecht. Demnach kann<br />

Jedermann innerhalb von 9 Monaten nach Veröffentlichung eines Eintrages in<br />

das Patentregister beim Institut Einspruch gegen Erteilung des <strong>Patente</strong>s wegen<br />

Verletzung von Patentausschlussgründen einlegen.<br />

Das Institut prüft bei nationalen Patentgesuchen nicht, ob eine Erfindung neu <strong>und</strong><br />

erfinderisch ist. Als Folge davon kennt das Patengesetz auch kein umfassendes<br />

Einspruchsverfahren gegen die Erteilung eines <strong>Patente</strong>s - dies im Unterschied zum<br />

europäischen Erteilungsverfahren.<br />

Im Rahmen der Revision des Patentgesetztes wurde von einer Einführung eines<br />

umfassenden Einspruchsverfahrens nach Vorbild des Europäischen<br />

Patentübereinkommens abgesehen. Ein umfassendes Einspruchsverfahren wäre auf<br />

eine nachträgliche volle Prüfung nationaler <strong>Patente</strong> hinausgelaufen, was in Anbetracht<br />

der verhältnismässig geringen Zahl schweizerischer Patentgesuche unverhältnismässig<br />

gewesen wäre.<br />

Mit der Revision ist nun aber ein begrenztes Einspruchsverfahren eingeführt worden.<br />

Gestützt darauf kann von Jedermann innerhalb von 9 Monaten nach der<br />

Veröffentlichung der Eintragung einer Erfindung in das Patentregister beim Institut<br />

Einsprache gegen die Erteilung eingelegt werden. Der Einspruch ist aber darauf<br />

beschränkt, dass die Erfindung gegen die zentralen Ausschlussgründe des<br />

Patentgesetzes, insb. gegen die öffentliche Ordnung <strong>und</strong> die guten Sitten verstösst.<br />

Damit ist sichergestellt, dass in den für die Öffentlichkeit äusserst sensiblen Punkten<br />

eine kostengünstige öffentliche Kontrolle der Erteilungspraxis des Instituts möglich ist.<br />

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens kann die Eidgenössische Ethikkommission für<br />

die <strong>Biotechnologie</strong> im Ausserhumanbereich (EKAH) vom Institut zur Stellungnahme<br />

beigezogen werden.<br />

Der Entscheid des Instituts wird in Form einer Verfügung erlassen. Er wird im<br />

Patentregister eingetragen <strong>und</strong> veröffentlicht.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 43 von 56


3.11 Gefährdet die Patentgesetzrevision die<br />

biotechnologische Forschung?<br />

Es bestehen derzeit keine Anhaltspunkte, dass die am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen<br />

Änderungen zur Anpassung des schweizerischen Patentrechts an die Richtlinie<br />

98/44/EG des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 6. Juli 1998 über den<br />

rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen die Forschung <strong>und</strong> Entwicklung auf<br />

dem Gebiet der <strong>Biotechnologie</strong> einschränken oder gar behindern.<br />

Das Forschungsprivileg lässt sowohl für die Gr<strong>und</strong>lagenforschung als auch für die<br />

angewandte Forschung viel Raum <strong>und</strong> unterstellt letztlich nur die Vermarktung der<br />

Forschungsergebnisse dem Patentrecht.<br />

Daneben beinhaltet das revidierte Patentgesetz Bestimmungen, welche das Ziel der<br />

Förderung der Forschung <strong>und</strong> Entwicklung sicherstellen. Es ist dies etwa die<br />

Konkretisierung des Erfindungsbegriffs <strong>und</strong> das Erfordernis der konkreten Beschreibung<br />

der gewerblichen Anwendbarkeit einer DNA-Sequenz.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 44 von 56


3.12 Welche Auswirkungen hat das revidierte Patentgesetz<br />

auf die Landwirtschaft?<br />

Verschiedentlich wird die Befürchtung geäussert, <strong>Patente</strong> für Erfindungen betreffend<br />

Pflanzen würden den Zugang von Pflanzenzüchtern zu Pflanzenmaterial <strong>und</strong> dadurch<br />

die Zucht von neuen Sorten erschweren <strong>und</strong> Landwirte von Patentinhabern abhängig<br />

machen. Diese Befürchtung ist auch nach der am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen<br />

Revision des Patentgesetzes unbegründet.<br />

Der Anbau von Pflanzen für die Lebens- <strong>und</strong> Futtermittelproduktion ist durch <strong>Patente</strong> in<br />

keiner Weise beeinträchtigt. Gentechnisch veränderte Pflanzen, bei denen<br />

hauptsächlich <strong>Patente</strong> bestehen, dürfen in der Schweiz nicht angebaut werden 1 . Sollte<br />

dies ändern, so werden auch in Zukunft die Landwirte nicht gezwungen sein,<br />

patentiertes Saatgut zu kaufen. Ihnen wird im Gegenteil eine breite Auswahl<br />

hochwertiger Nutzpflanzen zur Verfügung stehen, die nicht durch <strong>Patente</strong> geschützt<br />

sind <strong>und</strong> eine echte Alternative zu patentierten Pflanzen darstellen. Zudem ist mit der<br />

Revision des Patentgesetzes das so genannte Landwirteprivileg im Patentrecht<br />

eingeführt worden. Es gestattet Landwirten, die Ernte aus patentrechtlich geschütztem<br />

Saatgut zurückzubehalten <strong>und</strong> wieder auf dem eigenen Betrieb als Saatgut zu<br />

verwenden. Des Weiteren ist patentiertes biologisches Material, das im Bereich der<br />

Landwirtschaft als Folge einer Auskreuzung (Pollenflug) zufällig oder technisch nicht<br />

vermeidbar vermehrt wurde, nun explizit von den Wirkungen des Patents<br />

ausgenommen. Damit sind Landwirte vor einer übermässigen Inanspruchnahme<br />

geschützt.<br />

Auch die Arbeit der Züchter wird durch <strong>Patente</strong> nicht in Frage gestellt. Patentiertes<br />

Pflanzenmaterial darf für die Entwicklung neuer Sorten frei verwendet werden. Im<br />

revidierten Patentgesetz ist dieses Züchterprivileg explizit gesetzlich verankert.<br />

1 Das Stimmvolk hat diesbezüglich im Jahr 2005 ein 5-jähriges Moratorium gegen den Anbau von<br />

gentechnisch veränderten Pflanzen oder zur Zucht von gentechnisch veränderten Tieren in der<br />

Landwirtschaft angenommen; der B<strong>und</strong>esrat will das Moratorium um 3 weitere Jahre verlängern.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 45 von 56


3.13 Was ist das Landwirteprivileg?<br />

Das Landwirteprivileg (Farmers' Privilege) stammt aus der Sortenschutzgesetzgebung.<br />

Es gestattet Landwirten, die mit sortenrechtlich geschütztem Saatgut erzielte Ernte<br />

zurückzubehalten <strong>und</strong> wieder auf dem eigenen Betrieb als Saatgut zu verwenden. Dafür<br />

bedarf der Landwirt weder der Zustimmung des Sortenschutzinhabers, noch muss er<br />

eine Abgabe bezahlen. Das Landwirteprivileg ist nicht mit den Rechten der Landwirte<br />

(Farmers' Rights) zu verwechseln, die im Internationalen Vertrag der FAO geregelt sind.<br />

Dabei geht es um die Anerkennung <strong>und</strong> den angemessenen Ausgleich für vergangene,<br />

gegenwärtige <strong>und</strong> zukünftige Beiträge der Landwirte an die Verbesserung <strong>und</strong><br />

Erhaltung genetischer Ressourcen.<br />

Die Einführung des Landwirteprivilegs in der Patentgesetzgebung hat zur Folge, dass<br />

sich dieses nicht nur auf Pflanzen, sondern auch auf Tiere bezieht. Das<br />

Landwirteprivileg erlaubt demnach einem Landwirt, Erntegut, das er im eigenen Betrieb<br />

durch Anbau von (patentrechtlich) geschütztem pflanzlichem Vermehrungsmaterial<br />

gewonnen hat, im eigenem Betrieb erneut als Saatgut zu verwenden. Entsprechendes<br />

gilt auch für Tiere <strong>und</strong> tierisches Vermehrungsmaterial.<br />

Jedenfalls mit Bezug auf Pflanzen ist das Landwirteprivileg in der Schweiz von<br />

untergeordneter wirtschaftlicher Tragweite, da der weitaus grösste Teil der Schweizer<br />

Landwirte heute für jede Ansaat neues Saatgut kauft (so werden beispielsweise 70-75<br />

Prozent der angepflanzten Kartoffeln <strong>und</strong> 95-97 Prozent des angesäten Getreides jedes<br />

Jahr neu gekauft). Da das Patentgesetz nur in der Schweiz Wirkung entfaltet, ist die<br />

Verankerung des Landwirteprivilegs im Schweizer Patentgesetz für die Landwirte im<br />

Ausland ohne Bedeutung.<br />

Das Landwirteprivileg wurde im Rahmen der Revision des Sortenschutzgesetztes<br />

(Inkrafttreten 1. September 2008) ins Patentgesetz eingeführt.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 46 von 56


3.14 Was ist das Züchterprivileg?<br />

Das Züchterprivileg entstammt der Sortenschutzgesetzgebung. Es gestattet Züchtern<br />

die Weiterzucht <strong>und</strong> die Entwicklung neuer Sorten sowie deren Vermarktung ohne<br />

Erlaubnis des an der Ursprungssorte Berechtigten. Im revidierten Sortenschutzgesetz<br />

(Inkrafttreten 1. September 2008) ist die freie Verwertung der neuen Sorten – zumindest<br />

soweit es sich um im Wesentlichen abgeleitete Sorten handelt – allerdings<br />

eingeschränkt.<br />

Im Patentrecht war schon vor der Revision anerkannt, dass Handlungen zu<br />

Forschungs- beziehungsweise Versuchszwecken nicht unter den Begriff der Benützung<br />

fallen <strong>und</strong> daher keine Verletzung der Rechte des Patentinhabers darstellen (sog.<br />

Forschungs- oder Versuchsprivileg): Die Zucht <strong>und</strong> Weiterentwicklung neuer Sorten, bei<br />

denen patentrechtlich geschützte Pflanzen verwendet werden, fielen unter das<br />

Forschungsprivileg <strong>und</strong> bedurften damit nicht der Zustimmung des Patentinhabers. Die<br />

Vermarktung der neuen Sorte erforderte allerdings die Zustimmung des Patentinhabers,<br />

wenn die neue Sorte Merkmale des patentgeschützten pflanzlichen Ausgangsmaterials<br />

beibehielt.<br />

Mit dem revidierten Patentgesetz ist nun auch die Reichweite des Forschungsprivilegs<br />

an der Schnittstelle zum Sortenschutzrecht im oben genannten Sinne explizit gesetzlich<br />

festgeschrieben: Die Nutzung biologischen Materials zum Zwecke der Züchtung,<br />

Entdeckung <strong>und</strong> Entwicklung einer neuen Pflanzensorte unterliegt somit nicht dem<br />

Verbotsrecht des Pateninhabers (Züchterprivileg). Mit dieser Klarstellung im revidierten<br />

Patentgesetz ist der freie Zugang zum pflanzengenetischen Material für die Zwecke der<br />

Forschung <strong>und</strong> Weiterzucht im Patentrecht sichergestellt.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 47 von 56


3.15 Offenlegung der Quelle von genetischen Ressourcen<br />

<strong>und</strong> traditionellem Wissen in Patentanmeldungen<br />

Der Patentanmelder ist ab 1. Juli 2008 (Artikel 49a PatG) verpflichtet, in der<br />

Patentanmeldung Angaben über die Quelle einer genetischen Ressource bzw. von<br />

traditionellem Wissen von Eingeborenengemeinschaften zu machen. Die Offenlegung<br />

der Quelle soll mit Bezug auf den Zugang zu diesen Ressourcen <strong>und</strong> diesem Wissen<br />

sowie der Aufteilung der aus deren Verwendung entstehenden Vorteile (das so<br />

genannte „access and benefit sharing“) eine grössere Transparenz verschaffen. Dies<br />

soll insbesondere die Überprüfung erlauben, ob einerseits die auf Kenntnis der<br />

Sachlage gegründete vorherige Zustimmung (in englisch "prior informed consent") der<br />

Vertragspartei vorliegt, welche die genetischen Ressourcen bzw. das traditionelle<br />

Wissen zur Verfügung stellt, <strong>und</strong> andererseits Vorkehrungen getroffen wurden für die<br />

Aufteilung der sich aus deren Nutzung ergebenden Vorteile.<br />

Als Quelle einer genetischen Ressource bzw. von traditionellem Wissen gelten insb.<br />

das Land, das genetische Ressourcen zur Verfügung stellt, <strong>und</strong> das Ursprungsland<br />

gemäss Biodiversitätskonvention, das multilaterale System des Internationalen<br />

Vertrages der FAO über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung <strong>und</strong><br />

Landwirtschaft, Eingeborenengemeinschaften, ex-situ-Quellen wie botanische Gärten<br />

<strong>und</strong> Genbanken sowie die wissenschaftliche Literatur.<br />

Enthält die Patentanmeldung keine Informationen über die Quelle der genetischen<br />

Ressource bzw. des traditionellen Wissen, so setzt das IGE dem Patentanmelder eine<br />

Frist zur Behebung dieses Mangels <strong>und</strong> weist, bei unbenutztem Fristablauf, das<br />

Patentgesuch zurück. Somit kann das Fehlen einer Erklärung über die Quelle in der<br />

Patentanmeldung letztendlich dazu führen, dass kein Patent gewährt wird. Die<br />

vorsätzliche Falschangabe der Quelle wird mit einer Busse von bis zu 100'000 Franken<br />

bestraft. Zudem kann der Richter die Veröffentlichung des Urteils anordnen.<br />

Gemäss Erwägungsgr<strong>und</strong> 27 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie soll die<br />

Patentanmeldung Angaben zum geographischen Herkunftsort von pflanzlichem oder<br />

tierischem Material enthalten, falls die fragliche Erfindung solches Material zum<br />

Gegenstand hat oder derartiges Material verwendet. Zugleich wird klargestellt, dass die<br />

Prüfung der Patentanmeldungen <strong>und</strong> die Gültigkeit der erteilten <strong>Patente</strong> davon<br />

unberührt bleiben.<br />

Die im revidierten Patentgesetz gewählte Regelung geht in zweierlei Hinsicht über<br />

Erwägungsgr<strong>und</strong> 27 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie hinaus: Einerseits betrifft die<br />

Offenlegungspflicht nicht nur genetische Ressourcen von Pflanzen <strong>und</strong> Tieren, sondern<br />

auch solche von Mikroorganismen sowie das traditionelle Wissen von<br />

Eingeborenengemeinschaften. Andererseits führt die Nichterfüllung der<br />

Offenlegungspflicht zur Zurückweisung der Patentanmeldung <strong>und</strong> die vorsätzliche<br />

Falschangabe der dem Erfinder oder Patentanmelder bekannten Quelle wird<br />

strafrechtlich geahndet. Erwägungsgr<strong>und</strong> 27 der EG-<strong>Biotechnologie</strong>-Richtlinie sieht<br />

demgegenüber weder für den Fall der Nichterfüllung der Offenlegungspflicht noch bei<br />

vorsätzlicher Falschangabe patent- oder strafrechtliche Sanktionen vor.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 48 von 56


3.16 Wozu Zwangslizenzen für den Export von<br />

pharmazeutischen Produkten?<br />

Am 30. August 2003 verabschiedete der Generalrat der Welthandelsorganisation<br />

(WTO) eine Entschliessung, die es jenen Mitgliedstaaten der WTO erlaubt, welche über<br />

genügende pharmazeutische Herstellungskapazitäten verfügen, unter klar definierten<br />

Voraussetzungen eine Zwangslizenz für die Herstellung <strong>und</strong> den Export<br />

patentgeschützter pharmazeutischer Produkte vorzusehen. Diese Massnahme soll es<br />

Entwicklungsländern mit fehlender oder ungenügender eigener Produktionskapazität<br />

ermöglichen, zu einem für sie erschwinglichen Preis zu patentgeschützten pharmazeutischen<br />

Produkten zu kommen, falls sie diese zur Bekämpfung gravierender<br />

öffentlicher Ges<strong>und</strong>heitsprobleme wie beispielsweise von AIDS oder Malaria benötigen.<br />

Mit der Revision des Patentgesetzes ist diese Massnahme für die Schweiz umgesetzt<br />

worden. Patentgeschützte pharmazeutische Produkte können nötigenfalls in der<br />

Schweiz unter einer Zwangslizenz hergestellt werden, um diese anschliessend in<br />

Entwicklungsländer zu exportieren, wenn Letztere sie zur Eindämmung schwerer<br />

Probleme im öffentlichen Ges<strong>und</strong>heitswesen benötigen <strong>und</strong> selbst über keine<br />

genügende Produktionskapazität auf pharmazeutischem Gebiet verfügen.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 49 von 56


3.17 Worum geht es bei den im Patentgesetz neu<br />

eingeführten Hilfeleistungen der Zollverwaltung?<br />

Die Hilfeleistungen der Zollverwaltung bestehen darin, dass Zollbeamte Zollgüter<br />

auf gefälschte patentgeschützte Waren hin kontrollieren <strong>und</strong> an der Grenze<br />

vorübergehend zurückhalten, damit der Patentinhaber rechtliche<br />

Schutzmassnahmen treffen kann. Diese Möglichkeit der Hilfeleistung der<br />

Zollverwaltung ist neu in das Patentrecht eingeführt worden.<br />

Hat der Patentinhaber – sei es aufgr<strong>und</strong> privater Nachforschungen, sei es aufgr<strong>und</strong><br />

einer Mitteilung der Zollverwaltung – konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Ein-, Aus-<br />

oder Durchfuhr von Waren bevorsteht, die sein in der Schweiz gültiges Patent<br />

verletzen, so kann er der Zollverwaltung beantragen, die Freigabe der Gegenstände zu<br />

verweigern. Dem Rechtsinhaber wird dadurch die Möglichkeit gegeben, zivil- oder<br />

strafrechtliche Massnahmen einzuleiten, falls er dies als notwendig erachtet.<br />

Beispiel:<br />

Entdeckt ein Zollbeamter suspekte Viagrapackungen, so kann er die Sendung während<br />

10, in Ausnahmefällen 20, Arbeitstagen aufhalten <strong>und</strong> den Rechtsinhaber informieren.<br />

Letzterer kann dann die Übergabe eines Warenmusters aus der verdächtigen Sendung<br />

beantragen <strong>und</strong> überprüfen, ob es sich um ein Original oder eine Fälschung handelt.<br />

Handelt es sich um eine Fälschung, so kann er gegen den Importeur oder Hersteller der<br />

Ware zivil- oder strafrechtliche Massnahmen einleiten.<br />

Die Zollverwaltung kann den Patentinhaber auch ohne dessen vorhergehenden Antrag<br />

benachrichtigen, wenn offensichtlich ist, dass die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Waren<br />

bevorsteht, welche ein in der Schweiz gültiges Patent des Patentinhabers verletzt. Dem<br />

Patentinhaber soll mit dieser Anzeige ermöglicht werden, die notwendigen Vorkehren<br />

zur Wahrung seiner Rechte zu treffen. Eine solche Anzeige ist natürlich nur dann<br />

möglich, wenn der Patentinhaber der Zollverwaltung bekannt ist.<br />

Hauptzweck der Hilfeleistungen der Zollverwaltung ist die Bekämpfung von<br />

Nachahmung <strong>und</strong> Piraterie.<br />

Durch das Hilfsmittel der Hilfeleistungen können sich Patentinhaber gegen den Import,<br />

den Export <strong>und</strong> zum Teil auch gegen den Transit von Nachahmungen <strong>und</strong><br />

Piraterieprodukten wehren.<br />

Die Hilfeleistung der Zollverwaltung gibt dem Antragsteller die nötige Zeit, um die<br />

erforderlichen zivil- <strong>und</strong> strafrechtlichen Massnahmen zum Schutz seiner Rechte bei<br />

den zuständigen Behörden zu erwirken.<br />

Weitere Informationen:<br />

http://www.ipi.ch/D/jurinfo/j107.shtm<br />

http://www.stop-piracy.ch/de/index.shtm<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 50 von 56


4 Wirtschaftliche Aspekte von <strong>Patente</strong>n<br />

4.1 Welches ist die ökonomische Rechtfertigung von<br />

<strong>Patente</strong>n?<br />

<strong>Patente</strong> sind ein Instrument für Investitionsanreize in Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

<strong>und</strong> sie werden als notwendige Vorbedingung angesehen für den Fortschritt von<br />

Wissenschaft <strong>und</strong> Technologie.<br />

Ein Patent auf eine Erfindung gibt seinem Inhaber das Recht, andere von der<br />

wirtschaftlichen Nutzung seiner Erfindung auszuschliessen. Dabei besteht ein Ausgleich<br />

zwischen der Offenlegung detaillierter Informationen durch den Erfinder in der<br />

Patentschrift einerseits <strong>und</strong> der Gewährung einer zeitlich begrenzten Exklusivität für die<br />

wirtschaftliche Nutzung der Erfindung andererseits. Das Patentsystem dient somit<br />

sowohl als Anreizsystem für die Schaffung neuen, ökonomisch wertvollen<br />

Wissens als auch als Mechanismus, dieses Wissen zu verbreiten.<br />

Das ökonomische Argument für Patentschutz ist Marktversagen bei technologischem<br />

Wissen. Technologisches Wissen ist ein öffentliches Gut. Seine Nicht-<br />

Ausschliessbarkeit (andere können von seiner Nutzung nicht ausgeschlossen werden)<br />

zusammen mit der Eigenschaft der Nicht-Rivalität (die Nutzung von technologischem<br />

Wissen einer Partei schliesst die Nutzung durch andere Parteien nicht aus oder<br />

begrenzt sie) führen unter der Bedingung eines freien Marktes dazu, dass der Anreiz<br />

neues technologisches Wissen zu schaffen verloren geht. Dies ist das klassische<br />

Argument für einen regulativen Staatseingriff in der Form eines effektiven Systems<br />

geistiger Schutzrechte. <strong>Patente</strong> sind dazu da, einen Markt für Wissen zu schaffen für<br />

Innovatoren, der es ermöglicht das Problem der Nicht-Ausschliesslichkeit zu bewältigen<br />

<strong>und</strong> zugleich die maximale Verbreitung von technologischem Wissen zu gewährleisten.<br />

Das Patentsystem ist ein wirtschaftspolitisches Instrument, das darauf abzielt,<br />

ein Interessengleichgewicht für verschiedene gesellschaftliche Gruppen<br />

herzustellen. Einerseits soll es die richtigen <strong>und</strong> notwendigen Anreize für Investitionen<br />

in Forschung <strong>und</strong> Entwicklung schaffen <strong>und</strong> einer möglichst weiten Verbreitung technologischen<br />

Wissens dienen. Andererseits soll das Patent als Ausschlussrecht zu keiner<br />

wesentlichen Zugangsbehinderung zu technologischem Wissen, insbesondere aber zu<br />

keiner Behinderung der Forschung führen. Der Gesetzgeber hat dabei das richtige<br />

Gleichgewicht zu finden.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 51 von 56


4.2 Welches Bedeutung haben <strong>Patente</strong> auf dem Gebiet der<br />

<strong>Biotechnologie</strong> für die schweizerische Wirtschaft?<br />

Ein wirksamer Patentschutz biotechnologischer Erfindungen ist wesentlich für Investitionen<br />

in der <strong>Biotechnologie</strong> <strong>und</strong> ein Schlüsselfaktor für die Innovations- <strong>und</strong><br />

Wettbewerbsfähigkeit der entsprechenden Branche in der Schweiz.<br />

<strong>Biotechnologie</strong> ist eine zukunftsorientierte Technologie, deren Entwicklung wichtige<br />

Beiträge zur Verbesserung der Lebens- <strong>und</strong> Umweltbedingungen verspricht. Zu denken<br />

ist etwa an die Entwicklung lebenswichtiger Arzneimittel zur Behandlung von Krebs,<br />

Diabetes, Parkinson, Alzheimer usw., aber auch an die biologische Beseitigung vieler<br />

Arten von Zivilisationsabfall (z. B. Biosanierung von verseuchten Böden mit Hilfe von<br />

Bakterien) sowie an Ertrags- <strong>und</strong> Qualitätssteigerungen bei Nutzpflanzen <strong>und</strong> die<br />

Reduktion der Dünge- <strong>und</strong> Schädlingsbekämpfungsmittel. Wegen dieses breiten<br />

Anwendungsspektrums hat die <strong>Biotechnologie</strong> gerade für die schweizerische Industrie<br />

eine grosse <strong>und</strong> laufend zunehmende wirtschaftliche Bedeutung.<br />

Für die auf dem Gebiet der <strong>Biotechnologie</strong> tätigen Unternehmen, die einem wachsenden<br />

internationalen wirtschaftlichen Wettbewerb ausgesetzt sind, erweisen sich ein<br />

wirksamer Patentschutz <strong>und</strong> klare Vorschriften als Schlüsselfaktoren der Innovation <strong>und</strong><br />

als eine Vorbedingung, um auf dem internationalen Markt bestehen zu können. Denn<br />

die für die Forschung <strong>und</strong> Entwicklung auf dem Gebiet der <strong>Biotechnologie</strong><br />

erforderlichen Investitionen sind höher <strong>und</strong> risikoreicher als in vielen herkömmlichen<br />

Bereichen der Technik. Ein effektiver Patentschutz für biotechnologische Erfindungen<br />

<strong>und</strong> langfristige Rechtssicherheit sind daher erforderlich, damit weiterhin Investitionen in<br />

die Forschung <strong>und</strong> Entwicklung in dieser Zukunftstechnologie fliessen.<br />

Für die Schweiz stellt das Patentsystem (<strong>Patente</strong> <strong>und</strong> Lizenzen) daher einen wichtigen<br />

Anreiz für Investitionen in Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, für die Schaffung von Innovationen,<br />

für die Stimulierung der Forschung <strong>und</strong> für die Verbreitung von Wissen dar.<br />

Innovation schafft mehr Arbeitsplätze, höheres Wachstum <strong>und</strong> damit eine Erhöhung der<br />

Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Die auf den 1. Juli 2008 in Kraft<br />

getretene Gesetzesrevision festigt auf der Gr<strong>und</strong>lage der bestehenden Rechtspraxis<br />

den Patentschutz für Erfindungen auf dem Gebiet der belebten Natur <strong>und</strong> klärt einzelne<br />

Abgrenzungsfragen. Die Änderungen verbessern den Patentschutz für<br />

biotechnologische Erfindungen in der Schweiz. Sie fördern die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der biotechnologischen Unternehmen <strong>und</strong> schaffen Rechtssicherheit, die für<br />

Investitionsentscheide in diesem Technologiebereich wesentlich ist.<br />

Bei den konkret umgesetzten Regulierungsmassnahmen handelt es sich um<br />

Massnahmen, die einerseits Klarheit <strong>und</strong> Rechtssicherheit schaffen (Ausschlüsse von<br />

der Patentierung, Abgrenzung von Erfindung <strong>und</strong> Entdeckung, Schutz für Sequenzen<br />

<strong>und</strong> Teilsequenzen von Genen, Private Benutzung, Züchterprivileg) <strong>und</strong> andererseits<br />

um Massnahmen, die den Innovationsprozess in der Schweiz anregen sollen<br />

(Abgrenzung, Schutz für Sequenzen <strong>und</strong> Teilsequenzen von Genen,<br />

Forschungsprivileg, Massnahmen zur Bekämpfung von Nachahmung <strong>und</strong> Piraterie).<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 52 von 56


4.3 Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich?<br />

Die Patentdichte eines Landes ist ein zentraler Indikator für den Stand seiner<br />

technologischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Entwicklung. So lag die Schweiz im jüngsten<br />

Global Competitiveness Report 2007-2008 2 allein dank der Zunahme der von<br />

Schweizer Unternehmen registrierten <strong>Patente</strong>n auf Rang 2. 3 Schweizer Unternehmen<br />

melden zudem nebst Japan weltweit pro Einwohner am meisten Triade-<strong>Patente</strong> an<br />

(<strong>Patente</strong>, die am Europäischen, US-Amerikanischen <strong>und</strong> Japanischen Patentamt<br />

angemeldet werden) 4 . Patentschutz <strong>und</strong> Innovationskraft eines Landes gehören<br />

untrennbar zusammen 5 . Beide sind für den Wirtschaftsstandort Schweiz von grosser<br />

Bedeutung. Die gegenwärtig sehr gute Position der Schweiz ist jedoch weder<br />

unangefochten noch selbstverständlich 6 . Mit der am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen<br />

Revision des Patentgesetzes werden wichtige Rahmenbedingungen geschafft, welche<br />

ein innovatives Klima <strong>und</strong> die Entwicklung im Bereich der <strong>Biotechnologie</strong> begünstigen.<br />

Die Revision soll dazu beitragen, dass es der Schweiz auch in Zukunft gelingt, sich bei<br />

der Technologieentwicklung unter den leistungsfähigsten Ländern zu behaupten.<br />

2 Global Competitiveness Report 2007-2008 des World Economic Forum,<br />

<br />

3 Siehe<br />

.<br />

4 Vgl. OECD, Compendium of Patent Statistics 2007, Paris, S. 12.<br />

<br />

5 Vgl. OECD, Patents and Innovation: Trends and Policy Challenges, 2004, Paris, S. 9ff.<br />

6 Im Competitiveness Report 2003-2004, belegte die Schweiz Rang 7, im Competitiveness Report<br />

2004-2005 Rang 14.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 53 von 56


4.4 Welche Bedeutung hat eine europäische<br />

Harmonisierung?<br />

Fragen des Schutzes geistigen Eigentums sind heutzutage in ihrem internationalen<br />

Kontext zu sehen. Schweizer <strong>Biotechnologie</strong>unternehmen sind einem wachsenden<br />

internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Deshalb sind ein wirksamer Patentschutz <strong>und</strong><br />

klare Vorschriften, die den konfliktfreien internationalen Handel begünstigen, ein<br />

Schlüsselfaktoren für Innovation <strong>und</strong> zugleich eine Vorbedingung, um im internationalen<br />

Wettbewerb bestehen zu können.<br />

Unterschiedliche nationale Systeme von Immaterialgüterrechten <strong>und</strong> unterschiedliche<br />

nationale Schutzniveaus bzw. unterschiedliche Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung<br />

können nichttarifäre Handelshemmnisse aufbauen 7 . Deshalb, <strong>und</strong> um<br />

<strong>Biotechnologie</strong>unternehmen die für sie notwendigen gleichen internationalen<br />

Investitionsrahmenbedingungen bieten zu können, hat die mit der per 1. Juli 2008 im<br />

Zuge der Patengesetzrevision vollzogene Angleichung des nationalen Rechts an die<br />

Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlamentes <strong>und</strong> des Rates vom 6. Juli 1998<br />

über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen eine wichtige Bedeutung<br />

für die Schweiz.<br />

7 KEITH MASKUS, Intellectual Property Rights in the Global Economy, Washington 2000, S. 110 ff.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 54 von 56


4.5 Ist der Patentschutz für biotechnologische Erfindungen<br />

nur im Interesse von Grosskonzernen?<br />

Biotechnologische Forschung erfordert hohe <strong>und</strong> risikoreiche Investitionen <strong>und</strong><br />

die Ergebnisse biotechnologischer Forschung sind verhältnismässig leicht zu<br />

kopieren. Deshalb ist der Schutz des Geistigen Eigentums eines der zentralen Anliegen<br />

der auf diesem Gebiet tätigen Forschungsinstitute <strong>und</strong> Unternehmen.<br />

Ein wirksamer Patentschutz für biotechnologische Erfindungen ist nicht nur im Interesse<br />

weltweit operierender Pharma-Konzerne. Kleine forschungsintensive <strong>Biotechnologie</strong>-<br />

Unternehmen sind zur Finanzierung ihrer Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungskosten auf<br />

fremdes Kapital angewiesen. Investoren gehen das hiermit verb<strong>und</strong>ene Risiko jedoch<br />

nur ein, wenn die für den Geschäftserfolg wesentlichen Produkte oder Verfahren durch<br />

<strong>Patente</strong> geschützt sind <strong>und</strong> Rechtssicherheit besteht. Da kleinere Unternehmen nicht<br />

immer über die notwendigen Ressourcen verfügen, Forschungsergebnisse in<br />

vermarktungsfähige Produkte umzusetzen, besteht ein Interesse an einer Kooperation<br />

mit anderen Unternehmen. Für viele kleine <strong>Biotechnologie</strong>firmen sind oftmals <strong>Patente</strong><br />

der einzige kommerzialisierbare Wertfaktor. Der Patentschutz sichert die<br />

Forschungsergebnisse <strong>und</strong> bietet eine gute Verhandlungsposition bei der Suche nach<br />

einem potenziellen Kooperationspartner.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 55 von 56


4.6 Welches sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der<br />

vollzogenen Patentgesetzrevision auf<br />

Entwicklungsländer?<br />

Die in der Gesetzesrevision umgesetzten Massnahmen wirken sich nur in der Schweiz<br />

unmittelbar auf die Volkswirtschaft aus. Ausserhalb der Landesgrenzen haben<br />

Änderungen im nationalen Patentrecht keine direkten Effekte <strong>und</strong> vermögen erst<br />

recht nicht die wirtschaftliche Entwicklung der Länder der dritten Welt nachhaltig<br />

zu beeinflussen. Entwicklungsländer entziehen sich der territorialen Wirkung des<br />

Schweizer Patentrechts. Die umgesetzten Massnahmen zielen auf einen positiven<br />

Innovationseffekt <strong>und</strong> haben insofern auch eine indirekte positive Auswirkung auf<br />

Entwicklungsländer. Die neuen Produkte/Prozesse werden mittel/langfristig auch den<br />

Entwicklungsländern zur Verfügung stehen. Die Einführung einer Exportzwangslizenz<br />

für pharmazeutische Produkte sowie die Angabe der Quelle einer genetischen<br />

Ressource oder von traditionellem Wissen unterstützen Anliegen der<br />

Entwicklungsländer <strong>und</strong> ermöglichen ihnen am Nutzen der betreffenden Erfindungen zu<br />

partizipieren. Es würden allerdings zu hohe Erwartungen in die Änderung des<br />

nationalen Patentrechts gesteckt, forderte man in diesem Kontext Lösungen von<br />

globalen Problemen wie der Ernährungssicherheit, der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge <strong>und</strong> des<br />

Umweltschutzes.<br />

<strong>FAQ</strong> Publikationsdatum 22.08.2008 Seite 56 von 56

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