Jus gentium methodo scientifica pertractatum / by Christian Wolff ...
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Einleitung<br />
teresse sein. Es wáre in der Tat hüchst lehrreich, wenn wir erkennen<br />
müssten, dass wir von einem Manne, der im 18. Jahrhundert gelebt<br />
hat, auf dem Gebiete des Vóikerrechts noch heute lernen künnen,<br />
wenn <strong>Wolff</strong> uns also eine Richtschnur auch für das zu geben vermóchte,<br />
was wir im Vólkerrecht heute noch anstreben müssen.<br />
Die uns hier inteiessierenden Gebiete der <strong>Wolff</strong>'schen Lehre sind<br />
nach ihm Teile der praktischen Philosophie, in der er die Politik von<br />
der Ethik scheidet und zu dieser noch die Oekonomik gesellt. Der<br />
theoretische Teil dieser drei Wissenschaften ist nach ihm das Naturrecht.<br />
Mit der Politik befassen sich schon die Fernünfftigen Gedanken<br />
von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem<br />
gemeinen Mesen (1721).<br />
Ausserdem kommen dafür das achtbándige<br />
Ius naturae und die Institutionen in Betracht. Vom Ius naturae<br />
namentlich der erste Band, der von den angeborenen Rechten und<br />
Pflichten handelt, und der achte Band, der die bffentlichen Rechte<br />
zum Gegenstande hat.<br />
Das Naturrecht hángt bei <strong>Wolff</strong> eng mit der Moral zusammen.<br />
Alles Recht beruht nach ihm auf der Pflicht ; es gibt angeborene<br />
Menschenrechte, weil es angeborene Menschenpflichten gibt. Wir<br />
haben ein natürliches Recht auf alíes das, wodurch die Erfüllung<br />
unserer natürlichen Verbindlichkeiten bedingt ist.i Von Natur sind<br />
alle Menschen gleich. Sie haben dieselben Rechte und Pflichten.2<br />
Was dem einen von Natur erlaubt ist, das ist es auch dem andern.<br />
Wozu einer dem andern verpflichtet ist, dazu ist es auch dieser<br />
jenem. 3 Rechtsverschiedenheiten entstehen erst durch die erworbenen<br />
Rechte. Von Natur hat kein Mensch eine Gewalt über die Handlungen<br />
eines andern Menschen. Von Natur sind also alle Menschen<br />
frei. Die Freiheit folgt aus der Gleichheit.4<br />
Das gesellschaftliche Leben, das <strong>Wolff</strong> bereits in seinem deutschen<br />
Werk über Politik dargestellt hat, bildet einen besonderen Teil seines<br />
Naturrechts. Er unterscheidet darin zwischen der Familie und dem<br />
Staat, zwischen der einfachen und der zusammengesetzten Gesellschaft.<br />
Da die Gesellschaft nur durch Unterordnung der Einzelnen<br />
unter einen gebietenden Willen zu Stande kommen kann, und von<br />
Natur keiner dem andern unterworfen ist, so beruht jede Gesellschaft<br />
auf einem ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag. Die Gesellschaft<br />
ist also nach <strong>Wolff</strong> ein Vertrag mehrerer Personen, mit vereinigten<br />
Kráften einen bestimmten Zweck zu erreichen, ihr gemeinsames<br />
Bestes nach irgend einer Seite zu befbrdern, und deshalb ist die<br />
gemeine Wohlfahrt das hüchste und letzte Gesetz jeder Gesellschaft.5<br />
Vgl. Institutiones, §§ 45, 46; lus naturae,<br />
2<br />
I, cap. 1, § 26.<br />
Institutiones, §§ 70, 76; lus naturae, § 284.<br />
4 Institutiones, §§ 69, 3 70, 76, 77, 834; Institutiones, § 72.<br />
lus naturae,<br />
I, § 81. Bemerkt sei, dass <strong>Wolff</strong> vom vollkommenen<br />
5 Recht vom Recht im engeren Sinn die Moral, die Billigkeit zu sondern sucht.<br />
Institutiones, § 836.