Jus gentium methodo scientifica pertractatum / by Christian Wolff ...
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Einleitung<br />
Hóren wir ferner, was Pütter weiter über ihn schreibt.' Nach<br />
ihm stand <strong>Wolff</strong> damais in solchem Rufe,<br />
dass seine Lehren und Schriften in der ganzen Teutschen Litteratur eine wahre Epoche<br />
zu machen schienen. In der That war die Art, womit er die bisher durch einen unertráglichen<br />
scholastischen Lehrvortrag beynahe verunstalteten philosophsichen Wissenschaften<br />
sowohl in Schriften, insonderheit in seinen Teutschen Büchern, als in seinen ungemein<br />
zahlreich besuchten Vorlesungen weit natürlicher, gründlicher und deutlicher vortrug, so<br />
einleuchtend, dass es zu bewundern gewesen seyn würde, wenn jetzt das philosophische<br />
Studium in Teutschland nicht eine andere Gestalt hátte gewinnen sollen, und wenn nicht<br />
eben das auch bald in anderen Wissenschaften seinen Einfluss merklich gemacht haben<br />
sollte. . . . Es würde undankbar gegen Wolf's wahre Verdienste seyn, wenn man den Einfluss<br />
verkennen wollte, den seine Lehren und Schriften auch nur mittelbarer Weise und<br />
oft unbemerkt auf den Lehrvortrag der meisten und verdientesten neueren Rechtsgelehrten<br />
gehabt hat.<br />
Es ist daher auch gewiss zutreffend, wenn Zeller hervorhebt, dass,<br />
wenn man die deutsche Wissenschaft vor und nach <strong>Wolff</strong> vergleiche,<br />
kein Unterschied so in's Auge falle, wie der zwischen der Unsicherheit<br />
und Unselbstándigkeit der einen und dem Selbstvertrauen, dem Freiheitsbedürfnis,<br />
dem Vorwártsstreben der andern, dem Bewusstsein<br />
und dem Ehrgeiz, auf eigenen Füssen zu stehen, nicht fremder Autoritát,<br />
sondern einzig und allein der eigenen Vernunft zu folgen. Unter<br />
den Mánnern, die diesen Umschwung bewirkt haben, nimmt <strong>Wolff</strong><br />
unbestritten die erste Stelle ein.' 2 Auch Kant rühmt ihm übrigens<br />
nach, dass er, als der gr¿ilsste unter allen dogmatischen Philosophen,<br />
der Urheber des Geistes der Gründlichkeit in Deutschland sei.3<br />
Bluntschli 4 seinerseits betont, dass, wenn die von <strong>Wolff</strong> ausgesprochenen<br />
Grundsátze auch keine neu entdeckten Wahrheiten gewesen<br />
seien, so begreife man doch,<br />
dass die merkwürdig klare und principielle Aussprache und Verkündio-ung derselben einen<br />
tiefen Eindruck auf die Zeitgenossen machte. Sie entsprach vállig dem b neuen Zeitgeiste,<br />
der nun zuerst seine Augen bffnete und eben von den natürlichen Grundrechten der<br />
Menschen, von der Gleichheit und Freiheit aus eme neue bessere Ordnung, einen voilkommeneren<br />
Stat, als der überlieferte des Mittelalters war, zu schaffen sich anschickte.<br />
Wer die persünlichen Menschenrechte darstellen wolle, der finde in<br />
dem Werke <strong>Wolff</strong>s einen reichen Schatz von fruchtbaren Wahrheiten<br />
und guíen Bemerkungen. <strong>Wolff</strong> wurde<br />
als ein liberaler Vorkámpfer einer neuen Zeit von der vorwárts strebenden Jugend hochgeachtet,<br />
und so wenig uns seine pedantisch — eitle Breite nun behagt, so müssen wir<br />
doch gestehen, er nimmt in der Entwicklungsgeschichte des modernen Geistes eine einflussreiche<br />
Stelle ein.<br />
JOHANN STEPHAN PtiTTER, Litteratur des Teutschen Stocusrechts, Bd. I (Gttingen, 1776-91),<br />
S. 442• Vgl. ferner NETTELBLADT, V on den V erdiensten des Freyherrn von 14' olf uin die positive Rechtsgelehrsamkeit,<br />
in den Hallischen Beytrügen zur jurist. gel. Hist. (Halle, 175 4), S. 207; C. WEIDLICH,<br />
Zuverlüssige Nachrichten von den jetztlebenden Rechtsgelehrten (Halle, 1757-61).<br />
2 ZELLER, a. a. O., S. 273,<br />
3 Kant, Kritik der reinen Vernunft, Vorrede zur zweiten Auflage.<br />
4 BLUNTSCHLI, a. a. O., S. 216.