Download - Virtual Vehicle
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RCF & Verschleiß: Prognose gefragt!<br />
Die Instandhaltung von Gleis und Schienenfahrzeugen spielt eine große Rolle, um Qualität und Verfügbarkeit des<br />
Schienenverkehrs zu gewährleisten. Für die Instandhaltungsplanung ist es notwendig, die Schäden, die durch<br />
RCF und Verschleiß entstehen, vorherzusagen. Das VIRTUAL VEHICLE entwickelt neue Berechnungsmodelle<br />
zur Prognose dieser Schäden, wobei durch Verknüpfung von globalem Fahrzeugverhalten mit lokaler<br />
Schädigung das Gesamtsystem Bahn berücksichtigt wird.<br />
Rollkontaktermüdung und Verschleiß<br />
Wenn das Rad die Schiene überrollt, treten<br />
hohe Kontaktkräfte auf. Diese Kontaktkräfte<br />
(rund 10 t) verteilen sich auf eine Kontaktfläche<br />
von der Größe einer 1-€-Münze, eine typische<br />
Fläche für den Rad-Schiene-Kontakt. Daraus<br />
ergeben sich hohe Kontaktspannungen,<br />
die oberflächennah hohe plastische Verformungen<br />
bewirken. Die große Anzahl an Überrollungen<br />
führt unter ungünstigen Bedingungen<br />
zur Bildung von Rissen. Eine bekannte Ausprägung<br />
dieser sogenannten Rollkontaktermüdung<br />
(engl. rolling contact fatigue, RCF) sind<br />
zum Beispiel Head-Checks (siehe Abb. 2).<br />
Begleitet wird der Rollkontakt immer von einem<br />
mehr oder weniger großen Verschleiß. Dieser<br />
trägt ähnlich einem Schleifprozess sukzessive<br />
die obersten Werkstoffschichten ab. Entsteht<br />
ein Riss durch RCF, wird dieser durch den<br />
Verschleiß verkürzt. Die beiden Schädigungsmechanismen<br />
hängen also zusammen. Ein gewisser<br />
Verschleiß ist durchaus vorteilhaft, weil<br />
die Risse dadurch verkürzt werden und so der<br />
RCF-Schädigung entgegenwirken.<br />
Grenzen der Instandhaltung<br />
Die beschriebenen Schädigungsmechanismen<br />
Verschleiß und RCF agieren in dem enorm<br />
komplexen System Bahn, in dem nahezu jedes<br />
Zusammentreffen von Rad und Schiene einzigartig<br />
ist. Hinzu kommt, dass sich während jeder<br />
Überrollung die Profile von Rad- und Schiene<br />
aufgrund des Verschleißes ändern. Dennoch<br />
sind die Schäden durch Verschleiß und RCF<br />
durch die etablierten Instandhaltungsmaßnahmen<br />
der Infrastrukturbetreiber unter Kontrolle.<br />
Steigende Beförderungszahlen und erhöhte<br />
Verfügbarkeit verlangen allerdings große<br />
Anstrengungen, um die Infrastrukturqualität<br />
auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Einerseits<br />
sollen die bereits hohen Kosten der Instandhaltung<br />
nicht weiter steigen, andererseits muss<br />
die Instandhaltungsplanung immer früher<br />
erfolgen – eineinhalb Jahre vor Instandhaltungsdurchführung<br />
sind heute bereits Realität.<br />
In diesen immer größeren Zeiträumen können<br />
auch größere Änderungen im System Bahn<br />
12 magazine Nr. 14, II-2013<br />
entstehen, wie beispielsweise die Veränderung<br />
des Fahrzeugmix. Die Prognose von Verschleiß<br />
und RCF auf Basis von Inspektionen wird damit<br />
schwieriger. Daher ist es sinnvoll, zusätzlich auf<br />
rechnergestützte Prognosemodelle zurückzugreifen,<br />
um Kosten und Qualität gleichermaßen<br />
zu gewährleisten. Die Planung von Instandhaltungsmaßnahmen<br />
kann so zielgerichtet und<br />
bedarfsgerecht erfolgen.<br />
Berechnung von Verschleiß und RCF<br />
Gemeinsam mit unseren Partnern wurde eine<br />
Simulationskette entwickelt, um eine gute Prognose<br />
von Verschleiß und RCF zu ermöglichen.<br />
Für die Beschreibung des Gesamtsystems<br />
werden unterschiedliche, großteils eigens<br />
Abbildung 1: Schematische Darstellung des Berechnungsablaufes<br />
für Verschleiß und Schädigung<br />
Quelle: VIRTUAL VEHICLE<br />
entwickelte Berechnungsmodelle kombiniert,<br />
siehe Abb. 1. Mit Hilfe einer Mehrkörpersystem<br />
(MKS) Simulation wird das globale dynamische<br />
Fahrzeugverhalten berechnet. Die in<br />
der MKS-Simulation eingesetzten Kontaktmodelle<br />
bilden den Rad-Schiene Kontakt mit einer<br />
ebenen, elliptischen Kontaktfläche ab.<br />
Beim Kontakt von verschlissenem Rad und<br />
Schiene ergeben sich aber vor allem an der<br />
Fahrkante gekrümmte, nicht-elliptische Kontaktflächen.<br />
Durch die nicht-elliptischen, gekrümmten<br />
Kontaktflächen kommt es zu lokal<br />
großen Veränderungen der Kontaktspannungen<br />
in der Kontaktfläche. Diese spielen für<br />
Verschleiß und RCF eine bedeutende Rolle und<br />
müssen deshalb ausreichend genau modelliert<br />
werden.<br />
Um diese lokalen Änderungen der Kontaktspannungen<br />
zu berechnen, wurde ein Kontaktmodell<br />
entwickelt, das einerseits die gekrümmte, nichtelliptische<br />
Kontaktfläche ausreichend genau<br />
abbildet und andererseits die notwendige Recheneffizienz<br />
für die häufige Anwendung in der<br />
Schadenssimulation sicherstellt.<br />
Nach der detaillierten Kontaktanalyse erfolgt<br />
die Berechnung von Verschleiß und Schädigung.<br />
Das Schädigungsmodell berechnet<br />
näherungsweise die auftretende plastische<br />
Verformung und Verfestigung pro Überrollung.<br />
Damit werden die erwähnten großen plastischen<br />
Verformungen nahe der Schienenoberfläche<br />
berechnet, wobei die Interaktion zwischen<br />
Verschleiß und plastischer Verformung<br />
berücksichtigt wird.<br />
Obwohl die Schiene sehr große Verformungsgrade<br />
erträgt, steigt mit jeder weiteren Überrollung<br />
die Wahrscheinlichkeit zur Rissinitiierung.<br />
Die berechnete plastische Verformung wird nun<br />
zum Beispiel mit einer kritischen Verformung,<br />
bei der Rissinitiierung auftritt, verglichen und<br />
so ein Maß für die Schädigung angegeben.<br />
Am Ende der Berechnungsabfolge werden die<br />
Profiländerung aufgrund des Verschleißes und<br />
der aktuelle Schädigungszustand berechnet.<br />
Die beschriebene Simulationskette in Abb. 1<br />
wird so lange wiederholt, bis die geforderte Anzahl<br />
an Zugüberfahrten erreicht ist.<br />
Anwendung der Simulationskette<br />
am Beispiel der Wiener U-Bahn<br />
Im Folgenden sind die Ergebnisse der Berechnung<br />
für einen ausgewählten Gleisabschnitt im<br />
U-Bahn Netz der Wiener Linien dargestellt. In<br />
der MKS-Simulation sind die Fahrzeugtypen<br />
abgebildet, die in der U-Bahn verwendet werden.<br />
Es handelt sich dabei um Fahrzeuge mit<br />
konventionellen und radialstellenden Drehgestellen.<br />
Die Rad- und Schienenprofile stammen<br />
aus Messungen.