Download - Virtual Vehicle
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höhten Dämpfung der Starrkörpereigenformen<br />
eines gesamten Schienenfahrzeugs ist eine<br />
klassische Modalanalyse mittels elektrodynamischen<br />
Schwingerregers zur Identifikation<br />
der Starrkörperschwingformen nicht möglich.<br />
Zudem liegen die Eigenfrequenzen der Starrkörpermoden<br />
in einem Bereich, in dem auch<br />
typischerweise die Eigenfrequenzen der elektrodynamischen<br />
Schwingerreger liegen.<br />
Daher wurden Keilversuche durchgeführt. Bei<br />
einem Keilversuch wird ein gesamtes Schienenfahrzeug<br />
über Keile geschoben, die vor den<br />
Rädern auf den Schienen platziert sind (Abbildung<br />
2). Durch das Fallen des Fahrzeugs vom<br />
Keil und Auftreffen auf dem Gleis wird ein Eingangssprung<br />
erzeugt und damit das Fahrzeug<br />
mit einem breiten Anregungsspektrum angeregt.<br />
Aus der Antwort des Fahrzeugs auf diesen<br />
Eingangssprung können im nächsten Schritt<br />
die Eigenfrequenzen ermittelt werden. Je nach<br />
Anordnung der Keile unter dem Fahrzeug kann<br />
die Anregung spezifischer Eigenformen wie z.<br />
B. Nick-, Tauch- oder Wankbewegungen des<br />
Wagenkastens oder des Fahrwerks angeregt<br />
werden.<br />
Äquivalent zum Realversuch wurde der Keilversuch<br />
auch in der Simulation durchgeführt. In<br />
der Auswertung der Keilversuche wurden neben<br />
den Eigenfrequenzen und der Dämpfungen<br />
auch die Eigenvektoren identifiziert. Durch die<br />
Verfügbarkeit der Eigenvektoren wird es möglich,<br />
die komfortrelevanten Eigenbewegungen<br />
vollständig zu beschreiben und zu valideren.<br />
Abbildung 2: Platzierung eines Keiles vor den Rädern<br />
Quelle: VIRTUAL VEHICLE<br />
Modellierung des elastischen<br />
Wagenkastens<br />
Die Validierung des FE-Modells wird mit den<br />
Ergebnissen aus der experimentellen Modalanalyse<br />
durchgeführt. Dabei werden Eigenfrequenzen<br />
und Eigenvektoren der Berechnung<br />
und der Messung korreliert. Einen entscheidenden<br />
Einfluss auf die Ergebnisse haben z.B.<br />
die Wahl der Finiten-Element-Typen sowie die<br />
Diskretisierung des Modells (Abbildung 3). Damit<br />
kann ein Optimum zwischen Ergebnisqualität<br />
und Berechnungszeit gefunden werden.<br />
Streckenversuche und Validierung<br />
der Komfortbeurteilung<br />
Nach der Validierung der Komponenten und<br />
Sub-Systeme muss die abschließende Validierung<br />
der Gesamtsystemsimulation unter möglichst<br />
betriebsnahen Bedingungen erfolgen.<br />
Dafür wurden am Eisenbahnversuchsring in<br />
Velim in Tschechien Messfahrten durchgeführt.<br />
Auf dem ca. 13 km langen Testring sind Fahrgeschwindigkeiten<br />
bis zu 230 km/h möglich.<br />
Essentiell für die Validierung des dynamischen<br />
Gesamtsystems Schienenfahrzeug ist die<br />
Aufnahme der Randbedingungen des realen<br />
Streckenversuchs; dazu gehören Trassierung,<br />
Gleislagefehler, Rad-Schiene-Profile sowie<br />
Oberbau-Charakteristiken. Auf die Randbedingungen<br />
des Streckenversuchs wurde bei den<br />
Streckenversuchen ein besonderer Schwerpunkt<br />
gelegt, um die Vergleichbarkeit der Messergebnisse<br />
mit den Fahrkomfortsimulationen<br />
gewährleisten zu können.<br />
Die strukturdynamischen Eigenschaften des<br />
Wagenkastens müssen in der Fahrkomfortsimulation<br />
durch die Mehrkörpersystem (MKS)<br />
Simulation berücksichtigt werden. Dafür muss<br />
das komplexe FE-Modell des Wagenkastens<br />
geeignet reduziert und in die MKS-Welt eingebunden<br />
werden. Für die Modellreduktion wurden<br />
klassische Verfahren wie die Guyan und<br />
die Craig Bampton Methode verwendet, um<br />
den Zielkonflikt zwischen der Ergebnisqualität<br />
der Simulation und der Rechenzeit bestmöglich<br />
zu lösen.<br />
Abbildung 3: Eigenform Dachquerschwingung des elastischen<br />
Rohbau-Wagenkastens<br />
Quelle: VIRTUAL VEHICLE<br />
Die Weiterentwicklung von Validierungsmethoden,<br />
wie z.B. des Keilversuchs in Kombination<br />
mit neuen Auswerteverfahren erlauben eine<br />
treffsichere Identifikation von Schwachstellen<br />
in den Simulationsmodellen sowie die Beurteilung<br />
des quantitativen Einflusses dieser<br />
Schwachstellen auf die Zielgröße der Validierung,<br />
sprich den Komfortwert. Durch die anschließende<br />
zielgerichtete Weiterentwicklung<br />
der Simulationsmodelle wie z.B. des elastischen<br />
Wagenkastens oder Komponenten am<br />
Fahrwerk kann der Komfortwert mit einer Genauigkeit<br />
von rund 10 % durch die Simulation<br />
prognostiziert werden.<br />
Durch die konsequente Validierung der Simulationsmodelle<br />
von der Komponenten- bis zur<br />
Gesamtfahrzeugebene, der gezielten Schwachstellenanalyse<br />
und der anschließenden zielgerichteten<br />
Verbesserung der Modellierung kann<br />
damit vor allem das Entwicklungsrisiko für zukünftige<br />
Projekte deutlich reduziert werden. ■<br />
Zum Autor<br />
Dr. Martin Rosenberger<br />
ist stellvertretender Bereichsleiter<br />
des Bereichs<br />
„Mechanics & Materials“<br />
am VIRTUAL VEHICLE<br />
Projektpartner<br />
• Institut für Mechanik;<br />
Montanuniversität Leoben<br />
• Siemens AG<br />
magazine Nr. 14, II-2013<br />
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