UNTOLD FAMILY STORIES - Friedensschule Münster
UNTOLD FAMILY STORIES - Friedensschule Münster
UNTOLD FAMILY STORIES - Friedensschule Münster
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Noam<br />
Rishon LeZion<br />
<strong>Münster</strong><br />
32<br />
schlimmer war. Sie waren alt und hatten keine Kräfte mehr und wir konnten arbeiten.<br />
Wir konnten etwas Neues schaffen.“<br />
Die Geschichte meiner Oma hat mir einen guten Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkrieges<br />
gegeben. Besonders fasziniert hat mich der Kontrast in ihrer Geschichte. Zum<br />
einen hat sie während dieser schrecklichen Zeit neue Freundschaften schließen können.<br />
Aber andererseits sieht man an dem Beispiel von Anja, wie Freundschaften auch unterbunden<br />
wurden.<br />
Unser eigenes Land<br />
Meine Großmutter Rosa Kolel wurde 1949 in Jerusalem geboren und ihre Familie hatte<br />
dort schon zwei Jahre gelebt. 1951 zogen sie in die Türkei, weil ihr Vater ein Einzelkind<br />
war und sein Vater wollte, dass er in seiner Nähe lebte. Er organisierte ein Haus und eine<br />
Arbeit, und so überredete ihr Vater sie und sie zogen zurück in die Türkei. Sie lebten dort<br />
sehr gut. Ihr Vater arbeitete als Löter, er hatte seine eigene Werkstatt und ihre Mutter<br />
war Hausfrau. Meine Großmutter ging auf eine Jüdische Schule und führte ein normales<br />
Leben. Ende 1950 gingen zwei ihrer Brüder mit einer zionistischen Jugendorganisation<br />
nach Israel zurück, weil die Lebensbedingungen in der Türkei bedrohlich waren, und<br />
zwei Jahre später erhielt mein Urgroßvater Drohbriefe von Antisemiten. 1963 zogen sie<br />
zurück nach Israel und lebten in Aschkelon. Als sie dort ankamen, war die Familie wieder<br />
vereint. Ihr Bruder kam zur Familie zurück und ihr Vater fand eine Arbeit. Als meine<br />
Großmutter kam, hatte sie damit gerechnet, schreiben zu lernen. Dann dachte sie, sie<br />
hätte Zeit zu reisen und ihre Jahre als Teenager zu genießen, aber ihre Eltern hatten andere<br />
Pläne für sie. Sie beauftragten eine Heiratsvermittlerin und im Alter von 17 Jahren<br />
heiratete sie. Deshalb ging sie nicht in die Armee.<br />
Sie sagte mir, dass alles sehr schnell ging. Von einem Teenager, der gerade nach Israel<br />
gekommen war, wurde sie zur Ehefrau. Aber sie war froh, dass ihre Familie nach Israel<br />
zurückgegangen war, weil sie spürte, dass dies und kein anderer Ort ihre wahre Heimat<br />
war. In Israel musste sie nicht arbeiten, weil mein Großvater sich um alles kümmerte,<br />
also war meine Großmutter Hausfrau. Sie liebte es, auszugehen und zu reisen, sie<br />
lernte Hebräisch lesen und schreiben, aber vor allem liebte sie es, Zeit mit ihren Kindern<br />
Vivi und Yehuda zu verbringen. Ihre Kinder schlossen die Highschool mit Erfolg ab und<br />
absolvierten ihren Militärdienst. Sie arbeiten beide in einem Büro und haben jeweils<br />
zwei Kinder, Nitzan, Noam, Shaked und Yotam. Ich und mein Cousin Yotam werden nach<br />
Abschluss der Schule zur Armee gehen.<br />
Am Ende des Interviews fragte ich meine Großmutter, was sie an Israel am meisten liebe,<br />
und sie sagte: „... das Gefühl, dass dies meine Heimat ist! Egal, wohin ich gehe, spüre ich,<br />
dass es dort niemanden gibt, der einen dafür hasst, wer man ist.“ Nach dem Interview<br />
freute ich mich, dass ich neue Dinge über die Vergangenheit meiner Familie erfahren<br />
habe, und ich hatte auch das Gefühl, dass ich trotz des Generationsunterschieds genauso<br />
denke und fühle wie sie: Ich liebe Israel und bin stolz, hier zu leben!<br />
Für mich ist Israel nicht das Land, das Gott uns gegeben hat. Es ist der Ort, an dem du<br />
deine Zukunft auf der Grundlage der Geschichte gestaltest. Israel ist mein Land, meine<br />
Heimat, wo meine Eltern und Großeltern ihre Familien gründeten, ihre Traditionen weitergaben<br />
und dazu beitrugen, ihre Kultur zu bewahren.<br />
Für mich ist es ein Grund, stolz zu sein. Nach allem, was wir durch die Geschichte hindurch<br />
erlitten haben, vor allem im Holocaust, haben wir unser eigenes Land. Für mich ist<br />
Israel ein großer Teil meiner Persönlichkeit, meines Verhaltens, meines Stils und vor allem<br />
meiner Gedanken und Meinungen zu allen möglichen Dingen, die heute geschehen. Was<br />
ich an meinem Land am meisten liebe, ist die Natur, die wunderschönen Landschaften.<br />
Sie sind etwas Besonderes und in keinem anderen Land der Welt zu finden. Ich genieße<br />
es, Teil dieses erstaunlichen Landes zu sein, das seinen eigenen Charakter hat, und nirgendwo<br />
sonst findet man Menschen, die so sehr mit dem Ort verbunden sind, an dem sie<br />
leben, die die Bedeutung von „eine Heimat, ein Volk“ verstehen und dass wir unser Israel<br />
beschützen müssen.