UNTOLD FAMILY STORIES - Friedensschule Münster
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Benno Reicher, Projektleiter<br />
<strong>Münster</strong><br />
Rishon LeZion<br />
4<br />
Laras Vater<br />
war schon vor über 30 Jahren, auch in seiner Schulzeit, in Israel. In ihrer <strong>UNTOLD</strong> <strong>FAMILY</strong><br />
STORY beschäftigt sich die Tochter mit seinen damaligen Erlebnissen. „Die Vorbereitung<br />
für die Reise war anstrengend“, schreibt Lara über die Fahrt ihres Vaters, „und dauerte<br />
ein volles Jahr.“ Auch die deutschen und die israelischen Schüler hatten mit dem<br />
bilateralen Schulprojekt <strong>UNTOLD</strong> <strong>FAMILY</strong> <strong>STORIES</strong> für den Schüleraustausch der <strong>Friedensschule</strong><br />
<strong>Münster</strong> mit dem Gymnasia Realit in Rishon LeZion im Schuljahr 2011/12<br />
umfassende Vorbereitungsarbeiten zu leisten. Ulrich Bertram, Leiter der <strong>Friedensschule</strong>,<br />
hatte in einem Gespräch mit seiner israelischen Kollegin Shosh Winter vor ein paar<br />
Jahren am Aasee in <strong>Münster</strong> die Vorstellung, dass die beiden Schülergruppen sich besser<br />
kennen lernen könnten, wenn sie miteinander arbeiten würden. Seine Idee regte mich an,<br />
dieses Projekt zu entwickeln und mit den Schülern durchzuführen. Dass eine Begegnung<br />
zwischen deutschen und israelischen Gruppen keine reine touristische Veranstaltung<br />
sein kann, das habe ich in vielen Jahren immer wieder erlebt. Dass die Vermittlung von<br />
Hintergründen hilft, das andere Land, die andere Kultur besser zu verstehen, ist einleuchtend.<br />
In diesem Projekt sollte durch den Austausch familiärer Hintergründe eine<br />
besondere Nähe, ein persönliches Interesse an dem anderen Austauschschüler angeregt<br />
werden. „Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte“, sagen die Israelis, und sind es nicht<br />
diese Menschen-Geschichten zusammen, die die „große Geschichte“ schreiben?<br />
Im März 2012 hat die Schülergruppe der <strong>Friedensschule</strong> gemeinsam mit ihren Lehrern<br />
Marion Bathen-Reicher und Thomas Konnenmann die Partnerschule in Rishon LeZion<br />
besucht und zum Abschluss des Projektes stand der Austausch der Familiengeschichten<br />
im Gymnasia Realit auf dem Programm. Lara übergab ihrem Austauschschüler Asaf die<br />
Geschichte mit den Israelerlebnissen ihres Vaters. Sie erhielt dafür von Asaf die Geschichte<br />
seiner Großeltern, die erst 1958 aus Rumänien nach Israel einwanderten. Gal,<br />
der israelische Partner von Carlotta aus <strong>Münster</strong>, schenkte ihr die Geschichte seiner Berliner<br />
Vorfahren, darunter auch ein bekannter Rabbiner, der seinem Sohn im Alter von 82<br />
Jahren 1909 einen Brief mit einem eindrucksvollen Segen schickte. Gal zitiert in seinem<br />
Text den Brief. Er endet mit dem Satz: „Ich hoffe, Gott wird mir noch viele Lebensjahre<br />
schenken und dass ich noch oft die Gelegenheit haben werde, gute Taten zu tun.“<br />
Für Carlotta war es nicht die erste Erfahrung mit internationalem Schüleraustausch.<br />
Etwa ein Schuljahr lang war sie bereits in den USA. Sie wusste, wie wichtig es ist, dass<br />
sich die jungen Menschen in der fremden Familie wohl fühlen. In ihrer <strong>UNTOLD</strong> <strong>FAMILY</strong><br />
STORY beschreibt sie dazu den familien-internen Diskurs. Jana aus <strong>Münster</strong> war in Israel<br />
Gast von Reut. Deren Großmutter, auch aus Deutschland, wurde in den vierziger Jahren<br />
in einem französischen Kloster versteckt und sie konnte sich so vor den Nazis retten.<br />
Reut schreibt über sie: „Heute ist Großmutter Dora 85 Jahre alt und ich finde nichts<br />
schöner, als bei ihr zu sitzen und ihre Geschichten zu hören.“ Auch Jana hört gerne<br />
ihrer Oma zu und in ihrer <strong>UNTOLD</strong> <strong>FAMILY</strong> STORY spielt die Oma eine wichtige Rolle.<br />
Sie möchte diese Geschichten festhalten und in ihrem Text stellt sie fest: „Es gibt keine<br />
bessere Zeitmaschine als Familiengeschichten.“<br />
Allen Omas und Opas, allen Onkeln und Tanten, allen anderen Familienmitgliedern, die<br />
unseren Austauschschülern diese spannenden Episoden aus ihrem Leben erzählt haben<br />
und sich geduldig interviewen ließen, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich danken.<br />
Sie waren Mitwirkende in unserem Projekt, ohne dass wir uns kennen lernen konnten.<br />
Aber ich habe hier ja Ihre Geschichten.<br />
<strong>Münster</strong>, Juni 2012