UNTOLD FAMILY STORIES - Friedensschule Münster
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Omer<br />
Rishon LeZion<br />
<strong>Münster</strong><br />
34<br />
auch noch in der Zeit danach passierte es ihr oft, dass sie von anderen Menschen auf<br />
Grund ihres Aussehens für eine Jüdin gehalten wurde.<br />
Sie erzählte mir, dass es irgendwo auf der Straße passierte, dass sie von Hitlerjungen<br />
in Uniform mit Steinen beworfen und mit fanatischem Geschrei beschimpft wurde:<br />
„Du Jüd, du Jüd!“ Sie rannte davon, so schnell sie konnte, verstand den Angriff nicht,<br />
war verängstigt und erschreckte die Eltern mit der Frage, ob sie eine Jüdin sei. Ihre<br />
Eltern fragten sie, wie sie denn darauf käme, und sie erzählte ihnen, was passiert war.<br />
Die Eltern versuchten, ihr die Angst zu nehmen, aber sie spürte, dass auch sie beunruhigt<br />
waren. Es seien die dunklen Locken, meinten sie, und so begann die Mutter ihr in<br />
schmerzhaften Sitzungen das Haar zu strähnen. Des Erfolges war sie sich wohl dennoch<br />
nicht sicher, denn bei jedem Heimkommen traf Elisabeth ein Blick, der wortlos fragte, ob<br />
alles in Ordnung sei.<br />
Du heißt jetzt Dina<br />
Meine Großmutter Dina erzählt: „Ich wurde 1936 in Tunesien geboren, das in Nordafrika<br />
liegt. Mein Geburtsname lautet Denis. Bis ich drei Jahre alt war, lebte ich mit meiner<br />
Familie in einem jüdischen Viertel mit vielen jüdischen Nachbarn. 1939, während des<br />
Zweiten Weltkriegs, mussten wir unsere Stadt verlassen und in die Hauptstadt Tunis<br />
umziehen. Wir waren Flüchtlinge und verließen unser Haus und unsere Stadt mit nichts<br />
als unseren Namen.<br />
In Tunis besuchte ich eine jüdische Schule der „Alliance.“ Das war eine internationale<br />
Organisation für jüdische Schulen. In meiner Schule wurden wir in Französisch unterrichtet<br />
und alle Schüler meiner Klasse waren Juden. Seitdem spreche ich einigermaßen<br />
gut Französisch.<br />
1949, ein Jahr nach Ende des israelischen Unabhängigkeitskrieges, kamen Abgesandte<br />
der Jewish Agency, um unsere Auswanderung nach Israel vorzubereiten. Meine Schwester<br />
Rachel, meine Eltern Chamisa und Refael und ich waren sehr aufgeregt wegen der<br />
Möglichkeit, Jerusalem zu sehen. Also fuhren wir mit einem französischen Schiff nach<br />
Marseille, Frankreich. Dort blieben wir drei Wochen, dann nahmen wir ein anderes Schiff<br />
nach Israel. Es legte am Hafen von Haifa an und das erste, wonach wir gefragt wurden,<br />
waren unsere Namen. Ich sagte, mein Name sei Denis und der Beamte sagte, Denis sei<br />
Dina, und seither heiße ich Dina. Nachdem wir registriert waren, wurden wir geduscht<br />
und desinfiziert, damit wir keine Krankheiten übertrugen, und bekamen unsere erste<br />
Mahlzeit im Gelobten Land. Nach der formalen Bürokratie am Hafen wurden wir mit dem<br />
Bus nach Pardes Hanah gebracht, in ein „Maabara“ (Durchgangslager für Immigranten).<br />
Dort blieben wir zwei Wochen, die Lebensbedingungen waren schrecklich und unhygienisch.<br />
Nach diesen zwei Wochen wurden wir gefragt, wohin wir gehen wollten und ob<br />
wir Verwandte hätten, in deren Nähe wir wohnen wollten. Ein Freund der Familie aus Lod<br />
lud uns ein, neben ihm und seiner Familie zu wohnen. Ein paar Wochen später kamen wir<br />
in Lod an und wurden in einem leerstehenden Haus untergebracht. In diesem Haus leben<br />
wir noch heute.<br />
Israel bedeutet für mich, ich selbst zu sein. Mich wohl in meiner Haut zu fühlen, in meiner<br />
dunklen jüdischen Haut. Hier hat man die Freiheit, als menschliches Wesen zu lernen<br />
und zu wachsen. Wenn ein Mensch geboren wird, hat er unendliche Möglichkeiten, egal,<br />
wo oder in welche Familie er geboren wurde. Ihr denkt wahrscheinlich, dass ich mich<br />
irre oder – Gott bewahre! – an das falsche Land denke. Nun, ich irre mich nicht, und<br />
ich meine auch nicht die USA oder Paris, ich meine ISRAEL! Dieses Land ist mit seiner<br />
Geschichte gesegnet und vereint auf seiner kleinen Fläche das Beste aller Kulturen der<br />
ganzen Welt. Es liegt nur wenige Kilometer von Europa entfernt und hat so viel Liebe<br />
und Charakter! Israel vereint alle Religionen an einem Ort. Von überall auf unserem geliebten<br />
Planeten, aus dem Osten, Westen, Norden und Süden, kommen Juden und beten<br />
an der Klagemauer. Christen versammeln sich in der Peterskirche in Jaffa, um zu beten<br />
und Gottesdienst zu halten. Muslime kommen zu ihren täglichen und wöchentlichen<br />
Gebeten in die al-Aqsa-Moschee, alle unter dem Dach unseres kleinen Landes Israel. Wo<br />
immer man in Israel auch hingeht, spürt man sofort die Wärme und das Bewusstsein von