40 Zweitens hat das jüdische Volk durch die Geschichte hindurch viele schreckliche Dinge erleben müssen. Der Holocaust vor 66 Jahren zeigt, dass ein Staat für die Juden absolut notwendig ist. 6.000.000 Juden wurden während dieses Völkermords ermordet, aber es kann wieder geschehen. Deshalb brauchen wir ein Land, das die Juden beschützt und die Wiederholung solch einer schrecklichen Tat verhindert. Kurz gesagt ist Israel das Land, in dem ich lebe; es ist mein Heimatland, der Ursprung meiner Nation, der Ort, an dem ich glücklich und voller Vertrauen leben kann. Das ist der Grund, warum wir als junge Generation die Pflicht haben, Israel zu beschützen und der Welt die Bedeutung dieses Landes zu erklären, so gut wir können.
Von Breslau nach <strong>Münster</strong> Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand zwischen Polen und Deutschland wieder eine klare Grenze, die es vorher nicht gab. Man spürte immer noch die Nachfolgen des Krieges. Einige mussten von Polen nach Deutschland fliehen, so auch Roswitha Kemmann. Sie ist meine Oma und erzählt mir die Geschichte, wie sie nach <strong>Münster</strong> kam und hier ihre Familie gründete: „Als ich noch sehr klein war, so um die 6 Jahre alt, lebte ich an der Grenze zwischen Polen und Deutschland im damaligen Breslau, heute Wroclaw. Meine Mutter habe ich nie kennen gelernt, somit waren wir nur zu viert: mein Vater, meine Schwester, mein Bruder und ich. Ich habe nicht allzu viel von den schlimmen Folgen des Krieges damals mitbekommen, doch an einiges kann ich mich erinnern, was ich aber erst im späteren Alter richtig verstanden habe. Wir mussten aus Breslau fliehen, da wir wie viele andere Deutsche auch kein Haus und nichts zum Essen hatten wegen der starken Zerstörung durch Bomben. Wir wohnten vor der Zerstörung in meinem Elternhaus in Breslau und mein eigentlicher Name war damals Michalczyk. Auf der Flucht aus unserem Heimatort, und das weiß ich noch recht gut, hat uns unser Vater immer davon abgehalten, Polnisch zu sprechen. Unser Polnisch war zwar nicht besonders gut, aber wir waren ja auch erst zwischen fünf und sieben Jahre alt. Ich habe erst später verstanden, wieso wir nicht Polnisch reden durften. Hätte man an der Grenze bemerkt, dass wir Polnisch sprechen können, hätten wir nicht ausreisen dürfen. Weswegen das so war, weiß ich nicht, weil wir ja auch fließend Deutsch sprechen konnten. So kam es also, dass wir nach <strong>Münster</strong>-Albachten gezogen sind. Es war nicht allzu schwer, hier Fuß zu fassen, aber man wusste, dass wir aus Polen kamen und manche beschimpften uns als „ Polacken“. Wir fühlten uns dadurch ein wenig eingeschüchtert und wussten in dem Alter noch nicht so recht damit umzugehen. Doch wir gewöhnten uns daran und lernten damit umzugehen. Es hat uns nichts ausgemacht, da wir wussten, wir sind nicht anders als die, die uns beschimpften. Dass wir Deutsch sprachen, verschaffte uns natürlich einen großen Vorteil. Wir hatten eine Wohnung und das Wichtigste zum Leben. Als wir Geschwister alt genug waren, gingen wir selbstverständlich arbeiten, um ein wenig Geld dazu zu verdienen. Mein Vater starb plötzlich und sehr unerwartet, als ich 16 Jahre alt war. Dadurch standen wir Drei natürlich auf eigenen Füßen. Meine Schwester und ich haben keine Lehre gemacht und sind weiterhin arbeiten gegangen, um wenigstens unserem Bruder eine Lehre zu ermöglichen. Wir bekamen Hilfe von Freunden und Nachbarn. Unsere Vermieter haben ebenfalls viel für uns getan und auch unser Vormund, der uns vom zuständigen Amt zugewiesen wurde und damit verantwortlich für uns war, hat seine Pflichten erfüllt. Somit konnten wir ein relativ ruhiges Leben führen. Mit 19 lernte ich deinen Opa kennen und wir heirateten. Nach kurzer Zeit war ich mit deiner Mutter schwanger. Nach der Geburt hatte sie eine schwere Knochenkrankheit, von der sie sich ein Jahr später aber wieder erholte. In ihrer Jugend hatte sie es nicht leicht, da sie einen sehr starken Drang dazu hatte, alle zu verteidigen, die ungerecht behandelt wurden. Ob das jetzt nun ihre Geschwister, Klassenkameraden oder sie selbst war, der andere bekam „eins auf die Mütze“. Aber sie war immer ein liebes Kind, das von ihren Rechten Gebrauch gemacht hat. Sie lernte deinen Vater in einem Verein kennen, wo beide sehr aktiv waren. Nachdem auch sie verheiratet war, brachte sie dich als ihr erstes Kind auf die Welt. Da deine Mutter trotzdem weiter arbeiten wollte und dein Vater gerade in der Meisterprüfung steckte, warst du die ersten 1 ½ Jahre deines Lebens jeden Tag bei uns. Man konnte sehr gut mit dir umgehen, du warst immer ein sehr interessiertes Kind. Alles, was man machte, hast du versucht, dir abzugucken und nachzumachen. Was ich sehr verwunderlich fand, war, dass du nicht so schnell den Spaß an etwas verloren hast. Alles hast du bis zum Ende gemacht. Ich weiß noch, einmal hat Opa Holz gehackt und du hast dir einen kleinen Spielzeughammer genommen und hast ebenfalls versucht, den Holzklotz durchzuhauen. Und so bist du auch geblieben. So kam es also, dass du hier in <strong>Münster</strong> geboren wurdest und nicht irgendwo anders.“ Aus der kleinen Familie aus Polen ist also eine große Familie in <strong>Münster</strong> geworden. Roswitha bekam drei Kinder, die alle selbst noch mal drei Kinder bekamen. Alle haben immer noch Kontakt zueinander und sehen sich regelmäßig. Nils <strong>Münster</strong> Rishon LeZion 41